Lukas und Markus B-A-C-H

  • Salut,


    ich bin nicht sicher, ob meine Frage einen eigenen Thread verdient, aber ichs versuche es mal:


    Was ist eigentlich mit Bachs Lukas- und Markus-Passionen?


    Was ich weiß:


    Die Lukaspassion ist vollständig existent [BWV 246], deren Authenzität ist jedoch zweifelhaft, obwohl Bach sein J.J. [Jesus Juvendum - Jesus hilft] auf die erste Partiturseite setzt, wie er es bei eigenen Kompositionen zu tun pflegte. Mendelssohn dementiert: Die Schrift sei zu rein - nun ja: Die Brandenburgischen Konzerte sind auch "gemalt" und aus älteren Stücken zusammengesetzt worden, wie man weiß.


    Die Markuspassion [BWV 247] ist Fragment, es gibt zahlreiche Ergänzungsversuche, davon die m.E. gelungensten mit Parallelstellen Bach-zeitgenössischer Komponisten. Wenn ich mich nicht irre, sind in den letzten Jahren einige der verloren geglaubten Bachschen Handschriften wiederentdeckt und zusammen mit dem bekannten Material aufgeführt worden.


    Weiß man, dass Bach das "Quartett" Markus-Lukas-Johannes-Matthäus vollständig zu schreiben vor hatte?


    Was ist von alledem zu halten? Diesbezüglich auch meine nicht ganz unwichtige Frage: Das BWV - Bachwerkeverzeichnis - stammt es von Bach selbst, oder wurde es von einem Fremden angelegt?


    Was sagen die Bachexperten hier im Forum, wenn es um die Echtheitsfrage der beiden Passionen geht? Gibt es Aufnahmen, die sich lohnen?


    Bien cordialement
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo!
    Zur Markus- und Lukaspassion kann ich leider nichts ergänzendes beitragen, außer, daß es glaube ich, rekonstruierte Aufnahmen von Koopman gibt, aber zu

    Zitat

    Original von Ulli
    Das BWV - Bachwerkeverzeichnis - stammt es von Bach selbst, oder wurde es von einem Fremden angelegt?


    ist zu sagen: Nein, das BWV stammt von einem gewissen Wolfgang Schmieder.
    Es gibt glaube ich keinen Komponisten, der selbst sein Werkeverzeichnis nach Musikgattungen sortiert angelegt hat, oder?
    Viele Grüße,
    Pius.

  • Salut,


    das wusste ich nicht, dass es nach Gattungen sortiert ist. Das war mir völlig neu. Da ich nur das Deutsch- und Köchelverzeichnis kenne, beide sind chronologisch [soweit möglich], ging ich bei BACH auch davon aus... deswegen auch meine Frage und Verwunderung über die "frühen" Passionen :D


    Danke jedenfalls.


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • In welchem Jahr wurde denn das BWV erstellt?


    Dass es nach Gattungen sortiert ist, fällt aber auf. Kann es aber auch sein, dass diese trotzdem ein wenig chronologisch sortiert wurden?
    Ich meine, die Solokonzerte kamen ja wirklich erst zu späteren Lebzeiten Bachs oder irre ich mich da?



    Gruß, Peter.



    P.S.: Mir schwebt da so ein Thread über Werkverzeichnisse im Hinterkopf...

  • Zitat

    P.S.: Mir schwebt da so ein Thread über Werkverzeichnisse im Hinterkopf...


    Ja, gerne - Du schreibst das von BACH! :D


    Nein, im Ernst: Gute Idee - aber was soll da rein, wenn nicht die Werke selbst und eine kurze Einführung zu Entstehung und Aufbau des WV?


    Grüße,
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zitat

    Original von Ulli:
    Nein, im Ernst: Gute Idee - aber was soll da rein, wenn nicht die Werke selbst und eine kurze Einführung zu Entstehung und Aufbau des WV?


    Genau das ist ja noch das Problem.


    Vielleicht kann man dort Porträts über Autoren berühmter (Köchel, Hoboken, Deutsch) oder weniger berühmter (Kirkpatrick) Werkverzeichnisse posten. Oder halt die Frage, welche Komponisten ihre Werke selbst katalogisiert haben.
    Vielleicht fällt mir oder jemand anderem da noch etwas Gescheites ein.



    Gruß, Peter.

  • Zurück von den Werkverzeichnissen zum eigentlichen Thema:
    Die "Lukas-Passion" liegt als Teilautograph Bachs, (weiteres wurde von seiner Frau Magdalena, die die Handschrift ihres Mannes täuschend ähnlich nachahmen konnte) in den späten 1730ger Jahren, (das meint man, der verwendeten Papeirsorte entnehmen zu können) aufgezeichnet. Das schöne und wohlklingende Werk ist bereits ganz dem Stil der Empfindsamkeit verpflichtet und dürfte damit relativ unmittelbar nach seiner Entstehung durch die Bachs kopiert und in Leipzig aufgeführt worden sein. Als Komponisten vermutet man heute den in Karrlsruhe tätig gewesenen Johann Melchior Molter. Vor einigen Jahren tauchte bei einer Auktion in Japan die Bearbeitung Bachs eines Rezitaives
    aus dieser Passion auf, so meisterhaft gesetzt und damit die Vorlage weit hinter sich lassend. Möglicherweise hatte Bach vor, das komplette Werk als Bearbeitung zurt Aufführung zu bringen, liess es dann aber doch wegen Arbeitsüberlastung sein. Das berühmte"J.J." auf der ersten Seite des Manuskriptes stammt wohl von der Hand Friedemann Bachs, der, in finanzielle Not geraten, die Partitur verkaufen wollte, nachdem sein Vater "berühmt" wurde...





    eine sehr schöne UND preisgünstige Aufnahme des Werkes !


    Bei der Markuspassion liegt der Sachverhalt komplizierter; man wiess lediglich, daß Bach sie geschrieben hat und versuchte,anhand des erhaltenen Textbuches eine Rekonstruktion über weltliche Kompositionen Bachs, die der metrischen Grundlage des Textes gleichen, das Werk quasi im "Bachschen Parodieverfahren" zu rekonstruieren, was in den mir bekannt gewordneen Ergebnissen allerdings nur bedingt als gelungen zu bezeichnen ist.


    Die Rekonstruktion Ton Koopmans macht sich garnicht erst (die wohl vergebliche Liebesmüh) nach den verlorenen Rezitaiven zu suchen, diese werden gleich "neu" komponiert...



    Interessanter ist da schon die Variante des Leipziger Komponisten Volker Bräutigam, der die nicht rekonstruierbaren Teile gleich in seinem eigenen Stil einer gemässigten 12tönigkeit komponiert hat und diesen das überlieferte Material gegenüber stellt:



    Ich persönlich gehe eher NICHT davon aus, daß Bach einen Zyklus von Passionen planvoll hergestellt hat, dafür war er zu sher praktischer Musiker, der gezwungen war, sich an den jeweiligen, wechselnden Gegebenheiten zu orientieren.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Salut, BBB,


    Danke für Deine Ausführungen. Soeben lese ich über 12 erhalten gebliebene Teile der Markuspassion, die als "Torso" bezeichnet wird. Gibt es dazu nähere Informationen?


    Als Entstehungsdaten der Passionen [mit Ausnahme der offenbar angezweifelten Echtheit der Lukas] finde ich:


    Johannespassion [1724], Matthäuspassion [1729], Markuspassion [1731, verschollen].


    Was Molter betrifft, so wird dieser ja gerade "wiederentdeckt"... so sollte sich vielleicht auch das ggfs. von ihm stammende Autograph der ihm zugeschriebenen Lukas-Passion bald mal auffinden lassen. So schreibt die Badische Landesbibliothek Karlsruhe:


    [...] Durch seinen Sohn Friedrich Valentin Molter [1722-1808], erster Bibliothekar der Hofbibliothek, gelangte beinahe der vollständige* Nachlass des Komponisten in die Hofbibliothek und spätere Badische Landesbibliothek Karlsruhe. Ein Werkverzeichnis (MWV=Molter-Werkverzeichnis) ist von Klaus Häfner erarbeitet worden. [...]



    bien cordialement
    Ulli


    *Eine Lukas-Passion konnte ich in den Auszügen des MWV nicht finden...

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Ulli:


    Zitat

    12 erhalten gebliebene Teile der Markuspassion, die als "Torso"


    Damit ist wohl der aus dem
    Textbuch sich ergebende, halbwegs rekonstruierbare Teil der Passion gemeint; ein Bachsches Autograph existiert m.W. nach nicht. Für die Musik-Zuordnung wurden diverse weltliche Kantaten Bachs herangezogen, die Choräle dagegen basieren weitgehend auf der Sammlung, die Bachs Sohn Emanuel herausgegeben hat.


    Lukas-Passion:
    Die Zuschreibung an Molter ist nur eine der Möglichkeiten, welche anzudenken wären. Die doch sehr individuell gestaltete Form der Arien lässt aber auch eine Autorschaft von Bachs Leipziger Organisten-Kollegen
    J.G. Görner, (das war der, welchem Bach einmal im Zorn seine Perücke an den Kopf geworfen hatte :D. Görner, ein durchaus profuinder Komponist sehr schöner Lieder, hat auch geistliche Musik hinterlassen, die aber erst noch in größerem Maße gesichtet und dann analysiert werden muss.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Zitat

    das war der, welchem Bach einmal im Zorn seine Perücke an den Kopf geworfen hatte


    :D :D :D
    :D :D :D


    Zitat

    Damit ist wohl der aus dem Textbuch sich ergebende, halbwegs rekonstruierbare Teil der Passion gemeint


    Wie hat man sich vorzustellen, rein aus vorhandenen Texten eine Bach'sche Musik zu einer Passion zu rekonstruieren...? Das wäre ja ein wunderbares Rezept, um aus allen möglichen Texten alle möglichen Werke aller möglichen Komponisten zu schreiben...


    bien cordialement
    Ulli

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    (Vincenzo Geilomato Hundini)

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  • Ulli:


    Zitat

    Wie hat man sich vorzustellen, rein aus vorhandenen Texten eine Bach'sche Musik zu einer Passion zu rekonstruieren...?


    Dabei handelt es sich um das von Bach selber vielfältig benutzte, sogenannte "Parodieverfahren". Bis auf eine einzige wirklich explizit dafür geschriebene Arie ist z.b. das "Weihnachtsoratorium" so entstanden. Bach benutzte dafür diverse weltliche Kantaten, die sonst nach einmaligem Erklingen auf ewig in der Schublade verschwunden wären, wenn sie beispielsweise einem "durchlauchtgem Leopold" zum
    10jährgen Thronjubiläum geschrieben wurden. Der überaus pragmatische Bach wollte einfach "nichts umkommen" lassen, auch wenn uns diese Art zu komponieren, von der übrigens auch Händel reichlich gebrauch machte, etwas befremdlich erscheinen mag...


    Haupt-Quelle für die Rekonstrkution der der "Markus-Passion" ist die sogenannte "Trauer-Ode", BWV 198 auf den Tod der sächischen Kurfürstin Christane Eberhardine auf einen Text des Leipziger "Dichter-Papstes" Gottsched. Man stellte fest, daß wesentliche Teile dieses Textes im selben Sprachrhythmus und adäquater Metrik abgefasst waren wie der erhaltene Text der Markuspassion. Die Choräle wurden überwiegend aus der posthumen Sammlung Emanuel Bachs dem Werk zugeordnet und zwar nach dem Kriterium, daß diese sich so in keinen anden der bekannten Werke Bachs fanden.


    Noch ausführlicher möchte ich hier nicht werden, aber mehr zu diesem Thema weiss z.b. der folgende , interessante Link:


    http://www.leiffrenzel.de/papers/bach.html

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Salut,


    Danke - jetzt habe ich wieder etwas an "Bachschläue" dazugewonnen. Trotzdem wage ich mal die Behauptung, dass es ja nicht unbedingt als gesichert gelten kann, Bach hätte ausgerechnet BWV 198 als Vorlage genommen, wenn der Text auch noch so gut "wie Faust aufs Auge" passt.


    Die Frenzel-Disseratation habe ich für den Moment nur überflogen - aber ausgedruckt und zum "Studieren" bereitgelegt, scheint für mich sehr interessant zu werden.


    bien cordialement
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Ulli:


    Zitat

    Bach hätte ausgerechnet BWV 198 als Vorlage genommen


    Ein zeitlich in den Rahmen passendes Werk kommt dem aber sicher näher als eines, das Bach bis 1730 noch garnicht geschrieben hatte :D


    Letztendlich bleibt das alles marginal und nichts weiter als ein VERSUCH,
    ein verschollenes Werk rekonstruieren zu wollen. BEIDE Passionen spielen im Konzertbetrieb nur eine untergeordnete Rolle, wobei ich es der "Lukas-Passion" gönnen würde, häufiger gespielt zu werden, denn die vielen Kirchenchöre, die sich alljährlich mit Mathhäus- und Johannes-Passion quälen, hätten damit ein Repertoirestück gewonnen, das für sie auch ohne Einbußen realisierbar ist. Hör dir doch die eine oder andre von mir empfohlene Aufnahme einfach mal an und bilde dir dann aufgrund des Gehörten dein eigenes Urteil.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • naja, ich hoffe die meisten KIrchenchöre quälen sich nicht.. :)
    Mir ist über Lukas bekannt, dass es eine Art "Familienkomposition" sein soll, weiol ganz verschiedene schhriften in der Partitur "enthalten" sind..
    sehr interessnat zu lesen: http://home.arcor.de/klangkirche/2000/20000409.htm
    ob Molter der Komponist dieser Passion ist??


    Markus führen wir alle paar Jahre auf, irgendwie rekonstruiert; ich werde mla unseren Kantor fragen; der hat nämlich mal gesagt, auf diese "Art der Rekonstruktion" könne man sich verlassen...
    ich frag mal, versprochen!

  • Salut,


    ich denke, mit dem LUKAS werde ich mich demnächst mal anfreunden, der MARKUS ist mir dann doch zu heikel - da höre ich dann lieber gleich die originalen Teile.


    bien cordialement
    Ulli

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    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Ulli:


    Zitat

    MARKUS ist mir dann doch zu heikel -


    Wobei aber zu sagen wäre, daß Markus genz sicher die interessantere, weil "bachischere" Komposition ist ! :D

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Hallo,


    als Ergänzung zu der Entstehung des BWV ist folgendes anzumerken:


    Das Gesamtwerk von J.S. Bach umfasst ca. 1100 Kompositionen. Bach hat seine Werke fast nie in ein
    Werksverzeichnis übertragen.
    Eine um 1850 gegründete Gesellschaft bemühte sich darum, alle Werke von Bach in einer Gesamtausgabe
    zu verfassen und als Druck herauszugeben. Nach intensivsten Nachforschungen kam es um ca. 1900
    erstmals dazu, die Aufführung sämtlicher erfasster Bachwerke möglich zu machen. Die Gesamtausgabe
    wurde mit dem Kürzel BGA (vermutlich Bachs-Gesammelte-Werke) veröffentlicht.


    Auf die Intitaive von Wolfgang Schnieder hin wurde 1950 die Bachwerke in das Kürzel BWV neu
    strukturier und erfasst.
    Sie wurden nach Werksgattungen sortiert. Bei dem BWV 1 bis 524 handelt es sich um seine Vokalwerke.
    Ab BWV 525 bis 1126 wurde das Instrumentalwerk von J.S. Bach erfasst. Neue Forschungsergebnisse
    könnten das BWV entsprechend noch verändern.


    Zur Lukas-Passion folgende Anmerkung:


    Um 1911 wurde von Max Schneider das Mitwirken von Bachs Sohn "Carl Phillip Emanuel" bei der Nieder-
    schrift der Lukas-Passion nachgewiesen.
    Aus dem Grunde wurde die Lukas-Passion 1950, in Wolfgang Schnieders erstelltes BWV als Nr. 246 mit aufgeführt.


    Die Echtheit wurde abermals in Frage gestellt. Als weiteres Indiez taucht die Vermutung auf, Bach habe
    das Werk von einem seiner Zeitgenossen abgekupfert.
    Aus neuzeitlicher Sicht kann das Werk der Markus-Passion(1735) auch dem Eisenacher Hofkapellmeister
    Johann Melchior Molter (1696-1765), zugeschrieben werden.


    Eindeutige Zuordnungskriterien widersprechen sich in all bisherigen Forschungsergebnissen.



    Grüsse
    reklov29

    Bach ist so vielfältig, sein Schatten ist ziemlich lang. Er inspirierte Musiker von Mozart bis Strawinsky. Er ist universal ,ich glaube Bach ist der Komponist der Zukunft.
    Zitat: J.E.G.

  • Salut, reklov,


    Danke für Deinen echt klasse Beitrag; aber: wir haben ***hier*** eigens einen Thread über Werkeverzeichnisse eingerichtet. Vielleicht tümmelst Du Dich dort auch mal gelegentlich herum...?


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Reklov:


    Gewiss, die Forschungen widersprechen sich, aber über eines ist man sich einig ! Die Lukaspassion ist KEIN Werk von Johann Sebastian Bach !

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Hallo BigBerlinBaer,


    stimme mit Dir vorbehaltlos überein, genau das wollte ich mit meiner Aussage zum Ausdruck bringen:


    Eindeutige Zuordnungskriterien widersprechen sich in all bisherigen Forschungsergebnissen



    Grüsse nach Berlin
    reklov29

    Bach ist so vielfältig, sein Schatten ist ziemlich lang. Er inspirierte Musiker von Mozart bis Strawinsky. Er ist universal ,ich glaube Bach ist der Komponist der Zukunft.
    Zitat: J.E.G.

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  • Salut,


    in diesem Zusammenhang habe ich mal eine spezielle Frage:


    Bei Mozart z.B. gibt es gesicherte Werke, die niemand als "Mozart" ansehen würde, wenn es nicht darauf stünde. Gibt es das nicht bei Bach auch? Oder ist er zu "durchschaubar"?


    P.S.@BBB: Ich habe den von Dir empfohlenen Artikel noch nicht ganz geschafft...


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Ulli:


    Zitat

    ibt es das nicht bei Bach auch? Oder ist er zu "durchschaubar"?


    Gewiss gibt es das bei Bach auch: es gibt sogenannte apokryphe Motetten, Kantaten, Orgelwerke. Einige Kantaten z.b. stellten sich im Nachhinein als Werke Telemanns heraus und selbst für eines der "berühmtesten" Bachwerke, Toccata und Fuge dmoll, BWV 565 vermutet mit glaubwürdigen Begründungsversuchen mein Lehrer Joshua Rifkin eine Komposition von Nikolaus Bruhns (1665-1697).
    "Bist du bei mir, geh ich mit Freuden" aus dem Notenbuch der A.M. Bach ist eine Komposition G.H. Stölzels.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Äh... nun hast Du mich flasch verstanden...


    ich meinte eigentlich Kompositionen, deren mozartische resp. in diesem Falle baschische Autorenschaft absolut SICHER ist, man aber trotzdem nie auf die Idee gekommen wäre, dass es sich um Bach handelt.


    Deswegen fragte ich nach der Durchschaubarkeit...!


    Liebe Grüße
    Ulli

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    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Nee, sowas kenn ich bei Bach nicht, wohingegen sich 90 Prozent der Kirchenmusik Mozarts anhört, als ob Hasse das komponiert hätte.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Dafür kenne ich wiederum Hasse nicht... :stumm:


    Erstmal die Unbekannteren, dann die Bekannteren, mein Motto.


    Mir gings darum, herauszufinden, ob die LUKAS nicht doch entgegen der Forschung echt sein könnte... Du hast mir mein Interesse wieder vermasselt... ;)


    bien cordialement
    Ulli

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    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Ulli:


    Zitat

    Du hast mir mein Interesse wieder vermasselt...


    Oh dann versuch eben mit der Markus, denn die ist zumindest in Teilen wirklich von Bach :D
    Hasse war der "musikalische abgott" seines Zeitalters, Männlein wie Weiblein fielen reihenweise in Ohnmacht, wenn bekannt wurde, daß er irgenwo im Anmarsach war.... Die Salzburger Erzbischöfe, Dienstherren
    von Mozart, Michael Haydn und Adlgasser, verlagten von ihren "Hauskomponisten" Musik im Stile Hasses und zumindest Mozart kam dem meistens eher zähneknirschend nach, schwebte ihm doch nachweislich anderes vor. Unabhängig davon lohnt die Beschäftigung mit Hasse durchaus und jederzeit, wenn auch der großes "Innovationsschub" anlässlich seines 300. Geburtstages anno 1999 leider ausblieb.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Hallo Ulli,
    BigBerlinBaer, Zitat:
    Oh dann versuch eben mit der Markus, denn die ist zumindest in Teilen wirklich von Bach
    ------------------------------------------------------------------


    Durch eine Rekonstruktion der Markus-Passion bekannt geworden ist das ehemalige Thomaner-Chor-Mitglied
    und jetzige Professor, Johannes H.E. Koch. Nach dem Kriegsende weiteres Studium an der Musikhochschule in Detmold bei Kurt Thomas.
    Mitbegründer 1948 der Kirchlichen Landesmusikschule (heute Hochschule für Kirchenmusik) in Herford/Ostwestfalen.


    Seine Anmerkungen im Internet nachzulesen lauten wie folgt:
    Die Matthäus- und die Johannespassion liegen in aufführungsreifer Form vor. Darüber hinaus besitzen wir aber lediglich das Textbuch einer "Passionsmusik nach dem Evangelisten Marco". Es stammt von Bachs Librettisten Christian Friedrich Henrici (alias Picander) und findet sich in dessen "Ernst-, Scherzhafften und Satyrischen Gedichten" von 1732. Als Aufführungsdatum teilt Picander den Karfreitag 1731 mit. Von der Musik allerdings kennen wir nicht eine Note, da die vermutlich einzige überlieferte Abschrift aus der Sammlung Franz Hausers bei einem Brand im Februar 1945 in Weinheim vernichtet wurde.


    Weitere interessante Wort-Beiträge zur Markus-Passion sind auf der obigen Internetseite nachzulesen.


    Noten bzw. Klavierauszüge der Markuspasssion als Parodivorlagen von Hellmann/Koch können
    hier bestellt werden.
    Eine CD dieser Rekonstruktion der Markus-Passion von Hellmann/Koch wurde von dem Oelberg-Chor
    Berlin,unter der Leitung von Ingo Schulz als Live-Aufnahme 2004,in der Emmaus-Kirche, Berlin-Kreuzberg,
    eingespielt.




    Hier zu bestellen 2 CDs
    für 10 €


    Eine weitere Rekonstruktion liegt durch den Leipziger Komponisten Volker Bräutigam und in 2004
    - als Welterstaufführung in der Thomaskirche - durch das Leipziger Voclaensemble zu Gehör gebracht,
    vor.


    @BBB hatte sie in seinem Beitrag vorgestellt.


    Über eine Flashanimation kann hier ein Höreindruck gewonnen werden!


    Für Bachkenner gewöhnungsbedürftig, das "Moderne und Barocke" wurde in dieser Komposition von
    Volker Bräutigam, umgesetzt.


    Eine Fassung als Rekonstruktion der Markus-Passion wurde in Anlehnung an die Markus-Passion von
    Reinhard Keisers (1674 - 1732, ein Zeitgenosse von Bach, durch das Collegium Cantorum Köln,
    Ltg. Thomas Gebhardt, in 2005 aufgeführt.
    In ihrem Link nachzulesen!
    Der fehlende Teil des Werkes kann auf der Grundlage plausibler Vermutungen sowie mit »werkfremden« Sätzen für eine Aufführung wiedergewonnen werden. So folgt der Großteil der Evangelienerzählung in den Rezitativen der Markuspassion Reinhard Keisers, die Bach selbst in Leipzig aufführte.


    Diese Fassung scheint am Wahrscheinlichsten dem Originalwerk von J.S. Bach zu entsprechen, zumal
    Bach die Markus-Passion von seinem Zeitgenossen "Reinhard Keisers" vier Mal in Leipzig aufgeführt hatte.
    Bach hatte von dem älteren Keisers eine hohe Meinung und übernahm die Violinbegleitung bei den
    Gesangssolisten von der Markuspassion Keisers in seine Matthäus-Passion.
    Die Markuspassion Keisers erreicht nicht die Passionskompositions-Grösse (Matthäus- Johannes) von J.S. Bach.


    Mich würde von @BBB einmal interessieren,auf welcher Rekonstruktion Joshua Rifkin die Markus-Passion
    von Bach in 2003, in Kristansand/Norwegen, aufgeführt hatte.


    So bleibt als Nachsatz anzumerken, dass die Markus-Passion von J.S. Bach, wer auch immer sich an ihr als
    Rekonstrukteur heranwagt, nuneinmal mehr ein Torso bestehen bleibt.
    Siehe Koopmann, mit seinem Eigengebrödel, aus der Sicht eines Thomaner-Schülers hat er versucht,
    Bach zu rekonstruieren, und ein Torso, aber kein Bach ist entstanden.


    Grüsse
    reklov29

    Bach ist so vielfältig, sein Schatten ist ziemlich lang. Er inspirierte Musiker von Mozart bis Strawinsky. Er ist universal ,ich glaube Bach ist der Komponist der Zukunft.
    Zitat: J.E.G.

  • Herzlichen Dank, reklov29!


    :jubel:


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zitat

    Original von petemonova
    Vielleicht kann man dort Porträts über Autoren berühmter (Köchel, Hoboken, Deutsch) oder weniger berühmter (Kirkpatrick) Werkverzeichnisse posten. Oder halt die Frage, welche Komponisten ihre Werke selbst katalogisiert haben.


    Und über Autoren, deren Verzeichnisse im Konkurrenz unterlagen (denke an Vivaldis Verzeichnisse; da gibt es m.W. drei).
    Süßmayr und Danzi haben auch ein Verzeichnis. Und bei Söhne Bachs gibt es das (zB Wotquenne). Händel nicht zu vergessen. Die neue Einteilung bei Haydn "HWV".


    Also Peter, reicht dies um einen Thread zu starten?


    LG, Paul

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