Widerstand gegen das Regietheater wächst unaufhörlich - ist das Ende nah?

  • Was sich schon in Salzburg anbahnte setzt sich nunmehr in Wien fort:
    Das Publikum rebelliert bereits offen (wieder) gegen das Verfremdungs- und Verballhornungstheater, das man im allgemeinen Sprachgebrauch fälschlich als „Regietheater“ bezeichnet..


    Schon in Salzburg war der frenetische Aplaus nicht zu überhören, den Daniel Kehlmann für seine regietheaterfeindlich Rede einheimste, der Schock der Betroffenen war so groß, dass die Gegenargriffe und Diffamierungen erst einige Tage später einsetzten….


    Aber das Buhkonzert neulich in der Wiener Staatsoper, das hat schon was…..
    Fast möchte ich sagen: was zukunftsweisendes…


    Das Publikum, so mag man einwenden, hat je bereits vor Jahren gegen das „Regietheater“
    Stellung bezogen – erfolglos Wie man weiß. Es wurde schlicht und einfach „entmündigt“
    Wen stören schon stornierte Abonnementbestellungen und rückläufiger Kartenverkauf, wenn das Geld aus dem Subventionstopf so reichlich fliesst.
    Die Fachkritik war ja ohnedies mehrheitlich auf Seiten der „Regietheaterbefürworter“, bzw deren Nutzniesser, ist man doch in vielen Fällen gemeinsam zu Schule gegengen (?)


    Nun folgt – so scheint es – eine zweite Welle des Widerstands, bzw des Angriffs auf die Bastionen des Regietheaters. –Und das Netz- bzw Bollwerk ist inzwischen doch ein wenig morsch geworden. Im Rahmen einer Neuorientierung der Welt ist man heute eher geneigt zu alten Werten zurückzukehren und modische Tendenzen (in allen Lebensbereichen übrigens) zurückzudrängen, bzw zu verbannen.


    Zudem sind die Subventionstöpfe (fast) leer, es mangelt an allem, vor allem an guten Ideen und vermutlich bald auch an (zahlendem) Publikum - denn daß man nicht ausverkaufte Vorstellungen mit Frei- und Billigkartenbenutzern quasi auffülllt, das ist kein Geheimnis, sowas hat man schon in meiner Jugend gemacht.


    Über Emma Dante:

    Zitat


    Als sie am Ende einsam und klein vor dem laut "Buh" rufenden Publikum dieses riesigen Hauses (gemessen an Palermo) stand, konnte sie einem fast leid tun ….


    Mein Mitleid für solche Leute hält sich in Grenzen…..


    Das Regietheater hat vielleicht in Zukunft das Problem, daß Intendanten nicht nur nach der Sitzplatzauslastung ihrer Häuser gemessen werden, sondern auch an dem was echter Deckungsbeitrag reinkommt. Und da sehe ich schwarz.....


    Als Opernliebhaber würde ich das Regietheater natürlich gerne ausradiert wissen, als Forenbetreiber jedoch eigentlich nicht.


    Woher kämen dann solche Berichte wie weiter unten : :baeh01:


    Wr.Staatsoper - Macbeth 7.12.2009


    Live aus Salzburg "La Traviata" - Eine Nachlese



    Regietheater - letzte verbliebene Schrumpfform linker Ideologie ?


    und zum Streiten gäbs auch nix……


    (aber damit könnt ich notfalls leben...)


    Warum ich diese Thema schon wieder hervorhole ?
    Nun - Man soll seinen Gegner angreifen, wenn er schwächelt, und der Zeitpunkt scheint mir günstiger zu sein als je zuvor.....

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich bin es mir fast zu schade, diesem Posting zu antworten, denn es hat in seiner militanten Wortwahl, seinem oberflächlichen Inhalt und seiner Logik (ich lehne fast alle oben unterstellten Prämisse ab) keine Antwort verdient.


    Interessant finde ich nur, wie alles Argumentieren in den genannten Threads sinnlos gewesen ist und sofort, wenn eine schlechte Inszenierung auf dem Screen erscheint, diese genommen und als Argument gegen das Regietheater instrumentalisiert wird. Es wäre schändlich, wenn es nicht so gnadenlos plump wäre.


    Ich denke, daß es den Kritikern des Regietheaters (das militante Vokabular, das Geschimpfe und die Unsachlichkeit legen den Schluß nahe) letztenendes gar nicht um die Oper, Theater und Regie geht. Es scheint eine emotionelle Angelegenheit zu sein. So etwas wie eine Urangst, die da bei manchen angeschnitten wird.


    Die nahezu pathologische Angst vor Neuem und das ständige Säbelrasseln kommt mir in Struktur und Gehabe gelegentlich wie Fremdenfeindlichkeit vor.


    Kopf ab mit all den Linken, den Verfremdern, Verzerrern, der Mafia und wie sie sonst noch so heißen. Dann ist alles wieder gut!


    M.

  • Ich bin oft mit Mengelberg einverstanden; öfter aber nicht.


    Zwar sind seine Worte seine Wahl und nicht meine, aber der Inhalt ist sehr deutlich. Er lehnt diesen Thread ab. Es gibt ja genügend andere Threads wo diskutiert wurde über die Kontroverse Regietheater versus «staubige» Inszenierung. Und da hat er m.M.n. Recht.


    Ich habe einmal eine Cosi gesehen, wo die Sänger gekleidet waren als ob es sich während der Biedermeierzeit abspielte. Sorry, aber das finde ich einfach eine Verspottung.


    Anders als Mengelberg finde ich die meisten «Regie»Ausführungen billig. Billig, weil das Stück entwurzelt ist aus der Zeit, wo es gehört. Billig, weil man versucht Parallelen zu finden mit Ereignissen der heutigen Zeit. Vide Hitler, KZs, Terroristen, usw.
    Vielleicht jedoch brauchen mehrere Menschen das. Es könnte.


    Liegt das aber nicht eher am Unterricht? Schüler bekommen nicht mehr viel von Geschichte mit. Goebbels war doch ein Fußballcoach?
    Wenn sie von WK II schon so wenig wissen, wie steht es dann mit der Geschichte des 19., 18. usw Jhdt. Und mit Mythologiekenntnissen???


    LG, Paul

  • Hallo Mengelberg,
    nur keine Panik. Wir haben doch garnichts gegen Opernregie. Wir haben doch nichts gegen die Regiearbeiten von Wieland Wagner, von Oskar Fritz Schuh, von Walter Felsenstein, von Götz Friedrich, von Jean-Pierre Ponnelle, oder von Patrice Chéreau u.v.a.
    Wir haben aber etwas dagegen, daß die Oper entstellt wird, weil sich ein "Regisseur" mit ihr selbst darstellen, oder selbst verwirklichen will.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Ich finde es besonders ärgerlich, wenn Kritikern der Auswüchse des sog. modernen Regietheaters sofort und ungeprüft unterstellt wird, es handelt sich halt um konservative, ja reaktionäre Opernbesucher. So geschehen durch die Kritikerin des STANDARD anläßlich der Wiener Macbeth-Premiere oder bei der Scala-Eröffnungsvorstellung CARMEN.


    Erinnere mich, wie der Musikkritiker der Süddeutschen Zeitung, R. Brembeck, anläßlich einer völlig mißglückten Neuinszenierung der CARMEN in Stuttgart (Regisseur Nübling?) vor einigen Jahren den Buhern (darunter auch ich) vorwarf, sie hätten wohl spanische Folklore vermisst!. Erlebte dort auch eine geradezu symbolische Szene: in der Pause redete ein Ehepaar auf seinen etwa 10jährigen Sprößling ein. Sie hatten ihn wohl "gutbürgerlich" auf die CARMEN-Vorstellung vorbereitet. Und was bekam der Besuchernachwuchs zu sehen: schon bei der Ouvertüre saß Don José im Feinrippunterhemd, Bierflasche in der Hand vor der Glotze, vor ihm lag die tote Carmen...

