Idomeneo aus Aix-en-Provence

  • War das die kürzeste Rezension aller Tage?


    :D

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Liebe Ulli,


    ich war schon beim Anschauen des Geschehens auf der Bühne während der Ouvertüre "bedient". Danach habe ich gleich meinen Recorder gestoppt und das Programm gewechselt.


    Daher kann ich auch keine genaue Rezension abliefern.



    Herzliche Grüße
    von LT :hello:

  • Nach Krankheit und anderem Streß fand ich heute die Muße, wieder einmal nach längerer Zeit auf die Tamino-Seiten zu gehen. Anlaß war der gestern auf arte präsentierte Idomeneo aus Aix-en-Provence, allerdings habe ich mich ziemlich verspätet reingeschaltet.

    Als ich heute auf Tamino ging, war ich doch ziemlich baff. Da gab es natürlich den Hinweis von Harald auf die Sendung und einen Nichtkommentar bzw. einen Bühnenbildverriß von Liebestraum und einen Kurzkommentar zum Kommentar von Ulli – das war’s. Also ich hatte eingedenk anderer Sendungen die lebhafteste Debatte erwartet. Woran könnte es liegen? Am Idomeneo, der für viele, so auch bei mir, nicht zu den Lieblingsopern Mozarts gehört? An den Sommerferien? Oder schaut die Mozartfraktion bei Tamino nicht fern? Oder fehlte der Bezug zu favorisierten Lieblingssängern? Oder haben alle gleich abgeschaltet, wie Liebestraum?


    Das Bühnenbild bestand in einer Art Metallstadt, die ständig in Bewegung war. Muß ein gigantischer logistischer Aufwand gewesen sein. Dabei trug dieses Monster eher dazu dabei, vor allem aus Sicht der Zuschauer, das Spiel der Akteure in den Hintergrund zu drängen, bzw. zu blockieren. Im Mittelpunkt stand der Tanz Architekturelemente auf Kosten der Bewegung und Bewegtheit der handelnden Personen. Zwar bewegten sich die Akteure auch auf dem halsbrecherische Gerüst, aber in wesentlichen wurde von der Rampe gesungen. - Dafür, daß das diesjährige Festival unter anspruchsvollen Titel „Mythos“ stand, fiel Olivier Py weder zu einer Vertiefung oder auch Dekonstruktion desselben recht wenig ein.


    Das Sängerensemble war gewiß kein Ausfall, setzte aber auch keine Glanzlichter. Richard Croft, der auch in der gelobten Jacobsaufnahm den Idomeneo singt, gab dem König allein stimmlich wenig Autorität und erging sich in völliger Nichtbeachtung der dramatischen Elemente in unangebrachten Lyrismen. Leider war auch der Idamante mit Yann Beuron mit einer beweglichen, aber leichten Stimme ausgestattet, so daß schon von der Anlage der Stimmen die Beziehung Idomeneos zu seinem Sohn Idamante dramaturgisch unter den im Stück angelegten Möglichkeiten blieb. Sophie Karthäuser als Ilia sang durchaus anrührend die sanfte Trojanerprinzessin, man darf halt nicht gleich an die Jurinac denken. Ein an sich nicht störendes kleines Vibrato, störte dann aber letztendlich doch durch Dauereinsatz. Mireille Delunsch ist wohl ein wenig Opfer meiner Übererwartung. Die Rolle der Elettra sprengt den Ablauf der Oper, der auch ohne sie funktionieren würde. Ist doch das Stück wesentlich auf das Verhältnis Gottheit, Volk und Individuum angelegt, die sich am Ende durch die Bereitschaft der Hauptakteure, sich aus Liebe selbst zu opfern, versöhnen. Mozart hat wohl der Schematische an diesem auf ein, wenn auch immer wieder bedrohtes, glückliches Ende zulaufende Stück durchbrechen wollen und schuf mit der Elettra die musikalisch dichteste Partie. Der Widerstand der in ihrer Liebe abgewiesenen Elettra gegen Götter und Welt sprengt die Idylle und ihr Schlußauftritt hat das Zeug zu einer veritablen Wahnsinnsarie. Mireille Delunsch meisterte diese Rolle durchaus, aber sozusagen in einem kleineren Rahmen als beispielweise Julia Varady bei Böhm.


    Der Rundfunkchor Berlin blieb dieser Choroper Mozarts nichts schuldig. Bei Marc Minkowski und den Musiciens du Louvre registrierte ich dankbar, daß die beliebte Haudraufrhetorik von vielen Originalklangkörpern unterblieb und Platz für Melos fand. Zumindest in meiner Fernsehübertragung war der Orchesterklang zu sehr im Vordergrund, vielleicht sind aber tatsächlich die Stimmen der Protagonisten zu klein.


    arimantas


    :hello: