Das Concertgebouw Orkest Amsterdam in Referenzaufnahmen

  • Eines der Interessantesten und IMO wandlungsfähigsten Orchester war und ist das Concertgebouw Orket Amsterdam, das seinen Klang mehr als andere unter verschiedenen Dirigenten, die es prägten, veränderte, jeoch war er immer erstklassig.
    Besonders zu erwähnen ist, daß das Stammhaus des Orchesters, das 1888 eröffnete Concertgebouw, neben dem Wiener Musikvereinssaal über einen der akustisch geglücktesten Konzertsäle der Welt verfügt.


    Die diversen Ären sind recht gut auf Schllplatte (bzw CD) dokumentiert.


    Und nun die altbekannte Frage: Welche Aufnahmen sind Eure persönliche Referenz?
    Es dürfen 3 (maximal 4) Aufnahmen nominiert werden....


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich nominiere drei historische Aufnahmen:


    1. Gustav Mahler, 4. Symphonie - 1939 - Willem Mengelberg
    2. Béla Bartók, Violinkonzert - 1939 - Willem Mengelberg
    3. Sergej Rachmaninov, Klavierkonzert Nr. 2 - 1939 - Willem Mengelberg


    :hello:
    M.

  • Schubert 9 Mengelberg, ca. 1940
    Haydn: Sinfonien 103+104 Harnoncourt
    Mozart: Sinfonien, besonders 35, 36, 39, 40 Harnoncourt


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)


  • Gesamteinspielung der Sinfonien von Dimitri Schostakowitsch
    unter Leitung von Bernard Haitink (CGO bzw. LSO)


    Trotz schwerer Konkurrenz die vor allem klangtechnisch ausgezeichnete, vielleicht bisweilen etwas polierte Integrale, die mir viele dieser Sinfonien schmackhaft gemacht hat.


    Besten Gruß, Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

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  • Bonjour,




    Zwei Schätze aus meiner CD-Sammlung, das RCO ist ein fantastisches Bruckner-Orchester.


    gruß
    roman

  • Guten Tag


    meine Referenzaufnahme:



    W.A. Mozart


    Sinfonien No. 35 und 36


    mit N. Harnoncourt


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • mein Favorit (und den höre ich mir auch gleich mal wieder an) :


    Es wird immer weitergehn, Musik als Träger von Ideen.

    Kraftwerk

  • Viele Aufnahmen des Concertgebouwsorchesters sind mir vertraut. Denn damit wuchs ich auf.
    Anders als Alfred, denke ich nicht, daß die Dirigenten das Orchester so prägten, aber die zunehmende Internationalisierung der Musiker. Der typische Holzbläserklang von früher gibt es nicht mehr. Die Schule Stotijn hat m.E. keine Nachfolger mehr im Orchester.
    Die Dirigenten haben dagegen den hohen Standard erhalten. Und das, obwohl die Gagen deutlich geringer sind als bei vergleichbaren Orchestern !!


    Ich nominiere hier zwei Werken:

    • Mozarts Konzert für Flöte und Harfe KV299 unter Eduard van Beinum. Solisten sind Hubert Barwahser (F) und Phia Berghout (H). Eine Aufnahme aus Juni 1957.
    • Brahms' Alt-Rhapsodie. Ebenso unter Eduard van Beinum. Mit der unvergeßlichen Altistin Aafje Heynis als Soliste. Aufnahme d.d. 24 Februar 1958.


    LG, Paul

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  • Lieber Paul,


    ich denke, insbesondere die Chefdirigenten Jochum, Haitink und Chailly haben das Concertgebouw Orchester in sofern geprägt, als daß sie es zum für mich besten Mahler- und Bruckner-Orchester überhaupt geformt haben.
    Auch Mengelberg war "Mahler-Spezialist". Aber von ihm kenne ich zu wenig, auch von Edurad van Beinum. Von Mariss Jansons kenne ich zumindest eine sehr schöne Aufnahme von Mahlers 5., in der dieser Standard aufrecht erhalten wird.