  • Hallo,


    als ich vor einigen Jahren im Felsenstein-Haus in Berlin wegen Dietrich Henschel war,
    der in Hannover im Kleinen Sndesaal eine hervorragende Winterreise gesungen hatte,
    wollte ich ihn mir im Don Giovanni ansehen. Am Schluss haben sich alle Protagonisten bis auf Slip und BH ausgezogen. Hätte das Mozart gefallen? In einer Aufführung in Hannover wurde auf der
    Bühne öffentlich uriniert. Was soll man davon halten. Mit solchen Aufführungen kommen junge Menschen niemals in die Oper. Regietheater hin oder her.


    Gruß aus Burgdorf


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Natürlich ist die Threadeinleitung polemisch - das bringt Aufmerksamkeit - und die braucht ein Forum nun mal.


    "Militante" Formulierungen - wenn es hier überhaupt welche gibt . sind gelegentlich notwendig um ein Thema "Anzuheizen" - wir sehen ja täglich, wie "harmlose Muisikthreads - egal ob oberflächlich oder tiefschürfend" auf der Strecke bleiben oder nur eine kleine Minderheit interessieren.


    Ich sehe auch nichts "plumpes " in meiner Argumentation, ich vermeldete lediglich ein Anschwellen der Gegener des Regietheaters, und analysierte (zugegebenermaßen mit unverhohlener Freude) WARUM es in die Bedeutungslosigkeit fallen wird.


    Zitat

    Kopf ab mit all den Linken, den Verfremdern, Verzerrern, der Mafia und wie sie sonst noch so heißen. Dann ist alles wieder gut!


    Das habe ich nicht behauptet - und will ich auch nicht behaupten, weil ich es einfach nicht weiß.
    Es käme auf einen Versuch an, ;)


    Interessant, daß hier die "Mafia" auch als "schützenswerte Organisation genannt wird - man lernt nie aus...


    Man sollte alles ein wenig
    entspannter sehen


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Auch mir scheint es, als ob man langsam wieder Hoffnung schöpfen darf, dass der Spuk des Regietheaters nach sovielen Jahrzehnten der beabsichtigten Provokation seinem Ende entgegendämmert. Sogar in Berlin vermochte Domingo einen aesthetisch erfreulichen Simone durchzusetzen (das Feuilleton hat natürlich(!) aufgeschrien!), Düsseldorf entschied sich für Harald Schmidt als Regisseur für die "Lustige Witwe" um nur zwei Beispiele dafür zu nennen, die aufzeigen, dass sich vielleicht sogar in Deutschland die Zeiten zu ändern beginnen.
    Und bitte Mengelberg: Nicht so wehleidig! Die Anhänger Ihrer Fraktion sind mit Kritisierung von uns "Staubis, Ewig-Gestrigen, Hinterwäldlern, Ahängern des Guten und Schönen" etc. auch nie zimperlich umgegangen.
    Der Beitrag von Herbert Henn kann in diesem Zusammenhang nur unterstrichen werden.
    Ich habe letztlich die Hoffnung, dass in Bälde sogar ich mal wieder in die Oper gehen kann und nicht frustriert rauskomme.

  • Schmidt hat allerdings auch aktualisiert (oder aktualisieren lassen, wer auch immer das entschieden oder ausgeführt hat).
    Die Fotos der Produktion passen nicht so recht zu den Interviews von vor der Premiere.

  • Mir scheint, dass die veröffentlichte Meinung der Damen und Herren "Großkritiker" der verschiedensten Print- und sonstigen Medien ,insbesondere bei uns in Deutschland, immer stärker von den Meinungen, Eindrücken und Empfindungen der nicht-professionellen Opernliebhaber abweicht....und das ist ein Indiz für die elfenbeinturmartige Abgehobenheit der Ersteren! Diese nachgerade mafiösen Strukturen, auch in den Redaktionen im Übrigen wird, wer nicht sich nicht anpasst, gnadenlos aussortiert, haben ihren Ursprung in den Zeiten vor vierzig Jahren, als die heute älteren Herrschaften noch jung waren und meinten, die Welt, die Kunst, ja überhaupt Alles neu erfinden oder zumindest neu definieren zu müssen. Mittlerwile sind sie "alte Säcke", hoffen wir also darauf, dass dieses Problem sich sehr bald erledigt haben wird!


    Wenn ein Regisseur/eine Regisseurin wirklich etwas zu sagen hat, dann braucht er/sie keine Mätzchen und Marotten, dann folgen auch die Künstler und Zuschauer gerne....doch dazu braucht es echte künstlerische Substanz, sogar Talent ist nicht hinderlich.... und eine hingebungsvolle Identifikation mit dem Gegenstand des eigenen Arbeitens. Das Publikum, vor allem aber das Werk und die Künstler, müssen respektiert werden. Regie ist Dienst, nicht eitle Selbsbespiegelung, die nur ums eigene, oft kümmerliche Ego kreist.


    Lg
    Fides :motz:

    La vita è bella!

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  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Als Opernliebhaber würde ich das Regietheater natürlich gerne ausradiert wissen, als Forenbetreiber jedoch eigentlich nicht.


    Dann würde ich doch mal den totalen Krieg ausrufen! :boese2:

  • Mit dieser Pfennigfuchserei wird der "wie dort" (Wagner-Forum; allerdings viel unverschämter, weil er nicht ausgeschlossen werden kann), "so hier" rumplärrende Zwischenrufer2 das Regietheater auch nicht retten können.
    Noch zu Kurzstückmeister: Sogar ein Staubi wie ich, lehnt nicht jede Aktualisierung oder Änderung grundsätzlich ab. Eine gelungene Änderung war z. B. dass Drese die Festwiesenszene in den Meistersingern von Nürnberg in Zürcher Volksfest integriert hat. So etwas unterscheidet sich baer weit von Konwitschnys, Bieitos oder Katharina Wagners Verdrehungen und Verballhornungen, die dem Stück einen neuen nicht im Werk angelegten Sinn aufpropfen.

    Einmal editiert, zuletzt von m.joho ()

  • Zitat

    Original von m.joho
    Noch zu Kurzstückmeister: Sogar ein Staubi wie ich, lehnt nicht jede Aktualisierung oder Änderung grundsätzlich ab.


    Hallo m.joho,
    ich bin da wohl eher der "wenn schon dann schon"-Typ - also entweder gar nicht aktualisiert oder ein neues Kunstwerk draus gemacht (aber ob letzteres in der Oper wirklich interessant ist, weiß ich nicht so recht). Für so eine weder-noch Realisierung, also quasi-konservativ aber zeitversetzt, sehe ich irgendwie keine wirkliche Rechtfertigung.


    Bei der Version "Regietheater" wäre ich allerdings auch für starke Eingriffe in die musikalische Ebene und in den Text.

  • Zitat

    Original von m.joho
    Mit dieser Pfennigfuchserei wird der "wie dort" (Wagner-Forum; allerdings viel unverschämter, weil er nicht ausgeschlossen werden kann), "so hier" rumplärrende Zwischenrufer2 das Regietheater auch nicht retten können.


    Das Regietheater wird uns beide überleben!


    :hello:


    Gerd

  • Zitat

    Original von Mengelberg
    Ich denke, daß es den Kritikern des Regietheaters (das militante Vokabular, das Geschimpfe und die Unsachlichkeit legen den Schluß nahe) letztenendes gar nicht um die Oper, Theater und Regie geht. Es scheint eine emotionelle Angelegenheit zu sein. So etwas wie eine Urangst, die da bei manchen angeschnitten wird.


    Die nahezu pathologische Angst vor Neuem und das ständige Säbelrasseln kommt mir in Struktur und Gehabe gelegentlich wie Fremdenfeindlichkeit vor.


    Kopf ab mit all den Linken, den Verfremdern, Verzerrern, der Mafia und wie sie sonst noch so heißen. Dann ist alles wieder gut!
    M.


    Ach hören Sie doch auf, Sie und Ihresgleichen sind es doch, die ständig die Gegner des sogenannten Regietheaters in Schubladen stopfen. Meine Güte, was wir schon alles sein sollten: bigott, faschistisch, monarchistisch, dann wieder kommunistisch, natürlich verstaubt, hoffnungslos konservativ, dumm... und jetzt geht es uns also auch noch letzendlich gar nicht um Oper.


    Also, von mir kann ich sagen, dass mir Oper nicht mehr als alles andere bedeutet, aber ich könnte mir ein Leben ohne Oper nicht vorstellen. Allerdings wunderbar ohne Regietheater!


    Zitat

    Original von Zwischenrufer2


    Dann würde ich doch mal den totalen Krieg ausrufen! :boese2:


    Den haben wir doch längst. Die meisten Regiekonzepte heutzutage sind immer wiederkehrende Kampfansagen an Bürgertum, Kirche und althergebrachte Werte. Doch wenn die dann ihrerseits in die Offensive gehen heißt es: "Ätsch, das ist künstlerische Freiheit! Ihr könnt uns nichts!" Und ich hoffe, dass es bald heißt: "Ätsch, können wir dohoch -wir drehen Euch den Geldhahn ab."

  • Nee, man kann Mengelberg nie den Vorwurf machen ungerechtfertigt was zu sagen. Manchmal überspitzt, manchmal lächerlich gemacht, aber immer doch Beschwerden die seriös genommen werden sollten.


    Auch ich bin gegen diesen Thread!!!!

  • Ich bin nicht gegen den Thread. Wieso? Verstehe ich nicht. Man wird schon ständig von den Medien weichgespült, da ist es doch gut, dass wir die Foren haben.

  • Also ob man nun gegn oder für diesen Thread ist - er ist nun einmal da.


    Man stelle sich mal die Situation vor, daß ich als Privatperson der Regietheaterlobby (ich könnte es schärfer formulieren, tue es aber momentan nich) jahre, bzw jahrzehntelang ausgeliefert war- sie hat MEINE Opernwelt zerstört, und wenn heute ein junger Mensch mich fragt, "Welche Oper wäre denn für den Einstieg geeignet" - dann muß ich ehrlicherweise sagen "Gar keine - es gibt keine Oper mehr die unverpatzt aufgeführt wird."


    In der Zeitung muß ich lesen, daß alle Gegener des Regietheaters mehr oder weniger reaktionäre alte Trottel seine, vermutlich rechtsradilkal oder noch schlimmer - und daß es sich nur um ein paar Querulanten handle, um ahnungslose Laien, auf die man nicht hören soll. Das Netzwerk funktionierte also (bis jetzt) prima.


    Der Zufall - oder besser gesagt ich - will es, daß ich ein Forum zum Thema klassiche Musik betreibe - somit habe ich die Möglichkeit meine Meinung unzensiert ins Netz zu senden.


    Das war gut gedacht, aber schwer realisierbar, denn die Regietheaterlobby hatte auch hier bereits ihre Finger im Spiel, machte sich über User lustig und vertrieb sie, immer im Stillen drohend, das Forum zu verlassen wenn man ihnen zu laut widerspräche.
    Allmählich maßten sich diese Leute an, MIR Vorschriften zu machen.
    Wie es endete ist bekannt.



    Heute habe ich wieder die Oberhoheit im meinem Forum, und ich werde in Zukunft - wie jeder andere User auch - unverblümt meine Meinung schreiben - ohne Rücksicht auf "das Forum"


    Dieses Recht habe ich übrigens - sofern es nicht um Politik ging - jedem User eingeräumt - und das wird vermutlich auch in Zukunft so sein.


    Zwischenrufe wie:


    Zitat

    Dann würde ich doch mal den totalen Krieg ausrufen


    Sind versteckte Hiebe mit der "Nazikeule"


    So was lockt aber heutzutage keinen toten Hund mehr hinter dem Ofen hervor - sondern wirkt allenfalls aufgesetzt und unsympathisch....
    ...wie eine schlechte Inszenierung, die niemanden zu überzeugen vermag.


    ES ist mein gutes Recht eine vorgefasste Meinung zum Regietheater zu haben und es nach eigenem Ermessen abzulehnen oder zu akzeptieren.


