Zurab Andjaparidze – Der sowjetische Franco Corelli


  • Hierzulande dürfte er eher ein Unbekannter sein, doch in seiner Heimat Georgien scheint er bereits eine Legende zu sein: Die Rede ist von Zurab Andjaparidze (1928–1997) (z. T. auch "Anjaparidze" oder "Andzhaparidze" geschrieben).


    Geboren am 12. April 1928 in Kutaisi, studierte er am Staatlichen Konservatorium in Tiflis. Sein dortiger Lehrer war David Andguladze, ein bekannter Stimmpädagoge und einstmals führender Tenor der Oper von Tiflis. Andjaparidze trat bald darauf in Anguladzes Fußstapfen und wurde der umjubelte Star auf der Opernbühne in Tiflis. Bereits 1959 erfolgte er Ruf nach Moskau ans Bolschoi-Theater, wo er bis zu seinem Abschied 1970 der erste Tenor des Hauses blieb. Sein Repertoire umfasste "Carmen", "Aida", "Rigoletto", "La Traviata", "Boris Godunow", "Iolanthe", "Faust", "Don Carlo", "Turandot", "Pique Dame" und vieles mehr. Seine Moskauer Gesangspartner war berühmte russische Sänger wie Irina Archipowa, Galina Wischnewskaja, Tamara Milaschkina, Pawel Lisizian and Iwan Petrow. Gastreisen führte ihn u. a. an die Mailänder Scala (1964), wo er als Wunder-Tenor gefeiert wurde. Nach seiner Rückkehr nach Georgien widmete er sich in Tiflis verstärkt der georgischen Oper, u. a. "Abesalom und Eteri", "Daisi" und "Latawra" von Paliaschwili, "Mindia" von Taktakischwili sowie "Lela" von Lagidze. Daneben war Andjaparidze auch in der Lehre tätig, so als Professor am Konservatorium von Tiflis und später als Chef des Musiktheater-Departements des Tifliser Theater-Instituts. Er starb an seinem 69. Geburtstag am 12. April 1997. Heute wird das Andenken des "sowjetischen Franco Corelli", wie ihn einst die italienische Presse bezeichnete, in seinem Heimatland Georgien hochgehalten. Im Westen blieb er aufgrund der politischen Konstellation immer ein Außenseiter und gilt noch heute als Geheimtipp.


    Was die Situation auf dem CD-Markt betrifft, so ist derzeit offenbar sehr wenig greifbar. Doch es muß viel mehr Aufnahmen geben, da bei youtube etliche online gestellt wurden (etwa hier: "http://www.youtube.com/watch?v=2AfyItY8aqM&fmt=18"). Hier eine kleine Auswahl:





    Don Carlo (1965)


    Don Carlo (1973)

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Von diesem Tenor besitze ich die Gesamtaufnahme der 'Pique Dame' einer Einspielung mit dem Bolschoe-Theater von 1962 (Melodia-Eurodis). Die vorzügliche Einspielung war lange Zeit die einzige auf dem Markt und ist jetzt nicht mehr zu haben.(Dafür gibt es aber zwei schöne andere Einspielungen der Pique Dame).


    Wenn ich so sehe, was vom Markt so nach und nach alles verschwindet, kann ich diesen Zustand nur beklagen. Es besteht aber die Hoffnung, dass
    vieles im remasterten Zustand irgendwann in einem Multipack eine Wiederauferstehung erlebt oder als Download nachgeschmissen wird.


    Welcher Niedergang der Musikkultur!


    Gruß
    :angel:
    Engelbert

  • Hallo Engelbert,


    schön, daß sich doch noch jemand zu diesem Sänger meldet.


    Ist er wirklich so vergessen oder unbekannt im Westen?


    Ich finde, er hat eine sehr markante, unverwechselbare Stimme. Kein "Brüller" wie Corelli, viel subtiler (weshalb der Vergleich mit Corelli m. E. sowieso etwas hinkt). Eigtl. hätte ich ihn bei meinem 2010er Sänger-Ranking hinzunehmen sollen.


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Hallo Joseph II


    Surab Andschaparidse gehörte auch in den 1960er und 70er Jahren hierzulande zu den völlig unbekannten Sängern. Ich habe ihn auch nicht bewusst gewählt, sondern war erfreut, dass das Bolscho-Theater sich zu Antlantow überhauot ein einzigesmal eine Alternative einfallen ließ.


    Seine Stimme hat sehr viel Schmelz und klingt auffallend angenehme. Sie klingt in etwa wie die Stimme von Surab Sotkilawa, den ich in "Abessalom und Eteri' vertreten habe. Ich nehme an, dass sein Bekanntheitsgrad im Osten dich zu dem Vergleich mit Corelli reizte.


    Viele Grüße
    :angel:
    Engelbert

  • Die "Queen of Spades" gibt es auch als Film des sowjetischen Fernsehens.
    Das japanische Label "Dreamlife" hat den Film mal auf Cassette bzw. DVD herausgebracht (leider hier in Europa schwer zu beschaffen). Das ist die Besetzung:


    Pique Dame (Tschaikowsky)
    Aufnahme: 1960, Film
    Dirigent: Evgeny Svetlanov
    Orchestra of the Bolshoi Theatre Moscow
    Chorus of the Bolshoi Theatre Moscow
    Product Code: Dreamlife DLVC 1087 (1 DVD), Dreamlife DMVB 112 (1 VC)


    Rollen und Sänger:
    Fürst Jeletzki: Evgeny Gavrilovich
    Graf Tomski: Viktor Netschipailo
    Hermann: Zurab Andzjaparidze
    La Comtesse: Sofia Preobazenskya
    Lisa: Tamara Milaschkina
    Pauline: Larissa Avdejewa


    ++++++++


    Aus dieser Zeit stammt auch noch eine Aufnahme der "Yolantha", die allerdings noch schwieriger zu bekommen ist:


    Iolanta (Tschaikowsky)
    Aufnahme: 1963, Film
    Dirigent: Boris Khaikin
    Orchestra of the Bolshoi Theatre Moscow
    Chorus of the Bolshoi Theatre Moscow
    Product Code: Dreamlife Classics DLVC 1119 (1 VC)


    Rollen und Sänger
    Bertram: Valerij Yaroslavtsev
    Ebn-Jahia: Vladimir Valaitis
    Graf Vaudemont: Surab Andaschaparidse
    Iolanthe: Galina Oleinischenko
    König René: Ivan Petrov
    Laura: Kira Leonova
    Martha: Eugenia Verbitskaja
    Robert: Pavel Lisitzian


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

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  • Ich habe surab Andshaparidze bei einem Gastspiel 1963 oder 1964 in der Nationaloper Sofia in der Rolle des Hermann in Pique Dame und als Radames in Aida erlebt und war sowohl von seiner glänzenden Stimme, als auch von seinem darstellerischen Vermögen tief beeindruckt. Youtube bietet par Szenen, es lohnt sich, sie anzusehen.
    Gruß
    Lohengrin

  • Ich habe surab Andshaparidze bei einem Gastspiel 1963 oder 1964 in der Nationaloper Sofia in der Rolle des Hermann in Pique Dame und als Radames in Aida erlebt und war sowohl von seiner glänzenden Stimme, als auch von seinem darstellerischen Vermögen tief beeindruckt. Youtube bietet paar Szenen, es lohnt sich, sie anzusehen.
    Gruß
    Lohengrin

  • Liebe Freunde der saftigen Tenöre!


    Ich würde so gerne das absolut sehenswerte Cover eines Sängerportraits von Andjaparidse einstellen, aber es gelingt mir nicht! Zwar konnte ich es scannen , aber leider weiss ich nicht, wie ich es hochladen soll. Im Internet ist es nicht zu finden. Sonst wäre es ja einfach!


    Also:


    für heute nur beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Hallo zusammen,


    ich besitze diese Recital-LP von ihm, die ich eine gefühlte Ewigkeit nicht gehört habe. Ich werde sie hervorkramen ...



    "Menschen, die nichts im Leben empfunden haben, können nicht singen."
    Enrico Caruso


    "Non datemi consigli che so sbagliare da solo".
    ("Gebt mir keine Ratschläge, Fehler kann ich auch allein machen".)
    Giuseppe di Stefano

  • Eine eminent klangschöne, metallreiche, kristallin funkelnde Stimme, viril, kraftvoll, und die ich erst durch den verdienstvollen Thread kennengelernt habe. Statt an Corelli erinnert er mich übrigens noch viel mehr an Mario del Monaco, aber egal, er ist natürlich ein eigenständer, authentischer Künstler mit ganz eigenem Ton.


    Man überzeuge sich anhand der eingestellten youtube-Beispiele:




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  • ...ich besitze diese Recital-LP von ihm, die ich eine gefühlte Ewigkeit nicht gehört habe. Ich werde sie hervorkramen ...



    Ja, lieber Manfred, ob Dir diese LP heute noch Freude macht, bezweifle ich. Andjaparidze war eigentlich kein Sänger für einzelne Arien. Er konnte auf der Bühne überzeugen, da seine mächtige Stimme mit der hell strahlenden Höhe schon eindrucksvoll war und weil er mit großer Leidenschaft sang.


    Allerdinsg gab es bei ihm keine gesangstechnische Feinkost und auch dramatische Gestaltung war seine Sache wirklich nicht. Ich habe ihn mehrmals gehört und würde sagen: er war ein Tenor, der blank ziehen konnte und alle begeisterte, denen eine kräftige Stimme und Spitzentöne wie Panzergranaten reichten.


    Als Otello beispielsweise sang er erst mal gleich ein wirklich fabelhaft triumphales 'Esultate', dann aber das Liebesduett im ersten Akt nicht anders als die Wut- und Racheausbrüche im zweiten, die eifersüchtige Raserei und die Verzweiflung im dritten oder den Tod im vierten Akt. Er hatte einfach nur einen Ton für alles! Und der war immer forte - zumindest!
    Das konnte man auch bei seinem Herrman feststellen oder bei seinem Don José! Nicht einmal bei Studioproduktionen sang er differenzierter! Das lässt sich leicht nachprüfen, da es ja seine Gesamtaufnahmen fast alle noch gibt!


    Immerhin würde ich sagen, dass er in der Liga der Stentortenöre einer derer war, die ich ertragen konnte, weil er sauber intonierte und nicht brüllte sondern sang!


    Bin gespannt zu hören, wie Dir das Wiederhören der alten Aufnahme gefallen hat. (Übrigens: wenn ich mich recht erinnere, sind auf der LP ausschließlich Aufnahmen aus den späten Jahren seiner Karriere!)


    Mit besten Grüßen


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!