Was habt Ihr nur alle gegen Richard Strauss?

  • Das würde mich echt mal interessieren. ich lese so oft hier im forum: "Der kommt mir nicht ins Haus!", "Grauslich!", "Streiche ich aus meinem Repertoire!"


    Hallo? Habe ich irgendwas verpasst? Höre ich nicht richtig hin? Mir gefällt vieles von Strauss ausgesprochen gut. :pfeif: Der Rosenkavalier zählt zu meinen Lieblingsopern, die Salome und Elektra haben mir Klangwelten beschert und eröffnet, die ich vorher so nicht kannte.


    Was zum Kuckuck also stimmt Eurer Meinung nach nicht mit Strauss? Warum stößt er heutzutage auf so viel Ablehnung?

  • Also ich habe nichts gegen Richard Strauss – ganz im Gegenteil.


    Das Ende aus "Salome" etwa ist großartig. :jubel:


    Muß unbedingt mal die weiteren Opern genauer kennenlernen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Hallo,guten abend,
    Richard Strauss hat schon immer polarisiert - den einen war er zu progressiv (Salome,Elektra),den anderen zu konservativ (Rosenkavalier,Arabella).In den Opernhäusern steht er immer etwas im Schatten des anderen großen Richard ("Wenn schon Richard , dann Wagner - wenn schon Strauss,dann Johann").Mag sein , daß dieses "Übervater"-Bild Wagners Strauss selbst schon gespürt hat (etwa wie die Konstellation Beethoven zu Schubert oder Brahms).
    Man merkt schon irgenwie bei der Auswahl seiner Opernthemen , wie sehr ihn das große Vorbild Wagner beeinflußt. Versucht er anfangs in die Wagnersche nordisch-germanische Themenwelt einzudringen und sie gewissermaßen zu kopieren (z.B. in "Guntram" , so eine Art Tannhäuser für Arme), so fühlt er sich später von der klassisch-hellenistischen Antike (Elektra,Salome,Daphne,Ägyptische Helena) angezogen , um dort seine eigene Welt zu finden.
    Manchmal stößt einem die wohlgefällige Selbsteinschätzung, die Strauß an den Tag legt, etwas unangenehm auf - es gibt wohl kaum einen anderen Komponisten , der derart vordergründig (teilweise auch penetrant) eigene Themen immer wieder zitiert (z.B. Heldenleben) und sie quasi autobiographisch verarbeitet ("Intermezzo")
    Sehr schillernd ist sein Verhältnis zum NS-Regime - er war ja (mehr noch als Werner Egk) einer der erfolgreichsten und angesehendsten Komponisten dieser Epoche (Komposition der Olympia-Fanfaren für Garmisch-Partenkirchen).Er hat , wie manch anderer Künstler, sich dem Regime angedient und gut daran verdient .
    Andererseits glaubt man in einem einer letzten Stücke (Metamorphosen für 23 Solo-Streicher) echte Betroffenheit über die zerstörerischen Auswüchse dieser unseligen Epoche zu spüren.
    Ein ganz anderer Strauss ist auch in der Tondichtung "Don Quixote" - meinem persönlichen Lieblingsstück - zu erleben. Wie berührend menschlich er hier die Todesseufzer des sterbenden Don Quixote im Solo-Cello darstellt,ist eine einzigartige Leistung,aufgrund derer Richard Strauss es schon wert ist,unsterblich geworden zu sein.
    Viele Grüße
    Santoliquido

    M.B.

  • Ich kann das nur sehr subjektiv beschreiben, wie seine Musik auf mich wirkt. Gegen Strauss als Mensch habe ich persönlich nichts, aber er hätte lieber einen anderen Beruf ergreifen sollen.
    Seine Musik empfinde ich als abscheulich.


    Ich empfinde seine Opern als übelsten Kitsch.
    Dazu gehört auch in manchen Fällen die genauso miese Poesie von Hofmannsthal - ich kann diesen geschraubten Mist nicht ertragen.
    Da bekomme ich Gänsehaut an den Fußsohlen.


    Ich mag diesen Klangschwulst seiner Kompositionen nicht, es gibt nicht ein Werk das auch nur ansatzweise nicht nach 30 Sekunden Unbehagen und Langeweile auslöst.
    Gedudel ohne Sinn und Ziel - ein zäher Klangbrei der sich schleimig in die Ohrmuschel ergießt.
    Es gibt nichts was hängen bleibt, als höre man sich 3 Stunden ein Rezitativ mit Symphonieorchesterbegleitung an - einfach furchtbar.
    Und wenn es dann mal "Arien" gibt, dann sind die so kitschig und süßlich, das es mir fast schlecht wird.


    Pathos, Kitsch und Aufgeblasenheit, das sind die Wörter die mir zu seiner Musik einfallen.



    Für mich ist Strauss der Anti Komponist.
    (neben den ganzen Operetten - Machern - da ergeht es mir ähnlich und ich meide diesen Kram wie der Teufel das Weihwasser)



    Ich habe mehrere Versuche unternommen mich dieser Musik zu nähern, ohne jeglichen Erfolg, ich kann die Faszination kein Stück nachvollziehen.
    Das ist Lichtjahre von meinem ästhetischen Empfinden entfernt - da s spricht mich weder emotional noch intelektuell an.
    Ich könnte mich mit diesem Kram nichtmal mehr zu Bildungszwecken beschäftigen, da ist mir meine Zeit zu schade.


    Das ist natürlich alles völlig subjektiv, Strauss ist einfach mit meinem persönlichen Musikgeschmack nicht kompatibel.
    Ich hatte einige CD's in meinem Besitz, aber das ist mittlerweile alles entsorgt.

  • Um es kurz zu machen:


    Auf mich wirkt die Musik von Strauss ganz anders als auf den Lullist.


    Deshalb habe ich auch genau die entgegengesetzte Meinung,


    und die Musiker die ich kenne, lieben die Werke von


    Richard Strauss.


    (Ich liebe allerdings nicht alle seine Opern)


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Wie immer teilen sich die Ansichten und sind immer ein subjektives Meinungsbild.
    Ich kann mir zu Richard Strauss kein großes Bild machen, deshalb verzichte ich auf ein Gut oder schlecht.
    Mir blieb nur ausdrücklich in Erinnerung, das Fritz Wunderlich seinerzeit die Rolle des Morosus aus "Die Schweigsame Frau" , perfekt meisterte und glänzende Kritiken erhielt.
    Wenn es viele Befürworter von Richard Strauss gibt, so hat er seine Berechtigung gefunden.


    Herzlichst
    Orpheus 2

  • Nun gut Leute, da muss ich doch endlich wieder einmal was schreiben.


    Ich gehör nämlich zu den ganz "Perversen" - mir gefallen nicht nur die "schönen", die romantischen und schwelgerischen Passagen, wo es einem monentan egal ist, ob man jetzt gleich von der Galerie runterfällt oder nicht - also lt. Lullist der geschraubte, üble Kitsch.


    Nein! Ich liebe auch die "spröden" Teile der Opern, wo es zum Schrecken der meisten keine richtige Melodie gibt. So wie etwa das Vorspiel der Ariadne oder halt große Teile der Elektra natürlich, auch Capriccio und Intermezzo.


    Wobei Ariadne dank des subtilen und kreativen Librettos überhaupt eine meiner Lieblingsopern ist. Und Elektra! Der letzte Teil, ab Auftritt Orest - das ist doch die heißeste Musik, die je geschrieben wurde! Da kann man - bei entsprechender Interpretation und wenn es richtig knistert im Saal - gar nicht oder nur schwer sitzen bleiben - am Stehplatz ist das leichter auszuhalten. 8)


    Warum das alles? Keine Ahnung.


    Auf Pathos und so bin ich nicht aus. Mag z.B. Mahler ziemlich wenig und bin auf der anderen Seite ein riesiger Bach-Fan - eben wegen der "Klarheit".


    So ist eben die Zuneigung zu Musik eben so unerklärlich wie auch sonst die Liebe :D


    Drum wünsch ich euch allen weiterhin viel Freude mit EUREN Lieblingskomponisten. Und bitte nicht ausfällig herziehen über das, was einem grad nicht gefällt - da gäb es auch bei mir genug davon...

  • Zitat

    Original von Knusperhexe
    Mir gefällt vieles von Strauss ausgesprochen gut.


    Na klar, mir auch. Don Juan oder Heldenleben waren durchaus Lieblingsstücke von mir - habe ich zwar länger nicht mehr gehört, aber beim wieder Anhören werden sie sicher wieder einfahren. Ariadne auf Naxos habe ich auch sehr gern und Salome und Elektra werde ich früher oder später als Kernrepertoire meiner CD-Sammlung einverleiben müssen.
    :hello:

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister
    [...] Salome und Elektra werde ich früher oder später als Kernrepertoire meiner CD-Sammlung einverleiben müssen.


    Dem muß ich beipflichten.


    Bei der "Salome" habe ich die hochgelobte Keilberth-Aufnahme von 1948 mit Christel Goltz im Visier, bei "Elektra" noch nicht näher recherchiert.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Kann mich Brangäne nur vollinhaltlich anschließen, wobei ich vielleicht einen weiteren Apsekt in die Debatte einbringen möchte. Für mich als Wiener hat Richard Strauss einfach das Flair meiner Stadt perfekt umgesetzt....sei es im Rosenkavalier (na klar), aber auch in Salome (auch für mich sehr wienerischer Jugendstil)....Strauss zu hören bedeutend einfach - von meiner Herkunft her- beglückende Musik, ähnlich wie beim Neujahrskonzert, das ich am 1. Jänner immer höre (egal in welchem Winkel der Welt ich gerade bin)

  • Bei Strauß geht es mir ähnlich, aber nicht ganz so schlimm wie dem Lullisten. Mir ist seine Musik zu aufgebläht, zu schwülstig, zu plüschig oder um es kurz zu sagen, zu "bourgeois" im negativsten Sinne des Wortes, ich probiere es aber immer wieder einmal, mich darauf einzulassen, meist, wenn ich meine, ich hätte mich an etwas "gestrengeren" Komponisten abgehört.
    Das einzige Werk, dass mich dabei nicht so abstößt, ist die Alpensinfonie in folgender Interpretation und zwar nur dieser:



    Ganz ohne Schmalzer, Seufzer und Schluchzer sehr trocken, sachlich und transparent - also eigentlich Strauß-untypisch - gespielt


    Viele Grüße
    John Doe

  • Bei den Opern von Richard Strauss bin ich manchmal mit mir selbst nicht eins - manche mag ich sehr, andere finde ich zum Davonlaufen und könnte mich wirklich gar nichts dazu bringen, mir davon eine CD zu kaufen - Ansehen und Anhören, live in der Oper, geht natürlich immer, sonst kann man sich ja auch kaum ein Urteil erlauben.


    Den Rosenkavalier liebe ich wegen seiner Melodienfülle, Ariadne hat wunderbare Momente (gibt es etwas Zauberischeres als "Es gibt ein Reich", gesungen von Maria Cebotari?), Salome muß einfach sein (findet sogar mein musikalisch stockkonservativer Mann, den ich mit Bangen mal zu einer Salome mit Camilla Nylund in die STOP schleppte und der meinte, das müsse er nun nicht jeden Tag haben, aber er finde es sehr ertragbar und interessant...) und Elektra ist einfach so radikal, daß man dieses Werk mit nichts anderem vergleichen kann, ein Solitär eben.


    Die anderen, insbesondere Daphne, Frau ohne Schatten und Schweigsame Frau mag ich gar nicht, weil ich wenig Melodie und Struktur höre; das kann natürlich auch mein Fehler sein; sicher ist es Geschmackssache.


    Als Sänger kann man aber, glaube ich, nicht anders, als Strauss' Lieder zu lieben. Melodiös und rhythmisch manchmal vertrackt, immer eine Herausforderung an Verständnis und Gestaltungsvermögen des Künstlers, aber man merkt bei jedem Takt, daß Strauss mit einer Sängerin verheiratet war und mehr von Atemtechnik und Phrasierungserfordernissen verstand als so mancher Gesangslehrer. Das allein macht ihn mir wert.


    Grüße!


    Honoria

    "...and suddenly everybody burst out singing"
    Busman's Honeymoon

  • Zitat

    Original von Orpheus 2. . . Mir blieb nur ausdrücklich in Erinnerung, das Fritz Wunderlich seinerzeit die Rolle des Morosus aus "Die Schweigsame Frau" , perfekt meisterte und glänzende Kritiken erhielt.
    . . .
    Herzlichst
    Orpheus 2


    Mich dünkt, dass Morosus eine Basspartie ist.
    Aber nichts desto Trotz - Nun kann man eine Menge über Strauss sagen, zum Menschen Strauss kann ich auch jede Menge zusammentragen, was ich zweifelhaft finde, aber im Wesentlichen mag ich seine Musik. Gerade Salome und Elektra, aber je älter ich werde, auch den Rosenkavalier. Die angesprochene "Schweigsame Frau" finde ich äußerst erfrischend und einen gelungenen Versuch spielerisch alte Komödienstoffe neu zu interpretieren und in die Neuzeit zu transformieren.
    Es mag sein, dass ich keinen intellektuellen sondern einen rauschhaften Zugang zur Musik habe und dass Strauss mir in dieser Hinsicht entgegenkommt.

    mit freundlichen Grüßen
    Martina
    Auf dem Rohre taugt die wonnige Weise mir nicht!

  • Nun ja...ich bin kein R. Strauss-Fan und es gibt nur eine subjektiv-emotionale Begründung dafür...er geht mir auf die Nerven! Es ist mir bewusst, dass ich mich damit selbst ein wenig "ins Abseits" stelle, denn musikalisch kann ich es nicht begründen. Vieles erscheint mir einfach langweilig und oft auch etwas "langwierig"...er kommt einfach nicht auf den Punkt. Gerade mit seinen Opern geht es mir so...ich höre zu und bin spätestens nach den ersten Minuten nicht mehr übermäßig interessiert. Natürlich gibt es wunderbare klangliche Momente, aber sie erscheinen mir wie Inseln in einem Meer der Langeweile...was ja zum Hofmannsthal'schen Wien wunderbar passt. Es gibt kein Werk, das ich besonders herausstellen möchte...mir ist halt schnell fad bei ihm!


    LG


    Fides :no:

    La vita è bella!

  • Zitat

    Original von Martina-Sophie
    Mich dünkt, dass Morosus eine Basspartie ist.


    Und mich dünkt, daß es derer 2 gibt, den Alten (Sir) und den Jungen (Henry). Der eine ist Bass und der andere...Tenor. :yes:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Lieber Knuspi,
    wir haben nichts gegen R.Strauss. Das wäre genau so, als wenn man
    fragen würde: Was habt ihr gegen Bach, Mozart oder Beethoven?
    Alle großen Dirigenten hatten und haben auch nichts gegen Strauss.
    Ich will hier nur einige nennen, die Strauss sehr geschätzt haben:
    A.Toscanini, W.Furtwängler, W.Mengelberg, F.Busch, O.Klemperer,
    E.Kleiber, C.Kleiber, G.Solti D. Mitropolous, G.Szell, S. Rattle,
    Ch.Thielemann und natürlich Karajan. Wir befinden uns also mit
    unserer Liebe zur Musik von R.Strauss in bester Gesellschaft.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Danke, lieber Herbert, für diesen Beitrag!
    Volle Zustimmung.

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    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Lieber Herbert,


    leider hast du die drei bedeutendsten stereophonen Nachkriegs-Strauss-Dirigenten vergessen:


    Fritz Reiner
    Karl Böhm
    Rudolf Kempe




    Herzliche Grüße
    von LT :hello:

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Lieber Liebestraum,
    Du hast vollkommen recht, aber wahrscheinlich lieben fast alle
    Dirigenten Strauss, weil sie seine Musik verstehen, weil er selber ein großer Dirigent war und weil
    er großartig instrumentiert hat; aber die drei ausgesprochenen Strauss-Dirigenten: Reiner, Böhm und Kempe, hätte ich wirklich nicht vergessen dürfen.Clemens Krauss, den Freund von Strauss habe ich auch vergessen. :no:


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Ich glaube, auch J. Keilberth war ein großer Strauss-Dirigent. Seine "Salome" [1948] gilt manchem noch heute als Referenzaufnahme.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich möcht das unterstreichen, was über Richard Strauß schon zu Beginn des Threads geschrieben wurde: Ein Komponist einer Zwischenepoche, von den einen als "zu modern" abgelehnt, von den andern als "zu konservativ" empfunden.


    Zudem IMO sehr interpretationsabhängig:
    Persönlich bin ich klein Richard Strauß Verehrer - aber "Zarathustra" unter Kempe (dafür lass ich sogar Böhm und Karajan stehen) ist schon eine Klasse für sich - während das Werk von anderen Dirigenten interpetiert eher einen faden Eindruck auf mich macht.


    Jedoch: Alles ist im Fluss - ich mag heute R.Strauß wesentlich lieber als noch vor 10 Jahren.....


    Ihm selbst wird das alles egal gewesen sein - er war zu Lebzeiten ziemlich erfolgreich.


    Es gibt übrigens einen weiteren R.Strauß Thread:


    Was mich an Richard Strauss fasziniert ....



    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Also, ich habe nichts gegen ihn. Seine Orchesterwerke finde ich toll, seine Kammermusik okay.
    Bei seinen Opern ist die schon mehrfach angesprochene Epochenbruchproblemtik ein wenig schwierig. Und die Länge mancher Opern, die es mir leider schwer machen, sie entspannt zu Hause zu hören. Gilt aber auch für Wagner und andere.
    Die Themen der Opern und die Libretti sind überdurchschnittlich bis brilliant. Die Atonalität mancher Werke strengt halt mehr an als Puccini oder Verdi. Aber da kann man auch über den Ring oder Tristan oder Parsifal herziehen. Das ist eine Stilentwicklung, mit der man sich auseinandersetzen muss und die sich auf der Bühne (wofür die Werke ja eigentlich gedacht waren) gut macht. Elektra neulich in der Bay Staatsoper war großartig, aber natürlich auch anstrengend. Das finde ich nicht schlimm, weil man ja auch aus dem Kino kommen kann und völlig fertig sein kann, weil der Film so spannend war.


    Aus meiner Sicht ist die politische Ambivalenz bei Strauss ein gewisser Faktor bei der Bewertung. Und dass seine Opern eben etwas mehr abfordern, besonders im Vergleich mit den wunderschönen Melodien der Orchesterwerke.

  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Ich möcht das unterstreichen, was über Richard Strauß schon zu Beginn des Threads geschrieben wurde: Ein Komponist einer Zwischenepoche, von den einen als "zu modern" abgelehnt, von den andern als "zu konservativ" empfunden.


    Das glaube ich nicht, die Zeit ist mE vorbei.
    Natürlich gibt es welche, die sagen, dass ihnen Strauss zu modern sei.
    Das gilt dann aber auch für Wagner.


    Hat jemand behauptet, Strauss sei ihm zu konservativ?
    ?(

  • Ich liebe die Musik von Richard Strauss - und Copy hat es weiter oben schon beschrieben, dass dieser Komponist ein spezielles Händchen für das Wiener Gemüt hatte. Ich habe in den letzten 5 Jahren den Rosenkavalier insgesamt 15 x gesehen - und mir gefällt das Stück immer mehr, es gibt da Stellen wo einem das Herz übergeht (im Übrigen hatte ich ein Mal das Vergnügen in der Rolle des Sängers Johan Botha zu erleben - eine richtige Luxusbesetzung). Vorspiel des 1.Aktes, die Szene der Rosenüberreichung, Ende des zweiten Aktes und vom Schlussterzett brauchen wir ja gleich überhaupt nicht zu sprechen.


    Salome und Elektra sind ebenfalls Werke, die unter die Haut gehen, sogar Stücke wie Daphne, Capriccio, Arabella - bei entsprechender Besetzung - sehe und höre ich immer wieder gerne. Und die letzte Serie der Schweigsamen Frau an der STOP zeigte wieder auf, dass dieses Stück viel zu selten gespielt wird.


    Die Libretti seiner Opern sind auch im Vergleich zu den meisten anderen sehr, sehr hoch einzuschätzen - im Monolog der Feldmarschallin steck so viel Wahrheit...


    Seine symphonischen Werke gehören auch zu meinen Lieblingen - aber ich mag da sehr das "Schwelgerische", das zur Zeit meiner Meinung nach von keinem so wie von Christian Thielemann zum Ausdruck gebracht wird. Seine Konzerte im Musikvereinssaal im Vorjahr waren genau für meinen Geschmack :-)


    Lange Rede kurzer Sinn - ich mag Richard Strauss sehr und es gibt Tage, wo ich seine Musik sogar der des anderen Richards vorziehe :untertauch:

    Hear Me Roar!

  • Zitat

    Original von der Lullist
    Ich habe mehrere Versuche unternommen mich dieser Musik zu nähern, ohne jeglichen Erfolg, ich kann die Faszination kein Stück nachvollziehen.
    (...)
    Das ist natürlich alles völlig subjektiv, Strauss ist einfach mit meinem persönlichen Musikgeschmack nicht kompatibel.


    :yes:


    LG, Paul

  • Nun möchte ich, diesmal nur kurz, auch etwas dazu beitragen. Ich werde in nächster Zeit meine Erfahrungen mit Strauss und Aufnahmen zu seinem Werk berichten, in die natürlich meine Live-Erfahrungen einfliessen. Meine Richard Strauss-Discothek umfasst neben der von Mozart/Klassik, dem Barock und Mahler den vermutlich größten Teil.


    Ich bewundere Strauss ob seiner Melodien, seines Klangsinns und seiner Instrumentationskunst. Für mich erhebt sich das reine Klangerlebnis mindestens, oft eher darüber auf dem Niveau eines Bruckners, Mahlers o. a. Besonders am Herzen liegen mir die Opern. Ich durfte alle Opern von Richard Strauss live erleben. Die oft nachgesagte - enorme und niveauproblematische (für Arme) - Nähe zu Wagner bei Guntram, kann ich nicht wirklich nachvollziehen. Sicher ist er noch nicht bei seinem Allerbesten angekommen, doch entdecke ich Vieles bereits angelegt und wagnerunabhängig. Meine persöliche Lieblingsoper von Strauss ist seit langem ELEKTRA, das bereits beschriebene Orestfinale - für mich als ziemlich jungen Hörer vor Jahrzehnten ebenso wie Heute ein Naturereignis. Trotz vieler interessanter Aufnahmen ist bei diesem genialen Werk die Böhmaufnahme das Maß der Dinge für mich. Die Eruptionen und die aufnahmetechnische Meisterleistung neben der musikalischen begeistern mich immer wieder. Nicht zuletzt die mE unterschätzte 'Frau ohne Schatten' (Böhm, Sinopoli). Ferner überraschte mich Friedenstag.


    Die Orchestermusik finde ich exorbitant. Zu Interpretationen später mehr. Nur soviel - ich schließe mich einem meiner Vorredner in Sachen Don Quixote an, zu den Favoriten zählen desweiteren Metamorphosen, Alpensinfonie und tatsächlich Zarathustra. Hier mein Tipp: 'William Steinberg' DGG, für mich der Gipfel der Zarathustra-Interpretation, überdies aufnahmetechnisch sehr gut.


    Wenn sein Werk mancher als Kitsch, Schwulst und Schleim empfindet und auf diese Weise ausdrücken muss, es sei belassen. Ich habe lange gebraucht einen Zugang zum französischen Barock zu finden und liebe diesen mittlerweile sehr. Bruckner konnte ich lange nicht bis kaum etwas abgewinnen - erst nach Jahren eröffnete mir Horenstein und viel später dann Celi langsam den Zugang. Es gibt und gäbe viele Beispiele. Für mich stellen solche Werke - von unumstritten hervorragenden Komponisten - eine Herausforderung dar, eine Horizonterweiterung, der ich mich immer wieder besonders gerne stelle.


    Zum Menschen Richard Strauss möchte ich mich eines Urteils enthalten, das ist eine völlig andere Diskussion. Ich möchte mich nicht überheben und ebensowenig banalisieren - was mE mit zuweilen schnellen und flappsigen moralischen Urteilen geschieht.


    Mein Fazit - Richard Strauss ist für mich einer der ganz großen Helden der moderneren Musikgeschichte und immer wieder ein Anlaß Klangorgien zu genießen, neben den musikalischen Inhalten, Strukturen und Aussagen.

    BECK ohne MESSER
    "Jeder Mensch ist eine Melodie. Lieben heißt: sie innehaben." (Franz Werfel)

    Einmal editiert, zuletzt von fxp ()

  • Ich schätze Richard Strauss als Komponisten hoch ein, hab auch einige Opern von ihm in Wien gesehen, und finde, als Bayer und wohl Sohn einer Bierbaronstochter, wenn ich nicht irre, hat er Wien gut verstanden und die Dekadenz von damals, wie ich finde, sehr gut eingefangen.
    Für mein Instrument hat er wohl wenig geschrieben, (Piano), daher ist er mir von daher nicht geläufig, er wird wohl eher ein großer Kenner der menschlichen Stimme und von Orchestern gewesen sein mit seinen berühmten Opern.


    lg Michael

  • Ich schätze die Opern von Richard Strauss sehr. In jungen Jahren fand ich sie grauslich,weil mir das Verständnis dafür fehlte.
    Ich will mal dreist behaupten,daß diese Oper etwas für die reiferen Jahrgänge ist. Die Marschallin denkt in ihrem Monolog über das Altern nach und der alte Baron Ochs von Lerchenau träumt seinen zurückliegenden Erfolgen bei den Damen nach.Also nichts für junge Leute.
    Der Rosenkavalier ist eine meiner Lieblingsopern,dazu verständlich,weil in deutscher Sprache.Die Musik ist phänomenal,einerseits an alte Zeiten erinnernd - jedoch modern,eine Synthese von alt und neu.

    mfG
    Michael

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