Orgelmusik auf einer Truhenorgel

  • Hallo Forum,


    aufgrund eines Konzertbesuches (Orgelmusik auf einer Truhenorgel als Continuo in Werken von J.S.Bach und als Soloinstrument gespielt) bin ich auf dieses herrliche Instrument gestossen. Truhenorgel

    Beschreibung:

    Truhenorgel "Ein kräftiger, brillianter Orgelklang!" Mit den Pfeifenbauformen Holzgedeckt, Holzrohrflöte und offene Holzflöte sind drei wichtige Aspekte des Orgelklanges in diesem Instrument repräsentiert. Gleichzeitig zeichnen sich die Register durch einen enorm hohen Grad an Verschmelzungsfähigkeit aus - die verschiedenen Klangkomponenten finden keinerlei Niederschlag in klanglicher Schärfe. Dies verleiht dem Instrument eine besondere Geschlossenheit und erweist sich gerade in bezug auf Kammermusik als ausschlaggebend für die musikalischen Möglichkeiten.


    Das Achtfuß-Register bietet der Orgel ein sehr tragfähiges Fundament; es spricht präzise bis zu den tiefsten Pfeifen, ermöglicht andererseits jedoch eine ganz sanfte Ansprache bis hin zum Legatissimo. Die Holzrohrflöte 4´ ist schlank und beweglich.Zusammen mit dem Achtfuß entwickelt sie einen warmen, fülligen Klang, sodass auch Achtfuß und Vierfuß gemeinsam hervorragend zum Continuospiel geeignet sind. Die Offenflöte 2´ offenbart in vielleicht eindrücklichster Weise die Intonation von Holzpfeifen: auch dieses Register ist über den gesamten Klaviaturumfang solistisch spielbar - selbst die kleinsten Pfeifen sprechen absolut fein und delikat an.

    Der Klang der drei genannten Register zusammen ist packend - ein kräftiger, brillanter Orgelklang, dabei voller Wärme und Charme. Die Quinte 22/3´ im Diskant ermöglicht dank der Schleifenteilung einerseits Soloregistrierungen, andererseits verleiht sie dem Instrument im Tutti zusätzliche Fülle. Eine Truhenorgel ist eine einmanualige Standorgel mit drei bis fünf Registern.


    Der Name des Instruments ist von der Bauform her zu verstehen. Sie ähnelt nach Größe und Aussehen einer Truhe oder einem vergleichbaren Möbelstück. Im Gegensatz zu größeren Orgeln sind Truhenorgel nicht fest im Raum installiert, sondern können nach Bedarf ohne großen Aufwand an verschiedenen Stellen aufgestellt werden. Eine Truhenorgel eignet sich besonders für Hausmusik, kann aber auch als Continuo im Zusammenspiel mit anderen Instrumenten eingesetzt werden.


    Die Stimmhaltung bei Holzpfeifen ist sehr gut und durch die aufgeleimten Vorschläge besonders gut. Das Reisen mit diesem Instrument ist daher unproblematisch. Eine andere Stimmung (umstimmen) kann rasch bewerkstelligt werden.


    Eine Truhenorgel ist häufig ausgestattet mit: einem Register Gedackt 8´ einem Register Flöte 4´ einem Register Prinzipal 2´ einem Zimbelregister 2-fach und einem Register Terz 1 ³/5 Manual Umfang 4 ½ bis 5 Oktven "Fuß" meint übrigens das Längenmaß unserer Großväter mit circa 30 cm und bedeutet, daß die tiefste und damit längste Pfeife des betreffenden Registers die benannte Länge hat; also eine Flöte 4-Fuß ist immerhin einen Meter und 20 Zentimeter lang Sie entspricht damit den Anforderungen, die auch an ein Positiv gestellt werden

    In dem besuchten Konzert in der St. Petrikirche Melle bei Osnabrück, wurden dort auf einer Truhenorgel - die von der Firma Kopp aus Aurich / Ostfriesland 2002 gebaut wurde - alle Pfeiffen sind aus Holz, Tonumfang C-f, Transpositionsmöglichkeit für 415 - 4440 - 463 Hz. Disposition: Gedackt 8', Blockflöte 4' Quinte 2 2/3', Waldflöte 2'


    folgende Werke wurden aufgeführt:


    J.S. Bach Sinfonia d-dur aus Kantate 169 für Orgel und Streicher.


    J.S. Bach Sinfonia d-moll aus Kantate 35 für Orgel und Streicher.
    Joseph Haydn, aus Flötenuhr von 1793, Menuett - Allegro - Marche - Die Uhr.


