Nachdenken über Wagners "Siegfried"

  • wir können uns vielleicht auf eine Formulierung Slavoj Žižeks einigen: "Seine (Wagners) Opern sind immer wieder neue Visionen davon, wie Liebe nicht funktioniert."

    Ob man sich immer einigen sollte? Möglichweise kommt es sogar sehr fruchtbar rüber, wenn User jeweils versucht ganz aus seiner Erfahrung/Perspektive, die durchaus auch gegensätzlich sich positionieren kann, die Chose mehr und mehr aufzudröseln.
    Wie dem auch sei, das Žižek-Zitat find ich richtig super, denn es bringt mir die Chose irgendwie sehr pointiert auf einen Punkt. (ich will aber nicht ein anderes Mozart-Fass vom Nicht-Funzen von Liebe bzw. die Versuchsanordnungen Entführung, Nozze, Cosi etc aufmachen :D , wär vermutlich auch eher dem zugeordnet, was unterm Allgemeinplatz „Aufklärung“ fiele und außerdem sowieso falscher Thread)

    Die Varianten der Versuchsanordnung erzeugen jeweils die Varianten des Scheiterns. Das alles ist fern davon, in irgendeiner Weise langweilig zu sein. Jeder einzelne Versuch, jedes einzelne Werk liefert immerwährenden Gesprächsstoff, und man wird nicht fertig damit. Für Holländer, Tannhäuser, Lohengrin, Ring, Tristan, Parsifal ist Žižek unmittelbar evident, die einzige Komödie erfordert zwar einen zweiten Blick, entzieht sich seinem Diktum aber nicht. Sachs wird in der Johannisnacht vom Mann zum Greis, Beckmesser ist der im wahrsten Sinne des Wortes geschlagene Bewerber und Stolzing ist mit solchen Superkräften begabt, daß Eva zu ihm muß - der Triumph des Sexus ist ihr deutlich erlebter (innerer) Zwang

    MS kommen mir auch so rüber.
    In meinem Brägen rumort noch was zum Zusammenfallen von Eros und Tod; zugegebenermaßen spekulativ.
    Also Wagners Verschmelzung von Eros/Lust/Glück mit Tod könnte sich auch aus einer Erfahrung ableiten, dass Rausch- bzw. Glückzustände einerseits Dauer anstreben, Dauer wollen, aber andererseits nicht von Dauer sind. Rausch/Glück verflüchtigt sich. Der Versuch einer Wiederholung davon käme bloß noch öde rüber, daher Absterben als quasi Fluchtpunkt aus schalem Resteleben.


    Gleichzeitig scheint mirs, dass trotzdem in Wagners Werken Glück und Rausch ob ihrer Flüchtigkeit generell nicht hämisch denunziert werden. Also Anspruch darauf wird m.E. nicht pauschal in die Tonne getreten (Parsifal lass ich mal außen vor).


    Um nochmal ans Žižek-Zitat anzudocken (selbst wenn ichs jetzt dabei falsch checke); es kommt mir momentan als ziemlicher Käse rüber, diese Spannungen, Widersprüche irgendwie harmonisch zum billigen Ausgleich, Synthese zusammenzuleimen.

  • In meinem Brägen rumort noch was zum Zusammenfallen von Eros und Tod; zugegebenermaßen spekulativ.
    Also Wagners Verschmelzung von Eros/Lust/Glück mit Tod könnte sich auch aus einer Erfahrung ableiten, dass Rausch- bzw. Glückzustände einerseits Dauer anstreben, Dauer wollen, aber andererseits nicht von Dauer sind. Rausch/Glück verflüchtigt sich.

    Lust will "tiefe, tiefe Ewigkeit", heißt es bei Friedrich Nietzsche, auch einem Schopenhauer-Leser! :)


    Schöne Grüße
    Holger

  • Wenn man sich wirklich seriös mit Wagners Ring beschäftigen will, kann ich hier eine Buchempfehlung geben:
    Torsten Meiwald: Randbemerkungen zur Richard Wagners "Ring des Nibelungen".
    (Nebenbei gesagt, das Buch ist im Gegensatz zu den Beiträgen von Amfortas in leicht verständlichem Deutsch, ohne umgangssprachliche Ausdrücke, verfasst ;) ).

  • Und hier mit Link.....

    .....für Alfreds Kasse! ;)
    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)