Schmelzer, des Kaisers Ballettkomponist

  • Johann Heinrich Schmelzer geb. um 1620 in Scheibbs, Niederösterreich, gestorben im Frühjahr des Jahres 1680.


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    Über Schmelzers musikalische Ausbildung weiß man nichts, ab 1643 spielte er jedenfalls Zink in der Kapelle des Stephansdom in Wien.
    Am 1. Oktober 1649 trat er in die Dienste des Kaisers Ferdinand III.
    Als der Kaiser 1657 starb komponierte Schmelzer sein Lamento sobra la morte Ferdinandi III, und ist somit die älteste überlieferte Komposition Schmelzers.
    Auch unter dem Nachfolger Leopold I. blieb er in der kaiserlichen Hofmusik und sollte in dem jungen Kaiser einen begeisterten Verehrer seiner Musik finden.
    Um seinen Aufstieg bei Hofe zu fördern gab Schmelzer drei Bände mit Sonaten heraus, ganz dem italienischen Stil verpflichtet, die Vorbilder Bertali und Valentini, die ebenfalls in den Diensten des Kaiser standen sind unüberhörbar.
    Diese Sonaten welche sowohl eine kammermusikalische als auch eine festliche Besetzung mit Pauken und Trompeten aufweisen können wurden vor dem Kaiser bei der Tafel "produciert"


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    Kaiser Leoplold als Ballettänzer


    1665 wurde Schmelzer zum Kaiserlichen Ballettkomponisten ernannt und so versorgte er den Wiener Hof mit Balletti.
    Er hatte die Aufgabe bekommen für die Prunkopern Cestis und Draghis die Ballettmusiken zu verfassen.
    1667 galt es die Hochzeit Leopolds mit Magarita Theresa zu begehen. Zu diesem Anlaß komponierte er ein prächtiges Pferdeballett, innerhalb diese Festes wurde auch die Prachtoper "Il Pomo d'Oro" von esti gegeben, man spricht von 1700 beteiligten, 600 Pferden und über 100 Instrumentalisten.


    1671 wurde Schmelzer zum Vize Hofkapellmeister ernannt, zwei Jahre Später wurde er vom Kaiser geadelt und bekam den Namenszusatz
    "von Ehrenruef"
    Dennoch war er auch weiterhin für die höfischen Balletti verantwortlich.


    1679 wird er dann endlich kaiserlicher Kapellmeister, der erste deutsche Hofkapellmeister am Habsburger Hof seit ettlichen Jahrzehnten.
    Doch schon 1680 stirbt er an der Pest die zu dieser Zeit in Wien wütet.


    Welch ein großartiger Komponist dieser Mann war belegen einige Aufnahmen und man kann leicht die Begeisterung des Kaisers nachvollziehen:


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    La Margarita
    Armonico Tributo Austria / Duftschmid
    Die wohl mit Abstand schönste Schmelzer CD
    Neben prächtigen Sonatenund Balletti, ist auch hier das Pferdeballett enthalten, wenn auch nicht in so kaiserlichen Ausmaßen.
    Eine der schönsten Barock CD's überhaupt!



    Musica Fiata / Wilson
    Balletti und Sonaten
    Das Ensembel ist mir durch die Bertali Einspielung aufgefallen und durch die CD "Venezianische Musik am Habsburger Hof"
    absolut zu empfehlen.


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    Tafelmusik / Lamon
    Zwar fehlen mir die Theorben im Bass, aber dennoch eine Grundsolide Einspielung mit einigen schönen Werken.


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    Romanesca
    Schmelzers Violinsonaten sind eine Entdeckung, sie stehen denen von Biber in nichts nach, vielleicht das Schmelzer eher himmlische Melodien spinnt, wärend Biber eher rabiate Töne zaubert.

  • Salut,


    Danke für diesen schönen Beitrag. Schmelzer sieht ja - bis auf sein Jugendphoto :D [falls es ihn darstellt] - nicht gerade zum Dahinschmelzen aus! Nichtsdestotrotz mag ich die Ballettmusiken bis ~ 1800 sehr gerne, wenn ich auch das Ballett selbst [optisch] eher weniger preferiere.


    Schön, dass Du die Theorbe nochmals ansprichst, ein Instrument, dass unbedingt bei solcher Musik als "basso continuo" erforderlich ist. Leider wurde es ja erst in der Neuzeit mit großem Aufwand "wiederentdeckt" und rekonstruiert.


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Also das erste Bild zeigt das wohl einzige Bildnis Schmelzers, er war wirklich keine Schönheit, doch seine Musik ist es umso mehr.


    Also mittlerweile erwarte ich auch einfach eine Theorbe im Basso Continuo, wenn sie nicht da ist, meist aus Kostengründen etc. dann fehlt mir was.


    Aber manche Ensembles scheinen konsequent darauf zu verzichten, wie Tafelmusik z.B. wärend andere selbst noch bei Gluck die Theorbe benutzen - mit Sicherheit historisch falsch, aber ich find's toll :D


    Aber was stört Dich an dem Barockballett?
    Also ich finde die Kostüme, und Leopold trägt ein wirklich schönes auf dem Gemälde, sehr viel ansprechender.
    Die Bewegungen sind viel eleganter und estätischer als der Ausdruckstanz des 19. Jahrhunderts, der Pomp mag viele abschrecken, aber ich würde mir alle 10 Finger danach lecken, mal ein nachempfundenes Barockballett zu sehen - stattdessen ... aber das hatten wir ja schon mal. :rolleyes:

  • Guten Morgen


    Zitat

    Original von der Lullist


    Also mittlerweile erwarte ich auch einfach eine Theorbe im Basso Continuo, wenn sie nicht da ist, meist aus Kostengründen etc. dann fehlt mir was.


    Bei dieser



    hervorragend virtuosen Einspielung mit Violinmusik von J.H. Schmrelzer wird eine Chitarrone mitgezupft. :jubel::hahahaha: :jubel:


    Gruß aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Guten Tag


    Zitat

    Original von der Lullist
    Welch ein großartiger Komponist dieser Mann war belegen einige Aufnahmen und man kann leicht die Begeisterung des Kaisers nachvollziehen:


    z.B. auf dieser



    CD zu hören (wer den rupigen Klang dieser Einspielung des Concentus musicus schätzt) :jubel: :jubel:


    Eines der wenigen Vokalwerke ("Vesperae Sollennes") von Schmelzer sind auf dieser



    CD mit dem Cantus Cölln eingespielt.



    Gruß aus der Kurpfalz


    Bernhard

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  • ruppig finde ich die Einspielung von Harnoncourt eigentlich nicht, eher unflätig :stumm:


    Nein da sind mir Duftschmid oder Wilson mit ihren Einspielungen von großbesetzten Sonaten doch um Lichtjahre lieber.
    Ich finde auch, dass ein etwas eleganteres Spiel den Werken von Schmelzer besser steht, als dieses "Stadtpfeifer - Gedudel"



    Ich hoffe dass man sich auch bald mal seinen Balletten so widmet, wie den Sonaten.
    Denn bei den einigen wenigen Auszügen die Duftschmid vorstellt kann man schon erahnen, was für wunderschöne Musik hier noch zu erwarten ist.



    :hello:

  • Wenn man es dem Cover auch nicht ansieht: Als zweite CD hat Andrew Manze hier sechs Sonaten von Schmelzer aufgenommen - für mich die erste Begegnung mit diesem Komponisten.



    Was soll ich sagen: Ich schmelzere dahin! Das ist wundervolle, gleichzeitig hoch virtuose, aber auch sehr melodische und im Vergleich zu Biber wohltuend introvertierte Musik.


    Im Beiheft der oben gezeigten CD steht dazu unter anderem: "Er (Schmelzer) war vielleicht nicht so extrovertiert wie der Leichtfuß Biber, arbeitete sich aber doch in aller Stille nach oben. Und später: "Nie aber machte sich Schmelzer zum Sklaven der Virtuosität: für ihn gab es nicht die reißerischen Effekte, wie sie für Biber charakteristisch sind. Ich möchte hinzufügen: Vor allem ist bei Schmelzer nicht mit miauenden Katzen und ähnlichen Zirkusnummern zu rechnen, die mir bei Biber doch sehr auf die Nerven gehen.


    Sehr gut gefällt mir an dieser Aufnahme auch die satt präsente Theorbe, teilweise klingt das schon gar nicht mehr nach Continuo, sondern eher, als würden Violine und Theorbe miteinander konzertieren. Klasse!


    Neben diesen sechs Sonaten hat Manze auf dieser CD auch noch die Sonate "Victori der Christen" eingespielt, die dem ältesten Sohn Schmelzers zugeschrieben wird. Es handelt sich hier um eine Adaption, deutlicher ausgedrückt, um ein Plagiat der 10. Sonate (zur Kreuzigung) aus Bibers Rosenkranzsonaten. Das Ganze wurde lediglich um einen Ton nach oben transponiert, ist ansonsten aber mit der Biber-Sonate identisch. Aus der musikalischen Betrachtung der Kreuzigung Jesu wird hier mal eben so die Schilderung des kaiserlichen Sieges über die Türken vor Wien im Jahr 1683. Schon seltsam, oder?


    Mit Gruß von Carola

  • Guten Tag


    Zitat

    Original von Carola


    Neben diesen sechs Sonaten hat Manze auf dieser CD auch noch die Sonate "Victori der Christen" eingespielt, die dem ältesten Sohn Schmelzers zugeschrieben wird. Es handelt sich hier um eine Adaption, deutlicher ausgedrückt, um ein Plagiat der 10. Sonate (zur Kreuzigung) aus Bibers Rosenkranzsonaten. Das Ganze wurde lediglich um einen Ton nach oben transponiert, ist ansonsten aber mit der Biber-Sonate identisch. Aus der musikalischen Betrachtung der Kreuzigung Jesu wird hier mal eben so die Schilderung des kaiserlichen Sieges über die Türken vor Wien im Jahr 1683. Schon seltsam, oder?


    Mit Gruß von Carola


    Ich denke Schmelzer, Biber und Zeitgenossen sahen eine Unterteilung "Weltlich/Geistlich" nicht immer so streng ? Man komponierte was (den Auftragsgebern) so gefiel ?!
    Könnte mir vorstellen, dass für jede Betrachtung der Biberschen Rosenkranzsonaten mit etwas Fantasie eine passende weltliche Satzbezeichnung zu finden wäre.


    Gruß aus der Kurpfalz


    Bernhard


  • Das könnte auch ich mir vorstellen. Seltsam finde ich aber, dass die Vertonung der Kreuzigung Jesu plötzlich auch auf dies hier passen soll:


    Der Türken Anmarsch
    Der Türken Belagerung der Stadt Wien
    Der Türken stürmen
    Anmarsch der Christen
    Treffen der Christen
    Durchgang der Türken
    Victori der Christen


    Da müssten doch ganz andere Gefühle oder von mir aus auch Affekte ins Spiel und damit in die Töne kommen. Für mich passt die Musik auch eher zur Kreuzigung. Kriegsgeschrei und Siegesgeheul kann ich jedenfalls nicht heraushören.


    Mit Gruß von Carola

  • Guten Tag


    ein hübsches Baletto a 4 von Schmelzer ist auch die "Fechtschule G-Dur" mit den Sätzen:
    Aria I, Aria II, Sarabande, Courante, Fechtschul, Bader Aria.
    In den einzelnen Sätzen kann man sich gut das aufeinandertreffen, beäugen, stampfen, fechten, kämpfen der Kontrahenten in der Musik vorstellen; zum Schluß müssen die Kämpfer alle beim Bader ihre Verwundungen kurieren lassen :hahahaha:


    Hervorragend z.B. von der



    musica antiqua Köln eingespielt.



    Erstmal lernte ich die "Fechtschulk" um 1970 auf dieser



    LP mit dem concentus musicus Wien kennen und schätzen.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

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  • meine Lieblingseinspielung stammt aus dieser Aufnahme:




    Cavalli: Giasone
    Concerto Vocale / Jacobs


    dort ist die Fechtschule als "Combattiemento" von Jacobs eingefügt worden.
    Bisher habe ich diesen Satz noch nicht spritziger und farbiger zu hören bekommen.




    aber auf der von mir immer wieder gepriesenen CD...



    cd_cover_schmelzer.jpg
    Schmelzer: Sonaten und Balletti
    Armonico Tributo Austria / Duftschmid


    ...ist die Interpretation auch sehr gelungen.
    Diese Cd ist und bleibt für mich die beste Schmelzer CD !

  • Im Rahmen meines Vorsatzes heuer mehr alte Musik - und im speziellen Barockmusik - zu hören habe ich mich heute der links abgebildeten Aufnahme mit Sonaten von Johann Heinrich Schmelzer gewidmet. mein Urteil über diese Einspielung ist wesentlich positiver als ich weiter oben über sie gelesen habe. In der Tat eher deftig als höfisch weiß die Einspielung (zumindest mir) durchaus zu gefallen. Ich würde nicht zögern, dies CD als Einstig in Schmelzers Werk zu empfehlen. Mann solllte jedoch im Hinterkopf behalten, dass die Werke Schmelzers eigentlich sehr unterschiedlich klingen. Der geadelte, und zum Zeitpunkt des Threadstarts dennoch weitgehend in Vergessenheit geratene Komponist schein sich inzwischen einer sanften Wiederentdeckung zu erfreuen - denn ich habe zumindest 4 Aufnahmen im Netz gefunden, die seit 2007 - dem letzten Eintrag in diesem Thread - auf den Markt gebracht wurden. Einiges sind Wiederveröffentlichungen - aber sogar eine Erstaufnahme ist darunter.....
    Einiges habe ich bestellt - und ich werde zu gegebener Zeit darauf zurückkommen.......

    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Sechs Jahre ist es her, daß ich hier gepostet habe, noch dazu war es der bislang letzte Beitrag in diesem Thread überhaupt. Und auch heute kann ich nicht mit etwas neuem aufwarten, Ich zeige vielmehr eine CD, welche schon 2005 - damals vom Lullisten - hier vorgestellt - und gelobt - wurde . Ich hab sie allerdings erst heuie gehört. Und auch das war ein Zufall, denn ich habe die CD gekauft, ohne zu wissen, daß es hier zahlreiche "Doubletten" zur letztgenannten CD mit Harnoncourt.gibt. Allerdings enthält die hier gezeigte Aufnahme wesentlich mehr Stücke und hat eine Spieldauer von 75 Minuten. Von der musikalischen Qualität her ist sie unschlagbar - und beim verlangten Preis von 7.99 Euro kann kaum ein Liebhaber von alter Musik hier widerstehen. Klang ist unendlich klarer als man es anhand der Samples vermuten möchte......



    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hier ein sehr schönes Hörbeispiel mit Elizabeth Blumenstock (u.a. auch der Konzertmeisterin des Orchesters der Göttinger Händelfestspiele).