    In letzter Zeit hört man immer wieder etwas von "friedlicher Koexistenz" - diverser Theaterformen aber das ist Heuchelei: Das traditionelle Operntheater ist de facto beinahe ausgelöscht.


    Aber wir werden es wieder installieren und es wird in altem Glanz erstrahlen wie seit hunderten Jahren.


    Das wärs fürs erste - ich hab heute noch viele Themen vor mir...


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Danke Alfred, dass Sie dieses Forum, trotz aller Leute wie Mengelberg, Zwischenrufer2 usw. usw. am Leben erhalten. Lettzlich scheint es die einzige Bastion im deutschsprachigen Raum gegen den bis vor kurzem(!) dominierenden Eurotrash zu sein!

  • Ich habe zwar nicht sehr viel über für das sog. Regietheater, aber hier bin ich ausnahmsweise einmal undogmatisch: wenn einem begnadeten Regisseur wirklich ein großer interpretatorischer Wurf gelingt und die Sache stimmig ist, kann Oper auch als Regieoper ein großartiges Erlebnis sein.


    Leider ist nicht jeder ein Genie, der sich dafür hält, und bei modernen Opernregisseuren scheinen Fehlperzeptionen hinsichtlich der konzeptionellen Kompetenz Opern betreffend irgendwie endemisch aufzutreten - das Publikum, Kummer gewohnt, nimmt das leicht oder mittlerweile auch hörbar grummelnd hin, weil Opern ja auch im schlimmsten Fall noch durch Sänger gerettet werden können. Wenn allerdings der Event-Charakter zu vorherrschend wird, werden auch Spitzensänger nichts mehr retten können, und es scheint ja, daß das Publikum sich zunehmend weniger beeindrucken läßt von Produktionen, die mehr dem Regisseur als dem Werk huldigen, und kräftig buhen. Ich fände zwar, die bessere Option wäre eisiges Schweigen und sofortiges Verlassen des Theaters, aber diese Disziplin bringt ein Publikum am Ende eines langen frustrierenden Abends möglicherweise nicht mehr auf.


    Ich fürchte, viele heutige Regisseure haben für Oper eigentlich nicht sehr viel übrig. Sie inszenieren sie trotzdem, weil sie sich dort einmal ordentlich austoben können, im Gegensatz zum Sprechtheater, wo ein inszenatorischer Mißerfolg durch nichts wegzudiskutieren ist: in die Oper geht man vornehmlich wegen der Musik, s.o., und auch mißratene, unpopuläre Produktionen bleiben lange im Programm, weil die Kosten so ungeheuerlich sind, daß auch inszenatorische Katastrophen quasi zum Überleben verdammt sind.


    Ich wünsche mir, daß es irgendwann wieder Regisseure vom Schlage eines Otto Schenk oder Jean Pierre Ponnelle geben möge, die den Mut haben, erst einmal spielen zu lassen, was in der Partitur steht: bringt man die Geschichte, wie sie ist, auf die Bühne, ist das schon einmal mehr als die Hälfte der Miete und zeigt im übrigen den Respekt vor der Leistung des Komponisten, den viele moderne Regisseure in eitler Selbstüberschätzung schmerzlich vermissen lassen. Das schließt intelligente Personenführung, überraschende Einfälle und die eigene Handschrift des Inszenierenden beileibe nicht aus: es ist nur erheblich mehr Arbeit und Dienen am Werk, mehr, als wenn man Mozart, Verdi oder Wagner zur Illustration eigener Lebensanschauungen hernimmt. Regisseure, die Oper lieben (und es sollte doch möglich sein, solche zu finden !), wird dieser Respekt vor dem authentischen Werk nicht davon abhalten, uns unvergeßliche Abende zu bereiten.


    Dies hoffend grüßt


    Honoria

    "...and suddenly everybody burst out singing"
    Busman's Honeymoon

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  • Ich glaube, dass beide Formen der Inszenierung ihre Berechtigung haben.


