Besuchte Orgelkonzerte und ihre Bewertung

  • .... ups, schon wieder eine Woche rum ;)


    Heute gab es


    Robert Schumann (1810-56): Aus den "Sechs Studien für den Pedalflügel" op. 56 die Nrn. 2 & 4-6
    Die Stücke haben mir ganz außerordentlich gut gefallen! So wie Wolfgang Abendroth sie gespielt hat, konnte ich mir gar nicht vorstellen, dass sie ursprünglich gar nicht für die Orgel gedacht waren! Zum Vergleich würde ich jetzt gerne mal diese Stücke auf dem "Pedal-Flügel" hören, für den sie eigentlich komponiert wurden. Aber von diesem Instrument sollen nur wenige Exemplare in Museen rumstehen...


    Johann Ludwig Krebs (1713-80): Präludium und Fuge G-Dur
    Diesem Bach-Schüler merkt man den großen Einfluss, den sein Lehrer -zumindest im Orgel-Sektor- auf ihn gehabt haben muss, deutlich an. Das ausgedehnte Präludium beginnt wie eine Bach-Toccata, enthält etliche "Pedalsoli" und ist sehr virtuos. Das Fugenthema ist bis auf wenige Töne identisch mit einem Fugenthema einer bekannten Orgel-Fuge von Bach (habe die BWV-Nummer jetzt grade nicht parat). Krebs hat das vielleicht als Hommage gedacht? Jedenfalls schlägt er sich in der folgenden Durchführung nicht schlecht - bis auf wenige Wendungen erinnert meiner Meinung nach allerdings nichts in dem Stück daran, dass es nicht mehr im Barock, sondern zur Zeit der "Empfindsamkeit", bzw. "Vorklassik" entstanden ist. Im Orgelbereich war Bachs Einfluss wohl zu übermächtig und nach wie vor ungebrochen....


    Ich weiß nicht, was heute los war - trotz Sommerferien und schönem Wetter waren wir heute mind. doppelt soviele Zuhörer wie sonst üblich - ich schätze mal mehr als 40!

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Zitat

    Original von MarcCologne
    Ich weiß nicht, was heute los war - trotz Sommerferien und schönem Wetter waren wir heute mind. doppelt soviele Zuhörer wie sonst üblich - ich schätze mal mehr als 40!


    In Kirchen ist es ja meist etwas kühler... ;)


    Im Übrigen beneide ich dich um deine interessanten Lunch-Time-Orgelkonzerte sehr...



    Gruß, Peter.

  • Heute war es ein doppelter Genuss, eine halbe Stunde im Orgelkonzert sitzen zu können: Herrlich kühl war's!
    Und was ein Schock, danach wieder in diese Affenhitze hinaus zu müssen :(
    Das haben heute allerdings leider nur gut 20 ZuhörerInnen zu schätzen gewusst, es ist halt Ferienzeit....


    Im Gegensatz zur angenehmen Kühle gab es heute ein recht "molliges" Programm:


    Vincent Lübeck (1654-1740): Praeludium d-moll
    Ein schönes und virtuoses Stück norddeutschen Orgelbarocks, ganz in der Art von "Kollegen" wie Buxtehude oder Nicolaus Bruhns.
    Wenn ich diese Werke höre, mit all ihren rhythmischen Freiheiten, dieser Expressivität, den kühnen Harmonien und der Chromatik, dann finde ich es immer wieder bewundernswert, dass diese Werke bereits über 300 Jahre alt sind - Kompositionen wie diese müssen zu ihrer Zeit geradezu avantgardistisch gewirkt haben! Was wäre aus Bach orgeltechnisch ohne dieses grandiose Fundament, auf dem er aufbauen konnte, geworden?


    J. S. Bach: Fuge c-moll über 2 Themen von Giovanni Legrenzi BWV 574
    Das Stück kannte ich noch gar nicht - sehr virtuos und vom Charakter her über weite Strecken weitaus weniger "mollig" im Ausdruck, als die Tonart eigentlich vermuten ließe.


    J. S. Bach: Fuge g-moll BWV 578
    Witzigerweise kannte ich diese Fuge bisher nur in der Orchesterversion von Leopold Stokowski (und habe sie auch schon einmal in einer wohl darauf basierenden Fassung für Blasorchester von einem Stabsmusikkoprs der Bundeswehr gespielt gehört :D )
    Ein schönes Stück mit einem sehr markanten Thema! In der Stokowski-Version ganz zart beginnend und in großer Steigerung bis zum Finale geführt, wo man das Fugenthema zum Schluss nochmals wie mit dem Dampfhammer um die Ohren gehauen bekommt.
    Wolfgang Abendroth spielte die kleine Fuge jedoch von Anfnag bis zum Ende im gleichen unaufgeregten Tonfall, ganz ohne jeden Bombast. Faszinierend, wie anders Stücke klingen können, die man eigentlich (schon) zu kennen glaubte.... :yes:


    Marcel Dupré (1886-1971): Entrée, Canzone et Sortie
    Das Entreé macht seinem Namen alle Ehre: Festlich, pompös und gravitätisch schreitend mit vollem Werk gespielt - sehr schön! So mag ich das :]
    Ein solches Stück hätte ich von Dupré eigentlich gar nicht erwartet....
    Die Canzone dagegen eher verhalten und ausschließlich in tieferen Oktaven sich zutragend.
    Die Sortie erst in den letzten Takten mit dem erwarteten pompösen und festlichen Dur-Ausklang, davor eher etwas bedrohlich-zerrissen wirkend, mit von unten auffahrenden Läufen.

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Heute gab es ein recht ungewöhnliches Programm:



    Anton Bruckner: Orgeltranskription des 2. Satzes (Adagio) der Symphonie Nr. 7 E-Dur
    Orgeltranskriptionen finde ich oft sehr spannend - hier kann die Orgel zeigen, was sie an Klangfülle und -vielfalt zu bieten hat. Und der Bearbeiter kann zeigen, wie effektiv und passend er die Möglichkeiten der Orgel einzusetzen weiß.
    Allerdings muss man -um einigermaßen fundiert vergleichen zu können- natürlich das Original wenigstens ansatzweise kennen und das war bei mir heute nicht der Fall, leider! Bruckner ist bis auf wenige (Vokal-)Werke noch ein völlig weißer Fleck auf meiner Landkarte :(
    Jedenfalls war die von Erwin Horn angefertigte Transkription derart gelungen, dass ich das gut halbstündige Werk ohne Weiteres auch für ein "echtes" Orgelwerk gehalten hätte, wenn kein entsprechender Hinweis vorher erfolgt wäre. Kompliment an den "Bearbeiter"!
    Es erinnerte nichts an die orchestrale Herkunft dieser Musik, alles schien wie für die Orgel gemacht.
    Das musikalische Material des 2. Satzes aus Bruckners Siebenter eignet sich demnach ganz hervorragend für eine Übertragung auf die Orgel und sollte wohl auch als eine Hommage an den zu Lebzeiten gerühmten Organisten Bruckner gelten.

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • ...nach einer urlaubsbedingten Pause in der vergangenen Woche war es heute wieder soweit!


    Leider ist es mittlerweile so heiß draußen, dass es auch in der sonst so kühlen Johannes-Kirche allmählich anfängt, etwas stickig zu werden - allmählich reichts mir mit dieser Affenhitze! 8)


    Heute gab es


    Georg Böhm (1661-1733): Choralvariationen über "Herr Jesu Christ, dich zu uns wend" &
    Choralbearbeitung "Vater unser im Himmelreich"

    Die Choralvariationen waren sehr tänzerisch im Charakter - eigentlich ein bisschen unüblich für Variationen eines Chorals - den würde ich gerne mal im Original hören ;)
    Die "Vater unser"-Choralbearbeitung erinnerte mich ganz frappant an Bach, was wohl daran liegt, dass der Lüneburger Böhm (laut den heutigen Erläuterungen des Organisten Wolfgang Abendroth) einen gewissen Einfluss auf Bach wie auch auf dessen Schüler hatte - man hört es deutlich!


    Max Reger: Ave Maria in Des-Dur
    Ein kurzes Stück, vom Charakter her eher besinnlich als hymnisch und (über alles andere wäre ich bei Reger auch schwer enttäuscht gewesen) mit äußerst raffinierten und überraschenden harmonischen Wendungen!


    J. S. Bach: Toccata, Adagio und Fuge C-Dur BWV 564
    Was soll ich hierzu noch groß schreiben? Einer der "All-time-Orgel-Klassiker" von Bach - könnte ich jeden Tag hören :D
    Besonders der Kontrast zwischen der virtuosen Toccata, dem ruhig dahinfließenden Adagio und der tänzerischen Fuge ist immer wieder sehr wirkungsvoll! Dieses "Atemholen", das durch das eingefügte Adagio als Mittelsatz entsteht, mag ich besonders - es ist einer meiner absoluten Lieblingssätze von Bach!

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • ...schon wieder eine Woche rum (besucht eigentlich niemand sonst hier im Forum im Sommer irgendwelche Orgelkonzerte???)


    Heute 3 Klassiker der Orgel-Literatur, dargeboten von der jungen Gast-Organistin Jeannette Gründling aus Herford


    J. S. Bach: Präludium und Fuge h-moll BWV 544


    Felix Mendelssohn-Bartholdy: Präludium G-Dur op. 37/ 2


    Dietrich Buxtehude: Präludium fis-moll BuxWV 146


    Die beiden Stücke von Buxtehude und Bach finde ich vor allem wegen der kühnen Harmonien und dissonanten Vorhalte sehr faszinierend. Absolut zukunftsweisend, was da vor ca. 300 Jahren von diesen Herren komponiert wurde!
    Ich kann gut verstehen, dass der junge Johann Sebastian den Herrn Buxtehude in Lübeck unbedingt persönlich kennenlernen wollte!

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Hallo MarcCologne,


    auf Deine Angaben der Programmabfolge schaue ich immer gebannt. Mir fällt auf, dass unser ehrwürdiger
    Bach immer als Programmpunkt erscheint. Liegt das an dem dortigen Organisten Wolfgang Abendroth, der
    wohl ein Bachverehrer zu sein scheint!:jubel:



    Grüsse
    Volker.

    Bach ist so vielfältig, sein Schatten ist ziemlich lang. Er inspirierte Musiker von Mozart bis Strawinsky. Er ist universal ,ich glaube Bach ist der Komponist der Zukunft.
    Zitat: J.E.G.

  • Hallo Volker,


    ich bin auch jeden Mittwoch gespannt, was für die kommende halbe Stunde wie zusammengestellt wurde (ist wegen der relativ fest vorgegebenen 30-minütigen Konzertdauer [plus/ minus 5 Minuten ist aber durchaus üblich] ja auch nicht ganz so einfach zu bewerkstelligen!) und im Moment scheint Bach tatsächlich ein Schwerpunkt zu sein, da hast Du Recht.
    Aber das täuscht: Ich bin seit Mai 2003 regelmäßig dabei und es hat schon wochenlange Phasen gegeben, wo Bach fast gar nicht gespielt wurde.


    Außerdem kann ich mir gut vorstellen, dass Wolfgang Abendroth ein Bachverehrer ist - als Organist und protestantischer Kantor ist er damit ja auch bestens beraten ;)


    Ansonsten bewundere ich die Vielseitigkeit Abendroths - bisher gab es wenig an Orgelliteratur und -epochen, woraus er noch nichts gespielt hat! Selbst die orgelmäßig nicht besonders üppig bestückte Wiener Klassik und frühe Romantik ist regelmäßig vertreten (Mozart, Schubert, Beethoven....)


    Ein paar Stücke von Lefébure-Wély würde ich mir persönlich mal wünschen - von dem gab es bislang noch nichts zu hören.

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Hallo,


    heute spielte Wolfgang Abendroth wieder höchstselbst folgende Werke in der mittäglichen halben Stunde:


    Nicolas de Grigny (1672-1703): 5 Stücke aus dem "Livre d'Orgue"
    Premier Kyrie/ Fugue à 5, qui renferme le chant du Kyrie/ Cromorne en Taille à 2 Parties/ Récit de Tierce en Taille/ Dialogue


    John Stanley (1713-86): Voluntary


    J. S. Bach: Toccata und Fuge d-moll BWV 538 ("Dorische Toccata")


    Vom Charpentier-Zeitgenossen de Grigny haben wir "Lunch-Timer" in der Vergangenheit schon des Öfteren einige Stücke zu hören bekommen. Ich mag den französischen Orgelbarock (nennt man diesen Stil so?) mit seinen interessanten Satzbezeichnungen, die immer auch etwas über die Art der gewünschten Registrierung aussagen, als Alternative zum norddeutschen Orgelbarock à la Buxtehude, Lübeck & Bruhns sehr gern - ein Beweis, wie vielfältig Orgelmusik -obwohl zur selben Zeit entstanden- klingen kann :yes:


    John Stanley kannte ich überhaupt nicht - sein Voluntary (Dauer ca. 5-6 min.) erinnerte mich an eine Mischung aus französischer Barockouvertüre für Orgel und den Stücken, die Mozart für die mechanischen Orgelwalzen komponierte: Ein Wechsel von gravitätischen Teilen mit schnellen, virtuosen Passagen und einem fugierten Abschnitt. Unterhaltsames Stück!


    Volker hat wohl Recht: Ohne Bach geht es zur Zeit wohl nicht ;) - zum Glück!
    BWV 538 war für mich heute der eindeutige Höhepunkt und würdige Abschluss des heutigen Konzerts! :jubel:

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Hallo MarcCologne,


    danke für Deine Rückmeldung. Mir viel in den Werksangaben eben der Name Bach immer wieder mit auf.
    Schön dass Du die Möglichkeit besitzt, immer wieder neue Interpreten und Gast-Organisten zu hören
    bekommst. V iel Spaß weiterhin.



    Grüsse
    Volker.

    Bach ist so vielfältig, sein Schatten ist ziemlich lang. Er inspirierte Musiker von Mozart bis Strawinsky. Er ist universal ,ich glaube Bach ist der Komponist der Zukunft.
    Zitat: J.E.G.

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  • Hallo,


    über ein spektakuläres Orgelkonzert mit der Konzert-Organistin:
    Elisabeth Roloff, Orgelkonzert in der Ev. Kirche Bielefeld-Ummeln, am 06. August 2006, möchte ich meine Eindrücke hier wiedergeben.



    Ev.Kirche Bielefeld-Ummeln


    Elisabeth Roloff gehört zu den bekanntesten und gefragten Konzertorganistinnen der Welt.
    Roloff studierte an den Hochschulen für Musik in Berlin und Köln. Im Fach Orgel legte sie die Reifeprüfung ab. Von 1974 bis 1982 war sie „Organiste Titulaire“ an der Deutschen Kirche in Paris und studierte französische Orgelmusik mit Marie-Claire Alain.



    Konzert-Organistin Elisabeth Roloff, Jerusalem


    Seit 1982 ist die Kirchenmusikerin Dozentin an der Rubin Academy of Music in Jerusalem. Außerdem wirkt sie als Organistin an der Erlöserkirche in Jerusalem / Israel.
    Mit ihren Konzerten in den meisten Ländern Europas, den USA und in Südamerika hat sie internationales Renommee und Anerkennung gewonnen. Neben vielen Rundfunkauftritten und Schallplattenaufnahmen hat die Künstlerin mit der bekannten Firma Dabringhaus und Grimm in Detmold zahlreiche CDs herausgebracht.
    Starker Besucherstrom vor der Kirchentür lässt das Konzert verspätet beginnen, das Interesse an diesem Orgelkonzert ob dieser großartigen Künstlerin ist riesengroß.



    Ein sehr ausgewogenes Konzertprogramm beginnt mit Präludium und Fuge d-Moll (BWV 539) von J.S. Bach das Werk erklingt in schönen Klangfarben auf der schmucken Kleuker-Orgel. Herleitend aus der 1. Violinsonate g-moll, 2. Satz (BWV 1001) aus der Köthener Zeit, (1720) komponiert Bach es als eine Geigenfuge mit reich figurierten, spielerischen Elementen zwischen den drei einzelnen themengebundenen Teilen. Einfühlsam registrierend und als eine profunde Bachinterpretin erweist sich hier die Organistin.



    2-manualige Kleuker-Orgel Ev.Kirche Bielfeld-Ummeln


    Zum Mozartjahr erklingt die kleine Fantasie f-Moll, KV 594; W .A. Mozart benennt es „Ein Stück für ein Orgelwerk in einer Uhr“. Zur Ehre von Feldmarschall v. Laudon, Sieger von Belgrad in den Türkenkriegen, dürfte dieses Werk als Trauermusik für das Mausoleum in Wien entstanden sein. Das Adagio leitet das Werk ein, im Mittelteil in F-Dur erklingt eine kleine Sonatensatzform. Die beiden Themen werden sehr prägnant durchgeführt sodass ein klangliches Kabinettstück entsteht. Das Anfangs-Adagio beschließt das Werk.
    Hier erweist sich die Orgel und Organistin geradezu prädestiniert, dieses schöne Orgelwerk zu Gehör zu bringen.


    Die Orgelsonate c-Moll, op. 65 Nr .2; von Felix Mendelssohn Bartholdy, wurden in der orgelfeindlichen Zeit zwar geduldet aber als belächeltes Relikt angesehen. Seine Orgel-Werke
    werden erst seit neuerer Zeit anerkannt und richtungsweisend zwischen Barock und Romantik als großartige Kompositionswerke angesehen. In diesem Werk werden vom Künstler hohe Ansprüche in der Spieltechnik eingefordert. Hier konnte die Organistin virtuos und überzeugend in der Registrierung und Klangfarbe dem Werk mehr als gerecht werden.


    Als ein Ohrwurm in mozartischen Charme und Klangfarben wurde die Trio-Sonate Nr. 1, Es-Dur (BWV 525) von J.S. Bach zu Gehör gebracht. Bach komponierte die 6 Triosonaten
    als musikalische und technische Übungsstücke zu Beginn der Leipziger Zeit für seinen Sohn Wilhelm Friedemann und seinen Schülern. In der Anlage völlig gleich, umschließen zwei schnelle Sätze einen langsamen Mittel-Satz. Man kann von dieser Schönheit an Kompositionsform und Klangfarben nur immer wieder ins Schwärmen kommen. Genial in der klanglichen und technischen Ausführung und Wiedergabe in den einzelnen Satzteilen war hier wirklich eine großartige Organistin als Bachinterpretin zu bewundern.


    Anschließend erklang das Adagio und Rondo, c-Moll, C-Dur, KV 617 von W. A. Mozart.
    Dies Werk hatte Mozart im Mai 1791 für die damals 21-jährige, seit ihrer Jugend erblindete Glasharmonika-Virtuosin Marianne Kirchgäßner geschrieben. Aufgrund des Glasharmonika- Klanges lassen sich die verschiedenen Farb- und Klangflächen auf einer mehrmanualigen Orgel sehr reizvoll wiedergeben. Auch in diesem Werk bestach die Organistin durch ihre Interpretation als eine wahrhaft
    großartige Künstlerin, die in der Registrierung und den Klangnuancen vollends zu überzeugen wusste.


    - Was ist uns da leider für ein Orgel-Genie verloren gegangen, wenn er weitere Kompositionen für die Orgel geschrieben hätte, gehörte Mozart mit zu den Größten in der Orgelgeschichte und wäre ein geeigneter und profunder Nachfolger von Bach gewesen. So muss sich die Nachwelt leider fast nur mit Transkriptionen zufrieden geben - .


    Zum Abschluss wurde die Sonate I, f-Moll, op. 65 I, von Felix Mendelssohn Bartholdy zu Gehör gebracht.
    Im 1. Satz sind Überlagerungen von lauten und leisen Klängen vornehmlich anzutreffen und üben einen gewissen Reiz an diesem großartigen Werk aus. Vielstimmiger Konzertsatz mit akkordischen Einleitungstakten. Erst im Mittelteil ist der Choral „Was mein Gott will“ als Umrahmung zu erkennen. Der 2. Satz “Adagio“ ist ein liedhafter Satz mit Echowirkungen. Im 3. Satz „Andante Recitativo“ ist ein klanglicher Wechsel von einstimmigen zu polyphonen Takten erkennbar. Der 4. Satz „Allegro assai vivace“ ist mit virtuosen Läufen und gebrochenen Akkorden versehen, der diesem Schlussatz ein grandioses Finale beschert.
    Hier wurde eine grandiose Darbietungsform und Interpretation durch die großartige Organistin geradezu perfekt wiedergegeben.


    Die riesige Zuhörerschaft in der Kirche bewunderte einen Orgelnachmittag von einer außer-
    gewöhnlichen Qualität und dankte mit einem lang anhaltenden Applaus einer Künstlerin, die Orgelmusik auf höchstem Niveau zelebrierte.

    Grüsse
    Volker.

    Bach ist so vielfältig, sein Schatten ist ziemlich lang. Er inspirierte Musiker von Mozart bis Strawinsky. Er ist universal ,ich glaube Bach ist der Komponist der Zukunft.
    Zitat: J.E.G.

  • Die Frage treibt mich schon länger um:


    Zitat


    Hier wurde eine grandiose Darbietungsform und Interpretation durch die großartige Organistin geradezu perfekt wiedergegeben.


    Die riesige Zuhörerschaft in der Kirche bewunderte einen Orgelnachmittag von einer außer-
    gewöhnlichen Qualität und dankte mit einem lang anhaltenden Applaus einer Künstlerin, die Orgelmusik auf höchstem Niveau zelebrierte.


    Wie hört ihr Orgelmusik? Was gefällt euch, wie kommt ihr auf die Einschätzung, dass es perfekt gespielt war? Wie urteilt ihr?


    Das Problem bei mir: Wenn ich jemanden anderen zuhöre, höre ich immer auf die "Feinheiten": "Ah, ok, jetzt hat er den Salicional... etwas schwach vielleicht, aber nicht ungewöhnlich - oh!! Warum registriert er das jetzt so und so? Und warum diese Tempowahl? Ich mach das ganz anders...."
    Von dieser Denkweise kann ich leider nicht ab. Drum interessiert mich, wie ihr urteilt... Denn auch Reger (der wohl sehr, sehr anspruchsvoll für den Hörer ist) höre ich anscheinend irgendwie anders...


    Viele gespannte und hoffnungsvolle Grüße

    Bach ist Anfang und Ende aller Musik

  • Zitat

    Original von sebastian
    Die Frage treibt mich schon länger um:
    Wie hört ihr Orgelmusik? Was gefällt euch, wie kommt ihr auf die Einschätzung, dass es perfekt gespielt war? Wie urteilt ihr?


    Hallo Sebastian!


    Das ist schwer bis unmöglich zu beantworten sein. Jeder hat seinen persönlichen Hintergrund, der beim Hören mitspielt:


    - Wie "professionell" man selbst mit Orgelmusik zu tun hat (Laie, Hobby-Organist, Kirchenmusiker, Konzertorganist, Professor, Orgelbau...)
    - Wie gut kennt man die Orgel, den Raum, den Organisten und natürlich: das gehörte Stück?
    - Welche persönlichen Erwartungen hat man dementsprechend? It man eher ein Anhänger roamntischer oder eher "klassizistischer" Interpretationsansätze und Instrumente, kann man HIP nicht ausstehen oder kann es ohne gar nicht gehen?


    Je nachdem setzt man dann Schwerpunkte, hört mehr oder weniger intensiv bzw. detailliert.


    Gruß
    Karsten

  • Hallo sebastian,


    eigentlich wäre dieses Thema ein neuer Thread, aber möchte doch an dieser Stelle Dir antworten.


    Wie mein Vorgänger Karsten schon in seinem Beitrag richtigerweise formulierte, ist es ganz schwer,
    eine allgemein gültige Antwort darauf zu geben.


    Bestimmende Faktoren aus meiner persönlichen Sicht müssen wie nachstehend vorhanden sein:


    Instrument, Raumklang, Interpretation des Werkes und eine gelungenen Registrierung und Klangfarbe und falls unabdingbar erforderlich die dazugehörende Viriosität.
    Eine weitere Bedingung stellt sich dem Organisten für das wiederzugebende Werk die entsprechende Kenntnisse und Fähigkeiten zu besitzen, die Musik mittelbar dem Hörer zugänglich zu machen.


    Dies sind für mich als Besucher eines Orgel-Konzertes die Grundvoraussetzungen, um einem
    Konzert diese Prädikate vergeben zu können.


    Über das Hineinhören und erkennen von Feinheiten sowie der Interpretation und Wiedergabe des Werkes ergibt sich für einen gelernten Organisten (Fachmann) eine ganz eigenständige Sichtweise, die für einen
    Laien-Besucher sich so nicht stellt.



    Grüsse
    Volker.

    Bach ist so vielfältig, sein Schatten ist ziemlich lang. Er inspirierte Musiker von Mozart bis Strawinsky. Er ist universal ,ich glaube Bach ist der Komponist der Zukunft.
    Zitat: J.E.G.

  • Ok, vielen Dank. Das bedeutet aber eigentlich ja auch, dass dann irgendwelche Frescobaldi'schen Ricercare vermutlich nicht so gut ankommen, da man in ihnen nicht gerade viel Virtuosität findet? Oder langsame Choralvorspiele, Meditationen? Oder muss da dann die Stimmung einfach stimmen?

    Bach ist Anfang und Ende aller Musik

  • Zitat

    Original von sebastian
    Ok, vielen Dank. Das bedeutet aber eigentlich ja auch, dass dann irgendwelche Frescobaldi'schen Ricercare vermutlich nicht so gut ankommen, da man in ihnen nicht gerade viel Virtuosität findet? Oder langsame Choralvorspiele, Meditationen? Oder muss da dann die Stimmung einfach stimmen?


    Keine Ahnung, wie du gerade darauf komsmt, dass diese Literatur nicht gut ankommen soll, weil sie "keine Virtuosität" erfordere.
    Mit dem entsprechenden Instrument bzw. Registirerug, an der richtigen Programmstelle, warum nicht?!


    Ich war mal in einem Chor- und Orgelkonzert, das ausschließlich Werken von Sweelinck gewidmet war (an einer umgebauen Ott-Orgel). War toll!


    Gruß
    Karsten

  • Hallo,


    gerade die einfachsten Orgelstücke können manchmal berauschend schön erklingen, wenn es der Organist
    versteht, sie gekonnt dem Zuhörer zu Gehör zu bringen, gerade in der Schlichtheit kann sich der Interpret
    als ein wahrer Meister zu erkennen geben.



    Grüße
    Volker.

    Bach ist so vielfältig, sein Schatten ist ziemlich lang. Er inspirierte Musiker von Mozart bis Strawinsky. Er ist universal ,ich glaube Bach ist der Komponist der Zukunft.
    Zitat: J.E.G.

  • Heute bescherte uns Organist Wolfgang Abendroth eine echt französische halbe Stunde zur Mittagszeit:


    Alexandre Guilmant (1837-1911): Sonate Nr. 1 d-moll, op. 42
    Allegro et Introduction/ Pastorale/ Finale


    Ich bin ja immer wieder hin- und hergerissen, ob ich orgelmusiktechnisch die Buxtehude- und Bach-Epoche oder doch eher die große Zeit der französischen Orgelmusik um 1900 (plus/ minus 40 Jahre ;) ) lieber mag - gut, dass ich mich nicht entscheiden muss, sondern beide Epochen "gleichberechtigt" genießen kann :yes:


    Heute war die Guilmant-Sonate ein gutes Plädoyer für die französischen Orgelfreunde!
    Das großdimensionierte Werk bietet dem Hörer in den Ecksätzen teils virtuose, teils üppig-pompöse Klänge und in der sehr poetischen Pastorale den für Sätze dieser Art charakteristischen wiegenden Rhythmus im 6/8-Takt.
    Den dramatischen Beginn des Werks (in düster-bedrohlichen Moll-Klängen) und die Schluss-Apotheose in erwartungsgemäß strahlendem D(?)-Dur im Finale haben mir am besten gefallen! Mehr davon! :jubel:

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Hallo reklov29,


    habe jetzt erst Deinen interessanten Bericht über das Bielefelder Konzert mit Frau Roloff gelesen.


    Zitat

    reklov29 schrieb:
    Elisabeth Roloff gehört zu den bekanntesten und gefragten Konzertorganistinnen der Welt. Roloff studierte an den Hochschulen für Musik in Berlin und Köln. Im Fach Orgel legte sie die Reifeprüfung ab. Von 1974 bis 1982 war sie „Organiste Titulaire“ an der Deutschen Kirche in Paris und studierte französische Orgelmusik mit Marie-Claire Alain.


    Du wirst lachen - als ich das von Dir daruntergestellte Foto der Organistin beim Durchscrollen sah, dachte ich zuerst, es wäre Madame Alain höchstselbst! Bist Du sicher, dass beide Damen lediglich zusammen studiert haben und nicht auch noch irgendwie verwandt sind? :]


    Was für eine Ähnlichkeit!



    Marie-Claire Alain

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Hallo MarcCologne,
    Zitat:
    Du wirst lachen - als ich das von Dir daruntergestellte Foto der Organistin beim Durchscrollen sah, dachte ich zuerst, es wäre Madame Alain höchstselbst! Bist Du sicher, dass beide Damen lediglich zusammen studiert haben und nicht auch noch irgendwie verwandt sind?
    ----------------------


    Also das Foto von Elisabeth Roloff habe ich persönlich an der Kleuker-Orgel in der Evg. Kirche Blfd-Ummeln
    aufgenommen. Ich kann nur bestätigen, dass ihr Bruder Pfarrer in Ummeln an der dortigen Kirche ist, deshalb auch die Konzerttätigkeit dort. Ich glaube kaum, dass eine verwandschaftliche Beziehung zu
    Madam Alain besteht, werde mir weitere Erkundigungen darüber einholen.
    :hello:


    Grüsse
    Volker.

    Bach ist so vielfältig, sein Schatten ist ziemlich lang. Er inspirierte Musiker von Mozart bis Strawinsky. Er ist universal ,ich glaube Bach ist der Komponist der Zukunft.
    Zitat: J.E.G.

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  • Hallo Volker,


    naja, die Bemerkung mit der Verwandtschaft zwischen beiden Damen war nicht ganz so ernst gemeint :]


    Ich hatte beim Runterscrollen das Foto von Frau Roloff gesehen und einen Moment lang spontan an Mme Alain gedacht - und dann las ich in Deinem Text doch tatsächlich, dass beide Künstlerinnen gemeinsame Studienjahre verbracht haben - da konnte ich mir die "verwandtschaftliche" Bemerkung nicht verkneifen ;):hello:


    Passend zum Thema gab es heute bei der Düsseldorfer Lunch-Time-Orgel französische Orgelmusik vom Feinsten:


    César Franck (1822-90): Cantabile


    Louis Vierne (1870-1937): Aus den "Pièces de Fantaisie" op. 55

    Cathédrales
    Résignation
    Les Cloches de Hinckley


    Besonders die "Cloches", die es zum krönenden Abschluss heute zu hören gab, haben mir gut gefallen: Was für ein triumphales, klangmächtiges Finale!! Zum Vergleich hätte ich jetzt gern noch den Original-Klang der Glocken der englischen Stadt Hinckley gehört :]
    Ihr Klang taucht jedenfalls nahezu pausenlos in dem virtuosen Satz auf und steigert sich gegen Ende in immer dichtere Strukturen.
    Die "Sonneries" haben in der französichen Orgelmusik ja eine gewisse Tradition - obwohl ja eigentlich der Klang einer Orgel nicht unbedingt direkt an Glockengeläut erinnert...

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Heute gab es eine "bunte Mischung" aus verschiedenen Jahrhunderten:


    J. S. Bach: Fantasie und Fuge c-moll BWV 537


    Arnold Mendelssohn (1855-1933): 2 Choralpartiten aus op. 104
    Wir Christenleut (in fünf Sätzen)
    Morgenglanz der Ewigkeit (in vier Sätzen)


    Jean Langlais (1907-91): Esquisse grégorienne Nr. 3


    Den Komponisten Arnold Mendelssohn kannte ich bislang überhaupt nicht - keine Ahnung, ob er mit Felix verwandt war. Zumindest war er anscheinend recht produktiv, was die Opusnummer vermuten lässt. Die erste Choralpartita hat mir gut gefallen: Reinste Spätromantik mit üppigen Klängen und Harmonien!


    Die Esquisse von Langlais war aber heute mein Favorit: Ein dreiteiliges Stück mit einem eher meditativen Mittelteil, um den sich zwei fast schon rauschhaft zu nennende schnelle Teile gruppieren, die hörbar auf einem gregorianschen Choral basieren. Faszinierende Harmonien mit teilweise schneidenden Dissonanzen, die originell aufgelöst werden (vor allem am Ende).

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Hallo Marc!


    Zitat

    Original von MarcCologne
    Den Komponisten Arnold Mendelssohn kannte ich bislang überhaupt nicht - keine Ahnung, ob er mit Felix verwandt war.


    War er!
    Arnold Mendelssohn ist der Sohn eines Neffen von Felix.


    :hello:


    Gruß, Peter.

  • Heute gab es einmal Bach, einmal 20. Jahrhundert:


    J. S. Bach: Präludium und Fuge Es-Dur BWV 552


    Karl Höller (1907-87): Choralvariationen "Jesu, meine Freude", op. 22/ 2
    Die 6 Variationen (eingerahmt vom Choralthema zu Beginn und als breit angelegtes Finale) des mir bisher nicht bekannten Komponisten Höller klangen schwer spätromantisch angehaucht (will sagen: Üppige Klangmassen - viiiiel harmonisches Sich-Entwickeln ;) ), dazu in den schnellen Variationen äußerst virtuos - ein Stück, das echt was hermacht :yes:

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Wolfgang Abendroth präsentierte heute mal wieder eine absolute "Klassiker"-Lunch-Time mit einer Romantik-Barockmischung:


    Felix Mendelssohn-Bartholdy: Sonate Nr. 5 D-Dur op. 65 / 5


    Robert Schumann: Aus den "Sechs Kanons" op. 56
    Nr. 1 "Nicht zu schnell" und
    Nr. 3 "Andantino"


    J. S. Bach: Präludium und Fuge e-moll BWV 548


    Vor allem die hochvirtuose Fuge aus BWV 548 hat es mir heute angetan: Eine nicht enden wollende Kette unablässig-flinker Läufe, gestützt und geführt von der Bass-Stimme im Pedal. Die ganze, einmal in Bewegung gesetzte "Perpetuum-mobile"-artige Bewegung kann am Ende nur noch durch einen lang ausgehaltenen Orgelpunkt fast "gewalttätig" gebremst und zu einem Ende gebracht werden... :jubel:

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • ... da ich vergangene Woche krankheitsbedingt auf meine wöchentliche Dosis "Live-Orgel" zur Mittwochsmittagszeit verzichten musste, war ich heute umso erfreuter, ein tolles Programm erleben zu können (heute vom Gastorganisten Raphael Nigbur aus Ratingen-Hösel gespielt):


    J. S. Bach: Toccata und Fuge d-moll BWV 565


    Josef Rheinberger (1839-1901): Cantilene F-Dur


    W. A. Mozart: Adagio und Rondo KV 617


    Ob BWV 565 nun tatsächlich von Bach ist oder nicht, lass ich mal dahin gestellt - ich liebe diesen Orgelklassiker, wem auch immer wir ihn zu verdanken haben!


    Und auch Rheinbergers "Cantilene" hat echte Ohrwurmqualitäten!


    Bei Mozarts "Orgelwerken" bin ich immer wieder überrascht, was da alles für selbige transkribiert wurde. KV 617 kannte ich bisher vor allem als Werk für Glasharmonika (heute ersatzweise meist mit Harfe gespielt), Flöte, Oboe, Viola und Cello! In der heute zu Gehör gebrachten Orgel-Version klang das Stück allerdings für meinen Geschmack etwas zu "wuchtig", mir fehlte das zarte Stimmgeflecht, das vom Harfenklang dominiert wird.

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Hallo OWL,


    wer an diesem Sonntagabend, 5.11.2006 noch nichts vor hat, kann einen Besuch hier einplanen:


    1. Internationaler Orgelwettbewerb Collon-Orgel - Herford vom 2. bis 5. November 2006

    Heute: 5.11.2006 20 Uhr; Preisträger-Konzert,
    Internationalen Orgelwettbewerbs in der Kirche St. Marien zu Herford.


    Grüsse
    Volker.

    Bach ist so vielfältig, sein Schatten ist ziemlich lang. Er inspirierte Musiker von Mozart bis Strawinsky. Er ist universal ,ich glaube Bach ist der Komponist der Zukunft.
    Zitat: J.E.G.

  • Hallo,


    1. Internationaler Orgelwettbewerb an der „Collon Orgel“ St. Marien in Herford wurde nach einem großartigen Finale am 5.11.2006 die Sieger gekürt.



    St. Marienkirche Stift Berg, Herford / OWL


    Collon-Orgel in St. Marien, Herford


    Der Wettbewerb ist offen für Organisten aller Nationalitäten, die nach dem 1. Januar 1972 geboren sind.


    Von 54 Mitbewerbern aus 16 Nationen - ab Jahrgang 1972 - wurden in einer Vorauswahl die letzten 18 Finalisten aus 10 Nationen von einer Jury mit Michael Radulescu; Vorsitzender der Jury; (Wien), Jacques van Oortmerssen (Amsterdam), dem Schweden Hans-Ola Ericsson (Professor in Bremen) sowie den deutschen Martin Böcker (Stade), Professor Bernhard Klapprott (Weimar), Jörg-Neithardt Keller und Professor Dr. Helmut Fleinghaus (beide Herford) ausgewählt worden.



    Alle Beteiligten waren voll des Lobes über den überragenden Besucherzuspruch (ausgebuchte Kirche an 3 Tagen !!!!), die überdurchschnittliche Qualität der Bewerber und einer grandiosen Collon Orgel mit ihren klangtechnischen Möglichkeiten - eine adäquate Interpretation der Orgelmusik Italiens, Spaniens, Frankreichs, Flanderns, Süddeutschlands sowie der mitteldeutschen Schule, ausgehend von J. S. Bach - hierauf wiedergeben zu können. Eine absolute Meisterleistung des heutigen Orgelbaus gelang Collon aus Brüssel, Raum und Klang vereinen sich zu einer Symbiose, die großartiger nicht ausfallen kann.


    Erstmals wurde ein Extra-Preis durch das Votum der Besucher vergeben, was der Veranstaltung seinen besonderen Reiz verlieh.


    Grussworte des Jury - Vorsitzenden Michael Radulescu aus Wien:


    An dieser Orgel hätten die jungen Musiker nicht gegeneinander gekämpft, sondern miteinander musiziert, stellte der Vorsitzende der Jury dankbar fest: „In diesem prächtigen Raum war das Niveau der Darbietungen erstaunlich hoch.“ Die Organisten hätten sich intensiv mit der Vielfalt europäischer Musik auseinander gesetzt. „Seit Jahren hatte ich von einem solchen Wettbewerb geträumt“, bekannte Radulescu: „Nun ist der Traum Wirklichkeit geworden.“



    Die drei Finalisten für das Abschluss-Konzert der Preisträger am 3. Tag: Sonntag, 05.11.2006 wie folgt:


    Philippe Oliver Salandini / Frankreich


    Der Franzose Olivier Salandini studiert wie Gritter in Amsterdam. Er gewann im vergangenen Jahr den Internationalen Cembalo-Wettbewerb in Bologna und tritt häufig als Cembalist hervor.


    Seine vorgetragenes Orgelwerk: Nicolas de Grigny (1672-1703) - franz. Orgelkomponist in Paris und Reims - mit dem Werk: Hymnus „Veni creator“ En Taille – Fugue – Duo – Recit de Cromorne – Dialogue sur les Grands Jeux.


    In diesem französischen Orgelwerk gelang ihm eine ausgezeichnete Wiedergabe, technisch profund und in der Registrierung wunderbar wiedergegeben, doch ohne Pedalbenutzung disqualifizierte er sich selbsttätig für eine bessere Platzierung?


    Mit dem BWV 655 von J.S. Bach (1685-1750) Choraltrio „Herr Jesu Christ, dich zu uns wend“ gelang ihm eine Wiedergabe im Pedal vortrefflich, sowie in der Registrierung fein ausnuanciert und einem beseelten Spiel, so muss Bach klingen, ergriffen lauschten die Zuhörer seines Spiels und spendeten einen wohlwollenden Begeisterungsapplaus für seinen vorzüglichen Bachvortrag. Wegen des vorgenannten Mankos (ohne Pedalspiel?) reichte es für die Jury nur für den dritten Platz, das Publikum wählte ihn auf Platz zwei.


    Gerben Gritter / Holland


    Gerben Gritter (geboren 1979) studiert Orgel bei Jacques van Oortmerssen am Conservatorium Amsterdam sowie Musikwissenschaft an der Universität Utrecht.


    Oortmerssen war ebenfalls einer der Juroren beim Herforder Wettbewerb. Gerben Gritter nahm an Meisterkursen von Jean Boyer, dem Juror Hans-Ola Ericsson, Andrea Marcon, Jan Raas, Stef Tuinstra und Harald Vogel teil.


    Er errang beim Internationalen Schnitger-Orgelwettbewerb 2003 Alkmaar den 2. Preis. Im vergangenen Jahr gehörte er zu den Finalisten des Internationalen Sweelinck-Orgelwettbewerbes in Amsterdam. Gerben Gritter ist Organist an der Nederlands Hervormde Kerk zu Westerbork und Assistent-Organist an der Waalse Kerk in Amsterdam.


    Seine vorgetragenen Orgelwerke: J.S. Bach; BWV 541 „Präludium und Fuge“ G-Dur; und BWV 659 Choralbearbeitung über „Nun komm, der Heiden Heiland.“


    Groß in der Statur so entpuppte sich auch ein großartiger Bachkenner. Es wurde fein registriert und ein wohlfeiles mitteltöniges Klangvolumen von ihm vorgetragen. Hier wächst ein großartiger Bachinterpret der jungen Orgelgeneration heran, dem alle Türen der Konzertsäle und Kirchen weit geöffnet scheinen. Ein Manko muss er ablegen, sein Spiel wirkt ein wenig zu pastoral vorgetragen, wenn er das ablegt, wird er ein ganz „Großer“ in der Orgelszene als Bachinterpret. Die Jury platzierte ihn auf Platz zwei, die Besucher auf Platz drei.


    Magdalena Hasibeder / Österreich


    Magdalena Hasibeder, geboren 1982 in Linz, erhielt ihren ersten musikalischen Unterricht in Klavier an der Landesmusikschule St. Georgen bei Frau Kathan und ihren ersten Orgelunterricht mit 12 Jahren. Sie besuchte das Linzer Musikgymnasium und absolvierte gleichzeitig ein künstlerisches Basis-Studi um am Linzer Bruckner-Konservatorium bei Prof. Mitterschiffthaler. Im Jahr 2000 erhielt sie den 1. Preis beim Wettbewerb „Prima la Musica“ in Feldkirch. Sie besuchte mehrere Meisterkurse, u.a. bei Wolfgang Zehrer, Ludger Lohmann, Tini Mathot u.a. und studiert seit 4 Jahren an der Wiener Musikuniversität (Cembalo bei Wolfgang Glüxam, Orgel bei Michael Radulescu). Sie konzertiert und ist mehrfache Preisträgerin von "Prima la musica".


    Ihre vorgetragenen Orgelwerke: Francisco Correa de Arauxo (Araujo) (1575?-1654) - spanischer Orgelkomponist in San Salvador und Segovia – mit dem Werk; „Tiento de septimo tono“ Nr. 27;


    sowie von Jacques Boyvin (1649-1706) - französischer Orgelkomponist in Paris und Rouen – mit dem Werk: „Suite du Troisieme ton Plein jeu“ – Fugue – Dessus de tierce – Cromhorne en taille – Grand Dialogue.


    Magdalena Hasibeder klein in der Statur aber als eine überragende Könnerin an der Orgel erwies sich von Anbeginn ihres Vortrages diese famose Organistin aus Österreich. Hier spürte man sofort, da ist eine gewiefte Künstlerin am Werkeln, die ihr Orgelhandwerk versteht. Für diesen Wettbewerb großartig disputiert in ihrer Werksauswahl und schöpfend aus ihren Erfahrungen aus zahlreichen Konzerttätigkeiten, konnte sie dieses Wissen und Können entsprechend mit einbringen und umsetzen. Ob spanische oder französische Orgelliteratur, sie verstand es geradezu meisterlich, in ihrem Vortrag alle zu berücksichtigenden Facetten gewinnbringend darzustellen.


    Berauschend ihre virtuose Spielweise ob Pedal, Klaviatur oder Registrierung, alles gelang ihr an diesem Abend vor einer riesigen Zuhörerschaft aufs Allerprächtigste. Was für ein Organistinnen-Juwel bildet sich hier heran, unterstützt von einem großartigen Musik-Professor „Michael Radulescu“ aus Wien, der ihr das gewisse Rüstzeug für die Zukunft mitgeben wird. Zu Recht von der Jury und den Besuchern mit überwältigender Mehrheit auf Platz eins gestimmt, ist sie als die vortrefflichste Siegerin gekürt worden.


    Magdalena Hasibeder konnte als Mitgift: 1. Preis der Jury: 8.000,00 € - 1. Preis durch das Besuchervotum: 1.500,00 € - als ein vortreffliches Honorar mit nach Österreich überführen. Mit diesem Preisgeld erhielt eine großartige Nachwuchs-Organistin eine entsprechende Würdigung.

    Foto: Magdalena Hasibeder 1.Preisträgerin im Collon-Orgelwettbewerb Herford


    Riesiger, nicht endend wollender Applaus galt allen Beteiligten für einen großartigen Orgelabend. In OWL (Ostwestfalen-Lippe) ist durch diesen 1. Internationalen Orgelwettbewerb eine neue Orgel-Ära angebrochen, die positive Spuren hinterlassen wird.


    Preisgelder: 1. Preis 8.000,-€ 2. Preis 5.500,- € 3. Preis 3.000,-€ Improvisations-Preis 3.000,- €

    Publikums-Preis 1.500,- €.



    Die Disposition der Collon-Orgel:


    Hauptwerk:
    Bourdon 16'
    Prinzipal 8'
    Gedeckt 8'
    Salicional 8'
    Oktave 4'
    Flöte 4'
    Quinte 2 2/3'
    Oktave 2'
    Terz 1 3/5'
    Quinte 1 1/3'
    Mixtur IV
    Cornet V
    Trompete 8'
    Chamade 4'/8'


    Unterwerk:
    Gedeckt 8'
    Traversflöte 8'
    Principal 4'
    Fugara 4'
    Nasat 2 2/3'
    Oktave 2'
    Flageolet 2'
    Terz 1 1/3'
    Larigot 11/3'
    Mixtur III
    Cromorne 8'
    Vox Humana 8'


    Pedal:
    Subbass 16'
    Principalbass 8'
    Gedecktbass 8'
    Oktavbass 4'
    Posaunenbass 16'
    Trompetenbass 8'


    Manualkoppel
    Kurze Oktavkoppel HW
    Pedalkoppel HW
    Pedalkoppel UW
    Tremulant


    Grüsse
    Volker.

    Bach ist so vielfältig, sein Schatten ist ziemlich lang. Er inspirierte Musiker von Mozart bis Strawinsky. Er ist universal ,ich glaube Bach ist der Komponist der Zukunft.
    Zitat: J.E.G.

  • Hallo,


    über eine Sternstunde der Orgelmusik möchte ich hier über einen großartigen Orgel-Virtuosen berichten:



    Meister-Organist "Daniel Roth" begeisterte in der Altstädter Nicolaikirche in Bielefeld am 11.01.2007 mit folgenden Orgelwerken:

    J.S. Bach

    Praeludium und Fuge in C - Dur BWV 547

    Partita „Sei gegrüßet Jesu Gütig“ BWV 768

    Cesar Franck (1822 – 1890)

    Interlude symphonique aus Rédemption,

    Orgelbearbeitung: Daniel Roth

    Eugène Gigout - (1844 – 1925)

    Scherzo in E - Dur

    Daniel Roth (* 31.10.1942)

    Eigenkomposition:

    Artizarra, Fantasie über ein baskisches Lied für

    das Fest der Erscheinung des Herrn (Epiphanias)

    Charles Marie Widor (1844 – 1937)

    Finale aus der 7. Symphonie


    In der Altstädter Nicolaikirche in Bielefeld wurde im Rahmen der Albert Schweitzer Tage ein hochrangiger Organist in Person von Daniel Roth - tätig an der Kirchengemeinde St. Sulpice in Paris - verpflichtet. Meister-Organist Roth steht als eine weitere Größe in der Nachfolgeschaft seiner bekannten Vorgänger wie Charles-Marie Widor und Marcel Dupré für die Cavaillé-Coll-Orgel an St. Sulpice in Paris zur Verfügung.



    Altstädter Nicolaikirche Bielefeld


    Beratend in der Planung und Disposition stand Albert Schweitzer für die in 1944 vollständig zerstörte Orgel für den Neubau der Großen Beckerath-Orgel zur Verfügung die er auch persönlich einweihte. Zwei Orgelkonzerte fanden von Albert Schweitzer in der Nicolaikirche statt. Aus diesem Anlass veranstaltet die Nicolaikirchengemeinde jährlich zu seinem Geburtstag (14.Januar), die Albert Schweitzer Tage. Hieran orientierte sich entsprechend das Programm mit Werken von J.S. Bach und französischer Orgelliteratur.




    Grosse Beckerath-Orgel von 1965



    Als ein Genius an der Orgel war der gebürtige Elsässer nur zu bewundern. Eine überragende Spielkultur und Interpretation, in der künstlerischen Ausführung und Registrierung merkte der Besucher sofort, hier stellt sich ein Konzert-Organist der Sonderklasse vor.


    Im Auftakt des BWV 547 in Präludium und Fuge C-Dur brillierte sein Spiel in den Fugen. Er verstand es meisterlich eine entsprechende Akzentuierung seinem Spiel mitzugeben.


    Das BWV 768 ( Partite diverse sopra il corale) „Sei gegrüßet, Jesu gütig“ gehört zu den frühen Werken Bachs und ist in ihrer 11-sätzigen Struktur formal an seinen norddeutschen Lehrmeister Georg Böhm angelehnt, es nimmt als reifstes Werk dieser Frühperiode eine Sonderstellung ein. Ganz im Sinne Schweitzers erfolgte seine Interpretierung und entwickelte im weiteren Verlauf des Variationszyklus sowie in der abschließenden fünfstimmigen Variation eine berauschende Wiedergabe in barocker Klangpracht, die er dieser fantastischen Orgel zu entlocken vermochte.


    In dem Orgelwerk von Cesar Franck „Interlude symphonique aus Rédemption“, hat Daniel Roth eine Bearbeitung des „Interlude symphonique“ aus dem Oratorium „Die Erlösung“ hinzugefügt. Eine Orgelsinfonie in orchestraler Ausprägung und prägnanten Klangfarben. Hier bezeugte Roth seine überragende Kunstfertigkeit an der Orgel, dem Hörer ein Klangideal vorzuführen, dass bewegend einzuwirken vermochte.


    Daniel Roth, seine Eigenkomposition: „Artizarra, Fantasie über ein baskisches Lied für das Fest der Erscheinung des Herrn“ (Epiphanias), trägt unverkennbar die Züge einer französischen Komposition. Feinfühlig, elegant in seinem Spiel versteht er es vortrefflich, dem Hörer Tonal die "Heiligen Drei Könige" auf der Orgel vorzuführen.


    Den grandiosen Schlusspunkt setzte er mit dem Werk von Charles Marie Widor „Finale aus der 7. Symphonie.“ Virtuoses Können, geschmeidig ausformend und in der entsprechenden Klangwucht präsentierte sich ein großartiger Kenner und Meister in diesem französischen Orgelwerk.


    Ein überragender Orgelabend wurde mit nicht endend wollendem Beifall durch die Besucher entsprechend honoriert.


    Grüsse
    Volker.

    Bach ist so vielfältig, sein Schatten ist ziemlich lang. Er inspirierte Musiker von Mozart bis Strawinsky. Er ist universal ,ich glaube Bach ist der Komponist der Zukunft.
    Zitat: J.E.G.

  • Es gibt Konzerte, die kann man kaum beschreiben, die muss man einfach erlebt haben. Ein solches Erlebnis fand am 4. Februar 2007 in der Rudolf-Oetker-Halle in Bielefeld statt. Giora Feidman und Matthias Eisenberg: "From Classic to Klezmer". Nun touren die beiden schon seit geraumer Zeit mit diesem Programm durch die Kirchen der Republik, aber in Bielefeld waren sie zum ersten Mal in einer Konzerthalle. Keine Kathedral-Akustik ausladender Kirchenräume, sondern die fast intime, "trockene" Atmosphäre eines großen Konzertsaales. Krasse Gegensätze. So auch im Programm: Gerade hat Feidman ein atemberaubendes Solo hingelegt, da fordert er das Publikum zum Mitsingen auf "Schalom chaverim". Die meisten der mehr als tausend Zuhörer werden - erstaunlich stimmstark - aktiv. Aber bevor sich allzu große Rührseligkeit einstellt, grätscht Eisenberg mit dem "Entertainer" von Scott Joplin dazwischen. Gerade noch säuselt die Orgel verträumt als Begleitinstrument, im nächsten Moment braust sie solistisch auf. Mitten in kecke Klezmer-Rhythmen, bei denen man streckenweise nicht mehr erkennt, ob Feidman spielt oder Eisenberg mit der Orgel immitiert, bricht Bachs Epidemische fortissimo herein. Toccata und Fuge d-Moll mit sprödem Charme, ganz anders als in der Kirche. Und so geht das weiter, 75 Minuten ohne Pause, ohne Unterbrechung. Ein Feuerwerk nach dem anderen. Feidman ist immer gut und Eisenberg wird immer besser. Fast hat man das Gefühl, er sei warm geworden mit der alten Oetkerhallen-Orgel, die mit nur 4 Kombinationen weit entfernt ist von modernen Tausender-Setzern, mit denen man alles und nichts vorprogrammieren kann. Geradezu eruptiv-enthusiastisch seine Zugaben-Improvisation am Schluss. Selten hat das Publikum wohl solche wundersamen Klänge in der Oetkerhalle gehört. Ein grandioser Giora Feidman und ein kongenialer Matthias Eisenberg, der gezeigt hat, dass Kino-, Konzertsaal- und Kirchenorgel manchmal in einem einzigen Instrument vereint sind - wenn man es denn zu spielen weiß ...
    Standing Ovations, minutenlang, mehrere Zugaben und ein - typisches - Ende mit den drei ineinander verwobenen Nationalhymnen von Deutschland, Israel und Palestina, ohne Pomp, nachdenklich - und auf Feidmans Wunsch auch ohne Schluss-Applaus. Phantastisch.


    Ach ja: Wo denn wohl die Orgel gewesen sei, wollte mancher nach dem Konzert wissen, der in der Halle ein so großes Instrument gar nicht erwartet hatte. In einer Orgelkammer hinter dem Orchesterpodium steht sie, unsichtbar, ohne Prospekt, als eine der letzten ihrer Art.


    Bei Wikipedia gibt's ein Bild der Oetkerhalle, das ich hier nicht unterbringen konnte: Blick auf die (nur für dieses Foto beleuchtete) Orgelkammer der Oetkerhalle


    Oetkerhalle Bielefeld, Orgel
    Wilh. Sauer, Frankfurt/Oder, 1929, Taschenladen, III/P 52 (+ 3 Transm.)
    Umbau: Willi Peter, Köln, 1973, Schleifladen, III/P 54


    elektrische Register-/Spieltraktur
    Koppeln: III/I, II/I, III/II, III/P, II/P, I/P;
    Walze, 4 freie Kombinationen, Zungenabsteller, Pleno, Tutti


    Hauptwerk (I. Manual):
    Prinzipal 16’
    Prinzipal 8’
    Grobgedackt 8’
    Gemshorn 8’
    Gambe 8’
    Oktave 4’
    Rohrflöte 4’
    Quinte 2 2/3’
    Oktave 2’
    Kornett 3 - 4fach 2 2/3’
    Mixtur 4 - 6fach 2’
    Trompete 8’


    II. Manual (schwellbar):
    Rohrgedackt 8’
    Quintade 8’
    Salicional 8’
    Prinzipal 4’
    Blockflöte 4’
    Oktave 2’
    Waldflöte 2’
    Sesquialtera 2fach
    Scharff 4 - 6fach
    Zimbel 3fach 1/2’
    Rankett 16’
    Krummhorn 8’
    Regal 4’
    Tremulant


    III. Manual (schwellbar):
    Nachthorngedackt 16’
    Prinzipal 8’
    Holzflöte 8’
    Gedeckt 8’
    Vox coeleste 8’
    Oktave 4’
    Flaute dolce 4’
    Nasat 2 2/3’
    Piccelflöte 2’
    Terz 1 3/5’
    Sifflöte 1’
    Plein jeu 4 - 6fach 1 1/3’
    Fagott 16’
    Trompete 8’
    Oboe 8’
    Schalmei 4’
    Tremulant


    Pedal:
    Prinzipal 16’
    Untersatz 16’
    Barem 16’ (= Echobaß)
    Quinte 10 2/3’
    Oktavbaß 8’
    Baßflöte 8’
    Choralbaß 4’
    Nachthorn 2’
    Rauschwerk 4fach 2 2/3’
    Basson 32’
    Posaune 16’
    Trompete 8’
    Clarine 4’

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