Weiße Tasten - schwarze Tasten

  • Liebe Musikexperten,


    dieser Tage bin ich gefragt worden, warum man die Klaviertasten nicht so gestaltet, dass die schwarzen Tasten ohne Unterbrechung gleichmäßig zu spielen sind. -
    Als Klavierspieler erscheint es uns selbstverständlich, dass nach der 3. Stufe keine schwarze Taste existiert, genauso auch nach der 7. Stufe.
    Man könne doch die F-Taste - so der Fragensteller - als schwarze Taste gestalten und entsprechend die weiteren Tasten herunterschieben, sodass keine Lücke in der Reihe der schwarzen Tasten mehr ist.
    Weiß jemand eine plausible Antwort auf diese Frage? ;)
    Warum ist die Banane krumm? ;)


    Mit gespannten Grüßen,


    Melisma :hello:

  • Die chromatische Klaviatur hat sich nicht durchgesetzt, obwohl man Nonen, Dezimen etc. viel leichter greifen könnte. So ein Ding habe ich dieses Jahr im Technischen Museum in Wien gesehen; sieht schon ulkig aus - aber wer will schon großartig Umlernen?


    Auch gab es einst ein sogenanntes Cembalo 'universale' oder 'cromatico' - siehe diesen Link.


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • na wie soll man da auch noch bei weiten sprünge treffen? usw. bei 2-zu-3 weiß man immer was man grade unter den fingern hat...

  • Zitat

    Original von Melisma
    Als Klavierspieler erscheint es uns selbstverständlich, dass nach der 3. Stufe keine schwarze Taste existiert, genauso auch nach der 7. Stufe.
    Man könne doch die F-Taste - so der Fragensteller - als schwarze Taste gestalten und entsprechend die weiteren Tasten herunterschieben, sodass keine Lücke in der Reihe der schwarzen Tasten mehr ist.


    Naja, ganz einfach, weil die Einteilung aus der Zeit der tonalen Musik stammt und nicht aus der Zeit der Zwölftonmusik.


    Außerdem aus der Zeit, als Fis-Dur keine normale Tonart war, sondern üblicherweise wenige Vorzeichen in Verwendung waren.


    Außerdem entspricht das ja auch dem Notationssystem: weiß = kein Vorzeichen.


    (wobei ja ursprünglich weiß und schwarz vertauscht waren, glaube ich)

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  • Auf alten Cembali, Virginalen usw. meine ich beides gesehen zu haben, sowohl vertauscht als auch so wie heute.


    Ich habe keine Ahnung, aber ist nicht ein Knopfakkordeon chromatisch? Da sind es ja auch keine Tasten.


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Das Knopfakkordeon widerlegt übrigens Maexls Einwand der Orientierungslosigkeit. Man denke übrigens an die Streich- und Zupfinstrumente, die haben auch entweder gleichmäßig verteilte Bünde oder gar keine.


    Man muss das aus der Geschichte des Tonsystems betrachten, und ich war ja schlampig, diese Teilung in lange niedrige und kurze höhere Tasten/Pedale stammt ja wohl aus der Zeit vor der Funktionsharmonik (=Tonalität im engeren Sinne) also aus der Zeit der Kirchentonarten. Diese vertrugen allerdings nicht so viel Versetzerei, weil sie sonst ihre jeweiligen Charaktere verlieren - jedenfalls, wenn nicht gerade manieristische Charaktere wie Gesualdo am Werk waren, sind wirklich die "weißen Töne" die Orientierungstöne, die "richtigen" Vertreter ihrer Stufe und die "schwarzen Töne" die versetzten Töne (wobei man das bei der 7. Stufe und beim h resp. b wohl relativieren muss).


    Ferner waren die Dinger ja auch nicht wohltemperiert oder gleichschwebend gestimmt, z.B. eine Quinte zwischen zwei weißen Tasten war etwas anderes als eine zwischen schwarzen oder gemischten (die zum Teil sau-falsch waren und "Wolfsquinten" hießen).

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl


    Auf alten Cembali, Virginalen usw. meine ich beides gesehen zu haben, sowohl vertauscht als auch so wie heute.


    Das war im 18. JH (und davor) wohl vermutlich einfach eine Geldfrage:


    Weiß = Elfenbein
    Schwarz = Ebenholz


    Man wird auf Gemälden, die Eindruck schinden sollen, eher die 'teurere' Variante finden:



    Ob das in realiter dann so war, wie abgebildet, sei dahingestellt...


    :hello:

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Wie könnte man sich denn bei einer symmetrischen Tastatur orientieren? Man braucht die Asymetrie (wobei es streng genommen gar keine ist :yes:)


    Zitat

    Original von Ulli


    Das war im 18. JH (und davor) wohl vermutlich einfach eine Geldfrage:


    Weiß = Elfenbein
    Schwarz = Ebenholz


    das stimmt! Zudem war es auch eine Geldfrage wegen der Kerzen...


    Nich jeder konnte sich einen Kronleuchter voller Kerzen leisten.
    In einem dunkleren Raum kann man sich bei "historischem" Schwarz-Weiß nach den wenigeren weißen Tasten viel besser orientieren.


    gruß

    Die Dame des Hauses erhebt sich vom Klaviersessel: "Das war Siegfrieds Tod." Ein Zuhörer zu seinem Nachbarn: "Kann ich verstehen."

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  • Ich meine, die Orientierung ist ein wesentlicher Grund, zusammen mit dem Argument der Tonalität.


    Immerhin ist die Klaviatur eines der erfolgreichsten und langlebigsten Benutzer-Interfaces aller Zeiten. Welches Eingabegerät bzw. Bedienelement ist schon seit vielen hundert Jahren unverändert... das spricht für eine gewisse Tradition.


    Gab es nicht auch mal Versuche von Colani? ;) Ich habe im Internet Fotos von Schimmel/Colani-Flügeln gesehen, aber so revolutionär neu sahen die ja auch nicht aus.


    Es gab ja auch noch andere Versuche - Vierteltonklaviere etc.


    Aber scheinbar gibt es da nichts Wesentliches zu verbessern... :D


    Bei meinem Synthesizer kann man die Tastatur im Prinzip beliebig belegen - auch mit Vierteltönen. Auf einer gewöhnlichen Schwarz/weissen-Tastatur ist das ganz schön verwirrend...


  • Es gab/gibt ein spiegelverkehrt gebauter Flügel. Ich habe mal die Möglichkeit gehabt, darauf zu spielen. Aber nach den ersten paar Takte aus Mozarts "Facile" ist mir die Lust vergangen ... :pfeif:

    Die Dame des Hauses erhebt sich vom Klaviersessel: "Das war Siegfrieds Tod." Ein Zuhörer zu seinem Nachbarn: "Kann ich verstehen."