Nikolaus Harnoncourt - Meine liebsten Aufnahmen

  • Nun - es muß ja nicht geradei ich oder Ulli sein, der in diesem Thread postet, weil es sicher andere Dirigenten gibt, die mir mehr liegen - Indes gibt es auch einige wenige Harnoncourt-Einspielungen die ich mag. Er ist sicher eine unverzichtbare charismatische Gestalt am Dirigentenhimmel.
    Ich persönlich akzeptiere ihn als Barockdirigenten ,,,,,


    Wollen mal sehen, wer ihn mag - und welche Aufnahmen genannt werden.


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Mit seiner Technik, deren Resultat dann durchsichtige, vielleicht nicht immer schön und breit klingende Aufnahmen sind, hat Harnoncourt mir durchaus Freude bereitet. So hat er mir den Zugang zu Brahms' Sinfonien auf leichte Weise ermöglicht.



    Wenn man bedenkt, dass ich noch nicht so lange der klassischen Musik zugetan bin, ist das doch eine Leistung! Erst nach Harnoncourt konnte ich mich dann wieder Abbados GA (Vinyl) und Karajans GA der Brahms-Sinfonien hingeben.


    Wenn seine Einspielungen nicht tendenziell so teuer wären, hätte ich noch deutlich mehr probiert.


    :hello: Steffen

  • Guten Morgen


    mit eine meiner liebsten Harnoncuorteinspielungen mit dem
    concentus musicus Wien:



    Gg. Ph. Telemann


    Darmstädter Ouvertüren


    Gruß aus der Kurpfalz :hello:


    Bernhard

  • Hallo!


    Ganz spontan fällt mir (als Nicht-Harnoncourt´ler) diese hier ein:


    Tolle Sänger, große Oper, angemessen aufgeführt - so gehört sich das!
    :jubel: :jubel: :jubel: :jubel:


    LG joschi

  • Mozart - Symphonie 40 / 41 mit Concertgebouw Orchester


    Vivaldi - Quatro Stagioni mit Concentus Musicus / Teldec


    und ich habe seinerzeit eines der "Konzerte für Österreich" aus der STOP auf DVD aufgenommen und schaue es immer wieder gerne an -


    mit Wiener Philharmonikern -
    Mozart - Symphonie No. 40
    Beethoven - Symphonie No. 7

    Hear Me Roar!

  • Wenn es nur drei Aufnahmen sein sollen, dann wären es diese hier, alle aus dem Bereich der Alten Musik:






    Bei den ersten beiden gehe ich so weit, dass es niemals etwas geben wird, was da herankommt....


    Wenn es mehr sein darf, dann mag und empfehle ich weiterhin sehr:



    Harnoncourt hat einen etwas anderen Sängergeschmack als ich, d.h. er bevorzugt grosse, opernhafte Solostimmen. Mit diesen -für mich- noch erträglichen Abstrichen finde ich seine Direktion, den Chor und das Orchester ausserordentlich gut. Als DVDs müssen natürlich auch die Züricher Monteverdi-Opern im Schrank sein.


    Dann muss ich wirklich die neueste Matthäus-Passion nennen, die ich glücklicherweise auch in der doppelt so gut klingenden 5.1.-Surround-Version als DVD-A habe:



    Bei den Brandenburgischen Konzerten kaufe ich mir nur andere Aufnahmen, weil ich die zweiten (!!)von Harnoncourt fast zu gut kenne. Bisher habe ich nichts gefunden, was mich insgesamt und in den Details mehr überzeugt. Das Gleiche gilt für die Orchestersuiten Bachs, ( auch hier die zweite Einspielung!!) obwohl ich schon der Meinung bin, dass die geschärfte Punktierung für Bach ein Irrtum ist. Aber selbst diesen "Irrtum" spielt er musikalischer als Andere.



    Beim Kantatenwerk von Bach gibt es Hervorragendes und weniger Überzeugendes. Es leidet oft unter den Knabenstimmen. Da muss man sich schon auskennen...


    Dann wäre noch der erste Stockholmer Messias sehr zu empfehlen:



    Von Mozart nenne ich die Symphonien Haffner, Jupiter, Prager und die grosse g-moll Symphonie ( bis auf den letzten Satz) in den Aufnahmen mit dem Concertgebouw Orkest.


    Neben "Exultate jubilate" mit der hervorragenden Bonney darf ich auch das Requiem als gut aufgenommene SACD nicht unerwähnt lassen:



    Von Beethoven überzeugen mich am meisten die frühen Symphonien



    unter Harnoncourt, bei den späteren schieben sich andere Interpreten vor.


    Von Schubert stehe ich zur vielgescholtenen "Unvollendeten" ( die ja vollendet ist) mit den Wiener Symphonikern:



    Es gibt kaum etwas, was einem die Haare so zu Berge stehen lassen kann, wie die furchtbaren, seelischen Abgründe Schuberts bei gleichzeitigen, durch die finsteren Wolken hindurchbrechenden Sonnenstrahlen, die mit Tränen in den Augen nachempfunden werden.
    Hier kann man das alles nachvollziehen.


    Ganz hervorragend auch seine Schumann-Sicht mit dem COE:




    Damit soll es nun gut sein
    Es gäbe zwar noch mehr, aber ich werde mich jetzt bremsen :D



    Gruss :hello:
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Bei mir kommen auf jeden Fall mit auf die einsame Insel:


    Die Mozart Klavierkonzerte KV 488 und KV 537 mit Friedrich Gulda – gelebte Lust am musikantischen Musizieren:



    Dazu das Doppelkonzert KV 365 mit Corea und Gulda – spannender Aufeinanderprall unterschiedlichster Temperamente:



    Smetanas „Mein Vaterland“ – vom Orchesterklang und von der Intensität her für mich ideal:


    Freundlicher Gruß
    Alexander

  • Es sind schon etliche meiner Favoriten genannt worden, allen voran Händel-Concerti und Mozart-Sinfonien. (Allerdings auch die m.E. schlechteste Einspielung, die grauenvolle Schubert 8 mit den Wiener Symphonikern)
    Auch die Gulda-Kollaborationen, die Beethoven- und Haydn-Sinfonien sind durchweg sehr hörenswert.


    Händel: Orgelkonzerte



    Haydn: Pariser Sinfonien



    Für weitere Nominierungen denke ich nochmal nach...


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Manch meiner Favoriten sind auch schon genannt worden (die späten Mozart-Sinfonien können mich jedoch bis auf die 40. nicht so begeistern)


    Des Weiteren würde ich auch Schuberts 2. nennen, die ich so gut noch von keinem Anderen gehört habe:


    die Londoner-Sinfonien von Haydn


    Vivaldis Gloria RV 589


    Mozarts Zaide KV 344


    sowie einige Bach-Einspielungen deren schon einige genannt wurden.


    und ja...noch was eingefallen...nämlich Bartok der ihm auch zu liegen scheint


    lg
    Thomas

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Meine in letzter Zeit häufigste Begegnung mit Harnoncourt ist seine Einspielung der Beethoven-Symphonien. Sicherlich einer der interessantesten Zyklen auf diesem Gebiet. Ganz großartig gespielt.



    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!



  • Harnoncourt ist für mich nicht gerade der Top-Brucknerdirigent, aber bei dieser Fünften hat er mich schon überrascht. Eine exzellente und interessante Aufnahme zumal auch noch eine CD mit Probenausschnitten dabei ist.


    gruß
    roman

  • Bonsoir,



    Da habe ich doch noch mehr Harnoncourt entdeckt, und allesamt Beethoven, und allesamt sehr gute Einspielungen.


    gruß
    roman

  • Da geht’s mir so wie dem Alfred.
    Vor einigen Jahren hätte ich geschrieben: „Am liebsten ist mir keine Aufnahme von Harnoncourt“


    Da man ja dazulernt:


    Weber: Der Freischütz
    Mozart: Lucio Silla
    Mozart;: Klavierkonzerte Nos. 23&26 (Gulda)


    Mit seinem ursprünglichen Kernrepertoire wie Monteverdi, Bach etc. habe ich leider so gar nichts am Hut. Hier hat er sicher Pionierarbeit geleistet.
    Höre ich seine Interpretationen der letzten Zeit, so kann ich durchaus eine Rückbesinnung an einst so verteufelte, klassische Interpretationen hören (vielleicht sollte ich einen Ohrenarzt aufsuchen).

    Otto Rehhagel: "Mal verliert man und mal gewinnen die anderen".
    (aus "Sprechen Sie Fußball?")

  • Sagitt meint.


    Harnoncourt fiel mir früh auf, Marienvesper 1966,dabei war er gar nicht der Dirigent, sondern Jürgen Jürgens. Dann kam eine Provokation nach der anderen. Mir gefiel es. Eine Wassermusik, bei der man echt vom Hocker fiel, damals eine wirklich revolutionäre Aufnahme von den vier Jahrzeiten, einen ruppigen Mozart. Grossartiger Händel-Dirigent, desgleichen Telemann.


    Später verlor er dann ganz viel Attraktivität, seine Auftritte mit anderen Orchestern beeindruckten mich gar nicht, ob es das Concertgebouw oder die Berliner waren. Seinen Brahms zB fand ich hochgradig enttäuschend.


    Sein Alterswerk geht überwiegend an mir vorbei.


    Aber die Wassermusik ( 1977) höre ich immer noch gerne.


    und...sehe momentan seine Aufnahme vom Alexanderfest 2001 im Kloster Melk. Da ist noch der spirit des jungen Harnoncourt zu spüren...

  • Ich schätze Harnoncourt sehr, aber nur seine Theorien.
    Seine Lehrtätigkeit, seine Pionierarbeit und seine Schriften sind unbestreitbar ein ganz wichtiger Punkt in unserer Musikgeschichte, ohne ihn gäbe es wahrscheinlich keine historisch informierte Aufführungspraxis.



    Nur


    ich mag seine Aufnahmen nicht. :no:
    Halt, das stimmt so nicht, ich mag sie solange, bis ich eine alternative Einspielung bekomme. :untertauch:
    Am interessantesten sind für mich die ganz frühen Aufnahmen, die hören sich teilweise zwar recht derb und holprig an, aber die atmen eben immer noch diesen Pioniergeist.


    Es gibt eine Aufnahme, die ich jedoch nach wie vor schätze:





    Das besondere an dieser Einspielung, es ist fast eine 1:1 Wiedergabe der damaligen Münchner Aufführung von 1781 (mit allen bedauerlichen Kürzungen Mozarts, aber ohne weitere Kürzungen die bei anderen Aufnahmen gemacht wurden)
    Und vor allem ist es Felicity Palmer als Elettra, die für mich bisher ungeschlagen in dieser Rolle ist.


    Leider wird die Bonus CD mit den gestrichenen Szenen (u.a. mit der Rache Arie der Elettra und Idomeneos "Torna la pace") nicht mit dieser Box mitgeliefert - und das ist eine Unverschämtheit ! Zumal diese CD auch nicht im normalen Handel zu finden ist, man bekommt sie nur gebraucht :motz:



    Natürlich gibt es für den Idoemeno mitlerweile auch in der Gesamtheit viel bessere Aufnahmen, Gardiner und jetzt eben noch Jacobs, der alles in den Schatten stellt.


    Die neueren Aufnahmen von Harnoncourt interessieren mich auch so gut wie gar nicht.
    Denn in erster Linie kaufe ich eine Aufnahme des Werkes wegen, dann erst ist wichtig wer die gemacht hat.
    Aufnahmen von Harnoncourt entsprechen aber meist überhaupt nicht meinen ästhetischen Erwartungen, daher meide ich sie.

  • Zitat


    Original von der Lullist
    Natürlich gibt es für den Idoemeno mitlerweile auch in der Gesamtheit viel bessere Aufnahmen, Gardiner und jetzt eben noch Jacobs, der alles in den Schatten stellt.


    Gardiner habe ich jetzt noch nicht gehört, aber dass Jacobs alles ( und damit vor allem auch Harnoncourt) kann ich nicht nur beim Idomeneo überhaupt nicht nachvollziehen. In die Ouvertüre habe ich soeben `reingehört.


    Etwas harnoncoutisch ja, bei spröderem, mehr in Richtung uninspiriert gehenden Klangbild; Dynamik ähnlich, aber unorganisch, etc...
    Es reicht eben nicht, wenn gewisse Merkmale auch da sind, sondern auf den hörbar bewussten und überzeugten Gestaltungswillen eines grossen Interpreten kommt es an, der dann in feurig und musikantisch ( die Steigerung von musikalisch) umgesetzt wird.
    Davon höre ich wenigstens in der Ouvertüre immer noch am meisten bei Harnoncourt.
    Mit anderen, plakativ vereinfachenden Worten: Harnoncourtisch ist zu wenig, es muss schon richtig Harnoncourt sein.
    Das Original ist das Original.


    Ich mag nebenbei gesagt auch das Hammerklavier als Continuoinstrument bei Jacobs überhaupt nicht.


    Wenn es eine wirkliche Alternative zu diesem Idomeneo geben soll, dann stimme ich eher Alfred zu, und höre mir dann tatsächlich den wirklich völlig anders klingenden Böhm an, der in der Ouvertüre zwar spritzig, aber eben auch typisch ausgewogen, "appolinisch" klingt.
    Da ist dann ebenfalls eine grosse Interpretenpersönlichkeit spürbar, die nicht nur ihre unverkennbar eigene, prägende Handschrift hat, sondern spürbar bis in die letzte Phase des Seins von diesem Konzept durchdrungen und überzeugt ist - wie Harnoncourt auch, nur eben mit einem völlig anderen Ansatz.
    Bei solchen Musikern kannst Du nach zwei drei Takten sofort heraushören, wer da am Pult ist ( bei Karajan z.B. auch)


    Wenn Böhm Mozart oder Beethoven spielte, dann klang das auch völlig anders, als etwa der auf CD dokumentierter Beethoven-Rattle, der mir eher noch auf der Suche zu sein scheint, wenn natürlich auch auf Spitzenniveau.


    Zitat


    Original von der Lullist
    Nur ich mag seine Aufnahmen nicht.
    Halt, das stimmt so nicht, ich mag sie solange, bis ich eine alternative Einspielung bekomme.
    Am interessantesten sind für mich die ganz frühen Aufnahmen, die hören sich teilweise zwar recht derb und holprig an, aber die atmen eben immer noch diesen Pioniergeist.


    Jedem muss natürlich immer zugestanden werden, wenn er etwas nicht mag, aus welchen Gründen auch immer.
    Aber es gibt einige Harnoncourt-Aufnahmen, die m.E. kaum durch irgendwelche neue HIP-Alternativen übertroffen werden können, weil sie so vollmusikalisch sind.


    Ich nenne hier nur die schon genannten Darmstädter Ouvertüren von Telemann, die Concerti-Grossi von Händel, die fetzige Wassermusik von Händel ( wie konnte ich die oben bloss vergessen...) und auch die Mozart-Klavierkonzerte mit Gulda, bzw. Gulda/Corea.


    Könnte es sein, dass Du diese genannten Aufnahmen gar nicht kennst?
    Wer über diese CDs allen Ernstes böswillige Verisse schreibt, der muss aus meiner Sicht wirklich auf seinen Ohren sitzen.


    Wenn man z.B. das langsame Figaro-Ouvertürentempo nicht mag oder schlüssig findet, dann kann ich das durchaus verstehen.
    Ich verstehe auch fachliche Kritik an gewissen Teilen der zweiten Messias-Einspielung, ein bisschen auch am neuen WO ( siehe auch meine Ausführungen dazu im entsprechenden Thread)
    Auch wenn man den o.g. Idomeneo nicht mag, kann ich das noch verstehen, sogar auch die Mozart-Symphonien ( die ich zwar grösstenteils genial finde), vor allem dann, wenn man auf eine andere Ästhetik geeicht ist.


    Wer aber den oben von mir genannten Aufnahmen Ihre internationale Spitzenposition abspricht und sie als misslungen"runterschreibt", der kann m.E. wirklich nicht hören. Nicht alles ist einfach nur Geschmacksache, sondern es gibt auch fachliche begründbare Qualitätsmerkmale.
    Das ist jetzt eine allgemeine, nicht auf Dich persönlich gemünzte Aussage.


    Die Aufnahmen aus der mittleren Schaffensperiode ( also z.B. 80er/90er) sind sowohl spieltechnisch, aufnahmetechnisch und vor allem auch was die freie Beherrschung des sprechenden Interpretationsstils anbelangt, wesentlich überzeugender als etwa die ersten Versuche aus den 50er/60er-Jahren.
    Den Pioniergeist zu hören, ist ja historisch gesehen interessant und schön, aber letztendlich kommt es mir viel mehr auf das glutvolle und frische Musizieren an.
    Das ist bei den späteren Aufnahmen ( die man allerdings kennen muss, wenn man über sie redet) wesentlich deutlicher nachzuvollziehen.


    Ich ermuntere also zum vorurteilsfreien Hinhören.
    Durch das Forum habe ich schon viele interessante Alternativen kennengelernt, die mir, als "altem" Harnoncourt-Fan, der ich von Haus aus ja bin, durchaus auch zu einer Bereicherung meines Hörizonts, sowohl als Hörer, als auch als Musiker geworden sind.


    Das viele von Harnoncourts Theorien weltweit so überzeugend wirken, liegt vor allem an den praktischen Beispielen, die er als Vollblutmusiker dazu abgeliefert hat. Seine Aufnahmen waren es, die wie ein Paukenschlag wirkten ( z.B. die erste MP). Erst dadurch begann man sich für seine schriftlichen Publikationen zu interessieren.


    Gruss :hello:
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Zitat

    Original von Glockenton
    Harnoncourtisch ist zu wenig, es muss schon richtig Harnoncourt sein.
    Das Original ist das Original.


    Mozart ist das Original.


    Meine Lieblingsaufnahme?



    Da dürfte er, wohl oder übel, mitgespielt haben.


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Bei dieser Aufnahme dürfte er wohl als Cellist mitgespielt haben (das konnte er schließlich wirklich). Er hat sich aber sehr beklagt, welche Tortur er erleben mußte, so zu spielen wie es gewisse Dirigenten hören wollten. Deshalb machte er sich selbständig und nach einigen Jahren spielte der Concentus so wie ER durch göttliche Eingebung wußte, daß es authentisch sei. Und viele, viele glaubten an den neuen Messias Nikolaus, er selbst vielleicht auch.
    There's no business like showbusiness.

    Otto Rehhagel: "Mal verliert man und mal gewinnen die anderen".
    (aus "Sprechen Sie Fußball?")

  • Zitat

    Original von Rienzi
    Bei dieser Aufnahme dürfte er wohl als Cellist mitgespielt haben (das konnte er schließlich wirklich). Er hat sich aber sehr beklagt, welche Tortur er erleben mußte, so zu spielen wie es gewisse Dirigenten hören wollten.


    Deshalb auch nominiert. Manche können eben nur unter Zwang in Topform aufblühen... (ich zähle mich übrigens schamlos dazu).


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Zitat

    Original von Rienzi
    Bei dieser Aufnahme dürfte er wohl als Cellist mitgespielt haben (das konnte er schließlich wirklich). Er hat sich aber sehr beklagt, welche Tortur er erleben mußte, so zu spielen wie es gewisse Dirigenten hören wollten. Deshalb machte er sich selbständig und nach einigen Jahren spielte der Concentus so wie ER durch göttliche Eingebung wußte, daß es authentisch sei. Und viele, viele glaubten an den neuen Messias Nikolaus, er selbst vielleicht auch.
    There's no business like showbusiness.


    Genau, darin besteht ja ein grundlegender Unterschied zu Karajan, Furtwängler, Böhm usw. Die machen es alle nicht so, wie sie es durch Eingebung wissen, sondern strotzen geradezu vor Bescheidenheit... ;)


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat


    Original von Ulli
    Mozart ist das Original.


    ...von dem würde ich ja sehr gerne eine CD hören, bloss waren die damals technisch noch nicht so weit - leider.
    Oder man kopiert einfach nur die Noten und liesst sie sich durch. Die dabei entstehende Kopfmusik wird dann aber auch nicht zwangsläufig mit dem übereinstimmen, wie es Mozart selbst aufgeführt haben wird.
    Und z.B. Östmann (oder wie sie sonst alle heissen mögen) ist ja auch nicht automatisch = Mozart, wenn ich mich nicht irre.


    Wir müssen uns also, so scheint mir, weiterhin mit anderen, heutigen Musikern begnügen, die z.B. auch Mozarts Musik nur aus ihrer aus ihrem Verständnis und Empfinden heraus aufführen. Interpretieren heisst das, glaube ich.
    Und da wird es auch immer verschiedene Meinungen geben.


    Zitat


    Original von Rienzi
    Deshalb machte er sich selbständig und nach einigen Jahren spielte der Concentus so wie ER durch göttliche Eingebung wußte, daß es authentisch sei. Und viele, viele glaubten an den neuen Messias Nikolaus, er selbst vielleicht auch.


    Wie gut, dass wenigstens Du nicht zu diesen Fehlgeleiteten gehörst, sondern diesen miesen kleinen Marketingtrick in Hollywood-Manier offensichtlich besser durchschaust, als so ein naiver Obermusikbanause wie z.B. meine Wenigkeit. Schön, dass Du einem die Augen öffnest - Danke!
    Da schmeisst einer seiner sicheren Job hin, zieht -nur um Kohle zu machen- ein Hollywood-showbusines auf, um gute Musik geht es im gar nicht, und ein Vollnaiver wie ich fällt auch noch drauf rein.
    Ohne Rienzis Hilfe wäre ich darauf nie gekommen.


    Wenn ich mir diesen Satz hier ansehe


    Zitat


    Original von Rienzi
    Mit seinem ursprünglichen Kernrepertoire wie Monteverdi, Bach etc. habe ich leider so gar nichts am Hut.


    dämmert mir auch geradezu, auf welchem kenntnisreichen, qualifizierten Fundament so etwas wie die obige Aussage zustande kam.


    Mit Puccini oder Verdi habe ich persönlich auch so leider gar nichts am Hut.
    Aus diesem Grund habe ich es immer für angebracht gehalten, mich abfälliger Äusserungen über entsprechende Puccini-Dirigenten schlicht und ergreifen zu enthalten. Schade, dass so eine konservativ Haltung hier nicht Schule machen konnte, auch nicht in einem Thread, in dem es über Lieblingsaufnahmen eines Musikers gehen soll.


    Doch zurück zur Sache, auch wenn dieser Ein- oder besser gesagt- Anwurf dies nicht verdient:


    Nur der Komponist spielt seine eigenen Werke ( bei entsprechenden manuellen Fähigkeiten) ganz genau so, wie es sich der Komponist vorgestellt hat. Es kann sogar sein, dass er ein und dasselbe Werk bei jeder Aufführung sehr unterschiedlich aufführt ( so etwas erlebe ich bei einem mir bekannten Komponisten relativ oft)
    Als ausführender Musiker wird er später zum Interpreten seiner eigenen Musik. Ein "Nur-Interpret", der Jahrhunderte später lebt, hat also keine Chance auf Authentizität. Genau das hat Harnoncourt immer wieder betont.


    Gleichzeitig gilt aber auch:
    Als reiner Interpret wird ein Musiker immer nur dann überzeugen, wenn er absolut authentisch ist, und zwar sich selbst und seinem Werk-Verständnis und -Empfinden gegenüber.


    Das Gute an Harnoncourts Aufführungen ist gerade, dass sie in diesem Sinne so gut wie immer absolut authentisch sind.
    Oft war es so, dass man ein Werk nach Harnoncourts Aufnahme nicht einfach mehr so spielen konnte wie vorher ( z.B. auch einige der hier genannten Beethoven Symphonien), was sich an den post NH entstandenen Einspielungen der grossen Namen gut nachvollziehen lässt.
    Die darauffolgenden Interpreten hatten m.E. viel mehr das Problem, ihren eigenen Weg, Ihre Authentizität zu finden, was ich weiter oben, am Beispiel Rattles versucht habe anzudeuten. Es gibt noch mehr Beispiele...


    Hier also von "göttlicher Eingebung", "authentisch" oder gar "Messias" zu giften, fällt in vollem Umfange auf den Autor als durchaus boshafte Unterstellung zurück, weil es von vorne bis hinten unhaltbar ist.


    Fakt ist dahingegen:


    1.
    Harnoncourt hat wirklich niemals von sich behauptet, er habe göttliche Eingebungen.


    2.
    Harnoncourt hat immer darauf hingewiesen, dass man es zwar so gut es geht versuchen müsse, dem Komponistenwillen zu entsprechen. Den Glauben an vermeintliche Authentizität hingegen hat er selbst immer als lächerlich bezeichnet. Sinngemäss hat er oft gesagt: " Als Interpret kann ich nur mir selbst gegenüber authentisch sein"
    Das Missverständnis mit diesem Begriff entstand nur dadurch, dass die "originalen" also "authentischen" Instrumente verwendet wurden. Es kann sogar sein, dass die frühere Teldec-Reklame bewusst missverständlich von "authentischen Interpretationen" gesprochen hat. Harnoncourt hat mit Recht immer das Gegenteil behauptet.


    3.
    Für "viele" kann ich nicht sprechen, aber jedenfalls für mich.
    Obwohl ich viel von NHs Musizieren halte, sah und sehe ich diesen Interpreten nicht als Messias, d.h. als Heilsbringer an.
    Wie alle Anderen kann er auch nur Teile der Wahrheit eines grossen Kunstwerkes beleuchten, während andere Teile dadurch zwangsläufig im Dunkel bleiben.
    Er selbst hat das immer so gesagt und durch spätere Wiederaufführungen bewiesen, dass er auch seinen eigenen alten Interpretationen nicht einfach blindlings wie einem Evangelium vertraut, sondern auch diese konsequent in Frage stellt.


    Dies Fakten sind belegbar und jederzeit nachprüfbar.


    Wenn einer NH gegenüber äusserte, den" Bach könne man doch heute nicht mehr wie Furtwängler oder Karajan spielen", und "man könne beim Anhören dieser Platten nur noch lachen oder mit dem Kopf schütteln", dann hat er solchen Sätzen eine klare Absage erteilt.
    Ihm war immer klar, und er hat es auch öffentlich gesagt, dass irgendwann auch die Interpretationen seiner oder späteren Generationen als hoffnungslos altmodisch und unmöglich dastehen werden. Es war immer so, und wird immer so sein.


    Ausgerechnet ihm hier nun zu unterstellen, er habe vielleicht sogar selbst daran geglaubt, ein Art Interpretationsmessias zu sein, ist nun wirklich ein kompletter Unsinn, entweder auf Unkenntnis oder einem Schuss Boshaftigkeit beruhend.


    Wenn ich mich aber nicht ganz irre, dann ging es hier, wie in den entsprechenden anderen Maestro-Threads, darum, seine Lieblingsaufnahmen dieses Interpreten zu benennen ( in denen er als die Interpretation bestimmener Musiker auftritt) und ein bisschen vorzustellen.


    Deswegen tue ich dies hiermit und stelle, statt mich mit weiteren leidigen Richtigstellungen aufzuhalten, eine wunderbare Schumann-Aufnahme vor:



    Hier wird temperamentvoll, leidenschaftlich, perfekt und klanglich durchsichtig musiziert. Ein empfehlendswerter Hochgenuss, der ebenfalls zu meinen Lieblingsaufnahmen Harnoncourts gehört.



    Gruss :hello:
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Zitat

    Gardiner habe ich jetzt noch nicht gehört, aber dass Jacobs alles ( und damit vor allem auch Harnoncourt) kann ich nicht nur beim Idomeneo überhaupt nicht nachvollziehen. In die Ouvertüre habe ich soeben `reingehört.


    ja aber es geht nicht nur um die Ouvertüre.



    Zitat

    Ich mag nebenbei gesagt auch das Hammerklavier als Continuoinstrument bei Jacobs überhaupt nicht.


    dann fällt auch Gardiner für Dich flach :pfeif:



    Zitat

    Wenn es eine wirkliche Alternative zu diesem Idomeneo geben soll, dann stimme ich eher Alfred zu, und höre mir dann tatsächlich den wirklich völlig anders klingenden Böhm an, der in der Ouvertüre zwar spritzig, aber eben auch typisch ausgewogen, "appolinisch" klingt.


    eine Alternative zu einer gekürzten Oper ist also eine noch gekürztere Oper ?
    ah ja.... und dann auch noch Böhm ?
    Harnoncourt spielt doch schon langsam genug. :untertauch:



    Zitat


    Da ist dann ebenfalls eine grosse Interpretenpersönlichkeit spürbar, die nicht nur ihre unverkennbar eigene, prägende Handschrift hat, sondern spürbar bis in die letzte Phase des Seins von diesem Konzept durchdrungen und überzeugt ist - wie Harnoncourt auch, nur eben mit einem völlig anderen Ansatz. Bei solchen Musikern kannst Du nach zwei drei Takten sofort heraushören, wer da am Pult ist


    warum soll das bei Gardiner oder Jacobs nicht der Fall sein?
    Ich denke man kann auch diese Aufnahmen sofort heraushören.



    Zitat

    Jedem muss natürlich immer zugestanden werden, wenn er etwas nicht mag, aus welchen Gründen auch immer.


    das wäre mir in diesem Forum neu :pfeif:



    Zitat

    Aber es gibt einige Harnoncourt-Aufnahmen, die m.E. kaum durch irgendwelche neue HIP-Alternativen übertroffen werden können, weil sie so vollmusikalisch sind.


    siehste :P



    Zitat

    Ich nenne hier nur die schon genannten Darmstädter Ouvertüren von Telemann, die Concerti-Grossi von Händel, die fetzige Wassermusik von Händel ( wie konnte ich die oben bloss vergessen...) und auch die Mozart-Klavierkonzerte mit Gulda, bzw. Gulda/Corea. Könnte es sein, dass Du diese genannten Aufnahmen gar nicht kennst?


    jetzt mal im Ernst.
    Zu den Darmstädter Ouvertüren gibt es noch keine Alternative, aber diese Suiten sollte man nach französischem Vorbild spielen, das macht Harnoncourt nicht.
    Der Darmstädter Hof sammelte Musik von Lully und Campra, die ganze Hofhaltung war nach Frankreich orientiert, man holte sogar französische Geiger nach Hessen - da könnte man auf die Idee kommen, dass man das mit einer ganz anderen Gestaltung spielen müsste.
    Das was Harnoncourt da machte, war vielleicht seiner Zeit eine Lösung, Heute jedoch ist die Forschung weiter und ich habe da andere Erwartungen.


    Bei den Concerti Grossi würde ich auch andere Aufnahmen bevorzugen.
    Einfach weil mir da das italienische Feuer fehlt.
    Die Wassermusik ist für meinen Geschmack beim King's Consort besser aufgehoben.


    Und was die Clavierkonzerte von Mozart angeht, da ist für mich Immerseel mit seinem Ensemble ganz bestimmt die erste Wahl.



    Zitat

    Wer aber den oben von mir genannten Aufnahmen Ihre internationale Spitzenposition abspricht und sie als misslungen"runterschreibt", der kann m.E. wirklich nicht hören. Nicht alles ist einfach nur Geschmacksache, sondern es gibt auch fachliche begründbare Qualitätsmerkmale. Das ist jetzt eine allgemeine, nicht auf Dich persönlich gemünzte Aussage.


    selbst wenn, würde mich das wenig interessieren.
    Denn ich höre Musik nur zu meinem Vergnügen und bin bestimmt nicht das Maß aller Dinge.
    (die Signatur funktioniert immer noch nicht - vielleicht sollte ich sie rot färben ;( )


    Zudem behaupte ich nicht, diese Aufnahmen wären misslungen, ich kann mit Harnoncourts Aufnahmen einfach nichts anfangen.
    Sie lassen mich meist völlig kalt.
    Glücklicherweise gibt es zu allem was er eingespielt hat und mich an Musik interessiert genügend Alternativen, die mich wesentlich mehr ansprechen.


    Vielleicht ist das anders mit Musik aus dem 19. jahrhundert, vielleicht hat er da ein besseres Händchen - aber diese Aufnahmen kenne ich nun wirklich nicht.



    Mir geht es nicht darum, hier irgendwem seine Harnoncourt Begeisterung abzusprechen, denn ich habe keine Probleme jemanden seine Meinung oder seinen Geschmack zu lassen.
    Ich habe lediglich gesagt, dass ICH mit Harnoncourt nichts am Hut habe.
    Das muss man akzeptieren.

  • Zitat

    Original von Glockenton


    ...von dem würde ich ja sehr gerne eine CD hören, bloss waren die damals technisch noch nicht so weit - leider.


    Ich teile Dein Bedauern zu mindestens 100%.


    Zitat


    Oder man kopiert einfach nur die Noten und liesst sie sich durch. Die dabei entstehende Kopfmusik wird dann aber auch nicht zwangsläufig mit dem übereinstimmen, wie es Mozart selbst aufgeführt haben wird.


    Das ist zumindest mir lieber, als so manche 'Interpretation'.


    Zitat


    Wir müssen uns also, so scheint mir, weiterhin mit anderen, heutigen Musikern begnügen, die z.B. auch Mozarts Musik nur aus ihrer aus ihrem Verständnis und Empfinden heraus aufführen. Interpretieren heisst das, glaube ich.


    Das, was ich unter 'Interpretation' verstehe, habe ich an dieser Stelle dargelegt. Manche Interpreten verdienen diese Bezeichnung einfach nicht.


    :hello:


    Ulli


    P.S. Wir sollten die Diskussion besser in den Pro-/Contra-Bereich verschieben (lassen).

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zitat


    Original von der Lullist
    ...und dann auch noch Böhm ?


    Ja, warum denn nicht Böhm? Er galt nicht von ungefähr als DER Mozartdirigent seiner Zeit.
    Bei dem klingts auch im Falle des Idomeneo völlig anders, weil er eine anders geprägte, aber eben auch sehr profilierte Grundauffassung hatte. Diese hat er vielfach sehr meisterhaft umsetzen können, ebenso wie es Harnoncourt mit seinem davon in Teilen durchaus abweichenden Mozartbild oft gelang.
    Für mich ist es wichtig, dass jemand eine klar profilierte Vorstellung von dem hat, was er haben will und es dann auch umsetzen kann, sowohl geistig als vor allem auch emotional. Bei grossen Musikern ist das so.


    Zitat


    Original von der Lullist
    Zu den Darmstädter Ouvertüren gibt es noch keine Alternative, aber diese Suiten sollte man nach französischem Vorbild spielen, das macht Harnoncourt nicht. Der Darmstädter Hof sammelte Musik von Lully und Campra, die ganze Hofhaltung war nach Frankreich orientiert, man holte sogar französische Geiger nach Hessen - da könnte man auf die Idee kommen, dass man das mit einer ganz anderen Gestaltung spielen müsste.


    Nun gilt Telemann aber auch als einer der ganz wichtigen Vertreter des deutschen, vermischten Geschmacks.
    In den Suiten gibt es unglaublich viele dialogische Elemente zwischen verschiedenen Instrumentengruppen. Sie konzertieren im wahrsten Sinne des Wortes miteinander - für mich sind das klare Merkmale des italienischen Concerto-Grossos, die hier in die französische Form integriert wurden.
    Dementsprechend will ich es nicht wie eine Suite von Lully oder Rameau hören. Harnoncourt spielt hier sehr engagiert und feurig, womit er m.E. den Absichten Telemanns, das feurig-Italienische innerhalb der französischen Form darstellen zu wollen, sehr gerecht wird.


    Zitat

    Bei den Concerti Grossi würde ich auch andere Aufnahmen bevorzugen. Einfach weil mir da das italienische Feuer fehlt.


    Den ersten Satz kann ich ohne weiteres stehenlassen, weil die Geschmäcker ja nun einmal verschieden sind.
    Die Begründung im zweiten Satz kann ich jedoch überhaupt nicht nachvollziehen.
    Dem einen oder anderen Hörer mag es zu unpoliert oder zuwenig abgerundet klingen, was Harnoncourt da macht - ok,geschenkt.
    Aber zu wenig Feuer? Das ist nun das Letzte, was man dieser Aufnahme ankreiden könnte, finde ich.


    Wenn man sie mit dieser neuen, sicherlich auch sehr schönen HIP-Aufnahme Eggars vergleicht, wird das deutlich ( einen alten, feierlichen Non-HIP-Schinken bemühe ich erst gar nicht)



    Anspieltip: Concerto grosso F-Dur op. 3 Nr. 4 HWV 315


    Auf das Cover klicken und bei JPC die kurzen Tracks 12-15 hören.


    Bei Harnoncourt



    sind es die Tracks 13-16


    In der Ouvertüre höre ich bei Harnoncourt viel mehr Hochspannung
    (schade, dass man hier nicht das schnelle, feurige Fugato hören kann); das wunderbare schwebende Andante wird viel liebevoller und gleichzeitig sprechener artikuliert und interpretiert; und durch das darauffolgende kontrastreiche und feurig gespielte Allegro wird man in Harnoncourts Interpretation förmlich durchgerissen, während es in der anderen Einspielung dagegen zwar angenehm aber auch beliebig brav klingt.
    Das Minuetto klingt bei Harnoncourt geradezu wienerisch elegant und "hebend" ( wie man es früher in Schulwerken gesagt hätte) während es in der m.E. zu schnellen Interpretation Eggars belanglos und irgendwie auch unempfindsam grob daherkommt.


    Wenn ich einen hinkenden Vergleich zum Fernsehen herstellen darf: Bei Harnoncourt fühlt man sich nach dem Hören dieses Konzerts so, als ob man einen spannenden und emotionalen Film gesehen hätte, bei Eggars ist es das angenehme Gefühl, mit dem ZDF-Sommergarten eine angenehme Unterhaltungssendung gesehen zu haben, die man allerdings nicht allzu lange im Gedächtnis behalten muss.


    Zitat

    Original von der Lullist
    Denn ich höre Musik nur zu meinem Vergnügen und bin bestimmt nicht das Maß aller Dinge.


    Dies nehme ich ebenso für mich zu 100% in Anspruch.
    Die oben von mir genannten Aufnahmen sind deshalb meine Lieblingsaufnahmen, weil sie mir unglaublich viel Vergnügen bereiten.
    Wenn so wie z.B. in dem von mir im Vergleich genannten Concerto grosso gespielt wird, wie Harnoncourt es gemacht hat, dann fährt mir diese Art zu Musizieren in jede Faser des Körpers. Das ist im wahrsten Sinne des Wortes elektrisierend.
    Ich höre gerade deswegen so gerne diese Aufnahmen, weil mich das Gefühl von "Adrenalin pur" dabei einfach immer wieder neu überwältigt. Nebenbei wird einem auch noch etwas für den Geist, für das Verstehen der "Sprache in Tönen" geboten, aber das ist für mich eher zweitrangig, wenngleich auch wichtig.


    Zitat

    Mir geht es nicht darum, hier irgendwem seine Harnoncourt Begeisterung abzusprechen, denn ich habe keine Probleme jemanden seine Meinung oder seinen Geschmack zu lassen. Ich habe lediglich gesagt, dass ICH mit Harnoncourt nichts am Hut habe. Das muss man akzeptieren.


    Ich habe überhaupt kein Problem damit, das zu akzeptieren und lasse Dir auch gerne Deinen Geschmack inklusive aller damit offensichtlich verbundenen Grundabneigungen.
    Auch gehe ich davon aus, dass weder meine Worte noch meine genannten Hörbeispiele auch nur zu 0,01% an dieser Auffassung etwas ändern könnten, sondern Dich- wenn überhaupt- nur noch bestärken werden. So ist das eben meistens.


    Ulli
    "Man soll nicht hineininterpretieren, sondern herausholen, was drinsteckt" - sehr einverstanden.
    Bei einem grossen Werk steckt aber mehr drin, als einer alleine herausholen kann. Man kann nie alles beleuchten, obwohl jeder Spitzenmusiker das natürlich versucht.
    So können und müssen auch zwangsläufig Interpretationen entstehen, die im Extremfall ziemlich gegensätzlich klingen können, aber bei denen sogar ein aus dem Jenseits plötzlich auftauchender Komponist sagen müsste, das beide Interpreten auf ihre Weise recht haben.
    Das Schöne an der grossen Musik ist ja, dass sie bei jeder neuen Aufführung unter den Händen eines Meisterinterpreten sozusagen immer wieder neu entsteht.



    Zitat


    Original von Ulli
    Manche Interpreten verdienen diese Bezeichnung einfach nicht.


    Solche bereits mit dem Handwerklichen kämpfende Gebrauchsmusiker wird es sicherlich geben. Gut, dass es ja niemanden geben kann, der einen derart bedeutenden Interpreten wie Nikolaus Harnoncourt in diese eher miese Kategorie einsortieren kann, ohne dabei den eigenen Anspruch komplett aufzugeben, ernstgenommen werden zu wollen.


    Das wäre genauso absurd, als ob man das Lebenswerk von Karajan ständig in aller Öffentlichkeit als einzige, phantasielose Stümperei hinstellen würde und ihm nur noch seine bewundernswerten Fähigkeiten als Flugzeugpilot liesse.
    Aber solche Extrempositionen sind ja unter ehrlichen, musikliebenden Klassikfreunden geradezu undenkbar - oder?


    Gruss :hello:
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Zitat

    Original von Glockenton
    Solche bereits mit dem Handwerklichen kämpfende Gebrauchsmusiker wird es sicherlich geben. Gut, dass es ja niemanden geben kann, der einen derart bedeutenden Interpreten wie Nikolaus Harnoncourt in diese eher miese Kategorie einsortieren kann, ohne dabei den eigenen Anspruch komplett aufzugeben, ernstgenommen werden zu wollen.


    Ich habe nie den Anspruch erhoben, ernst genommen zu werden. Dennoch meine ich es ernst. Man kann es nun glauben bzw. nachvollziehen oder eben nicht. NH interpretiert - zumindest in letzter Zeit - was Mozart betrifft mehr hinein, als er je herauszuholen vermag. Und der Jacobsweg scheint mir (leider) auch aus Holz zu sein.


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zitat


    Original von Ulli
    NH interpretiert - zumindest in letzter Zeit - was Mozart betrifft mehr hinein, als er je herauszuholen vermag.


    Durch Deine von mir hervorgehobenen Einschränkungen scheint Deine NH-Kritik für mich wieder etwas in den ernstzunehmenderen Bereich gerückt zu sein. Man kann über so etwas jedenfalls diskutieren, auch über die Frage der deutlich gemachten Bedeutung der Noten (dass sie wissen woher sie kommen...etc.) und ob das verkopft klingt, einen kalt lässt oder nicht.
    Bei Harnoncourt finde ich meistens nicht, Du meistens doch. Hier könnte man nur an konkreten Beispielen in eine möglicherweise interessante Diskussion einsteigen, denn sonst kommt man über ein allgemeines Palaver nicht hinaus. Das sollte dann irgendwann und in der Tat nicht hier erfolgen.
    Die in diesem Thread von mir genannten Aufnahmen ( vielleicht ex- Idomeneo) würden meine Ansicht eh unterstützen, da bin ich mir ganz sicher.


    Ob Deine o.g. Kritik auch auf diese Aufnahme hier zutreffen kann, bezweifle ich ebenfalls nach dem ersten Hören:



    Klingt für mich nach toller Mozart-Aufnahme und ist auch noch recht neu...


    Wer jedoch in durchaus rechthaberischer Art und Weise von einer permanenten und unsachlich-pauschalen Schmähung einer jahrzehntelangen Lebensleistung nicht ablassen kann oder will, der schliesst sich letztendlich selbst aus dem Kreis der ernstzunehmenden Diskutanten irgendwann aus, manche sogar freiwillig und dann unwiderruflich ohne Rückfahrkarte, habe ich so jedenfalls irgendwo gehört.



    Zitat


    Original von Ulli
    Und der Jacobsweg scheint mir (leider) auch aus Holz zu sein.


    Man soll es kaum glauben, aber da sind wir uns sogar einig, selbstverständlich bis auf das "auch"
    8o


    Ich beziehe das nicht nur auf Mozart, sondern auch auf Händel und vor allem Bach(WO)
    Die Orchester wie Akademie für Alte Musik Berlin oder Freiburger Barockorchester gefallen mir ohne seine Dirigate wesentlich besser, vor allem das erstgenannte. Aber auch hier wären ausführlichere Bemerkungen in diesem Thread nicht angebracht.


    Gruss :hello:
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Unverzichtbare Harnoncourt-Aufnahmen sind für mich nach wie vor seine Einspielung der Bach-Kantaten, die alten Aufnahmen der h-Moll-Messe, vom Weihnachts-Oratorium und vom Magnificat, wo er noch so konsequent war, alte Instrumente mit dem bachzeitlichen Knabenchor zu kombinieren.


    Ansonsten ist sein Mozart m. M. nach so schlecht nicht, wobei ich mich auf ältere Aufnahmen aus den 80ern beziehe (Don Giovanni etwa); sein Beethoven gefiel mir sehr gut.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Meine liebsten Aufnahmen mit Harnoncourt sind:


    J. S. Bach, Matthäus-Passion (seine dritte Aufnahme mit Arnold-Schönberg-Chor und Concentus musicus)
    J. Haydn, Die Jahreszeiten (seine zweite Aufnahme mit Arnold-Schönberg-Chor und Concentus musicus)
    J. Haydn, Pariser Sinfonien (Concentus musicus)
    W. A. Mozart, Klavierkonzerte 23 und 26 (mit F. Gulda)
    L. v. Beethoven, Sinfonien Nr. 1-9 (mit Chamber Orchestra of Europe)
    L. v. Beethoven, Violinkonzert (mit Gidon Kremer)
    R. Schumann, Klavierkonzert und Violinkonzert (mit M. Argerich und G. Kremer)


    Leider kenne ich noch nicht seine neue Aufnahme der Schöpfung sowie die Aufnahme der Klavierkonzerte Beethovens mit Aimard. - Es gibt eigentlich keine Aufnahme Harnoncourts, die mir nicht gefällt oder zumindest interessant ist. Es gäbe vieles aufzuzählen: Händel Concerti Grossi, Mozart Sinfonien (mit Concertgebouw Orkest), Freischütz, Schumann (Sinfonien) ,Bruckner (Sinfonien 5+7+8+9), Brahms (Sinfonien + Klavierkonzerte + Violinkonzert - wo bleibt das Dt. Requiem?), Dvorak (Sinfonien + Klavierkonzert - wo bleiben das Cellokonzert und Stabat mater?), Bartok ,...


    Seine Wichtigkeit für die Geschichte der Interpretation kann wohl kaum überschätzt werden. Wie würde man ohne ihn heute Bach, Haydn, Mozart, Beethoven, ... spielen?

  • Zitat

    Original von Wolfram
    Seine Wichtigkeit für die Geschichte der Interpretation kann wohl kaum überschätzt werden. Wie würde man ohne ihn heute Bach, Haydn, Mozart, Beethoven, ... spielen?


    Das ist doch etwas kühn geredet, denn er war "nur" Vertreter einer damaligen Strömung. Bereits vor ihn gab es Versuche "authentischer und schlanker" zu spielen. Und zusammen mit Gustav Leonhardt gilt er als der große Pionier und Wegbereiter. Nur wollte Leonhardt nicht so weit gehen, und hat sich m.W. bis Mozart gewagt.
    Die Musiker nach ihm haben das wieder weiter ausgebaut.


    LG, Paul

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