    Einerseits handelt es sich bei einer Opernaufführung mangels beim Publikum akzeptierter zeitgenössischer Werke in der Regel um eine Veranstaltung musealen Charakters. Da tut die eine oder andere Aktualisierung schon mal gut, um den Stoff nicht der Lächerlichkeit preiszugeben. So mancher Regietheatereinfall hat dem erfahrenen Opernbesucher eine neue Sicht auf altbekannte Stoffe beschert.
    Theater als lebendige Kunstform muß auch immer seine Grenzen ausloten und vorantreiben.


    Andererseits wurde die Schraube überdreht. Manchmal ist die Oper nur Vehikel einer vergeistigten Egomanie des Regisseurs, getragen von einer Schar mittelmäßiger Sänger.
    Das zeigen aktuelle Rezensionen. Sie bestehen in den ersten 85% aus einer Auseinandersetzung des Rezensenten mit der Inszenierung. Dann werden die Sänger und gelegentlich der Dirigent kurz abgehandelt. Manchmal taucht nicht einmal der Name des Komponisten auf. Offenbar spielt die Musik keine große Rolle mehr.
    Was soll man Opernanfängern sagen, die sich auf eine Aufführung vorbereitet haben und die Geschichte dann nicht mehr wiedererkennen?



    Also ein klares Ja zum Regietheater. Aber bitte mit Augenmaß!


    Ebenso ein Ja zur konventionellen Inszenierung. Aber bitte staubfrei!


    Dann hat die Oper auch in diesem Jahrhundert eine Zukunft.



    Gruß


    oiram

  • Hm, das ist genau das, was ich für das Problematischste halte.
    Ein bisschen modernisieren, weil man mit dem "Original" nicht zurechtkommt (frage mich nur, warum Wagners Texte nicht "korrigiert" werden ...)
    Aber nicht zu viel, also doch keine "neue Kunst".


    Das ist für mich die schlimmste Form der Verniedlichung/Verfremdung. Vereint alle Nachteile ...

  • Teilweise wurde die Texte ja auch schon bei Opernaufführungen geändert - das habe ich schon mehrfach erlebt. Und bei der gestrig besuchten Traviata in Köln waren die Übertitel derart frei übersetzt, nur damit die Diskrepanz zwischen Bühne und Original-Libretto nicht so auffällt.


    Ich habe früher auch so wie oiram gedacht, doch mittlerweile bin ich auch soweit, dass ich vom Regietheater derartig die NAse voll habe, dass ich keine einzige Inszenierung dieser Machart mehr sehen möchte. Also konstruktiv: Ich wünsche mir ausschließlich Inszenierungen, die in der librettogemäßen Zeit spielen und das Geschen so wiedergeben, wie es im libretto steht.

  • ...mal zurück zur Wiener Fantasterei der Frau Nemirova...


    nach allem, was ich darüber lese, kommt mir das Ganze mittlerweile nahezu vor wie eine KARIKATUR von gutem Regietheater...


    Knuspi - bist DU ... Nemirova :D ???


    Dieses wohl recht halbgare Zeug wäre wahrlich nicht der ungeschickteste Trick,
    um gutem Regietheater (das ich ja durchaus schätze) nachhaltig eins auszuwischen...


    ;)
    micha

  • Und im gleichen Zug fordere ich, dass der Einsatz von Darmsaiten und entsprechenden Blasinstrumenten zur Pflicht wird, keine Oper aus dem 19. Jahrhundert sollte noch mit einem gewöhnlichen Orchester der heutigen Kulturmafia weiterhin entfremdet werden.
    Denn diese musikalische Umsetzung hat mit den damaligen Aufführungspraktiken absolut nichts zu tun.


    Ich will die Salamiverkäufer, die Mietlogen in der Oper, ich will da mit meinen Freundinen nach Herzenlust rummachen können, wärend die Kastraten singen und ich will beim Opernbesuch mit anderen Gästen spielen und speisen.
    Und selbstverständlich muss man die Kastration wieder einführen - ev viva il coltellino !


    Im Parkett gehören die Stühle herausgerissen, und ich verlange dass auch das Publikum zur jeweiligen Oper in passender Garderobe erscheint - denn alles andere zerstört meinen Kunstgenuss und ist eine Entfremdung der Oper.



    :lips: :wacky:

  • Zitat

    Original von oiram
    Andererseits wurde die Schraube überdreht. Manchmal ist die Oper nur Vehikel einer vergeistigten Egomanie des Regisseurs, getragen von einer Schar mittelmäßiger Sänger.
    Das zeigen aktuelle Rezensionen. Sie bestehen in den ersten 85% aus einer Auseinandersetzung des Rezensenten mit der Inszenierung. Dann werden die Sänger und gelegentlich der Dirigent kurz abgehandelt. Manchmal taucht nicht einmal der Name des Komponisten auf. Offenbar spielt die Musik keine große Rolle mehr.
    Was soll man Opernanfängern sagen, die sich auf eine Aufführung vorbereitet haben und die Geschichte dann nicht mehr wiedererkennen?oiram


    Mich ärgert es auch maßlos, daß in Opern-Rezensionen die Sänger und der Dirigent fast immer mit einem Nebensatz und mit Ausdrücken wie "rollendeckend", "passabel", "ließ aufhorchen", "großartig" usw. abgespeist werden. Absatzweise wird über den Inhalt der Oper und die Sichtweise der Regisseure gelabert. Wer sich als Rezensent von "modernen" Inszenierungen (offenbar alles, was nicht traditionell ist) distanziert gilt als altmodisch. Die Musik spielt nicht nur mehr keine große Rolle mehr, sondern ich erinnere mich an eine "Sonnambula" Kritik, die den Eindruck hinterlassen hatte, man rechtfertige die Produktion eines "schwachen Werkes mit verstaubter Musik" mit einer "modernen" Inszenierung.
    Ich habe auch leider den Namen des Regisseurs vergessen, der gesagt hat, eigentlich möge er Oper überhaupt nicht. Warum engagiert ein Operndirektor so jemanden? Mediale Aufmerksamkeit? Sehen sich deshalb mehr Leute diese Produktion an?


    Allgemein halte ich es diesbezüglich so: mir geht es nicht um modern oder altmodisch, sondern um Qualität und um handerkliches Können. Die kann man hier wie dort finden. ABER: Ein Opern-Regisseur, der nur provozieren will, aber nicht einmal in der Lage ist, Sängern und Chor eine angemessene Personenführung angedeihen zu lassen, geschweige denn über ein Mindestmaß an musikalischer Bildung verfügt, hat in meinen Augen handwerklich versagt.

  • Zitat

    Original von Mengelberg
    Ich denke, daß es den Kritikern des Regietheaters (das militante Vokabular, das Geschimpfe und die Unsachlichkeit legen den Schluß nahe) letztenendes gar nicht um die Oper, Theater und Regie geht. M.


    Um die Oper geht es aber vielen Regisseuren auch nicht.

  • Zitat

    Original von La Gioconda
    Mich ärgert es auch maßlos, daß in Opern-Rezensionen die Sänger und der Dirigent fast immer mit einem Nebensatz und mit Ausdrücken wie "rollendeckend", "passabel", "ließ aufhorchen", "großartig" usw. abgespeist werden. Absatzweise wird über den Inhalt der Oper und die Sichtweise der Regisseure gelabert. Wer sich als Rezensent von "modernen" Inszenierungen (offenbar alles, was nicht traditionell ist) distanziert gilt als altmodisch.


    Diese Unsitte regt mich ja auch immer mehr auf: Da liest man erst mal zwei Spalten Inhaltsangabe, dann wie der Regisseur das umgesetzt hat und dann kommen völlig außerhalb der Relation ein paar Flosklen und Platitüden zu den Sängern. Ist nicht immer so, aber zunehmend zu beobachten. Lies mal Kritiken der Jahrhundertwende, da ist das noch genau andersrum.

  • Zitat

    Original von Knusperhexe
    Lies mal Kritiken der Jahrhundertwende, da ist das noch genau andersrum.


    Die sind oft so plastisch und detailliert (und kompetent!!) formuliert, daß man manchmal wirklich glauben könnte, man wäre dabei gewesen.

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