Norrington versus Norrington

  • Ich habe schon beim CELI vs CELI gesehen, und dereinst auch bei LENNIE vs Lennie, daß solche threads nicht gerad Renner sind.
    Ist ja auch klar, nur wenige verfügen über die zur Debatte stehenden Aufnahmen gleichzeitig. Dennoch - versuchen wirs halt - notfalls wirds ein Thread für die Zukunft.


    Es geht hier umn die Frage, welche der Norrington-Einspielungen Euch mehr beeindruckt haben (wenn überhaupt), jene die er mit "The London Classical Players" für EMI gemacht hat (später bei Virgin midprice wiederveröffentlicht) oder jene für hänssler mit dem RSO Stuttgart ?


    Ich erinnere mich gut als in einem englischsprachigen Klassikforum ein Vertreter der Fa Hänssler anfragte, ob ein Interesse an Mitschnitten der Konzerte mit dem RSO Stuttgart unter Norrington bestünde, ein klares NO als Anzwort kam. Glücklicherweise ließ sich Hännssler nicht beirren - und veröffentlichte die Aufnahmen trotzdem. Sicher eine richtige Entscheidung. Zumindest am deutschen Markt geniessen einige der Einspielungen schon beinahe Kultstatus...


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo,


    ich habe keine Vergleiche im CD-Schrank, besitze jedoch die Beethoven-Sinfonien-Gesamt-Einspielung (1987-1989) mit den London Classical Players, die ich durchaus schätze. Besonders die Siebente Sinfonie daraus. Manch andere Sinfonie wirkt aber doch ziemlich gehetzt, obwohl der Klang sehr anziehend ist.


    Daneben kenne ich aus dem Radio einige seiner neuesten Präsentationen der Sinfonien Haydns und Mozarts. Der Mozart hat mir wirklich sehr gut gefallen. Beim Haydn (es müßte die Übertragung des Livekonzerts aus Schwetzingen vom 09. Mai 2009 mit dem Radio-SO Stuttgart des SWR und der Sinfonie 104 gewesen sein) mißfiel mir das Tempo des ersten Satzes total (die übrigen Satztempi hingegen waren hervorragend). Ich überlege ernsthaft, mir einige der Mozart-Sinfonien zuzulegen.


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Norrington ist bei mir relativ gut vertreten, hauptsächlich aber nur mit den London Classical Players:


    die letzten 4 Mozart-Sinfonien, wovon mir die 39 besonders in Erinnerung ist, nimmt Norrington die langsame Einleitung derselbigen so großartig (Pauken!), dass man sich fragt, ob es so noch überhaupt in der Partitur steht.


    das Requiem in der Vervollständigung von Duncan Druce, wpbei dieselbige das Interessanteste der ganzen Aufnahme ist.


    die 5 Klavierkonzerte von Beethoven, denen es in seiner Interprtation doch etwas an Größe ermangelt.


    die 9 Sinfonien, deren Interpretation man diesen Vorwurf nicht machen kann. Ich schätze bei dieser Gesamteinspielung vor allem die Sinfonien 2, 8 und 9, wobei letztere sehr extravagant interpretiert ist, sehr rauh und archaisch, ja schon fast hyperrealistisch.


    die Schubert-Sinfonien, von denen ich die Aufnahme der 9. mit zum besten zähle, was ich kenne. Sonnig, hell, klar, zügig. Einfach C-Dur.


    Berlioz Fantastique, die interpretatorisch in der gleichen Liga spielt, wie Gardiners Aufnahme, wobei meiner Meinung nach Norrington der Szene auf dem Land mehr Innenspannung beschert.


    Bruckners 3te, die für mich den Charme von Diät- bzw. Reformkost hat. Es mag alles stimmen, es mag alles richtig sein, trotzdem ist sie mir zu dünn.


    die vier Brahms-Sinfonien, von denen besonders 1 und 2 mit zum Besten gehören, was ich von Brahms kenne. Diesbezüglich würde mich mal ein Vergleich zwischen den Gardiner-Aufnahmen und diesem Zyklus interessieren.


    Von den Stuttgartern unter seiner Leitung habe ich nur Mahler 1, welche mich nicht besonders beeindruckt hat. Das Interessanteste an dieser Aufnahme ist für mich, dass sie mit dem Bluminen-Satz eingespielt ist. Sie ist nicht schlecht, hält durchaus hohes Niveau, aber von Mahler gibt es halt deutlich besseres.


    Und dann ist mir noch die ein oder andere Beethoven-Aufnahme mit diesem Orchester bekannt, ohne dass ich sie mir jetzt gekauft habe.


    Auffällig an Norrington ist meiner Meinung nach, dass er im Laufe der Jahre zu einem "absoluten" Interpretationsstil gekommen ist, den er ohne Rücksicht auf Verluste jedwedem Werk, das er einspielt, überstülpt. Wenn man Karajan vorgeworfen hat, er spiele Mozart wie Bruckner, dann kann man zu Norrington sagen, er spielt Bruckner wie frühen Haydn, denn zu Mozart fehlt ihm der Charme.
    Bei seinen älteren Aufnahmen mit den London Classical Players war das noch nicht so extrem, da merkt man noch das Suchen, das Experementieren.
    In seinen neueren Aufnahmen aus Stuttgart bringt er nichts, was in den alten nicht auch schon dringewesen wäre, ja er geht sogar den ein oder anderen Schritt zurück, oktroyiert aber diese neue Auffassung jetzt jedem Werk auf, gleich von welchen Komponisten oder welcher Epoche es entstammt.


    Viele Grüße
    John Doe