LES CONTES D'HOFFMANN (CALLEJA, NETREBKO) - Metropolitan Opera New York, Dezember 2009

  • Die Metropolitan Opera präsentierte im Dezember 2009 eine neue Produktion von Jaques Offenbach’s Les Contes d’Hoffmann. Für die Regie zeichnete der mit dem Tony-Award ausgezeichnete Bartlett Sher verantwortlich.
    Sher zeigt sich in seiner Arbeit inspiriert von Fellini, das ist ganz besonders in den Akten von Olympia und Giulietta zu erkennen. Sher selbst spricht auch von einen kafkaesken Welt.
    Die Handlung scheint von Ausstattung und Kostümen her zu Beginn des 20. Jahrhunderts angesiedelt, nur der Giulietta-Akt erinnert an das Zeitalter des Barock.
    Am rechten Bühnenrand kann man durchwegs Hoffmann’s Schreibmaschine auf seinem Schreibtisch sehen, an den sich der Titelheld immer wieder zurückzieht.


    Musikalisch ist dieser Hoffmann sehr gut gelungen, die Besetzung bestand aus Stars und weniger bekannten Namen.


    Das Augenmerk von Publikum und Presse richtete sich ganz auf Joseph Calleja, der die Titelrolle zum ersten mal überhaupt gesungen hat. Auch wenn er vom Stimmtypus ideal für die Rolle ist, hatte ich meine Bedenken, ob die Partie zum gegenwärtigen Zeitpunkt richtig für ihn ist. Zum Glück waren meine Bedenken unbegründet, denn Calleja feierte mit dieser Partie einen großen Erfolg.


    Für diese Rolle benötigt man ja wirklich Kraft und Ausdauer und Calleja hat sich seine Kräfte gut eingeteilt. Bereits sehr gut gelang ihm die Arie des Kleinzack und auch im Olympia-Akt kam sein sanftes, weiches Timbre gut zur Geltung. Seine stärksten Momente hatte er zweifellos im Antonia-Akt, in welchem er einfach fantastisch sang und die Stimme voll aufblühte. Im Giulietta-Akt schien er etwas zu ermüden, da wirkte einiges nicht mehr ganz so frisch, wie bei De quell’ ivresse zu hören war. Doch zum Finale überwand er sein kurzes Tief und war wieder voll da.


    Er besitzt neben seinem wunderschönen Timbre auch eine wunderbare Technik und er setzt seine Stärken sehr gut ein. Dazu gehören seine wunderschönen diminuendi, für die er ja bekannt ist. Das französische Repertoire steht diesem Sänger sehr gut, und er selbst möchte in der Zukunft mehr in diese Richtung gehen.


    Ein weiteres Augenmerk richtete sich natürlich auf Anna Netrebko, die zum ersten mal die Antonia sang. Sie muß ja gleich zu Beginn mit einer Arie ran, da war sie noch nicht ganz da, aber danach sang auch sie sehr gut. Sie besitzt in der Tat ein wunderschönes Timbre und ihre Höhen sind glasklar. Die Duette mit Hoffmann gehörten zu den Höhepunkten der Aufführung.


    Mit Kathleen Kim stand eine noch wenig bekannte Sängerin in der Rolle der Olympia auf der Bühne. Die Sängerin bewältigte die schwierige Rolle, die ja im Grunde nur aus einer Arie besteht, mit Bravour. Zudem spielte sie die Rolle auch sehr gut.


    Die Giulietta der Ekaterina Gubanova konnte da nicht mithalten. Sie wirkte viel zu matronenhaft und so klang auch ihr Gesang. Da war null Chemie zwischen ihr und Hoffmann.


    Auch enttäuschend waren die Bösewichtrollen des Alan Held. Er bemühte sich zwar, doch das Ergebnis war alles andere als befriedigend. Kaum Dämonie, weder in Stimme noch in Darstellung.


    Kate Lindsey hat zwar eine eher kleine Stimme und ihr Mezzo ist auch recht hell, doch sie sang die Rolle mit schöner Stimme. Ganz interessant war ihr Look für die Partie, erinnerte sie doch sehr stark an George Sand.


    Die Nebenrollen waren gut besetzt, das Dirigat unter James Levine sehr gut.


    Photos von der Produktion hat die Metropolitan Opera hier veröffentlicht:


    http://archives.metoperafamily.org/Imgs/Contes200910.htm



    Gregor

  • Sprichst du eine Radio-Übertragung der Premiere oder die Vorstellung im Kino?
    Am letzterem Abend fand ich Alan Held nämlich sehr gut.

  • Zitat

    Original von WotanCB
    Sprichst du eine Radio-Übertragung der Premiere oder die Vorstellung im Kino?
    Am letzterem Abend fand ich Alan Held nämlich sehr gut.


    Es gibt noch eine andere Art wie man Oper hören und sehen kann. Man besucht die Vorstellung. ;)


    Zu Radio-Übertragungen äußere ich mich nur in geringem Maße, wenn überhaupt, da sie oft einen anderen akustischen Eindruck hinterlassen, als tatsächlich live im Haus zu hören ist.


    Gregor

  • Höööö - warst Du in NY!?
    Wie hat es im Haus geklungen? Habe mir gedacht, daß beispielsweise die Muse stellenweise wahrscheinlich nicht sehr gut hörbar war, obwohl sie als darstellerin gant gut war. Und Calleja?

  • Zitat

    Original von La Gioconda
    Höööö - warst Du in NY!?
    Wie hat es im Haus geklungen? Habe mir gedacht, daß beispielsweise die Muse stellenweise wahrscheinlich nicht sehr gut hörbar war, obwohl sie als darstellerin gant gut war. Und Calleja?


    Ja, Frau Lindsey hat eine nicht allzu große Stimme und war an manchen Stellen besser als an anderen Stellen zu hören. Aber sie hat die Rolle gut gespielt. In dieser Inszenierung war sie weniger der "sidekick" für Hoffmann, eher mehr ein Verbündeter der Bösewichte und darum bemüht, ihn von seinen Frauen wegzulotsen, und ihn zum Schreiben zu animieren. Besonders gefiel mir der androgyne Look dieses Nicklausse.


    Calleja's Stimme ist groß genug, auch für die MET. Denn seine Stimme ist enorm tragfähig und verteilt sich gut im Raum. Sein warmer Klang verströmt sich bis in die hintersten Ecken.


    Gregor