Liebe Taminoaner
Wir haben nur einen einzigen Chopin Thread gefunden! Gerne würden wir Chopin etwas mehr Raum verschaffen.
Um eine übersichtliche Struktur zu erhalten, sollen in diesem Thread nur seine "Einzelstücke" besprochen werden, wir denken an die Berceuse, Barcarolle oder Fantasie.
Seine Zyklen oder Sammlungen der Polonaisen, Mazurken, Walzer, Nocturnes und andere sollen jeweils separate Threads erhalten.
Nun, wir wollen mit seinem letzten grossen Klavierwerk der Barcarolle op. 60 aus den Jahren 1845/46 beginnen.
Das Autograph der Barcarolle ist nicht verschollen, aber dass man sie deswegen besser verstanden hat, lässt sich nicht behaupten. Es herrscht im Gegenteil eine auffällige Diskrepanz zwischen grösster Wertschätzung und einem ebenso grossen Mangel an substantiellen Aussagen. "Die farbenprächtige Barcarolle ist sowohl hinsichtlich ihrer noblen Musik als auch wegen ihrer vollendeten formalen Gestaltung eines von Chopins Meisterwerken", heisst es etwa in Burgers grosser Chopin-Chronik. Statt uns diese formale Gestalt zu erklären, wird dann aber der Liszt-Schüler Carl Tausig zitiert: " handelt es sich um eine Liebesszene in einer verschwiegenen Gondel ... Alles ist zweistimmig, zweiseelig."
Der Titel Barcarolle evoziert in der Tat die Gesänge der venezianischen Gondoliere. Man findet einen schaukelnden Barcarollen-Rhytmus, mit der ostinaten Bassfigur im Mittelteil, die an Ruderbewegungen denken lässt, und mit der gesangsseligen Melodie eine Art Kulisse aufbaut und mitten darin die Gondel, die auf den Kanälen Venedigs schaukelt. Chopin, der, wie wir von George Sand wissen, hatte programmatische oder gar malerische Elemente in der Musik verabscheut.
Aber nun zu seinen Interpretationen. Wir hatten uns sechs Aufnahmen vergleichend angehört.
Zwei Aufnahmen sind dabei für uns abgefallen. Zum einen Shura Cherkassky mit seinen schweren Akkorden und präsentem Pedaleinsatz, bedächtig und schwer vorgetragen.
Zum anderen eine Aufnahme von Eduard Stan, zügig und fliessend bei den Übergängen etwas abgehackt, mit schwerer linken Hand.
Etwas besser eine Sviatoslav Richter Aufnahme aus dem Jahre 1977 (trotz dem Jahrgang miserable Tonqualität) die sehr bedächtig gespielt wurde, zu bewusst vorgetragen, dadurch tröpfelnd mit zu präsenten Trillern.
Erheblich besser die Aufnahme von Arthur Rubinstein, flüssig und fliessend gespielt mit dezentem Pedaleinsatz. Manchmal fast zu schnell vorgetragen.
Wunderbar gefiel uns die Interpretation von Krystian Zimerman, leicht und farbig gespielt mit wunderbaren Übergängen sowie ausgeglichen. Klar strukturiert schwebend.
Noch eine winzige Nasenspitze voran lag Dinu Lipatti, trotz der schlechten Aufnahmequalität. Zügig gespielt mit bewusstem Pedaleinsatz und wunderbar steigernd. Sehr kontrastreich ausgeführt, fliessend mit einem schön gespannten Bogen.
Wir sind gespannt auf weitere Eindrücke und Empfehlungen von Eurer Seite.
Grüsse
romeo&julia