    Meine erste Nominierung betrifft, welch Wunder, Bruckner.



    Diese CD hatte ich auch schon im Thread über Eugen Jochum nominiert. Es gilt hier wie dort: Ein Meilenstein in der Bruckner-Diskographie.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Ich möchte hier zwei Aufnahmen nominieren:




    Gustav Mahler:
    Sinfonie Nr. 4
    Concertgebouw Orkest, Ameling, Haitink


    Für mich immer noch die klangschönste 4. von Mahler.





    Wolfgang Amadeus Mozart:
    Symphonien Nr. 38 & 39
    Concertgebouw Orchestra, Harnoncourt


    Diese LP war meine erste HIP-Hörerfahrung mit Mozart und Harnoncourt. Umwerfend. Und das ist sie heute immer noch.


    Grüße von Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Zitat

    Original von Norbert
    Lieber Paul,


    ich denke, insbesondere die Chefdirigenten Jochum, Haitink und Chailly haben das Concertgebouw Orchester in sofern geprägt, als daß sie es zum für mich besten Mahler- und Bruckner-Orchester überhaupt geformt haben.


    Lieber Norbert,


    Ich zitiere aus dem Van Beinumthread:


    Zitat

    Original von ThomasBernhard



    Gegen Mengelberg mag van Beinum als "nüchtern" erscheinen, aus heutiger Sicht ist van Beinums Aufnahme der Siebten von Bruckner zeitlos schön und "richtig".


    und


    Zitat

    Original von ThomasBernhard
    Bei mir erneut Bruckner 7 mit van Beinum.


    soweit es die Tontechnik zulässt transparent gespielt und in allerhöchste Spannung versetzend. Eine wunderbare Siebte! Gerade die Siebte kann mir bei einigen anderen Dirigenten ziemlich langweilig werden.


    sowie


    Zitat

    Original von Elisabeth
    Ich bestellte die Box, die TB schon weiter oben vorstellte, und diese Bewertung und Empfehlung ... kann ich nur nachdrücklich unterstützen – ich bin hellauf begeistert: vom Bruckner wie vom Haydn.


    sagen m.E. genügend über Eduard van Beinum als Brucknerinterpret.


    LG, Paul

  • Wenn ich die Fünfte von Mahler höre, dann eigentlich nur in dieser Aufnahme:



    Gustav Mahler (1860-1911):


    Sinfonie Nr. 5 cis-moll


    RCOA,
    Riccardo Chailly


    Rec.: Amsterdam, Concertgebouw, 1997
    Decca


    Die großarchitektonische Anlage dieser Sinfonie scheint mir in dieser Aufnahme einfach am Besten getroffen zu sein. Allein der Beginn des ersten Satzes bricht mit einer solchen Urgewalt über den Hörer herein, dass man nur noch geschockt und ergriffen dasteht. Das Adagietto wird wunderbar fliessend, verinnerlicht und existentialistisch dargeboten.
    Von Chaillys Mahler-Aufnahmen ist mir diese die Liebste. Kurz danach kommen noch die Neunte, Vierte und Dritte.



    Gruß,
    Agon

  • Mit dem Concertgebouw Orkest unter Nikolaus Harnoncourts Leitung wurde Interpretationsgeschichte geschrieben und aus meiner allgemeinen Wertschätzung gegenüber Mozarts Musik wurde echte Liebe.
    Eine vollmusikalischer, glühender Mozart, der durch die deutlich ausformulierte Klangrede, durch den Dialog und durch den Kontrast der Affekte ( von sehr lieblich bis stark dramatisch) mit allen Zwischentönen bis heute nichts an Eindringlichkeit verloren hat.


    Ich muss also diese hier als immer noch geltende Referenzen angeben:



    Mozart, Sinfonie Nr. 40 g-moll KV 550
    und
    Sinfonie Nr. 41 C-Dur KV 551 "Jupiter"




    Sinfonie Nr. 35 D-Dur KV 385 " Haffner"
    Sinfonie Nr. 36 C-Dur KV 425 "Linzer"



    Sinfonie Nr. 38 D-Dur KV 504 "Prager"
    Sinfonie Nr. 39 Es-Dur KV 543


    Immer noch :jubel: :jubel: :jubel: :jubel:


    Gruss :hello:
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

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  • Colin Davis, der große Berlioz-Spezialist, hat mit diesem Orchester eine kongeniale Symphony fantastique eingespielt:




    Concertgebouw Orchestra, Colin Davis
    Label: Philips , ADD, 1974



    Herzliche Grüße
    von LT :hello:

  • Für mich zeigt sich die Klasse eines Orchesters auch daran, sich an Arbeitsweisen und Klangvorstellungen verschiedener Dirigenten anpassen zu können, ohne die eigene Identität zu verlieren.


    Nikolaus Harnoncourt wurde bereits mehrfach genannt. Ich nominiere ihn ebenfalls, aber nicht mit Mozart, sondern mit Dvorak.



    Harnoncourt nahm Dvoraks 7. im März 1998 auf und liefert für mich ein Musterbeispiel für die Offenlegung der "Binnenstrukturen" einer Sinfonie. Das Orchesterspiel gerät ungemein feinsinnig und dynamisch ausgesprochen differenziert. Auch die rhythmische Detailarbeit (namentlich im Scherzo) weiß zu gefallen.
    Man lernt hier quasi ein Werk neu kennen und das ohne den von mir bei Harnoncourt kritisierten "erhobenen Zeigefinger" ("Schaut her, hier ist wieder etwas neues", "auch das hat vor mir noch keiner so gespielt" etc.). Sein Dvorak klingt sehr engagiert, entschlackt und frisch. Deswegen gibt's eine uneingeschränkte Kaufempfehlung.


    Circa fünf Jahre früher, vom 10.-12. Februar 1993, spielte Carlo Maria Giulini Dvorkas 7. Sinfonie ein.



    Wen wundert's, das Ergebnis klingt vollkommen anders, aber nicht minder faszinierend.
    Giulini pflegt den vollen, romantischen Orchesterklang. Er läßt die Musik wunderbar fließen und kostet die Schönheiten der Melodien ausgiebig aus. Es ist eine "warmherzige" Interpretation, die Liebe und Hingabe zur Musik spüren läßt.


    Auch wegen der (zu oft eingspielten und meistens routiniert "abgenudelten") Sinfonie "aus der neuen Welt" lohnt sich der Kauf der Doppel-CD. So wunderbar "schwebend" und "entrückt" habe ich das Largo in keiner anderen Aufnahme hören dürfen. Giulini und dem bestens disponierten Orchester gelingen Momente der Poesie und Verinnerlichung, die für mich zu den Sternstunden der Musikgeschichte gehören.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Für mich eine der großartigsten Aufnahmen von Bruckners Neunter



    Anton Bruckner
    Symphonie Nr. 9


    Royal Concertgebouw Orchestra
    Eduard van Beinum


    Label: Philips





    Ein Dirigat der zügigen Tempi, die aber nicht gehetzt wirken, sondern einen großartigen Spannungsbogen aufbauen. Eine Interpretation, die unter die Haut geht!


    LG, Elisabeth

  • ich weiß nicht ob die von mir gewählte Nominierung auf Beifall oder auf Widerstand treffen wird - RICHTIG im sachlichen Sin ist sie allemal.
    Es geht ja hier nicht um Aufnahmen die zu meinen Lieblingsaufnahmen zählen -sondern um Referenzaufnahmen.
    Macher verwechselt Referenz mit "bester Aufnahme", diese Interpretation ist indes nicht die meine. Ich verstehe unter Referenzen im von mir gewählten Sinne, Aufnahmen, welche zum Zeitpunkt ihres Erscheinens als beispielhaft galten - oft jedoch lediglich deshalb, weil es die einzigen, am Markt befindlichen waren.



    Die Philips Einspielung der Bruckner Sinfonien mit dem Concertgebouw-Orkest-Amsterdam unter Haitink war das Gegenprodukt der Aufnahmen für die deutsche Grammophon Gesellschaft unter Eugen Jochum. (Jochum hat den Zyklus mit einem anderen Orchester erneut für EMI eingespielt - aber das ist eine andere Geschichte)


    Beide standen in der Publikums- und Kritikergunst ganz oben, man konnte also mit gutem Gewissen , BEIDE als Referenzen bezeichnen.


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt


    Es geht ja hier nicht um Aufnahmen die zu meinen Lieblingsaufnahmen zählen -sondern um Referenzaufnahmen.
    Macher verwechselt Referenz mit "bester Aufnahme", diese Interpretation ist indes nicht die meine. Ich verstehe unter Referenzen im von mir gewählten Sinne, Aufnahmen, welche zum Zeitpunkt ihres Erscheinens als beispielhaft galten - oft jedoch lediglich deshalb, weil es die einzigen, am Markt befindlichen waren.


    Lieber Alfred,


    was anderes als die "beste Aufnahme" soll denn die persönliche Referenz sein?


    "Allgemeingültige Referenzen" sind für mich ebensolche Definitionsangelegenheiten wie die persönlichen.


    Nimmt man Dein Kriterium der "Beispielhaftigkeit, weil evtl. Einzigartigkeit" als Definition einer Referenz, dann müßte Haitinks Mahlerzyklus eher nominiert werden, denn so weit ich informiert bin, war Haitink hier tatsächlich "Trendsetter" also der erste, der einen vollständigen Zyklus der Sinfonien herausbrachte.



    Jochum war in der Tat vor Haitink mit einem Bruckner-Zyklus auf dem Markt und "anerkannterer" Bruckner-Spezialist. In sofern müßte eher Jochum nominiert werden...


    Andererseits hätte dann Agons Nominierung von Chaillys Interpretation von Mahlers 5. keine Chance, denn 1998, als Chaillys Aufnahme veröffentlicht wurde, gab es Mahler-Aufnahmen "wie Sand am Meer". Trotzdem wird sie immer gerne, auch von Fachjournalisten, als "Referenz" genannt wegen der Klangästhetik und der Ausgewogenheit im Ausdruck.


    Halt eben doch "die beste" ;)

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


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  • Vom Royal CGO - Orchestra habe ich nicht so viele CD-Aufnahmen.
    8) Es hat sich halt so ergeben.



    Als referenzwürdig würde ich folgende einstufen:


    **** Nicht vergessen sollte man die großen Szell-Aufnahmen der
    Sibelius: Sinfonie Nr.2
    und auch
    Beethoven: Sinfonie Nr.5 bei Philips, die als erfreuliches BonBon klangtechnisch besser ist als seine CBS-Aufnahme aus Cleveland, was angesichts des Aufnahmedatums nicht verwundert.
    :yes: Szell liefert hier zwei Sternstunden der Musikgeschichte.



    Philips, 1965 (Sibelius), 1967 (Beethoven), ADD




    **** Aus einer ganz anderen Zeit dann die astreine GA-Aufnahme der
    Rachmaninoff-Sinfonien mit Ashkenazy auf Decca:



    DECCA, 1982-83, DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hier sollte meines Erachtens keinesfalls Smatanas Vaterland-Zyklus unter Dorati vergessen werden:



    Eine der besten Einspielungen dieser Werke auf dem Markt. Sowohl klanglich als auch interpretatorisch allererste Sahne! :angel:



    Beste Grüße!


    Laurenz :hello:

    `
    (...) Eine meiner frühesten Erinnerungen im Zusammenhang mit der Musik betrifft einen Abend, an dem das Rothschild-Quartett bei uns ein hochmodernes Werk von Egon Wellesz spielen sollte. Die Stühle waren den Musikern zu niedrig, so nahmen sie unsere Bände mit Schubertscher Kammermusik, um damit ihre Sitze zu erhöhen. Ich dachte, wieviel schöner es wäre, wenn sie auf Wellesz sitzend Schubert spielen würden (...)


    — aus „5000 Abende in der Oper“ von Sir Rudolf Bing —
    .

  • Beim Königlichen Concertgebouw-Orchester gab es früher ein sehr komplexes System aus Chefdirigent, Ersten Dirigenten, Zweiten Dirigenten und Co-Dirigenten. Erst in der Ära Haitink wurde dieses aufgegeben. Hier eine Übersicht:


    Chefdirigenten:


    Willem Kes (1888—1895)
    Willem Mengelberg (1895—1945)
    Eduard van Beinum (1945—1959)
    Eugen Jochum (1961—1963)
    Bernard Haitink (1961—1988)
    Riccardo Chailly (1988—2004)
    Mariss Jansons (seit 2004)


    Erste Dirigenten:


    Karl Muck (1921—1925)
    Pierre Monteux (1924—1934)
    Bruno Walter (1934—1939)
    Eduard van Beinum (1938—1945)
    Eugen Jochum (1941—1943)


    Zweite Dirigenten:


    Cornelis Dopper (1908—1931)
    Evert Cornelis (1909—1919)
    Eduard van Beinum (1931—1938)


    Co-Dirigenten:


    Rafael Kubelík (1949—1955)
    George Szell (1958—1961)
    Kirill Kondraschin (1978—1981)


    Vor einer Weile las ich eine interessante Bemerkung, dass das Concertgebouw-Orchester trotz seiner Spitzenstellung nach dem genialen Mengelberg immer Pech hatte mit seinen Chefdirigenten. Das mag etwas überzogen sein, allerdings fällt diese Tendenz selbst in diesem Thread auf. Eduard van Beinum gilt bis heute eher als Geheimtipp. Eugen Jochum leitete das Orchester nur zwei Jahre (zusammen mit Haitink). Bernard Haitink ist recht farblos und legte seine besten Aufnahmen oft gar nicht mit den Amsterdamern vor (Bruckners Fünfte etwa mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks). Mit Chailly und Jansons wurde ich auch nie wirklich warm; wieso letzterer zwei der zehn weltbesten Orchester gleichzeitig leitet, ist mir persönlich ein Rätsel.


    Die weitaus interessantesten Aufnahmen des CGO ab etwa 1960 enstanden doch eher nicht mit den Chefdirigenten: Szells Intermezzo war leider kurz (absolut herausragend sein Sibelius), Jochum machte seine besten Amsterdamer Aufnahmen auch nach seiner Zeit als Chefdirigent (später Bruckner). Doráti, Giulini und Davis brachten es bekanntlich auch nie zum Chefposten. Klemperer hatte in Amsterdam unverständlicherweise auch nie eine offizielle Stelle inne, trotz beeindruckender Mitschnitte.


    Ich würde persönlich hoffen, dass dieses wirklich herausragende Orchester (eines meiner liebsten) beim nächsten Mal ein glücklicheres Händchen hat bei der Wahl des Chefdirigenten.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Bernard Haitink ist recht farblos und legte seine besten Aufnahmen oft gar nicht mit den Amsterdamern vor


    Eine bemerkenswerte Aussage. Meinem Empfinden nach war die Haitink-Ära eine Erfolgsgeschichte für das Amsterdamer Orchester. Und ihm Farblosigkeit vorwerfen kann nur jemand, der auf permanent überzogene und grelle Farbtöne steht...


    Man sollte auch nicht vergessen, dass er dafür verantwortlich ist, dass dieses Orchester in den letzten Jahrzehnten zur Creme de la Creme der Symphonieorchester aufgestiegen ist.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Eine bemerkenswerte Aussage. Meinem Empfinden nach war die Haitink-Ära eine Erfolgsgeschichte für das Amsterdamer Orchester. Und ihm Farblosigkeit vorwerfen kann nur jemand, der auf permanent überzogene und grelle Farbtöne steht...

    So ist es. Noch heute schätzen die Musiker des Orchesters - trotz Chailly und Jansons - Haitink immer noch am meisten. (Das weiß ich von einem Insider aus Amsterdam.) Haitink hat Übertreibungen nicht nötig, um sich damit interessant zu machen (worüber er sich kritisch äußert). Das ist seine große Klasse - er ist einer der wenigen wirklich herausragenden Orchestererzieher. Wie berstend leidenschaftlich er gerade in Amsterdam z.B. Mahler dirigiert hat, ist auf zahlreichen Videos festgehalten.


    Schöne Grüße
    Holger

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  • Das war nun meine ganz persönliche Meinung zum Thema Haitink. Natürlich gibt es ab und an herausragende Aufnahmen, etwa das 1. Brahms-Klavierkonzert mit Arthur Rubinstein oder eben der genannte späte Bruckner. Haitink hat (neben Bernstein) offenbar den ersten kompletten Mahler-Zyklus eingespielt. Ob er deswegen auch noch immer der beste ist, steht auf einem anderen Blatt. Ich erinnere mich jedenfalls an einen wirklich mäßigen "Tannhäuser", woran nicht zuletzt das hier ziemlich lahme Dirigat Haitinks seinen Teil beitrug.


    Wie ich gerade las, lieber Holger, wird Jansons also bald als Chefdirigent des CGO zurücktreten? Dann ist dieses Thema ja ungeahnt aktuell. ;)

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Vor einer Weile las ich eine interessante Bemerkung, dass das Concertgebouw-Orchester trotz seiner Spitzenstellung nach dem genialen Mengelberg immer Pech hatte mit seinen Chefdirigenten.


    Lieber Joseph,


    von wem stammt die Bemerkung? Von Johan Cruyff, weil er dachte, es handelt sich um Ajax Amsterdam?


    Nicht Fußball-Anhänger werden den Scherz nicht unbedingt verstehen...



    Zitat

    Das mag etwas überzogen sein, allerdings fällt diese Tendenz selbst in diesem Thread auf. Eduard van Beinum gilt bis heute eher als Geheimtipp. Eugen Jochum leitete das Orchester nur zwei Jahre (zusammen mit Haitink). Bernard Haitink ist recht farblos und legte seine besten Aufnahmen oft gar nicht mit den Amsterdamern vor (Bruckners Fünfte etwa mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks). Mit Chailly und Jansons wurde ich auch nie wirklich warm; wieso letzterer zwei der zehn weltbesten Orchester gleichzeitig leitet, ist mir persönlich ein Rätsel.

    Ich kann in diesem Thread keine "Tendenz" erkennen, erst recht keine, die irgend eine Form von allgemeingültigem Charakter hätte.
    Es darf natürlich gerne jeder seine Meinung haben, aber kein Orchester der Welt, erst recht keins, das seit Mengelberg Weltgeltung erlangt hat, kann es sich erlauben, 25 Jahre lang von einem Dirigenten geführt worden zu sein, mit dem es "Pech" hatte, ganz zu schweigen, wenn es über 50 Jahre lang "Pech" mit Haitink, Chailly und Jansons gehabt haben soll.



    Zitat

    Die weitaus interessantesten Aufnahmen des CGO ab etwa 1960 enstanden doch eher nicht mit den Chefdirigenten: Szells Intermezzo war leider kurz (absolut herausragend sein Sibelius), Jochum machte seine besten Amsterdamer Aufnahmen auch nach seiner Zeit als Chefdirigent (später Bruckner). Doráti, Giulini und Davis brachten es bekanntlich auch nie zum Chefposten. Klemperer hatte in Amsterdam unverständlicherweise auch nie eine offizielle Stelle inne, trotz beeindruckender Mitschnitte.

    Je nachdem, wie man "weitaus interessant(er)" definiert und wie tendenziös man aussucht, kann ich Dir für die Berliner Philharmoniker, für das Chicago Symphony Orchestra, für die Londoner Orchester oder für wen auch immer eine gleiche Rechnung aufmachen und "beweisen", daß die Orchester unter Gastdirigenten viel "besser" waren als unter den jeweiligen Chefdirigenten.


    Wenn man beispielweise Haitink als "recht farblos" empfindet, dann höre man sich beispielsweise seine hier noch nicht erwähnten Aufnahmen der Schumann-Sinfonien an:



    - Haitink beweist imo eindrucksvoll, daß Schumann sehr wohl "gut instrumentieren" und daß man ihn ohne Retuschen spannend interpretieren konnte bzw. kann.

    Oder Beethovens Klavierkonzerte. Ich nehme hier nicht Haitinks bekannte Einspielung mit Alfred Brendel, sondern die nach meiner Meinung noch gelungenere Aufnahme mit Murray Perahia:



    Eine größere künstlerische Übereinstimmung zwischen Solist und Dirigenten, eine größere Harmonie, habe ich an Gesamtaufnahmen noch nicht gefunden. Haitink macht nicht den Versuch, gegen den Solisten aufzutrumpfen, sondern liefert mit ihm zusammen ein gleichsam sensibles, feinfühliges wie natürlich-brilliantes Beethoven Bild ab.
    Das Orchesterspiel findet auf allerhöchstem Niveau statt und ist dynamisch sehr fein abgestuft.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Natürlich gibt es ab und an herausragende Aufnahmen,

    Ich würde sagen, lieber Joseph, es gab ab und an mal Aufnahmen, die ihm nicht gelungen sind wie z.B. die Symphonie phantastique von Berlioz. Das liegt ihm einfach nicht. Das reguläre Niveau von ihm aber ist einfach sehr hoch. Zu recht sehr gelobt - eine Referenzaufnahme:



    Den Mahler hat er mit dem KCO über die Jahre immer wieder dirigiert. Zuletzt lief im Fernsehen die 9. (2013 glaube ich) - Jubiläumskonzert aus Amsterdam. Das war absolut überragend!



    Haitink will wegen grober Ignorierung anlässlich des 125. Jubiläums des Concertgebouw-Orchesters durch dasselbe angeblich nichts mehr mit diesem zu tun haben.


    Hochachtung klingt irgendwie anders.

    Das ist in Holland sehr diskutiert worden. Er ist ja nicht sauer auf die Musiker, sondern das Management. Ist das etwa Altersdiskriminierung? Wenn er so reagiert, wird das schon seinen Grund haben. :hello:


    Schöne Grüße
    Holger

  • Liebe Freunde,


    ich wollte Haitink und seine sicher immense Lebensleistung nicht pauschal herabwürdigen. Zugegeben, ich kenne bei weitem nicht alle seine Aufnahmen, danke aber für die Vorschläge, die gemacht wurden. Vielleicht war der "Tannhäuser" seinerzeit einfach ein Fehlgriff. Zur Beruhigung sei gesagt, dass mir vor einigen Jahren auch Klemperer wegen irgendeiner schlechten Erfahrung bei ersten Höreindrücken wenig sagte und ich ihn beinahe mied. Heute ist er einer meiner absoluten Lieblingsdirigenten. :D


    Die Bemerkung stammt, soweit ich mich entsinne, entweder aus einer Amazon-Rezension oder es war in der Yahoo-Gruppe "Concert Archive". Jedenfalls pflichteten sehr viele dem Statement bei und haben ihr Bedauern zum Ausdruck gebracht, dass das "weltbeste Orchester" nach Mengelberg keinen Pultstar mehr als Chef gehabt habe. Nun steht wohl ohnehin bald eine Ablösung an, und wir dürfen sehr gespannt sein, wer auf Mariss Jansons folgen wird. Ich finde diese Neubesetzung übrigens mindestens genauso spannend wie jene in Berlin.


    Dass das Orchestermanagement Haitink fürs große Jubiläum nicht bedacht hat, ist nun wirklich eine Sauerei, egal wie man zu ihm steht. Ein Mann, der 27 Jahre ein Orchester leitet, kann doch nicht einfach übergangen werden.


    Apropos: Beim Nachdenken fiel mir noch eine fabelhafte Haitink-Aufnahme mit dem CGO ein, nämlich das 5. Klavierkonzert von Beethoven mit Claudio Arrau (1964, wenn ich mich nicht täusche). ;)



    Liebe Grüße
    Joseph

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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