    Aufgrund ihrer innigen und warmen Klangfülle der Truhenorgel erklangen die Sonfonia von J.S. Bach in einer mir unbekannten Intensität, wie ich sie noch nicht erlebt habe. Berauschend schön als Continuo zu den Streichern eingesetzt, erklingt Bach hier in ganz anderen Dimensionen.


    Ihre ganze Klangstärke als Soloinstrument entfaltet sie in Joseph Haydns Auszüge aus der Flötenuhr, komponiert 1792. Hier eröffnet sich dem Hörer eine ganz neues konzertantes Erleben, fast Kammermusik für ein Soloinstrument in ihren schönsten Ausprägungen und Facetten.


    Auf der Suche im Internet nach Einspielungen in Begleitung einer Truhenorgel bin ich leider nicht fündig geworden, ob das Forum näheres an Einspielungen mit einer Truhenorgel als Wissensstand vermitteln kann, für Anregungen wäre ich dankbar.


    Herzliche Grüsse
    Reklov29

    Bach ist so vielfältig, sein Schatten ist ziemlich lang. Er inspirierte Musiker von Mozart bis Strawinsky. Er ist universal ,ich glaube Bach ist der Komponist der Zukunft.
    Zitat: J.E.G.

  • Theophilus,
    Zitat:
    berauschend ist das Angebot wirklich nicht.
    -----------------------------------------------------------


    Aber erst einmal Danke für die genannten Einspielungen.


    Entweder ist die Truhenorgel wieder im Kommen, denn an konzertanten Aufführungen mit einer Truhenorgel in 2005 besteht zur Zeit kein Mangel.


    Grüsse
    reklov29

    Bach ist so vielfältig, sein Schatten ist ziemlich lang. Er inspirierte Musiker von Mozart bis Strawinsky. Er ist universal ,ich glaube Bach ist der Komponist der Zukunft.
    Zitat: J.E.G.

  • hallo reklov:


    eine sehr schöne truhenorgel hörst du z.b. auf diesen cds:



    Böddecker: Sacra Partitura



    Kindermann/Capricornus: Geistliche Musik


    Die Truhenorgel, eher ein Instrument der Kammer bzw. Haus-Musik tritt zwangsläufig in den Hintergrund da, wo man für Aufnahmen eben eine Kirchenorgel zur Verfügung hat. Eigentlich schade, aber ist nun mal so. In China z.b., wo man sich in den eher armen Kirchgemeinden eine große Orgel nicht leisten kann, sind Truhenorgeln sehr gebräuchlich und ich kenne etliche Instrumente, die es mit ihren "großen Schwestern" durchaus aufnehmen können. Ensembles wie z.b. die "Musikalische Companey" arbeiten ausschliesslich mit Truhen oder "Haus"-Orgeln !

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Hallo Theophilus,



    die Wagner-Orgel im Dom zu Brandenburg/Havel ist KEINE Truhenorgel sondern eine der größten, halbwegs erhalteen Orgeln des bedeutenden Orgelbauers Joachim Wagner. Das Spielwerk umfaßt auf zwei Manualen und dem Pedal 33 Register mit nahezu 2.000 Pfeifen.


    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Hallo BBB,


    da hst du sicher Recht. Auf der genannten CD gibt es explizit ein Stück für Truhenorgel ("Sonata prima per Trombetta Sola für Trompete und Truhenorgel"). Ob es von einer solchen auch gespielt wird, oder womöglich auch auf der "großen", konnte ich nicht eruieren.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo BigBerlinBaer,


    Danke für Deine schönen - genannten Einspielungen - auf einer Truhenorgel.


    Auf das Forum ist einfach Verlass, wenn sich die Spezialisten melden um so schöner. Ich selber konnte im Internet keine Einspielungen finden, umso grösser die Vorfreude, Einspielungen zu erwerben.


    Grüsse nach Berlin
    reklov29

    Bach ist so vielfältig, sein Schatten ist ziemlich lang. Er inspirierte Musiker von Mozart bis Strawinsky. Er ist universal ,ich glaube Bach ist der Komponist der Zukunft.
    Zitat: J.E.G.

  • Hallo Forum.


    nach langer vergeblicher Suche nun auch fündig geworden:



    Georg Friedrich Händel:
    Neun deutsche Arien HWV 202-210 / Salve Regina HWV 241
    Scot Weir, Tenor
    Ingo de Haas, Violine
    Carsten de Haas, Violoncello
    Martin Lutz, Cembalo / Truhenorgel





    Heinrich Ignaz Franz Biber
    16 Rosenkranz-Sonaten für Violine und basso continuo
    Veronika Strehlke, Barockvioline
    Gerhart Darmstadt, Barockvioloncello
    Egino Klepper, Truhenorgel





    Ludwig Daser (c. 1526-1589)
    "Missa super Ave Maria"


    Ludwig Daser (c. 1526 - 1589):
    Missa super "Ave Maria"
    Proprium "De Veneratione Virginis Mariae"
    Psalm-Motetten


    "Benedictus Dominus” (Psalmus 27, 6-7)
    Proprium: Introitus "Salve Sancta parens”
    Missa super Ave Maria
    – Kyrie
    – Gloria
    Proprium: Alleluja "Sancta dei genitrix"
    Missa super Ave Maria
    – Credo
    "Ad te levavi oculos meos - Miserere nostri” (instrumentale Fassung)
    Missa super Ave Maria
    – Sanctus / Benedictus
    "Salvum me fac Deus” (Psalmus 68,2)
    Missa super Ave Maria
    – Agnus dei
    Proprium: Communio "Beata viscera”


    Die Gruppe für Alte Musik München (Kuniko Ueno: Zink; Martina Bulla: Zink; Ulrich Eichenberger: Altposaune; Christian Braun: Tenorposaune; Craig Shepard: Tenorposaune; Christian Brühwiler: Baßposaune; Jaka Racman: Viola da Gamba; Domen Marincic: Truhenorgel)
    Leitung: Martin Zöbeley.



    Von Buxtehude bis Boogie Woogie
    ... ein launiges Orgelportrait
    Günther Fetz, Truhenorgel

    Werke:


    Franzpeter Goebels (1920–1988)
    Jean-Philippe Rameau (1683– 1764) Zwei Rigaudon mit Double u. Reprise,
    Louis-Nicolas Clérambault (1676–1749) Suite du deuxieme ton
    Johann Pachelbel (1653–1706) Aria Sebaldina
    Dietrich Buxtehude (1637–1707) Fuga in C, Allegro (BuxWV 174)
    Johann Jakob Froberger (1616–1667) Toccata in d
    Hugo Distler (1908–1942) Variationen „Frisch auf, gut Gsell, laß rummer gahn“


    Man muß Günther Fetz für die aufgezeigten, mannigfaltigen Möglichkeiten, die er aus der Truhe zaubert, dankbar sein und kann ihn zu dieser wunderbaren Einspielung beglückwünschen


    Nun wird die Entscheidung immer schwieriger, werde nach dem Erwerb einer CD mich im Forum
    wieder melden und rezensieren.



    Grüsse
    reklov29

    Bach ist so vielfältig, sein Schatten ist ziemlich lang. Er inspirierte Musiker von Mozart bis Strawinsky. Er ist universal ,ich glaube Bach ist der Komponist der Zukunft.
    Zitat: J.E.G.

  • Bekanntermaßen nimmt Masaaki Suzuki seit 1995 sämtliche geistlichen Bachkantaten in der Shoins-Kapelle auf dem Gelände der Frauenuniversitat in Kobe auf. Zuweilen verwendet Suzuki hierbei auch eine kleine Truhenorgel (die genauen BWV-Nummern sind mir nicht bekannt, lassen aber sicher recherchieren).

  • tom


    Zitat

    Zuweilen verwendet Suzuki hierbei auch eine kleine Truhenorgel


    Wofür ich ihm ausserordentlich dankbar bin, denn ein klirriges Cembalo ist dieser Musik wohl eher unangemessen. Ausserdem ist es unsinnig, mit dem für Temperatur-Extreme ungeeigneten Cemablo in ungeheizten Kirchenräumen zu arbeiten wenn dort entweder stationäre oder "mobile" Orgeln (Thruhenorgel) vorhanden sind

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

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  • Was spricht dagegen, ein Claviorganum zu verwenden? Denn ein Satz verträgt kein Cembalo, beim anderen braucht man dann wieder etwas prägnantes...

    Bach ist Anfang und Ende aller Musik

  • Zitat

    Was spricht dagegen, ein Claviorganum zu verwenden?


    Abgesehn davon, daß sich in Bachs Inventar keines dieser Instrumente befand, nichts ! Er hätte es für Aufführungen mieten müssen und schon deshalb ist naheliegend, daß er sich auf das in den Kirchen vorhandene Instrumentarium beschränkte. Wer meint, auf den Spinett/Cembaloklang
    bei Kanatenaufführungen nicht verzichten zu können, ist mit einem Claviorganum gut bedient, das klingt allemal dezenter als eines der heute gerne verwendeten großen Cembali ! Zu bedenken geben muss ich jedoch schon, daß bei starken Temperaturschwankungen der "Cemabalo-Bereich" dieses Instrumentes ähnlich störanfällig ist wie ibei einem herkömmlichen Cembalo.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Hallo BigBerlinBaer,
    Zitat:
    bei Kanatenaufführungen nicht verzichten zu können, ist mit einem Claviorganum gut bedient, das klingt allemal dezenter als eines der heute gerne verwendeten großen Cembali !
    ------------------------------------
    Du kennst doch die DVD von Gardiner aus Weimar 1999 mit dem Weihnachtsoratorium, hier wurde ein
    neues großes Cembalo (Baujahr 1999) gespielt und ich fand es im Klang unwahrscheinlich beeindruckend
    und angebracht, hätte es nicht missen mögen.


    Grüsse
    reklov29

    Bach ist so vielfältig, sein Schatten ist ziemlich lang. Er inspirierte Musiker von Mozart bis Strawinsky. Er ist universal ,ich glaube Bach ist der Komponist der Zukunft.
    Zitat: J.E.G.

  • Die These, daß Bach sich mit dem in der Kirche bereits befindlichen Instrumentarium zufriedengegeben hat, hat sicher etwas für sich, mag unter praktischen Gesichtspunkten sicher vertretbar sein; nur meine ich daß die neuere Bachforschung doch wohl inzwischen davon ausgeht, daß die Continuobesetzung zu Bachs Zeiten vorzugsweise durch die Verwendung eines Cembalos erfolgte. Jedenfalls gibt eine Arbeit von Laurence Dreyfus aus dem Jahr 1987 mit dem Titel "Bach`s continuo group. Players and practices in his vocal works" insoweit darüber Auskunft.

  • tom:


    Zitat

    daß die Continuobesetzung zu Bachs Zeiten vorzugsweise durch die Verwendung eines Cembalos erfolgte.


    Auf die "weltliche" Musik trifft das ganz bestimmt zu und wir sind darüber unterrichet, daß dann, wenn Bach mit seinen Söhnen in "Zimmermanns Caféhaus" musizierte, diese Instrumente aus seinem eigenen Bestand dahin verbracht wurden. Die LEIPZIGER KIRCHENMUSIK jedoch unterlag starren Regeln, wo z.b. der Einsatz eines ausgesprochen "weltlichen" Instrumentes NICHT vorgesehen war. Überdies hätte Bach, da ausser den Orgeln in den 5 Leipziger Hauptkirchen keine weiteren Instrumente
    vorhanden waren, den Einsatz eines Cembalos aus eigener Tasche finanzieren müssen, was ich bei seinem nachweislich knapp bemessenen Salär für ganz ausgeschlossen halte. Natürlich wird er immer dann, wenn seine Freunde S.L. Weiss (Laute und Theorbe) oder J.D. Zelenka (Kontrabass) in Leipzig zu Besuch waren, dieselben herzlich gerne zum Continuo-Spiel gebeten haben, wenn es sich denn gerade so ergab. Und lieber Reklov: hast du schon einmal die "Stimmwanderungen" eines Cemabalos in einer UNGEHEIZTEN Kirche (um genau das ging es ja zur Zeit, wenn das "Weihnachtsoratorium" erklang, mitbekommen ! Es hätte in den Pausen des Cembalos ganz sicher immer einer am stimmen sein müssen, was die "Andacht" wohl ganz erheblich gestört hätte oder ein zweites Instrument hätte zum Einsatz kommen müssen, was die Kosten noch weiter in die Höhe getrieben hätte, zumal diese Istrumente aufg megamiesen Strassen auch noch nach den anderen 4 Hauptkirchen hätten verbracht werden müssen, was die Gefahr, daß sie dabei zu Schaden kommen, ganz erheblich gesteigert hätte ! Mir geht es hier um das tatsächliche Umfeld, daß Bach zur Ausfgührung seiner Arbeit zur Verfügung hatte und daran orientiere ich mich. Natürlich gibt es der Möglichkeiten, den Continuo zu gestalten, sehr viele, (in Dresen z.B. waren die Bedingungen ungleich besser, aber mir wiederum ist nicht bekannt, daß auich nur eines von Bachs geistlichen Werken ZU SEINEN LEBZEIZEN ausserhaln Leipzigs aufgeführt wurde.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Hallo lieber BigBerlinBaer,
    Zitat:
    Und lieber Reklov: hast du schon einmal die "Stimmwanderungen" eines Cemabalos in einer UNGEHEIZTEN Kirche (um genau das ging es ja zur Zeit, wenn das "Weihnachtsoratorium" erklang, mitbekommen ! Es hätte in den Pausen des Cembalos ganz sicher immer einer am stimmen sein müssen, was die "Andacht" wohl ganz erheblich gestört hätte...
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    Diese obige Aussage zu einer unbeheizten Kirche ist voll zu bestätigen.
    Mir ging es darum, dass der Klang des Cembalos für mich in dem Weihnachtsoratorium von J.S.Bach als
    unersetzlich in der heutigen Aufführungspraxis einfach dazugehört, ich würde es sonst persönlich sehr vermissen, da ich den Klang einfach unwiederstehlich finde und in meinem Mitwirken als Chorsänger
    im WO dieses Instrument lieben gelernt habe.
    Die Problematik des Stimmens eines Cembalos kenne ich aus meiner Jugendzeit, bzw. Elternhaus.


    Grüsse nach Berlin
    reklov29

    Bach ist so vielfältig, sein Schatten ist ziemlich lang. Er inspirierte Musiker von Mozart bis Strawinsky. Er ist universal ,ich glaube Bach ist der Komponist der Zukunft.
    Zitat: J.E.G.

  • Zitat

    Original von BigBerlinBear
    tom:



    Auf die "weltliche" Musik trifft das ganz bestimmt zu und wir sind darüber unterrichet, daß dann, wenn Bach mit seinen Söhnen in "Zimmermanns Caféhaus" musizierte, diese Instrumente aus seinem eigenen Bestand dahin verbracht wurden. Die LEIPZIGER KIRCHENMUSIK jedoch unterlag starren Regeln, wo z.b. der Einsatz eines ausgesprochen "weltlichen" Instrumentes NICHT vorgesehen war. Überdies hätte Bach, da ausser den Orgeln in den 5 Leipziger Hauptkirchen keine weiteren Instrumente
    vorhanden waren, den Einsatz eines Cembalos aus eigener Tasche finanzieren müssen, was ich bei seinem nachweislich knapp bemessenen Salär für ganz ausgeschlossen halte. Natürlich wird er immer dann, wenn seine Freunde S.L. Weiss (Laute und Theorbe) oder J.D. Zelenka (Kontrabass) in Leipzig zu Besuch waren, dieselben herzlich gerne zum Continuo-Spiel gebeten haben, wenn es sich denn gerade so ergab. Und lieber Reklov: hast du schon einmal die "Stimmwanderungen" eines Cemabalos in einer UNGEHEIZTEN Kirche (um genau das ging es ja zur Zeit, wenn das "Weihnachtsoratorium" erklang, mitbekommen ! Es hätte in den Pausen des Cembalos ganz sicher immer einer am stimmen sein müssen, was die "Andacht" wohl ganz erheblich gestört hätte oder ein zweites Instrument hätte zum Einsatz kommen müssen, was die Kosten noch weiter in die Höhe getrieben hätte, zumal diese Istrumente aufg megamiesen Strassen auch noch nach den anderen 4 Hauptkirchen hätten verbracht werden müssen, was die Gefahr, daß sie dabei zu Schaden kommen, ganz erheblich gesteigert hätte ! Mir geht es hier um das tatsächliche Umfeld, daß Bach zur Ausfgührung seiner Arbeit zur Verfügung hatte und daran orientiere ich mich. Natürlich gibt es der Möglichkeiten, den Continuo zu gestalten, sehr viele, (in Dresen z.B. waren die Bedingungen ungleich besser, aber mir wiederum ist nicht bekannt, daß auich nur eines von Bachs geistlichen Werken ZU SEINEN LEBZEIZEN ausserhaln Leipzigs aufgeführt wurde.


    Vielleicht sollte man das nicht an dieser Stelle tun, und ich frage auch noch einmal woanders nach. Wie wäre es mit einem Basso-continuo-Thread?


    Mittlerweile stellt sich doch immer mehr und mehr heraus, dass auch und gerade bei Bachs geistlichen Werken im Doppelaccompagnement beide Instrumente - Cembalo und Orgel - gleichzeitig zum Einsatz kamen.
    Als Orgel keineswegs eine Truhenorgel, sondern die große Immobilie am Ort.
    Zur Stimmungshaltung bei Cembali: In geheizten Kirchen ist das Problem erheblich größer als in ungeheizten. Außerdem ist ein Cembalo schnell gestimmt, JSB soll darin besonders geschickt gewesen sein.
    Viele Kirchen besaßen Cembali. Im Grundriss der Weimarer Schlosskirche, der Himmelsburg, sind auf der Musikerempore neben dem Spielschrank der großen Orgel und 14 Sesseln für die Hofkapelle gleich zwei Kielinstrumente - Cembalo und Spinett - vermerkt.


    Schöne Grüße
    Hildebrandt

  • Hallo Hildebrandt, in den Leipziger Hauptkirchen, deren Inventarlisten aus Bachs Zeit überliefert sind, befanden sich KEINE mobilen Tasteninstrumente, was in Weimar und ganz gewiss in Köthen sicher anders war.


    Für die Leipziger Aufführungen Bachs musste sich jener mit seinem Organisten
    Görner einig werden, denn EINZIG DER hatte darüber zu entscheiden, wie das vorhandene Tastenwerk und durch wen eingesetzt wurde.
    Es gibt keinen Beleg dafür, daß Bach in Leipzig , so wie das z.b. für Dresden belegt ist, als Organist aufgetreten wäre, denn die Aufgaben des "Cantors zu St.Thomae bzw. des Herrn Cappell-Direktors" waren gänzlich andere, nachzulesen in Bachs Arbeitsvertrag.


    Da bekannt ist, daß es zwischen Bach und Görner Spannungen gab, (erster warf ihm während einer Aufführung, die er dirigierte, über die Empore hinweg, begleitet von einer unschönen Bemerkung, seine Perücke an den Kopf !


    Also jener Görner wird nen Deibel getan haben, Bach in irgendeiner Form entgegen zu kommen !


    Hätte Bach mit seinen Aufführungen wie Tunder und Buxtehude in Lübeck während der "Abend-Musiquen" Eintritt verlangen dürfen, also DA wäre sicher manches möglich gewesen !


    Zitat

    Mittlerweile stellt sich doch immer mehr und mehr heraus, dass auch und gerade bei Bachs geistlichen Werken im Doppelaccompagnement beide Instrumente - Cembalo und Orgel - gleichzeitig zum Einsatz kamen.


    Es wird seit einigen Jahren verstärkt so gemacht, die örtlichen Gegebenheiten in Leipzig jedoch sprechen eine andere Sprache.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)


  • Hallo BBB,


    die Vehemenz, mit der Du das Cembalo aus der Kantate zu vertreiben suchst, in allen Ehren :D , aber ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Zeit und Forschung gegen Dich arbeiten.
    Im Bach-Jahrbuch 7 (oder so) gibt es einen Aufsatz von Schulze dazu.
    Außerdem erinnere ich mich an eine Rekonstruktion der Sitzordnung bei den Kantaten-Aufführungen in der Thomaskirche (in einem der Aufführungspraxis-Bände von der Universität Graz). Da sitzt Bach am Cembalo vor der restlichen Continuo-Gruppe auf der Empore unterhalb der Orgel etwas links vor dem Rückpositiv. Und es gibt eine Reihe weiterer Forschungsergebnisse aus den letzten 10 bis 20 Jahren, die eine ziemlich eindeutige Sprache sprechen.
    In der nächsten Zeit komme ich nicht zum Nachsehen, aber vielleicht hast Du ja Zeit und die Möglichkleit.


    Aber sollte man mit diesem jetzt gewandelten Thema nicht umziehen bzw. einen neuen Thread eröffnen? Mit der Truhenorgel hat es nur noch ganz wenig zu tun. (Wenn wir uns nicht schon mal drauf einigen können, dass Truhenorgeln nun mal gar nicht zum Continuo bei Bach-Kantaten taugen.)
    Und spannend genug ist die Frage ja schon.


    Schöne Grüße
    Hildebrandt

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  • Zitat

    Original von MartinH
    Wurden die Einspielungen von Roland Götz schon genannt? Gehen evtl. leicht unter, da im Selbstverlag.
    Sehr, sehr schön gemacht!
    http://www.studio-xvii-augsburg.de/d_index.html



    Da hast Du absolut Recht.
    Besonders die Baldachinorgel hat es mir angetan.


    Aber auch die anderen Orgel- und Cembalo-Aufnahmen sind allesamt außerordentlich hörenswert. :yes: