Beethovens Gesamtwerk - gehört von Alpha bis Omega

  • Nach einigem Nachdenken habe ich beschlossen, Beethovens Gesamtwerk zu
    hören und euch an meinen Erfahrungen und Urteilen teilhaben zu lassen. Ich
    schätze, dass das etwa drei bis vier Monate dauern wird. Ich plane eine CD
    pro Tag zu hören. Was ich sicher nicht schaffen werde, es gibt ja auch noch
    andere Musik, die auf mich wartet.
    Als Arbeitsmaterial nehme ich die Cascade-Box "Beethoven - Das Gesamtwerk":



    Ich werde ohne System, einfach nach Lust und Laune hören. Das wird
    vermutlich darauf hinauslaufen, dass ich anfangs in erster Linie relativ
    unbekannte Werke höre. (Die ersten zwei Einträge sind aus dem "Was hört ihr
    gerade jetzt"-Thread übernommen.)
    Kommentare von euch sind jederzeit herzlich willkommen.


    Wer die genaue Auflistung der Stücke und Interpreten anschauen möchte,
    hier ist ein Link zur Firma Cascade: http://www.cascade-medien.com/Beethoven_Complete_Edition.pdf


    Und jetzt los -----------


    .


    .

    2 Mal editiert, zuletzt von Florian Voß ()

  • CD 30


    Eine der Gründe diese Box zu kaufen (davon abgesehen, dass ich sie haben
    wollte/musste) war, eine Einspielung der drei Kürfürstensonaten WoO 47 zu
    besitzen, auf die ich sehr gespannt war. Nun habe ich gerade die erste und
    zweite gehört und befinde mich mitten in der dritten - der erste Eindruck:
    Wow, das hat ein 13jähriger geschrieben? Unfassbar!


    Wirklich sehr schöne Kompositionen, ich würde sogar behaupten, würde man
    sie einem Laien in die 32 späteren einschmuggeln (etwas zugespitzt
    formuliert), er würde sie nicht als minderwertig empfinden; insbesondere die
    dritte Kurfürstensonate ist in großen Teilen für meine Ohren schon "echter"
    Beethoven (um Ulli zu widersprechen, auch wenn ich ihm recht gebe, dass
    die erste noch sehr von Mozart durchleuchtet ist). Eine Entdeckung, ganz
    ohne Zweifel.


    Die Fuge Hess 64 und das Allegretto Hess 69 zuvor sind solide Werke. Die
    ebendfalls auf der CD vorhandenen 3 Stücke für Klavier WoO 60-61a sind
    schon von anderem Kaliber. Und vor allem die 2 Walzer und die Ecossaise
    WoO 84-86 sind großartig - großartig auch die Einspielung von Schiff dieser
    drei Stücke auf dem Fortepiano.


    .


    .

    Einmal editiert, zuletzt von Florian Voß ()

  • Ich finde das ein sehr interessantes Vorhaben. Leider gibt es bei Amazon kaum nähere Informationen zu dem Klotz.
    Es wäre daher hilfreich, wenn Du vielleicht die auf der jeweiligen CD enthaltenen Werke und ihre Interpreten zur besseren Übersicht am Beginn des Postings hervorhebst (so wie jetzt "CD 59"). Irgendwo müssen die Aufnahmen ja her stammen, es dürfte sich wohl meistens um lizensierte Zweitverwertungen handeln.


    Moderatoren könnten dann ggf. auch links zu schon bestehenden threads ergänzen.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • CD 35


    Soeben die Große Fuge Op.134 von Beethoven in der Einspielung von
    Stephan Möller gehört - also die Klavierbearbeitung. Das ist aber ziemlich
    extremistisch für´s frühe 19te Jahrhundert. Meine Güte!


    Zwischenruf von Ulli: Da spielt er quasi zweispurig mit sich selbst
    vierhändig Fasssszinierend...


    Genau die ist es, was für eine extreme Interpretation einer völlig extremen
    Musik. Ich finde ja Op. 133 schon heftig, aber Op. 134 - also die Umsetzung
    für Klavier - das ist wirklich aus der Zeit gefallen; 1826 geschrieben, kaum zu
    fassen!


    Zwischenruf von Kurzstueckmeister: Wieso? Klingt das
    so Barock?


    Zwischenruf von Johannes Roehl: Ich kenne die Klavierfassung
    zwar nicht näher, aber ich finde keineswegs, daß sie extremer wirkt. Im
    Gegenteil (weil Quartett fast immer "schärfer" klingt als Klavier). Beethoven
    hat sie wohl angefertigt, um das als sehr schwierig empfundene Werk
    zugänglicher zu machen und weiter zu verbreiten.


    Das mag auch an der Interpretation von Möller liegen. Op. 133 kenne ich
    bislang nur von den Julliards, das fand ich dann doch "gefälliger".


    Zudem auf dieser CD: Sonate für Klavier zu vier Händen Op. 6. Keine Ahnung,
    warum die niemals nicht bei den Gesamteinspielungen der Sonaten dabei
    ist... bei den Kurfürstensonaten kann man es ja noch verstehen; die sind
    zwar auch toll, aber eben Jugendwerke. Op. 6 hingegen steht z.B der Sonate
    Op. 2/1 in nichts nach, sie ist nur etwas kurz: zwei Sätze je knapp unter drei
    Minuten.


    Dann zwei sehr schöne Präludien Op. 39 und 12 Variationen WoO 71.
    Melancholia, ick hör dir trappsen...


    Als nächstes drei Märsche Op. 41: wieso die eine Opus-Zahl haben? Keinen
    blassen Dunst! Hören sich schrecklich an - aber ich mag Märsche so oder so
    nur in ihrer türksichen oder rumänischen Form, südamerikanische gehen auch.


    Schließlich noch eine Entdeckung: 8 Variationen für Klavier zu vier Händen
    (über ein Thema des Grafen Waldstein) WoO 67. Ganz große Kunst.


    .

  • CD 59


    Und es geht weiter mit der Cascade-Kiste: Sonate für Horn und Klavier Op.
    17 - im ersten Satz haut der Hornist teilweise ganz schön daneben (Albert
    Linder), im zweiten kriegt er es schon besser hin. Im dritten wieder eher
    mittelmäßig. Davon abgesehen: nicht Beethovens bestes Werk...


    Es folgt: Sextett Op. 81b. Das hingegen ist eine wirklich schöne Komposition -
    und hier sind auch die beiden Hornisten um Klassen besser.


    Schließlich Trio für Flöte, Fagott und Klavier WoO 37. Schön, plätschert
    allerdings ein wenig dahin.


    .


  • Ich finds schön aggressiv, so muß das für mich klingen:



    Möller verwendet einen speziellen Bösendorferflügel, auf dem er zunächst den Part I eingespielt hat, um sich dann mit Part II selbst zu 'begleiten'. Das Ding hat also eine computergestützte Aufnahmefunktion und heißt SE 290 (die Typenbezeichnung klingt eher nach 'nem geilen alten Daimler...)


    :hello:

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • CD 65


    ´Cause I´m in the flow:


    Weiter geht´s... mit dem Sextett für Bläser Op. 71. Geschrieben 1796 und
    noch deutlich angeregt von Mozarts Divertimenti. Zudem erinnert mich das
    Stück stark an Franz Krommer, der zwar früher geboren wurde als Van B. -
    der aber eher von ihm beeinflußt wurde als umgekehrt, b.z.w ebenso wie Van
    B. von Mozart, würde ich sagen. - Mir ist das zu leichtfüßig, zu fröhlich. Reine
    Unterhaltungsmusik; was besonders bei Beethoven verwundert.


    Dann drei Duos ("Dui" müßte es wohl richtigerweise heißen?) WoO 27 von
    zweifelhafter Zuschreibung. Ich würde auf´s erste Hören sagen: authentisch.
    Insbesondere des zweite Duo ist von einer Weite und Komplexität, die ich
    Beethoven sicher zutrauen würde. Es soll ein Werk aus der Bonner Zeit sein.


    Und 2 Märsche: nee, das ist nix, auch wenn der erste sogar ein mittleres Werk
    von 1816 ist. Merkwürdiges Fortepiano, dass Herr Steven Beck dort spielt; er
    hat offenbar ein integriertes Schlagwerk, mit dem er den Takt mitklopft. Hört
    sich ein bißl an, wie eine Kirmesorgel.


    Schließlich drei Equalen WoO 30: Stücke für vier Posaunen, die teilweise
    klingen wie Kompositionen von Andrea Gabrieli - sehr, sehr merkwürdig,
    Beethoven in der Renaissance. Aber: gute Stücke!
    Und: sie wurden zu Beethovens Beisetzung gespielt.


    .

  • CD 85


    Ein Beethoven-Allerlei: verschiedene kurze Stücke und Skizzen für Klavier -
    fast einjedes geht zu schnell vorüber. Es sind Juwelen dabei wie:


    Andante für Klavier C-Dur Biamonti 52,
    Menuett C-Dur Biamonti 74,
    Thema und Variationen in A-Dur Hess 72,
    Melodie in C-Dur Hess 73,


    die letztere Melodie ist nur 28 Sekunden lang, aber wenn Beethoven diese
    Idee ausgeführt hätte, was wäre daraus geworden..? Andere Komponisten
    hätten sich die Finger geleckt...


    Dahinter geklemmt die Klaviersonate Op. 14/1, die merkwürdigerweise hier
    auftaucht, und nicht bei den anderen Klaviersonaten. Ganz ambitioniert
    gespielt von Daniela Ruso. Aber Kempff is´ besser.


    Dann das Rondo für Klavier und Orchester WoO 6, schon geschrieben vor
    1793, aber später als Finale für das 2. Klavierkonzert geplant. Merkwürdig,
    dass so ein Stück untergegangen ist. Makellos.
    Und das Rondino WoO 25 wäre wohl fast das Finale des Bläser-Oktetts
    geworden.


    Und zum Abschluß der heutigen Exkursion, Beethovens letzter musikalischer
    Gedanke aus dem November 1826: Stück für Klavier in C-Dur WoO 62. Sehr
    gefaßt und getragen. Muß ich morgen nochmal hören, diese 3.33 Minuten.


    .

  • Zitat

    Original von Florian Voß
    CD 85
    .


    Faszinierend, daß hier Herr Biamonti, Herr Hess, Herr Opus und Herr WoO vereint sind...


    :beatnik:


    Ich find ja immer, daß z.B. WoO 74 paradox ist. Entweder ein Werk hat keine Opus- oder Ordnungszahl (WoO) oder es hat eine... :D - beim KV gehts ja auch, da heißts dann einfach KV deest, idem bei Hoboken...

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • CD 36


    So, die Tagesdosis: erstmal das Ritterballett für Klavier Hess 89. Eine schöne
    Abfolge von kurzen Stücken, und auch hier denke ich: was für große Ideen,
    und dann in nur 30 oder 40 Sekunden ausgeführt. So eine Verschwendung.
    Zum Beispiel das Tanzlied (27 Sek.) ist ganz liebreizend... wupp, und schon
    wieder vorbei. Vielleicht sollte man es ein paar Mal hintereinander schneiden -
    aber das wäre ja sakrosankt, nicht wahr...


    Weiter mit 12 Deutschen Tänzen Hess 100. Die Deutschen von Schubert finde
    ich ja teilweise ziemlich schnarchig (was auch am Pianisten liegen könnte:
    Dieter Zechlin; ich werd nicht warm mit ihm) - hingegen jetzt die von
    Beethoven: ganz hervorragend, man möchte gleich tanzen, aber sehr barfuß
    unter Trauerweiden, oder so ähnlich :wacky:


    Recht nahtlos fügen sich an die 12 Menuette Hess 101, wenn sie auch nicht
    ganz so leichtfüßig sind, wie die Deutschen. Hier müßte man wohl eher
    Schnallenschuhe tragen.


    Die bisherigen Stücke wurden alle gespielt von Steven Beck, der öfters in
    dieser Box auftaucht, und den ich nicht übel finde; sauber gespielt, ohne
    Schnickschnack. Wenn man, so wie ich, eher an den Werken interessiert ist,
    reicht das völlig aus.


    Schließlich, gespielt von Jenö Jandó (den ich auch mehr als nur recht gut
    finde), 7 Ländler WoO 11 und 12 Deutsche Tänze WoO 13.


    Alles in allem eine hübsche CD, aber doch eher Gebrauchsmusik, immerhin auf
    hohem Niveau.


    .


  • Tease mal diese:



    Eine meiner liebsten Datenbitsammlungen überhaupt... da möchte man nicht (nur) tanzen, sondern wenn, dann gleich im 8. Himmel... oder so ähnlich... (oder auch garnicht und einfach nur sein...)


    Ich empfehle mich (und die CD). Du darfst weiter ontopic machen...


    :hello:

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • CD 67


    Noch ne Stunde Lieder.
    Ich war mir nicht im Klaren darüber, dass Beethoven so schöne Lieder
    geschrieben hat, bislang habe ich ja hauptsächlich von ihm Klaviersonaten,
    Symphonien und Streichquartette gehört - wie wohl die Meisten.


    Und jetzt das: Lieder Op. 52, gesungen von Pamela Coburn und Hermann
    Prey (abwechselnd). Prey finde ich ja ein bißl zu tenorhaft (obwohl er natürlich
    Bariton ist) - dieses rrrrollende "R", dieser etwas erkältete Schmelz in der
    Kehle. Und in den 70er Jahren war er der Liebling aller Omis. Aber schlecht ist
    er ja nicht.
    Jedenfalls die Lieder. Gleich das erste "Urians Reise um die Welt" (Text:
    Matthias Claudius) klingt ein wenig wie von Brecht/Weill (kann wahrscheinlich
    niemand nachvollziehen). Und das "Liedchen von der Ruhe" - ganz wunderbar.
    Die Lieder sind fast noch Jugendwerke, und dann im Jahre 1805 als Konvolut
    publiziert.


    Als nächstes Lieder nach Gedichten von Goethe Op. 75. Auch sehr schön,
    doch nicht so schön wie Op. 52.
    Es folgen noch verschiedene Lieder ohne Opuszahl - hier besonders
    hervorzuheben: Man strebt die Flamme zu verhehlen WoO 120 und An einen
    Säugling WoO 108. Letzteres ist eine der frühesten (publizierten)
    Kompositionen Beethovens, veröffentlicht im Jahre 1784 in der "Neuen
    Blumenlese für Klavierliebhaber".
    Und zum Schluß hin noch Sehnsucht WoO 134. Fast schon Hochromantik.


    Was mich dazu bringt, zu bemerken, dass bei fast all diesen Liedern sich mal
    wieder meine These bewahrheitet, dass Beethoven zur Romantik gehört.


    .

  • CD 77


    Und weil es mir gestern so gut gefallen hat, 73 Minuten Lieder verschiedener
    Völker WoO 158 a-c.
    Tja, und hier bestätigt sich, das Beethoven doch kein Romantiker war. Bislang
    sind die Lieder, nunja, interessant. Einzelne Stücke ragen natürlich hervor:


    Seus lindos olhos
    Akh, recen´ki, recen´ki
    Schöne Minka, ich muß scheiden


    Letzteres hört sich dann doch wieder sehr romantisch an.


    Dann sind da noch die Tiroler Lieder, die mir historisch sehr bemerkenswert
    vorkommen, da man sich anhand ihrer vorstellen kann, wie deutsch(e)
    (sprachige) Volksmusik im 18ten Jhdt geklungen haben wird. Wären sie doch
    dabei geblieben, dann würde ich mir auch Hansi Hinterseer anschauen.


    Besonders schön sind die englischsprachigen Lieder gegen Ende hin - da kann
    ich mich ja noch auf was freuen, denn in der Cascade-Kiste sind mindestens
    noch fünf, sechs andere CDs mit irischen und schottischen Liedern.


    Jedenfalls sind für mich persönlich die Lieder Beethovens eine wirkliche
    Entdeckung. Und ich frage mich, warum sie - im Verhältnis zu Schubert und
    Schumann - doch recht unbekannt sind, heutzutage...


    .

  • CD 78


    Tot! Tot, stöhnt es durch die öde Nacht! - Das ist der erste Satz der Kantate
    auf den Tod Kaiser Josephs II. WoO 87.
    Eingespielt von dem Estonian National Symphonic Orchester, das recht gut
    ist, ebenso wie der Chor; nur der Bass Savitski Leonid ist nicht das Gelbe vom
    Ei - er sackt immer wieder in den Tiefen weg (und das als Bass...) :rolleyes:.


    Die Kantate ist toll, allein dieser völlig schräge Anfangsakkord. Der Text ist
    von Severin Anton Averdonk (klasse Name), der durch kein weiteres Werk
    aufgefallen wäre. Aber wenn man die anfängliche Zeile schreibt, kann man
    nicht so schlecht gewesen sein...


    Die Kantate ist absolut großartig, ich wiederhole: absolut großartig.
    Beethoven schrieb sie 1790 mit 19 Jahren, und sie hört sich nicht wie ein
    Frühwerk an, eher nach 1820 oder später. Was für eine Kraft.


    Es folgt die Kantate auf die Erhebung Leopolds II. WoO 88 - den Nachfolger
    Josephs II. - Auch hier wurde der Text von Severin Anton Averdonk
    geschrieben (also doch noch ein Werk, durch das er bekannt geworden ist).
    Und auch diese Kantate ist großartig und hört sich so gar nicht nach einem
    Frühwerk an.


    .

  • CD 32


    Heute Variationen. Variationen über einen Türkischen Marsch Op. 76,
    Variationen "Es war einmal ein alter Mann" WoO 66 und Variationen "La
    stressa, le stressissima" WoO 73 sind alle drei ein wenig nichtssagend, wie ich
    finde, ziehen so am Ohr vorbei, ohne dass etwas haften bleibt. Hingegen die
    Variationen "Une fiévre brúlante" gehen richtiggehend ans Herz. Auch die
    Variationen "Kind, willst du ruhig schlafen" WoO 75 sind hübsch anzuhören,
    aber mit z.B. den Klaviersonaten sind sie natürlich nicht zu vergleichen.
    Allerdings die vierte Variation hat Läufe die sehr wohl an bedeutendere Werke
    Beethovens erinnern.


    Offenbar hat Beethoven all diese Variationen zu seinerzeit populären Melodien
    geschrieben, in der Hoffnung, Geld zu verdienen. Und ehrlich gesagt, so hören
    sie sich teilweise auch an. Ein wenig uninspiriert.


    Auch die Variation "Tändeln und Scherzen" WoO 76 und die Leichten
    Variationen WoO 77 fügen sich da ein (wobei WoO 77 wiederrum sehr schöne
    Passagen hat).
    Nicht dass all diese Stücke schlecht sind, aber z.B. die Variationen über ein
    Thema des Grafen Waldstein WoO 67 sind dann doch deutlich besser (s.o.).


    .

  • CD 1


    So, zur Entspannung mal was Bekanntes: Die 1. Symphonie, die ich ja schon
    sehr oft gehört habe, weil sie häufig mit meiner Lieblingssymphonie (Pastorale)
    auf CD zusammengekoppelt wird (so auch hier). Gespielt von der
    Norddeutschen Philharmonie unter Eugen Duvier. Und ich muß euch sagen,
    das ist wirklich, wirklich keine wirklich gute Einspielung, um es vorsichtig zu
    sagen. Irgendwie lärmig, die Streicher krachen, die Bläser blöken. Und
    runtergespielt ist die ganze Symphonie noch dazu. Es soll sich ja um ein Fake-
    Orchester handeln, also eines, das nie unter diesem Namen existiert hat, aber
    es gibt ja doch ein Orchester diesen Namens in Rostock (naja, Rostock...).
    Stimmen die überein? - Wie auch immer; schlechte Aufnahme. Andererseits,
    sie ist nicht totzukriegen, die 1. Symphonie. Schwamm drüber. Augen zu und
    durch.


    Es folgt die 6. Symphonie, gespielt vom Orchester der Wiener Volksoper unter
    Eduard Lindenberg. Schon viel, viel besser. Sehr betonte Bläser, was sich erst
    mal nicht schlecht anhört, legt völlig andere Aspekte frei. Die Geigen haben im
    ersten Satz ab und an etwas viel, wie soll ich sagen, Emphase. Das Dirigat
    von Lindenberg hat einen ziemlichen Zug drauf. - Wer zur Hölle ist eigentlich
    dieser Lindenberg; im Netz kann ich nichts über ihn finden (auf die Schnelle).


    Im zweiten und dritten Satz könnte etwas mehr Elan stecken. Und es sind drei
    böse Bandschnitte hörbar (vielleicht auch Pressfehler). Dafür ist der Puls der
    Symphonie teilweise sehr gut empfunden. Alles in allem eine interessante
    Einspielung, insbesondere der erste Satz.


    .

  • Hallo Florian,


    ich hab die CD-Übersicht durchgelesen und entdeckte, daß bei der IX. op. 125 keine Gesangssolisten aufgeführt sind.


    Bitte schau gelegentlich nach und gib sie uns bekannt.


    :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Zitat

    Original von Florian Voß
    Variationen "La stressa, le stressissima" WoO 73 sind alle drei ein wenig nichtssagend, wie ich finde [...]


    Wohl nicht stressig genug :D?(


    Ich bin ja so ein Liebhaber der 'klassischen' Variation :pfeif:


    Vom Louis schätze ich besonders WoO 70 über Paisiellos Nel cor più non mi sento und WoO 77 G-Dur... einfach himmlisch!


    ;(

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • CD 5


    Um Siegfrieds Frage beantworten zu können, höre ich heute als Erstes die
    Neunte Symphonie Op. 125. Erneut eine Einspielung unter dem Dirigat
    von "Eugen Duvier", diesesmal mit der Slowakischen Philharmonie ("Eugen
    Duvier" kommt viel herum). Also, irgendwie ist die Aufnahme HIP - sie hört
    sich jedenfalls so dünn an, als wäre die halbe Streicher-Sektion nach Hause
    gegangen. Spaß beiseite: wegen der Symphonien sollte man diese Box n i c h t
    kaufen.


    Auch in der Neunten sind wieder ein paar böse Bandschnitte zu hören. Und
    man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass das Orchester möglichst
    schnell fertig werden möchte - "Hey Leute, wir müssen heut noch die Fünfte
    einspielen, sonst kriegen wir nicht das vereinbarte Westgeld..."


    Der dritte Satz ist nicht übel, mir fällt kein anderes Wort als "verspielt" ein
    (nicht im Sinne von "falsch gespielt"). Der vierte wiederrum völlig lustlos. Der
    Chor ist mittelmäßig, die Solisten ziemlich bescheiden. Und auch auf der CD-
    Hülle sind ihre Namen nicht genannt. Vermutlich mit gutem Grund. Der Choral
    hört sich ein bißl an, wie in der Landesbühne Lüneburg (o.ä.). Gott, singen die
    alle teilweise neben der Spur - das hat schon wieder was...
    Wie gesagt, wegen der Symphonien sollte man die Kiste lieber nicht kaufen.


    .

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Ich bin mir nicht sicher, ob nicht "Eugen Duvier" (ähnlich wie Alberto Lizzio oder Alfred Schmidt, äh Scholz) ein Pseudonym ist, unter dem seit Jahrzehnten unterschiedliche Aufnahmen, nicht immer dieselben, vertrieben werden.
    (Auch bei Lindenberg bin ich mir nicht sicher. Die Tatsache, daß es Dirigenten mit den Namen tatsächlich gibt oder gab, bedeutet noch nicht, daß alle Einspielungen dubioser Billiglabel tatsächlich von ihnen stammen.)


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Naja, deshalb hab ich den Namen Eugen Duvier ja auch in Gänsefüße gesetzt.
    Und dass man über Lindenberg im Netz nichts findet, deutet darauf hin, dass
    auch er inexistent ist.


    .

  • CD 2


    Na, dann machen wir mal weiter mit den Symphonien. Die Zweite Op. 36.
    Erster Satz lustlos und gehetzt. Es scheinen insgesamt viele der Symphonien
    ein bißl schnell eingespielt worden zu sein. Hier hetzt die Süddeutsche
    Philharmonie unter Hanspeter Gmür. - Der zweite Satz ist schon besser. Aber
    alles in allem: kann man anhören, oder auch nicht.
    Ich muß ja zugeben, dass ich Beethovens Zweite eh ein wenig fad finde...


    Es folgt die Vierte Symphonie Op. 60 - zu Anfangs der finstere Auftakt, das
    ist schon mehr nach meinem Geschmack. Radio Sinfonie Orchester Ljubljana
    unter Anton Nanut. Von denen habe ich auch andere Beethoven-Symphonie-
    Einspielung, und die fand ich ziemlich gut. Auch die Vierte beginnt ergreifend.
    Ein unterschätzes Orchester. Ich habe von ihnen ebenfalls eine Siebte, und die
    ist erste Sahne.
    Das Adagio der Vierten ist jedenfalls mit ordentlich Schmelz gespielt, und so
    gehört es ja auch.
    Um Mißverständnisse zu vermeiden: es gibt bessere Einspielungen, aber diese
    unter Nanut würde ich mir auch seperat kaufen.


    Ich werde weiter berichten ...


    .

  • CD 52


    Kaum zu glauben, dass so etwas zum Hess-Katalog gehört: Präludium und
    Fuge Hess 30 und Präludium und Fuge Hess 31. Fugen für Streicher in
    Beethoven´scher Art. Sehr beeindruckend.


    Und weiter ---
    Beim ersten Satz des Quartett in F-Dur Hess 32 denkt man: Hey, das kenn
    ich doch, das ist aus dem Streichquartett Op. 18/1. Aber dann beginnt der
    zweite Satz und alles ist anders. Genau dieses Adagio molto ist wunderschön –
    das hätte ich an Beethovens Stelle im Streichqaurtett Op. 18/1 gelassen.
    (Naja, 18/1 ist ja auch so ganz gut geworden) :D. Sehr interessant ist
    natürlich auch, quasi in die Werkstatt zu schauen.


    Das nächste Streichquartett Hess 34 ist eine Übertragung der Klaviersonate
    Op 14/1. Das hört sich erstmal irritierend an, dann ersschließt sich das Werk
    aber auf ganze andere Weise. Funktioniert auch als Stück für Streicher. Aber
    letztlich ziehe ich die Klaviersonate vor (Kempff!)... aber schön ist die
    Bearbeitung für Streicher schon. Ich könnte mir vorstellen, wenn ich sie öfters
    höre, gefällt sie mir irgendwann besser, als die Klaviersonate.


    Schließlich eine weitere Fuge, ein Arrangemant von Händels "Salomon". Und
    dieser Gegensatz von Spät-Barock und "Klassik" der da plötzlich wieder
    wahrzunehmen ist, der ist schon erstaunlich, da liegen nur 50 Jahre
    dazwischen!


    Auf dieser CD sind zu hören das Quartetto Paolo Borciani und das Kodaly
    Quartett, und beide sind ausgesprochen gut, wenn auch nicht Weltklasse.


    .


  • Die Frühfassungen der Quartette sind m. W. auf dieser (von mir bisher ungehörten) CD vereint:




    Op. 14 Nr. 1 ist der (originalen) Quartettfassung ist auch hier drauf und gefällt mir sehr (um nicht zu sagen: besser als das Original):



    Ein gewisser Pierre-Auguste-Louis Blondeau (1784-1865) fühlte sich berufen, mehrere Beethovensonaten als Streichquartett zu arrangieren - und auch da muß ich sagen:


    cool :beatnik:



    Streichquartett Nr. 1 A-Dur nach der Sonate für Klavier op. 2 Nr. 2
    Streichquartett Nr. 2 C-Dur nach der Sonate für Klavier op. 2 Nr. 3
    Streichquartett Nr. 3 f-moll nach der Sonate für Klavier op. 2 Nr. 1


    Von einem unbekannten Arrangeur stammt die Umarbeitung der c-moll-Sonate op. 13 zum Streichquintett:



    Mit enthalten eine Verwurstung der 8. und 1. Sinfonie (erstere sehr gelungen, letztere eher nicht) für Streichquintett.


    :hello:

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • CD 64


    Am Nachmittag hörte ich CD 64, und trage nun den Bericht nach:


    Trio für zwei Oboen und Englischhorn Op. 87 und Variationen für dieselben
    Instrumente WoO 28. Beide Werke hören sich schön an, kommen mir aber
    nicht wirklich nahe, obwohl ich sowohl Oboen als auch Horn besonders gerne
    mag - ich liebe diesen dunklen Klang. Aber trotzdem können mich diese zwei
    Kompositionen nicht vollständig überzeugen. Am Ensemble liegt es nicht, die
    drei Musiker spielen ausnehmend gut - John Abberger und Marc Schachman
    Oboen, und Lani Spahr Englischhorn.


    Es folgt das Oktett Op. 103, das ich schon seit längerem auf einer Platte habe,
    und schon da gefiel es mir wirklich gut. Auch in dieser Einspielung überzeugt
    es mich wieder. Diese Beschwingheit ohne Oberflächlichkeit. Sehr schön.


    .

  • CD 80


    Frisch ans Werk: Messe Op. 86 - geschrieben im Jahre 1807 für Fürst
    Esterhasi , wohl auf Empfehlung noch von Haydn.
    Grandioses Werk, natürlich, aber wieso muss eine Messe immer so dramatisch
    sein, so "katholisch"? Ich würde gerne mal eine kontemplative Messe hören.
    Wenn die Anfangsstimmung des Sanctus dieser Messe weitergeführt werden
    würde (geworden wäre) - dann, ja, dann... das wäre "meine" Messe. Davon
    abgesehen, wenn ich mich von so einem Wunsch freimache, finde ich: eine
    sehr schöne Messe, insbesondere das Sanctus. Auch das Agnus Dei ist von
    großer Pracht. Gespielt wird das Ganze wiederum von der Slowakischen
    Philharmonie unter Anton Nanut, die, ich kann mich nur wiederholen, deutlich
    unterschätzt ist. Auch Chor und Solisten sind sehr gut.


    Das sich anschließende Opferlied Op. 121b (ein Spätwerk also) ist auch sehr
    ergreifend. Noch ergreifender ist allerdings der Elegische Gesang für Chor und
    Sreichorchester Op. 118. Geschrieben für die im Kindbett verstorbene Frau
    des Baron von Pasqualati, einen der Vermieter Beethovens.


    Schließlich das recht bekannte Meeresstille und glückliche Fahrt Op. 112 nach
    Gedichten von Göthe. Passagenweise hört sich das sehr modern an - im Sinne
    von klassischer Moderne. Gewagt für 1814. Aber, wir wissen, Beethoven war
    eben ein Revolutionär.


    .

  • CD 60


    So, nach einer schweinegrippe-bedingten Pause, back to Beethoven:
    Wir starten mit dem Quintett für Klavier, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott
    Op. 16 - eine sehr schöne Einspielung, die allerdings durch allerlei
    Nebengeräusche etwas getrübt wird... man hört Husten, Türenklappen (?),
    Rascheln, Fagottklappen-Geklapper und noch so dies und das - war wohl
    etwas viel Betrieb im Studio. Op. 16 erinnert mich wieder an Franz Krommer
    und an den späten Mozart, handelt es sich doch auch um ein relativ frühes
    Werk von 1796. Vor allem im ersten Satz ist das Klavier sehr apart gegen die
    Bläser gesetzt und läßt schon einige typische Beethoven-Phrasen erkennen.
    Der zweite Satz - ein Rondo - ist ein bißchen langweilig zu Anfangs, entwickelt
    sich dann aber besonders in der Klavierstimme. - Und jetzt weiß ich auch,
    warum so viele Nebengeräusche zu hören waren: es handelt sich um eine Live-
    Aufnahme - tja, was soll ich sagen: für eine Aufnahme vor Publikum waren
    dann aber sehr wenig Störgeräusche zu hören.


    Es folgt die Serenade Op. 25. Keine seiner besten Kompositionen und dazu
    noch ziemlich uninspiriert runtergefidelt. Wir hören das Kammerensemble
    Heidelberg. Nee, das reißt mich nicht vom Cocktailsessel. Allerdings: das
    Andante con variazioni ist groß. Das hat dann plötzlich eine Tiefe, die kaum
    zum Rest passen will.


    Schließlich zwei Sonatinen, ein Adagio und ein Andante für Klavier und
    Mandoline WoO 43/1, 43/2, 44/1, 44/2. Insbesondere das Adagio wäre so ein
    schönes Stück, wenn die Mandoline nicht wäre. Ich finde Mandoline ja ein
    etwas blödes Instrument, dieses ständige Tremolo geht mir auf die Nerven.
    Man sieht förmlich die venizianische Gondel vorbeigleiten...


    .

  • CD 58


    Also, ganz offensichtlich hatte Ludwig seine erste Hochphase als Teenager.
    Meine Güte, wieder so eine Entdeckung wie die Kurfürsten-Sonaten: die drei
    Klavierquartette WoO 36. Alle drei geschrieben im Alter von 15 Jahren. So
    eine komplexe Werkreihe, meisterhaft. Ich kenne zum Beispiel nichts
    vergleichbar großartiges von Mozart in dem Alter. Beethoven war anscheinend
    das noch mächtigere Wunderkind. Diese Klavierquartette stehen für mich
    gleichwertig neben seinen frühen Klaviersonaten und Steichquartetten.


    Vor allem beeindruckt mich das zweite Quartett. Und im dritten sind schon
    einige Klavierläufe die auf spätere Sonaten verweisen (u.a. auf Op. 2/3, wenn
    mich nicht alles täuscht). Hier ist auch das Adagio ganz besonders
    herzergreifend.


    Gespielt werden die ersten zwei Quartette vom Cummings String Trio, das
    sehr gut ist, und das dritte vom Bamberger Quartett, das ein wenig abfällt.


    .

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner