Rezensionen - mit oder ohne Vergleichseinspielung

  • Ich weiß, mit dem Begriff "Rezension" statt "Hörberricht" ärgere ich etliche professionelle Kritiker, die für sich beanspruchen daß dieser Terminus technikus nur ihnen vorbehalten sei.
    Vielleicht benutze ich ihn grade deshalb so gern....?


    Aber das ist letztlich nicht das Theme, es geht vielmehr um die Frage wie man eine solche CD-Besprechung durchführen soll oder kann.


    Mit oder ohne Verglich


    Jeder Kritiker, sei er Profi oder Liebhaber hat eine gewisse Prägung, gewisse Vorlieben.


    Es bietet sich daher an, bei Rezensionen, die zu besprechende Einspielung im Vergleich mit seiner privaten Referenz abzuhören, bzw fairerweise weitere hervorragende Einspielungen vergleichend zu spielen.


    Auf diese Weise bekommt man schnell verschieden Parameter, wie Klangfarbe, Tonhöhe Dynamik, Tempi und dergleichen mehr - zusammen. Ein objektives Verfahren also ? -Warten wirs ab....


    Leider hat diese Methode den Nachteil, daß man sich dabe den akustischen Magen verdirbt, so als würde man 25 Sorten von Sachertorte hintereinander verkosten uum Geschmacks-und Qualitätsunterschiede regeistrieren zu können....


    Die andere Methode - im Alter tendiere ich immer mehr zu ihr, wäre eine Aufnahme ohne Vergleich - rein subjektiv zu bewerten, man lässt sich also auf den Künstler ein und wird von ihm bezaubert - oder eben nicht nicht......
    Zwar leidet die Objektivität bei dieser Art der Rezension - aber einerseits ist sie persönlicher - und weniger frustrierend für denjenigen der den Hörbericht (sollten wir vielleicht doch bei dieser Bezeichnung bleiben ) verfasst.
    Ja es kann dann vielleicht sogar Spaß machen.
    Beim vergleichenden Hören indes ist man so oft gewungen sich an andere Tempi, ein anderes Klangbild etc zu gewöhnen, daß einem letztlich oft GAR KEINE Aufnahme mehr gefällt......


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Die andere Methode - im Alter tendiere ich immer mehr zu ihr, wäre eine Aufnahme ohne Vergleich - rein subjektiv zu bewerten, man lässt sich also auf den Künstler ein und wird von ihm bezaubert - oder eben nicht nicht......


    Diese Methode hat sicher etwas für sich, aber vielleicht setzt sie ein gewisses Alter, genauer gesagt: eine gewisse Hörerfahrung voraus. Wenn man ein Stück zum ersten Mal hört, dann kann es ja sein, dass einen durch die lausigste Interpretation hindurch schlicht etwas Größeres anschaut, das dann trotzdem geliebt wird. Die erste Eroica, die ich gehört habe, wurde von irgendeinem lausigen Orchester eingespielt, so eine Ein-Euro-CD, würde mir heute wohl nicht mehr gefallen. Aber zerstören konnte sie die Eroica nicht.
    (Wobei die Frage wäre, ob es überhaupt Werke gibt, die quasi "unzerstörbar" sind, und die selbst bei der schlechtesten Interpretation noch ihre Größe erahnen lassen.)


    Wenn man aber schon fünf Don Giovannis kennt, ihn auch paarmal live gesehen hat - und dann, naja: hört man zum ersten Mal die Einspielung von Rene Jacobs, ohne sich vorher erneut mit Fricsay, Giulini et. al. zu beschäftigen, ist es ja wieder etwas anderes und ich würde deiner Methode dann ... wohl auch den Vorzug geben. *Grübel*


    Ansonsten glaube ich, dass man eine gute Rezension, einen guten Hörbericht über eine Oper vorallem dann verfassen kann, wenn man die Einspielung einmal in der Gänze gehört hat, also richtig mit Textbuch in der Hand, Kopfhörer auf usw. Von Anfang bis Ende durch. Und dann einmal nur die "Sahnehäubchen" hört, bestimmte markante, berühmte Stelle, wichtige Arien, Solos usw. Bei diesem zweiten Schritt sollte man dann aber schon auch andere Einspielungen heranziehen, denke ich.

    Wenn ich mir vorstelle, was es für Deutschland bedeuten würde, wenn die heilige Kuh zu uns käme, welches Glück und welcher Segen ginge von allgegenwärtigen heiligen Kühen aus!

  • Zitat


    Original von Alfred
    Ein objektives Verfahren also?...
    Leider hat diese Methode den Nachteil, daß man sich dabei den akustischen Magen verdirbt, so als würde man 25 Sorten von Sachertorte hintereinander verkosten uum Geschmacks-und Qualitätsunterschiede regeistrieren zu können....


    Die Vergleichsmethode ist auch nur begrenzt objektiv, es sei denn, man geht daher und misst die Zeiten für z.B. ein Allegro mit der Stoppuhr ab.


    Das sagt einem Leser dann aber immer noch (fast) nichts über die eigentliche Wirkung des gespielten Musik auf einen Hörer, so dass diese Art von Objektivität in meinen Augen auch relativ wertlos, weil wenig aussagekräftig ist.
    Es kann ja sein, dass ein in Minuten und Sekunden schneller gemessenes Allegro des Interpreten A beim wirklichen Anhören wesentliche "langsamer" weil uninteressant und spannungsarm gespielt wirkt, als beim Interpreten B.
    Die gefühlte Zeit ist bekanntermassen eine ganz andere als die objektiv messbare ( z.B. eine Stunde Rendevouz mit der schönsten Frau der Welt fühlt sich an wie eine Minute, während 15sec Stille am Rednerpult wie eine Ewigkeit lang sein können, dann nämlich, wenn der arme Redner seinen Faden total verloren hat und alle wie erstarrt schweigen)


    Ansonsten kann man schon gewisse musikalische Parameter gerade im Vergleich besonders gut erkennen. Wenn man noch die Partitur mitliest, dann kann das auch sehr hilfreich sein, obwohl man manchmal auch ohne Noten hören muss, auch bei der Beurteilung der Aufnahmequalität.


    Den Effekt, dass man hinterher gar keine Interpretation mehr 100%ig mag, habe ich auf modifizierte und weniger drastische Art selbst erlebt.
    Als ich eine Woche lang einen ausführlichen Interpretationsvergleich der h-moll- Messe von Bach durchführte ( auch im Auto wurden ständig CDs gehört und gewechselt...) war ich irgendwann so genau mit der Musik bekannt, dass ich mittlerweile für gewisse Teile eine derart klare eigene Interpretationsvorstellung entwickelte, dass mir zwangsläufig bei jedem immer irgend etwas fehlte. Durch die jahrzehntelange Hör- und Leseerfahrung wüsste ich z.B. auch genau, was ich bei den Brandenburgischen Konzerten als Dirigent vorgäbe, bzw. was ich hören will.


    Im entsprechenden Thread habe ich über meine Vergleiche zur h-moll-Messe etwas berichtet.
    Eine Wirkung war mir dabei aber die wichtigste: Ich begann dieses Werk noch mehr zu lieben, als vorher. Dann war es ja die Sache wert.... :yes:


    Es kann auch sein, dass einem erst durch das Vergleichen die Qualitäten seiner heissgeliebten Referenzaufnahme noch deutlicher werden, und man von dieser noch mehr begeistert ist.


    Oder man wechselt und hat seine neue Referenzeinspielung gefunden, die alles vorher gekannte in den Schatten stellt.


    Oder - noch besser- man hat zwei unterschiedliche Einspielungen gefunden, die man beide mit grosser Freude hören kann, weil sie auf ihre eigene Art und Weise in sich schlüssig und mitreissend sind.
    Auch dadurch wird die Begeisterung zunehmend auf das Meisterwerk gerichtet, dass eine solche Vielfalt berechtigter und verantwortbarer Interpretationen zulässt.


    Mit der "Altersmethode" des "Nur-Hörens" fange ich meistens an und bleibe bis zum Schluss an der Aufnahme dran, sofern sie mich faszinieren kann.
    Erst später kann es sein, dass mich der Hafer sticht, und ich die anderen Einspielungen heraushole.


    Das macht alles meistens sehr viel Spass, ist spannend, und man lernt als Musiker (und auch als Hörer) eine Menge dazu.


    Ich bin hier also dafür, dass man beide Verfahren anwendet, je nach Befindlichkeit und Situation.
    Ein "Entweder- Oder" sollte es da meiner Ansicht nach besser nicht geben, denn jede Methode hat ihre Vorteile, derer man sich berauben würde, wenn man auf sie verzichtete.


    Wenn ich z.B. nur vergleiche, dann höre ich nie, wie eine kurzes Stück in gerade dieser Interpretation wirkt, wenn man es im grossen Zusammenhang hört.
    Je geringer die vergleichende Hörerfahrung ist, desto mehr benötigt man m.E. zur Abrundung des eigenen Meinungsbildes einen direkten Vergleich.


    Gruss :hello:
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Ich bevorzuge Hörberichte mit Vergleich,weil ich selbst gerne verschiedenen Aufnahmen vergleiche.Deshalb habe ich von vielen Werken gleich mehrere CDs zur Auswahl.Bei einem Neukauf einer CD mache ich gerne Hörvergleiche mit bereits vorhandenen CDs.
    Rezensionen können m.E. nie objektiv sein,sie hängen vom subjektiven Geschmack,Erfahrungsschatz etc. des Hörenden ab.Dabei ist zu beachten,daß sich der Musik-Geschmack im Laufe der Lebenszeit verändert,was man mit zunehmenden Lebensalter feststellen kann.

    mfG
    Michael

  • Es hängt m.E. von den Schwerpunkten ab. Wenn jemand eine eher objektive Beschreibung geben möchte, muß er entweder komplett objektiv sein, also z.B. ein Tempo explizit angeben, was freilich nur bei wenige Aspekten überhaupt geht oder er muß eine Referenz angeben. Wenn jemand über eine Aufnahme von Beethovens 9. schreibt, das adagio werde völlig verschleppt, dann ist es ein Unterschied, ob er als Bezugspunkt eine sehr zügige Lesart wie z.B. Norringtons, bei der der Satz nur 12 min dauert nimmt, oder eine "durchschnittliche" mit 15-16 min. Dito für "verhetzt". Klar, kann man meistens wohl von einem traditionellen Durchschnitt ausgehen. Aber manche davon sind eben seit je verschleppt (oder auch verhetzt). ;)


    Ich stimme aber zu, daß mir ein satzweises Vergleichen auch eher auf die Nerven fällt. Lieber das ganze Werk hören und am nächsten Tag, oder einige Stunden später in einer anderen Deutung. Also erstmal komplett wirken lassen. Dann vielleicht zusätzlich das Augenmerk auf Einzelsätze oder wichtige Stellen lenken usw. Das ist insgesamt ziemlich mühsam (selbst die meisten professionellen Rezensenten unterziehen sich, wie das häufige Geschwafel zeigt, dem eher selten), wenn man mehr als zwei oder drei Interpretationen vergleichen will oder wenn es sich um längere Werke handelt. Bei Haydns Nr. 44 mit gut 20 min Spieldauer geht das ganz gut, selbst an einem Samstagnachmittag. Bei Mahlersinfonien oder Opern mangelt mir da aber die Konzentration, da müßte man satz- oder szenenweise vorgehen. Sehr viel Aufwand...


    Eine andere Sache ist, wie gut man ein Stück kennt. Zwar kann einen die Erinnerung täuschen, aber manche Stücke behaupte ich so gut zu kennen, daß ich auch ohne direkten Vergleich etwas Sinnvolles über eine Neuaufnahme sagen kann. Außerdem prägen sich mit der Zeit eben auch gewisse Vorlieben ein. Es ist dann sehr schwer, sich auf Alternativen einzulassen, die diesen widersprechen. Oder sie müssen eben außerordentliche andere Qualitäten aufweisen.


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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    Original von Johannes Roehl
    Außerdem prägen sich mit der Zeit eben auch gewisse Vorlieben ein. Es ist dann sehr schwer, sich auf Alternativen einzulassen, die diesen widersprechen. Oder sie müssen eben außerordentliche andere Qualitäten aufweisen.


    Hallo Johannes,


    das ist ein wichtiger Satz, finde ich.
    Ich behaupte auch, dass sich niemand davon freisprechen kann, und dass die meisten von uns, wenn sie erst einmal eine Aufführung wirklich lieben, dieser auch treu bleiben und manchmal einfach keine Lust haben, sich auf Neues einzulassen, weil die bekannte Aufnahme so schön ist. Das kann im Extremfall fast schon so weit gehen, dass allein der Gedanke an eine neue Einspielung bereits völlig indiskutabel erscheint ( nur das Herz sagt dann NEIN, rational und offiziell begrüsst man natürlich immer das Erscheinen einer neuen CD...)


    Da gibt es natürlich auch Abstufungen. Ob diese allerdings durch die Interpretationen oder die Art der Musik selbt zustande kommen, vermag ich bei mir nicht wirklich zu verstehen.
    Vielleicht sind es die Aufnahmen mit besonders "intimer" Musik, bei der die Persönlichkeiten der Ausführenden bedeutsam sind? Oder besonders prägende, individuelle Interpretationen, die es so eben nur von diesem einen Interpreten gab und nie wieder geben wird.


    Ich denke jetzt z.B. an die "Deutschen Volkslieder" von Brahms mit Peter Schreier(Tenor), Edith Mathis(Sopran) und Karl Engel( Klavier).
    Obwohl ich die andere Aufnahme mit Fischer-Dieskau und Schwartzkopf auch besitze, kann ich die nicht hören, ohne mir die Erstgenannte sogleich herbeizusehnen. Vielleicht mag ich die Musik auch zu sehr, so dass die (vermeintliche) Objektivität erst gar nicht zustande kommt.


    Wenn man bestimmte Werke durch eine Aufnahme und nicht durch eigenes Erarbeiten kennengelernt hat, dann kann man das Phänomen der Prägung wahrscheinlich besonders deutlich beobachten.
    Dies alles auf bilderstürmerische Art und Weise als "alteingefahrene Hörgewohnheiten" arrogant zu diskreditieren, sollte man sich indes enthalten.
    Es soll ja Hörer geben, bei denen die vorhergehenden Einspielungen sofort auf dem Müllhaufen der Interpretationsgeschichte landen, nur weil es eine neue Aufnahme gibt, bei der noch schneller gespielt wird und es z.B. hinsichtlich der Besetzung noch extremer zugeht.
    Für mich eine eher unreife Rezeptionshaltung.


    Bei grossen Orchesterwerken gibt es diese Art von oben beschriebener "Voreingenommenheit" bei mir etwas seltener, aber es kommt auch durchaus vor. Jede "Eroica" die ich z.B. höre, wird automatisch mit der von mir so stark bevorzugten Karajan-Interpretation verglichen und fällt dann durch ( bisher jedenfalls)...Ich bemühe mich zwar um "Gerechtigkeit" und kann auch trotz allem gut und analytisch zuhören, aber es ist schon so, dass es andere Sichtweisen diese Werks bei mir recht schwer haben.


    Auch wenn man sich bei einer öffentlichen CD-Besprechung immer um Gerechtigkeit und Sachlichkeit bemühen sollte, so ist es ja andererseits eine der grossen Stärken der Musik gegenüber dem sonstigen, durchrationalisierten Leben, dass man dort eben nicht ständig sachlich sein muss, weder beim Hören, noch beim Musizieren.
    Man kann sich - anders als beim Alkohol- einfach gehen lassen und sich seinem "Vollrausch" hingeben, ganz ohne schädliche Folgen und Reue.
    Diese ganz grossen emotionalen Erlebnisse kann man aber kaum in Worte fassen und an Zeitungsleser weitergeben, weil Musik ja gerade diejenige der Künste ist, die in Tönen das in Worten Unsagbare sagen kann.


    Deshalb bin ich schon dafür, dass man sich beim Hören für eine Rezension zusammennimmt und analytisch hört.
    Abschalten kann man die Gefühle auch dabei nicht, aber man kann sie wenigstens beherrschen...


    Gruss :hello:
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Sollten wir nicht einfach und demütig (ich weiß,ein schwierig zu akzeptierender Begriff) einräumen , dass jegliche Kritik, Rezension oder auch Hörbericht ausschließlich subjektiv zu sehen und zu bewerten ist.
    Ich höre auf der einen Seite häufig und gerne möglichst verschiedene Interpretationen eines Werkes an, z. B. zum pathetischen Dirgierstil neigende Dirrigenten versus den modernen Erneuerern.
    Schreibe ich allerdings, was bei mir häufig ist, eine Rezension über eine Aufführung in der Provinz, höre ich vorher oder nachher keine Aufnahmen von Spitzenensembles vergleichend an. Das würde meinen Maßstab beeinflussen und verschieben. Hier muss ein verantwortungsvoller Rezensent versuchen, die Möglichkeiten der Ausführenden zu berücksichtigen und fair zu bewerten. Was ja nicht heißen soll, dass es in der Provinz keine aufregenden, ausgezeichneten Leistungen gibt. Nur der Maßstsab der Beurteilung dürfen nicht hoch subventioniete, professonelle Spitzenorchester sein.
    Rezensionen - mit oder ohne Vergleich, beides hat m. E. seine Berechtigung, Nur der Rezensent muss sorgfältig abwägen, wann und wo er die eine oder andere Vorgehensweise einsetzt.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Zitat

    Original von operus
    Schreibe ich allerdings, was bei mir häufig ist, eine Rezension über eine Aufführung in der Provinz, höre ich vorher oder nachher keine Aufnahmen von Spitzenensembles vergleichend an. Das würde meinen Maßstab beeinflussen und verschieben. Hier muss ein verantwortungsvoller Rezensent versuchen, die Möglichkeiten der Ausführenden zu berücksichtigen und fair zu bewerten. Was ja nicht heißen soll, dass es in der Provinz keine aufregenden, ausgezeichneten Leistungen gibt. Nur der Maßstsab der Beurteilung dürfen nicht hoch subventioniete, professonelle Spitzenorchester sein.


    Es könte aber doch interessant sein, in welcher Relation derartige Provinzaufführungen zu jenen der sogenannten Spitzenorchester liegen? Außerdem bin ich mir auch nicht so ganz sicher, daß die jeweiligen Spitzenorchester stets der Maßstab für Vergleiche sind. Nehmen wir einmal an, sie wären es tatsächlich und uneingeschränkt - dann wäre ein Vergleich zwar einerseits völlig abstrus; andererseits wäre es um so interessanter, in welcher Nähe sich die jeweilige Provinzaufführung zu einem der Spitzenensembles bewegt.


    Oder nicht?


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Natürlich, lieber Ulli, sind Deine Gedankengänge als wichtige Hinweise, richtig und zu berücksichtigen. Das zeigt auch, wie komplex und diffizil die Thematik ist.
    Ich wollte eigentlich nur ganz schlicht herausarbeiten, dass sich der
    Rezensent nicht zu sehr von Vergleichen, die einfach nicht stimmen können, weil die Voraussetzungen zu unterschiedich sind, beeinflussen lassen sollte.
    Herzlichst
    Operus
    :hello:

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Selbstverständlich gehört zu einer Rezension die Kenntnis von Vergleichseinspielungen.


    Dazu muß man die vorhandenen Aufnahmen nicht unbedingt gegeneinander Vergleichen, denn wenn man die Werke aufgrund der Hörerfahrung gut kennt, reicht es die Neuaufnahme beurteilen zu können.


    Wenn ich mir unsicher bin, eventuell bei Werken die ich nicht so gut kenne oder lange nicht mehr gehört habe, ziehe ich andere Aufnahmen als Vergleich heran.
    So nach dem Motto: "Mensch, das war doch bei dem oder dem besser gelungen."


    Natürlich hat operus recht, das man die Aufnahmeumstände und ob es ein Spitzenorchester oder ein Provinorchestermit berücksichtigen soll. Aber deshalb kann ich mir doch meine Meinung bilden und anschließend sagen: Die Aufnahme hat diese oder jede Vorteile gegenüber der Anderen.
    Dabei ist völlig egal, wer gespielt hat - vergleichbar sind alle Aufnahmen des jeweiligen Werkes miteinander.



    *** Es gibt aber auch Werkeinspielungen ohne das eine Vergleichsaufnahme vorliegt. Auch dann kann man erkennen ob der Dirigent alles gegeben hat, oder ob da noch mehr geht.
    Beispiel:
    Simpson: Sinfonie Nr.9 mit Handley. Diese Interepretation bringt so viele Emotionen mit, das man sagen kann -besser ist eigendlich nicht mehr möglich.


    Es hat aber auch schon Beispiel gegeben, bei denen ich bei der ersten Neuaufnahmen den Eindruck hatte - da geht noch mehr !





    Betrachten wir ein klassisches Beispiel,
    wie sich eine Hörerfahrung ergeben kann:

    Schumann-Sinfonien
    Meine Kenntnis der Schumann-Sinfonien wurde zunächst durch Karajan auf CD geprägt und geschätzt. Konzertaufführungen und andere Schalplatten wurden gehört. Später dann Karajan auch auf CD und dann gesellten sich die Aufnahmen mit Bernstein (DG und SONY) hinzu, die auch gewisse weitere Vorzüge bezüglich emotionalem Zugang und Detailarbeit haben. Die SONY-Aufnahmen haben den weiteren Vorteil einer jugendlichen Frische; besonders bei den Sinfonien Nr.1 und 4.
    Die straffen und präzisen Szell-Aufnahmen (SONY) betrachtet ergaben dann einen weiteren großen Meilenstein in der Schallplattengeschichte.
    !!! Ein weiterer Kauf zum Interpretationsvergleich ergab dann aber einen Reinfall - es war die Mariner / AotMitF-Brillant-GA. Auch ohne das ich nun meine anderen CD´s hervorholte, erkannte ich sofort, dass diese Aufnahme von gähnender Langeweile gekennzeichnet war; klanglich OK, aber das war auch schon der einzige Pluspunkt.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

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  • Zitat

    Original von operus
    Sollten wir nicht einfach und demütig (ich weiß,ein schwierig zu akzeptierender Begriff) einräumen , dass jegliche Kritik, Rezension oder auch Hörbericht ausschließlich subjektiv zu sehen und zu bewerten ist.


    Lieber operus,


    ich denke, dieser Selbstverständlichkeit sollte sich jeder bewußt sein, der sich über ein bestimmtes Werk äußert.


    Zitat


    Rezensionen - mit oder ohne Vergleich, beider hat m. E. seine Berechtigung, Nur der Rezensent muss sorgfältig abwägen, wann und wo er die eine oder andre Vorgehensweise einsetzt.


    Auch sehr richtig.


    Ich höre z.B. jetzt gerade das Allegro (3. Satz) von Beethovens 5. mit Wilhelm Furtwängler (Konzert vom 23.05.54).


    Hätte ich keine Vergleichsmöglichkeiten, wäre mein Eindruck in etwa "was für ein schwermütiger, grüblerischer Satz". Beethoven war tatsächlich ein "Titan".


    Mit Kenntnis von ca. 22 anderen Aufnahmen der 5., die ich besitze, entdecke ich z.B., daß Furtwängler an bestimmten Stellen Rubati einsetzt (ibs. das Tempo verlangsamt) und gerade mit diesem Interpretationsmittel den Eindruck der Schwermütigkeit, des "Titanenhaften" erweckt.
    Die "Subjektivität" der Furtwänglerschen Deutung erschließt sich also nur im Vergleich.


    In sofern schreibe ich eher vergleichend über meine Höreindrücke.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Zitat

    Sollten wir nicht einfach und demütig (ich weiß,ein schwierig zu akzeptierender Begriff) einräumen , dass jegliche Kritik, Rezension oder auch Hörbericht ausschließlich subjektiv zu sehen und zu bewerten ist.


    Gerade aus der sehr richtigen Erkenntnis heraus, dass es keine wirklich objektive Rezension geben kann, möchte ich doch eine Lanze für eine möglichst objektivierende Kritik brechen. Dazu gehört: Vergleichsaufnahmen hören, mehrfaches Hören, vielleicht sogar zu Mehreren, und nicht zuletzt: Noten mitlesen!


    Natürlich ist das ein Ideal, das sich aus Zeit- (und auch Lustgründen) nicht oft verwirklichen lässt, aber wenn ich Rezensionen lese, dann halte ich schon die für am glaubwürdigsten, bei denen man merkt, dass der Rezensent nicht nur aus dem Bauch heraus urteilt. Wie oft habe ich mich schon getäuscht, wenn ich an Aufnahmen dachte, die ich eine Weile nicht mehr gehört hatte!


    Gerade der mitlesende Blick in die Partitur erschließt mir vieles, das ich vielleicht beim Hören nicht so präzise erfassen kann. Tempo, Phrasierung, Dynamik etc. kann ich mir im Vergleich viel besser merken, wenn ich sie vorher oder während des Hörens "gelesen" habe, und man kann auch viel besser erkennen, was die Interpreten mit dem Stück machen.


    Herzlichen Gruß,
    Gustav Theodor

    "Nur in der Gesellschaft wird es interessant, Geschmack zu haben."
    Immanuel Kant

  • Schwieriges Thema! Ich fand es immer hilfreich, wenn ein Rezensent "seine" Referenzaufnahmen des fraglichen Werkes genannt hat. Zum einen, weil ich damit Hinweise auf interessante Aufnahmen erhalte, zum anderen, weil er so ein Stück weit das Koordinatensystem benennt, in dem er seine Bewertung vornimmt.


    Beispiel: Angenommen, die Aufnahme von Beethovens Eroica mit Paavo Järvi würde besprochen. Dann wäre es für mich durchaus hilfreich zu wissen, ob der Rezensent die Aufnahme mit Klemperer oder diejenige mit Jordi Savall für maßstäblich hält.


    Ich gebe zu, dass die andere Sichtweise auch etwas für sich hat: Die eine Interpretation steht dann eben alleine im Mittelpunkt der Besprechung, absolut, ohne Bezug zu anderen, ohne Einordnung schneller - langsamer, hochemotional - quasi-objektiv, spontan - durchgeplant, ...


    Vielleicht kommt es auch darauf an, wie die zu besprechende Einspielung geartet ist. Wenn es sich um die 150. Einspielung von Mahlers erster Sinfonie ohne bemerkenswerte neue Ansätze handelt, ist eine "einordnende" Besprechung mit Nennung von Referenzen vielleicht angemessener, als wenn Pogorelichs extreme Einspielung der Préludes op. 28 von F. Chopin zu rezensieren ist. Im letzteren Fall helfen Vergleiche wohl nicht weiter, im ersteren schon eher.


    Mit anderen Worten: Eine Interpretation "sui generis" kann man mit dem Versuch einer Einordnung sicher nicht besser beschreiben als ohne. Hingegen kann man eine gewöhnliche Interpretation in vielen Fällen mit Referenzen wohl besser beschreiben als ohne.

  • Ich freue mich, daß dieses Thema auf solch einen Widerhall gestoßen ist.
    Und natürlich -es war auch gar nicht beabsichtigt - gibt es kein "endgültiges Ergebnis", schon deshalb nicht, weil ja gar nicht definiert ist, was eine Kritik eigentlich zu leisten imstande ist, bzw zu leisten imstande sein sollte.


    Wie ist das von mir geschrieben zu verstehen ?


    Es wäre theoretisch durchaus möglich, daß eine noten- und werkgetreut Darstellung als "perfekt" beschrieben würde - und das völlig zu Recht - jedoch daß diese Einspielung die Mehrheit der Hörer eher kalt lässt.


    Umgekehrt wäre es denkbar - und das sit durch etliche Beispiele aus der Geschichte der Tonaufzeichnung belegt - daß ein Interpret ein Werk - absichtlich oder unabsichtlich, das sei dahingestellt - gehgen den Strich bürstet - und bei Kritik und Publikum nur Jubel und Lob erntet.
    Eigenartigerweise haben dann gerade solche Aufnahmen ein relativ kurzes Ablaufdatum, weil die "Verfremdung" zumeist vom Zeitgeist abhängt, und nur von dessen Vetretern toleriert, akzeptiert, oder forciert werden.


    Ich plädiere daher für eine "beschreibende" anstelle einer "bewertenden" Kritik, wo der Rezensent - ob Profi oder Laie, ganz klar sagt, welches seine persönlichen Präferenzen sdind, welche Vergleichsaufnahmen er verwendet hat - oder ob er sich spontan dem musikalischen Erlebnis hingegeben hat, Kritik mit heisser Nadel gestrickt, sozusagen...


    Es kommt nun auch darauf an, was der Leser von einer Kritik erwartet.
    Ich persönlich erwarte keine Entscheidungshilfe ob ich Aufnahme XY kaufen soll oder nicht, sondern versuche nachzuvollziehen ob ich die Eindrücke des jeweiligen Kritikers nachvollziehen kann - oder ob ich ihnen widerspreche..


    So kommt auf dies Weise trotzdem ein Nutzen für mich zustande..


    mfg
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Es ist eine immer ärgerlich, wenn ich gerade eine geniale Idee für einen Thread habe, oder einen Geistesblitz wie wie Kreativen zu sagen pflegen - und dann muß ich feststellen, daß es diesen Thread schon seit Jahren gibt. Das kommt leider immer öfter vor. Die einzige Lösung die es da gäbe, wäre die alten Threads still und klammheimlich zu löschen, aber das funktionier tauch nicht, weil IRGENDJEMAND sich dann noch erinner da einen Beitrag verfasst zu haben und ruft dann mit schallender Stimme: WO ist mein Beitrag aus dem Jahre 2009 ??
    Kommen wir zur Sache: Mir ist die Idee zu einem Thread der sich mit vergleichenden Rezensionen befasst, deshalb gekommen, weil ich heute DREI Interpretatione von Schuberts Klaviersonate D 958 in Folge gehört habe. Zuerst wolle ich mir ein Bild über Paul Lewis machen,. Er klang mir teilweise zu ausgepräget in der Dynamif - für rinrn Brendel-Schüler. Der Vergleich scheiterte vorerst daran, da ich die Brendel Version vorerst nicht finden konnte. Ich wollte aber einen Gegenpol haben, und dachte hier an Kempff. Auf Anhieb war der Unterschied der etwas geringeren Dynsamik zu hören, allerdings eher der Aufnahmetechnik als dem Pianisten anzulasten, vielleicht auch dem Zeitgeschmack, denn "Klassische Ausgewogenheit" ist heut nicht mehr wirklich gefragt, und heutuge Pianisten spielen für ein HEUTIGES Publikum.
    Der Unterschied war übrigens nur in den ersten Minunten evident, dann hatte ich mich aufd den Pianisten eigestellt und folgte ihm widerstandlos - mit Freude.
    Die Dritte Hörprobe - ich hatte inzwischen die Brendel-Aufnahme gefunden - hätte ich mir sparen können. Ich war inzwischen so von Schubert und seiner Komposition gefangen, daß er für einen kritischen Vergleich nicht langte.
    Und plötzlich kam mir die Erkenntnis, daß Hörvergleiche durchaus interessant sind, aber dem Durchschnittshörer wenig helfen. Denn die Zeiten, wo "schlechte" Interpretationen den Weg auf Tonträge fanden, sind weitgehend vorbei. Heute wird aber (leider ?) oft auch danach gemessen, inwieweit ein Interpret "neue Sichtweisen" anzubieten hat. Und das bringt vile unter Zugzwang um jeden Preis originell srin zu müssen. Diese Art von Stress gibt es im Konzertsaal eigentlich nicht
    Und WENN es reale Konkurrenten gibt, so lediglich unter den lebenden, Von verblichenen Größen hat der Konzertbsucher in der Regel nichts, er muß seine Favoriten unter den Lebenden suchen. Gute Pianisten mit Charisma verstehen es ihr Publikum so in den Bann zu ziehen,daß jeglicher kritische Ansatz in den Hintergrund tritt- Oder ?
    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Zit. Alfred Schmidt: "weil IRGENDJEMAND sich dann noch erinnert da einen Beitrag verfasst zu haben und ruft dann mit schallender Stimme: WO ist mein Beitrag aus dem Jahre 2009 ??"


    Und das tut dieser "IRGENDJEMAND" mit gutem Recht, auch wenn das hier sprachlich ein wenig ins Lächerliche gezogen wird. Er hat nämlich möglicherweise sehr viel Arbeit, Müh´, Fleiß und geistige Leistung in seinen Beitrag investiert. Darf man ihm unter diesen Umständen verübeln, dass er sich dagegen wehrt, dass sein Beitrag gelöscht wird, nur damit Tabula rasa für neues Leben in diesem Forum geschaffen werden kann?
    Gehört natürlich nicht zur -zweifellos interessanten - Thematik dieses Threads, musste aber mal ausgesprochen werden.


    Übrigens: Kein Rezensent, sei es der einer "Einspielung" eines Werks oder der einer realen Aufführung, wird darauf verzichten, entweder explizit oder doch zumindest implizit, für sich selbst, in seinem Kopf sozusagen, den Vergleich mit einer ihm bekannten vergangenen Realisierung des Werkes heranzuziehen, wenn er über einen aktuellen Fall davon schreiben soll. Das macht ihm die Arbeit nicht nur erheblich leichter, es hat auch eine deutliche Bereicherung des substanziellen Gehalts der Rezension zur Folge.
    Aus meiner Sicht gibt es da überhaupt kein alternatives "Mit oder Ohne".

  • Tatsächlich glaube ich, dass ich in letzter Zeit einige Rezension von Alfred gelesen habe, wo er eher nicht verglichen hat. Und ich habe diese Rezensionen trotzdem gern gelesen, auch wenn es keinen anderen Bezugspunkt gab, als meine Einschätzung, was Alfred wohl gemeint haben könnte mit schnell, langsam, wild, lebendig oder knochentrocken, also sehr vage, trotzdem hat es Spaß gemacht, meiner Meinung nach das wichtigste bei einem Hobby, und war interessant zu lesen.


    Je mehr Vergleiche heran gezogen werden, desto komplexer und theoretischer wird es in der Regel und dadurch macht das Lesen mir dann zwar nicht mehr immer Spaß, es ist dann aber natürlich trotzdem oder gerade deswegen wiederum sehr interessant. Ihr merkt schon ich bin für unentschieden.

  • Zitat

    Helmut Hofmann: Übrigens: Kein Rezensent, sei es der einer "Einspielung" eines Werks oder der einer realen Aufführung, wird darauf verzichten, entweder explizit oder doch zumindest implizit, für sich selbst, in seinem Kopf sozusagen, den Vergleich mit einer ihm bekannten vergangenen Realisierung des Werkes heranzuziehen, wenn er über einen aktuellen Fall davon schreiben soll. Das macht ihm die Arbeit nicht nur erheblich leichter, es hat auch eine deutliche Bereicherung des substanziellen Gehalts der Rezension zur Folge.
    Aus meiner Sicht gibt es da überhaupt kein alternatives "Mit oder Ohne".


    So sehe ich das auch, lieber Helmut, und für mich als Laie kommt noch Eines erschwerend hinzu: Ich muss eine feste Richtschnur, sprich eine Partitur zur Verfügung haben, um zunächst einmal beurteilen zu können, ob sich die Interpretation innerhalb der wichtigen Parameter Tempo, Dynamik und Rhythmus befindet, wobei ich bei den vielen Beethoven-Sonaten-Aufnahmen, die ich bis heute besprochen habe, (780) an mir selbst festgestellt habe, dass ich in meinem "Urteil" im Laufe dieses nunmehr im fünften Jahre befindlichen Projektes etwas großzügiger geworden bin. Am leichtesten ist mir das bei der Beurteilung der Tempowahl gefallen. Am schwierigsten wird es für mich, wenn Tempo, Dynamik und Rhythmus offenbar stimmen. Dann horche ich nach innen, achte auf mein Gefühl, schaue, wie mich die Aufnahme bewegt.
    Bei alle dem ist natürlich der Vergleich mit anderen Aufnahme mehr als hilfreich, manchmal auch, um eine bestehende Meinung u. U. zu revidieren.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • was Alfred wohl gemeint haben könnte mit schnell, langsam, wild, lebendig oder knochentrocken, also sehr vage, trotzdem hat es Spaß gemacht, meiner Meinung nach das wichtigste bei einem Hobby, und war interessant zu lesen


    "Kritikerlatein" hat man diese Art der Rezensionen oft spöttisch genannt - und da ist sicher was wahres dran. Diese Art it einigermaßen aus der Mode gekommen, gilt als unfein und laienhaft, hat aber den unschätzbaren Vorteil einigermaßen von jedermann verstanden zu werden. Dazu muß man sich allerdings ers fraternisieren oder verfeinden - anders ausgedrückt, man muß die Sprach dieses Rezensenten lernen - egal ob der Profi oder Amateur ist. Das Wort Amateur ist ja auch so etwas was heute einen negativen Beigeschmack hat, dabei bedeutet es "Liebhaber" Wikipedia beschreibt das IMO treffend.
    Und hier - wieder unabhängig vom Staut - gibt es zwei Gruppen von Kritikern. Die einen analysieren anhand des Notentextes die Werktreu der Aufführung. die anderen beschreiben die Gesamtwirkung, das musikalische ERLEBNIS, das durchaus auf einem Mißverständnis oder einer Mißdeutung des Interpreten beruhen kann, und dennoch beeindruckend.
    Ein gutes Beispiel hier im Forum ist Teleton dem nichts effektvoll und plastisch genung sein kann. Ich hingegen gebe dem schönen Klang absolute Priorität gegenüber (IMO flasche) Dramatik, wo die Melodik und Harmonie der "Klangsprache" geopfert wird. Hier ist Verdi ein gutes Beispiel, selbst die grauslichsten Szenerien bekommen bei ihm einen guiten musikalischen Boden. Vielleicht sehe aber nur ich das so....


    Und das tut dieser "IRGENDJEMAND" mit gutem Recht, auch wenn das hier sprachlich ein wenig ins Lächerliche gezogen wird. Er hat nämlich möglicherweise sehr viel Arbeit, Müh´, Fleiß und geistige Leistung in seinen Beitrag investiert. Darf man ihm unter diesen Umständen verübeln, dass er sich dagegen wehrt, dass sein Beitrag gelöscht wird,


    Keine Angst - ich habe mich lediglich lustig gemacht - Ich habe nicht vor solche Threads zu löschen.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Neue CDs mit alten zu vergleichen birgt ja keine größeren Gefahren, die neue CD wird dadurch nicht dauerhaft entwertet. Aber einen Konzertbesuch, in dem ein Werk erklingen wird, das man flüchtig kennt aber länger nicht mehr gehört hat, KANN (nicht zwangsläufig) man sich total versauen, wenn man sich kurzfristig zuvor nochmal eine gute Aufnahme davon anhört und diesen Impfschaden mit in den Konzertsaal nimmt. Also Bruckners Zweite (kenne ich mehr schlecht als recht) würde ich vor einem Konzert mit ihr bewusst nicht nochmal hören. Bei Standardrepertoire, das man eh auswendig kennt, wie Beethovens Siebte, is eh wurscht. Die ist zwar so effektvoll, dass sie nur schwer ganz kaputt zu kriegen ist (eventuell schafft das Pletnjow/Pletnev), aber wenn einem dann was missfällt, ist halt auch kein Kraut dagegen gewachsen.

    Er hat Jehova gesagt!

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  • Dazu muß man sich allerdings ers fraternisieren oder verfeinden - anders ausgedrückt, man muß die Sprach dieses Rezensenten lernen - egal ob der Profi oder Amateur i


    Ganz so würde ich es nicht sehen, man muss ja auch gucken, für wen schreibe ich die Kritik. Ich z. B. stehe ja noch am Anfang meiner Laufbahn als Klassikhörer. Und habe natürlich nicht 20 Aufnahmen von Nordgrens Cellokonzert :hahahaha: . Vergleichshören ist ja schön und gut und macht natürlich auch immer mal wieder Spaß. Aber mir nützt es natürlich nicht viel, wenn z.B. die Aufnahme von Furtwängler als Vergleich heran gezogen wird. Dann kann ich nur hoffen, dass ich genau diese Aufnahme bei YouTube finde und muss dann selber noch mal vergleichend hören, um nachvollziehen zu können was der Kritiker überhaupt gemeint hat. Also eigentlich müsste ich die gleiche Arbeit die der Kritiker reingesteckt hat, auch selbst noch einmal reinstecken, oder verstehe ich das falsch?


    Für einen Anfänger wie mich, ist das nicht immer leicht. Aber selbst wenn ich nicht weiß, was Alfred gerne hört, weiß ich, da ist jemand der so gerne Klassik hört, dass er sich in einem Forum angemeldet hat. ;) und der ist ganz begeistert, weil ihn die CDirgendwie berührt hat. Das sagt mir genauso viel :untertauch:


    Vielleicht kann man die Unterschiede auch einfach an der Zahl der CDs festmachen. Wer 200 hat, nimmt eher die einfache Variante, wer 2000 CDs hat, nimmt die schwierigere und deutlich aufwendigere Variante

  • Und was für mich erschwerend hinzukommt, manchmal höre ich echt nur minimale Unterschiede und könnte nicht sagen dass eine besser oderschlechter. Z.B. Höre ich gerade Hindemith Violinenkonzert einmal mit Modori und einmal mit Zimmermann und sie sind beide hervorragend. Vergleichshörend finde ich nur wenige Unterschiede und die, die ich finde klingen eher nach Eindrücken und Emotionen und eher so, als hätte ich keinen Vergleich. :huh:

  • Und was für mich erschwerend hinzukommt, manchmal höre ich echt nur minimale Unterschiede und könnte nicht sagen dass eine besser oderschlechter


    Das ist doch eigentlich wunderbar - ein Idelafall sozusagen.
    So begann es bei mir auch - oder zumindest ähnlich.
    Da ich in meiner Jugend aus finanziellen und anderen Erwägungen* nur in Ausnahmefällen komplette Zyklen kaufte, war es unvermeidbar, da ich Werke doppel bekam, weil beispielsweise auf der B Seite der 8. Beethoven unter Bruno Walter die 7. war, aber die 8 gleichzeitig auf der B-Seite der 1. unter einem anderen Dirigenten war. Das ärgerte mich zu Beginn - denn ich besaß ja das Werk schon - und ich wollte keine Doubletten. Irgenwann bin ich dann draufgekommen, daß da etwas sners klingt. Ein anderer Orchesterklang, eine andere Aufnahmetechnik ein anderes Tempo, eine andere Dynamik. Und da bin ich dann neugierig geworden und wollte Vergleiche hören. Allerdings - das ist richtig - klingen oft etliche Aufnahmen einander ähnlich - allerdings nur anfangs.


    In meiner Jugend habe ich überhaupt keine Kritiken gelesen und auch gut Glück oder gekauft, auch nach großen Namen.
    Und eigentlich sind keine größeren Unfälle passiert. Oft habe ich Kritiken Monate nach dem Kauf gelesen und mich daran erfreut, zu lesen , welch schlechten Geschmack ich eigentlich habe.....


    Die Frage ob Du die Arbeit des Kritikers "wiederholen" oder "parallell" machn mußt möchte ich verneinen. Aber bei mir hat das ungefähr so funktioniert:
    Deutsch Kritiker haben einen anderen Geschmack als englische oder österreichische.
    Und wenn eine Aufnahem in folgender Weise überschwänglich gelobt wurde:


    "Die Neuaufnahme von Beethovens 5. unter Matthias Birnstingl ist ein Meilenstein in der Geschichte der Tonträger: Schonungslos befreit er das Werk von Staub der Jahrhunderte, man meint eine andere Komposition zu hören, die schon auf Schönberg und Webern vorausweist . Rhytmisch genau und unbarmherzig legt er Brüche in der Partitur frei und arbeitet sie schonunglos herausm weit enfernt von dekadentem Schönklang und spießbürgerlicher Behaglichkeit. Ein Beethoven unserer Zeit ! Ein Beethoven, der Schmerzen verursacht . 5 Sterne !!!"


    dann wusste ich, daß das nichts für mich ist. Mit der Zeit bin ich dann dazu übergegangen, Aufnahmen die dieser Kritiker mit Sternen auszeichnete zu meiden - ohne mir die Mühe zu machen -die Kritik überhaupt noch zu lesen....


    Umgekehrt gab es Kritiker, deren Verrisse stets eine Empfehlung für mich bedeuteten....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Auch ich möchte noch einen "Nachtrag" schreiben,
    Und der befasst sich mit den "jüngeren" Kritikern.
    Sie haben teilweise die "großen Alten" . wenn überhaupt . nun via Tonträger kennengelernt und unterliegen somit auch nicht wirklich deren Faszination, sie kennen hingegen mehr GEGENWÄRTIGE Interpreten, was im einzelnen zu einem völlig anderen Urteil führen kann. Ursprünglich war ich der Auffassung, daß diesen Leuten ein gewissees Grundwissen fehlt, und daß ihre Rezensionen somit keinen Aussagewert haben, Das ist aber eine einseitige und - aus meiner heutigen Sicht - auch FALSCHE Annahme. Denn der heutige Kritiker schreibt sien Rezensionen für rin HEUTIGES Pblikum, nicht für jenes aus der Vergangenheit, Und der Geschmack hat sich in vielerlei Hinsicht gewandelt. Der oft als "konservativ" bezeichnete Kritiker Joachim Kaiser, war eigentlich nicht konservativ. Als er die erste Auflage seines berühmten Buches über die Pianisten "der Gegenwart" herausgab, da wollte er durchaus aktuell sein - und er war es auch. Erst als sein Buch zu "Bibel der Klavierrezension" hochstilisiert wurde, kam es zu Erstarrung. Er wusste das, aber er konnte es nicht verhindern, Er schrieb ganz richtig, daß einige Namen im Laufe der Zeit bereits der Vergangenheit angörten, er aber nicht das Herz hatte sie in den neueren Auflagen zu entfernen, was aber eiderunm andere Problem mit sich brachte. Bereit zei Jahrzehnte vor seinem Tod, im Vorwort zur Auflage von1996 schrieb er bereits, seine "Leidenschaft, jungen Pianisten auf die Finger zu sehen, Interpreten zu wägen und zu vergleichen, das Klavier für den Mittelpunkt der Welt oder wenigstens der Musikwelt zu halten, sei nicht mehr so feurig, monoman und ausschließlich wie früher" Wenige haben solch eine Härte und Selbsterkenntnis. Aber man kann dem was sein soll nicht entrinnen. Der von Kaiser zu seinem Nachfolger bestimmte Kritiker Klaus Bennert verstarb bereits 1999. und Kaiser resignierte.
    Meiner Meinung nach völlig richtig, denn sein Nachfolger hätte keinen leichten Stand gehabt.
    Kaiser selbst schrieb, es sei völlig natürlich dass Bennert in einigen Fällen andere Sichtweisen habe und Korrekturen vornäme, ob das die Leser auch so gesehen hätten wage ich zu bezweifeln.
    Bennert schrieb nur ein Kapitel zur Auflage von 1996. wo er sich mit neueren Strömungen befasste. Ich konnte mich indes des Gefühls nicht erwehren, daß er irgendwie befangen war und das berühmte Vorbild eine Belastung für ihn darstellte.
    Kaisers Buch wir immer eine Art Bibel bleiben, Ich würde es umbenennen in: "Große Pianisten der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts"
    Klingt sperrig- ich weiß - trifft es aber ausgezeichnet.
    Ich fand den Neubeginn durch Jürgen Ottens Buch "Die großen Pianisten der Gegenwart" 2009 als den richtigen Weg, aber soweit ich mich erinnere, wurde der Autor sofort "mit Dreck beworfen" und so hat offensichtlich auch er - oder aber (wahrscheinkicher !!) sein Verlag - viel zu früh resigniert.
    ERfolge kommen nicht über Nacht, man muß sie sich erarbeiten (hier meine ich den Verlag, nicht den Autor)
    Das ist aber heute nicht erwünscht, man will SCHNELL das große Geld machen. Und weil das meist nicht funktioniert werden viele aussichtsreiche Projekte zu früh gestoppt.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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