Hallo Taminos,
heute möchte ich Euch einen für mich neuentdeckten Komponisten vorstellen.
Ludolf Nielsen
Ludolf Nielsen 1926 - © Jens Cornelius
1876-1939
Bevor die Frage kommt, möchte ich gleich alle alle Vermutungen beiseite räumen: Ludolf Nielsen
ist nicht mit seinem bekannten Namensvetter Carl Nielsen verwandt. Während der letztgenannte
von der Insel Fünen stammt, waren die Vorfahren Ludolf Nielsens seit mehreren Jahrhunderten auf
der Dänischen Hauptinsel ansässig und verfügten dort über recht viel Land.
Das Geburtshaus Nielsens in Nørre Tvede © Jens Cornelius
Karl Hendrik Ludolf Nielsen wurde am 29. Januar 1876 im kleinen Bauerndorf Nørre Tvede bei
Næstved auf der Insel Seeland geboren. Seine Eltern bewirtschaften eine Farm im Ort. Obwohl
diese keinen Bezug zur Musik hatten, fanden sich doch einige Musikinstrumente im Haus, an denen
Klein-Ludolf gerne herumprobierte. So soll er, falls er mal nicht zum Essen erschien, meist auf
einem Akkordeon spielend von der Mutter in den Zweigen einer der Obstbäume entdeckt worden
sein. Bald entschieden sich die Eltern, dem ambitionierten Jungen Unterricht in der nächstgrößten
Stadt Næstved geben zu lassen. So erhielt er 1884 die ersten geregelten Musikstunden bei
Musikdirektor Bjørup und spielte schon bald bei verschiedenen Gelegenheiten in der Umgebung die
Fidel. Noch heute ist im Geburtshaus ein kleiner stuckierter Ballsaal, in dem er wohl nicht nur
einmal zum Tanz aufgespielt hat. 1884 erhält er den ersten allgemeinen Musikunterricht bei
Christoffer Petersen, einem Trompeter im 4. Dragonerregiment. 1892 wird Ludolfs Traum wahr und
er zieht nach Kopenhagen wo er professionellen Unterricht in Klavier, Geige und Theorie vom
Konzertmeister Ludvig Holm erhält. Ein Jahr später entsteht seine erste bekannte Komposition –
eine Elegie für Klavier und Violine in As-Dur. Das Klavierstück „Aften i skoven“ ( Abend im
Wald ) folgt und offenbart bereits Nielsens Vorliebe an Naturlauten und traditionellen
Tanzrhythmen. 1895 ist das Glück erneut auf seiner Seite und er bekommt einen Freiplatz am
angesehenen Konservatorium, sodass er bei Otto Malling Harmonielehre, bei J.D. Bondensen
Theorie, bei Albert Orth Klavier und bei Valdemar Tofte Violine studieren kann. Ein Jahr später
folgt eine Anstellung als Bratschist im Tivoli Orchester.
Das Tivoli-Orchester – Nielsen befindet sich in der zweiten Reihe recht vom Dirigenten – einer der wenigen Musiker
ohne Bart! © Jens Cornelius
1898 schließt er seine Ausbildung am Konservatorium ab und debütiert im Havnsøe Quartett als
Bratschist. 1899 wird sein erstes Werk „Angelusklokker“ - ein Lied, öffentlich aufgeführt. Zudem
erhält er die Gelegenheit sein Orchesterwerk „I Ørkenen“ - In der Wüste – mit dem Tivoliorchester
zu proben. Das Werk, welches orientalische Einflüsse zeigt, offenbart bereits Nielsens geniale
Instrumentierungskunst und Melodieführung. Nach offenbar recht unbedeutenden drei Jahren
gelingt Nielsen 1902 der Durchbruch mit seiner sinfonischen Dichtung „Regnar Lodbrog“, welche
im Tivoli mit großem Erfolg uraufgeführt wurde. Zudem wird er Bratscher im Bjørvig Quartett. Es
folgen ereignisreiche Jahre. So erlebt 1903 seine 1. Sinfonie ihre Uraufführung in der Dänischen
Konzertvereinigung. Von Winter 1903 bis Anfang 1904 unternimmt Nielsen eine Studienreise nach
Leipzig, wo Breitkopf & Härtel sein 1. Streichquartett veröffentlichen ( ohne Entlohnung um es
mal anzumerken... ). Weitere Ereignisse des Jahres sind seine Anstellung als Solobratschist und
vertretender Dirigent beim Tivoliorchester. 1905 beginnt Nielsen mit historischen
Streichinstrumenten aufzutreten und gewinnt zudem mit seiner Konzertouvertüre einen vom
Komponisten Asger Hamerik ausgelobten Musikpreis für die beste Dänische Ouvertüre.
Villa – heute teuerste Wohngegend Kopenhagens – in der A.N. Hansens Allé 36 © Jens Cornelius
1907 zieht Nielsen mit seiner frisch geheirateten Frau, der Gymnastik- und Tanzlehrerin Ellen Paul-
Petersen in den Kopenhagener Stadtteil Hellerup. Zudem erhält er das Anckersche Legat, welches
im drei Jahre Finanzzuschüsse garantiert und ihn somit unabhängig macht. Er nutzt dies und
unternimmt eine Studienreise die von Dresden über Nürnberg, München, Wien, Insbruck, Rom bis
nach Tunesien führt. 1908 zieht er in das Haus seines Schwiegervaters in der A.N. Hansens Allé 36
in Hellerup. Am 25. April1910 wird seine zweite Sinfonie ( auch Glückssinfonie ) in der Dänischen
Konzertvereinigung unter Victor Bendix mit Erfolg aufgeführt. Sie ist seiner Frau gewidmet und
wurde sogar im Ausland aufgeführt. Das Jahr 1914 bringt einen großen Einschnitt in Nielsens leben.
Der erste Weltkrieg bricht aus und sorgt für einen Schaffenskrise, welche durch die ablehnende
Aufnahme seiner bisher ambitioniertesten Werke – der dritten Sinfonie sowie seiner
chorsinfonischen Dichtung „Der Turm von Babel“ - wohl verstärkt wurde. Allerdings fand seine
Oper Isbella am Königlichen Theater eine wohlwollende Aufnahme. Auch trat Nielsen im selben
Jahr den Freimaurern bei, für die er kleine Kantaten schrieb. Nach ereignisarmen Jahren führte im
Oktober 1920 das berühmte Budapester Quartett sein 3. Streichquartett in Kopenhagen auf, welches
autobiografisch durch den Tod seiner Eltern geprägt ist. 1922 hatte Nielsen seinen größten und
letzten Erfolg. Das Ballett Lackschmi wurde durch seine farbenprächtig exotische Musik und der
fantastischen Ausstattung ein großer Erfolg. Obgleich die impressionistische Orchestersuite
Skovvandring ebenfalls ein Erfolg war, konnte sie diesen nicht einholen. Zumal ist Carl Nielsen der
führende Komponist Dänemarks geworden. 1926 wird er daher der musikalische Berater beim
Dänischen Rundfunk – einen Posten den er bis zum Jahr 1932 beibehält. In diesem Jahr ist er in
einen Taxiunfall verwickelt, der es ihm unmöglich macht weiter zu arbeiten, weshalb er wohl
rausgeschmissen wird. Er erkennt zudem immer mehr, dass kaum einer mehr an seiner Musik
interessiert ist und schreibt Hörspielmusik und leichtere Musik ( unter dem Pseudonym Carl
Heinrich ). 1937 wird Lackschmi in Tallinn aufgeführt. Als starker Raucher stirbt Nielsen am 16.
Oktober 1939 aufgrund einer Schilddrüsenerkrankung. Er wird unter großer Anteilnahme auf dem
Friedhof in Hellerup begraben. Er hinterlässt rund 200 Kompositionen aus allen Sparten. Seine Frau
überlebt ihn um 22 Jahre und wird nebem ihm beigesetzt.
Nielsens Grab auf dem Friedhof in Hellerup – das Relief stammt vom Isländischen Künstler Einar Jónsson.
© Jens Cornelius
Über sein Privatleben und sonstige Infos in loser Reihenfolge:
Erstmal muss gesagt werden, wie erstaunlich es ist, dass Nielsen und zwei seiner Brüder trotz der
bäuerlichen ( eher bildungsfernen ) Herkunft in Kopenhagen große Karriere machten und tolle
Abschlüsse erlangten.
Trotz einer sehr liebevollen Ehe und dem guten Verhältnis zu seinen Nichten, denen er seine
verspielten „Noveletter“ widmete hatte Nielsen keine Kinder.
Nielsen mit seiner Familie am Strand © Jens Cornelius
Selbst zu seinen Glanzzeiten als gefeierter Komponist in Kopenhagen ließ es sich Nielsen nicht
nehmen auf der Landfarm beim Ernten zu helfen.
Sein Schüler Launy Grøndahl wurde selbst Komponist und widmete sich als Dirigent oft den
Werken Nielsens. Sein Konzerte für Posaune findet sich noch regelmäßig in den Konzertsälen
wieder. Nach Nielsens Tod versuchte er ( wenn auch erfolglos ) Nielsens Aufzeichnungen zu ordnen
und zu ergänzen. Von seinen Nielseneinspielungen hat keine überlebt.
Nielsens gesamter Nachlass befindet sich in der Königlichen Bibliothek Kopenhagen. Leider ist die
Partitur zu seinem Werk „Dronning Margrethe“ verschollen. Das Material zu seinem
Weihnachtszyklus Jacobs Jul ist unvollständig.
Ludolf Nielsen war ein großer Autogrammsammler. In seiner Sammlung befinden sich
Autogramme nahezu aller damaligen Dänischen Komponisten. Leider sind die Briefe dazu nicht
erhalten, weshalb kaum etwas über Nielsens Privatleben bekannt ist. Heute sind nur noch drei
Skizzenbücher erhalten. Weitere – falls es diese gab – sind verschollen oder vernichten. Nielsen hat
wohl nie daran gedacht, dass die Nachwelt Interesse an ihm haben könnte – schade! In einem dieser
Bücher sammelte er Zeitungsausschnitte, die seinen Namen erwähnten.
Sein wohl erfolgreichstes Werk – von den Finanzen aus gesehen – ist das achttaktige
Weihnachtslied „O, du dejlige grønne træ“, welches in diversen Kindersingbüchern veröffentlicht
wurde.
Obgleich Nielsen im Tivoli als auch ein Amateurorchester ab und zu dirigierte, darf man seine
Fähigkeiten auf diesem Gebiet nicht als besonders hoch ausgeprägt annehmen. Meist dirigierte er
nur eigene Werke. Aufführungen seiner großen Werke überlies er gerne namhafteren Dirigenten.
Ein großes Mysterium in Nielsens Werkliste stellt die Oper „Lola“ nach dem Roman „Angelo
Tyrann von Padua“ von Victor Hugo, dar! Ohne Aussicht auf eine Aufführung schrieb er eine
farbenprächtige, rund 450 Seiten umfassende Partitur die sein größtes Werk darstellt. Eine
Aufführung steht noch aus.
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Da ich im Dezember Geburtstag hatte und man mich im vorhinein schon gefragt hat was ich mir wünsche habe ich mich entschlossen mir eine Liste mit skandinawischen Komponisten zusammenzustellen .
Als dann die CD's auf meinem Tischlein lagen und ich sie mir komplett durchgehört habe ist mir der gute Herr Nielsen immer wieder im Kopf hängen geblieben daher schreibe ich diesen Artikel über ihn.
Lackschmi oder eine Indische Liebesgeschichte ; Ballett op.45 ( 1919-1921)
Mein Lieblingswerk von Nielsen. Genau wie bei C.Nielsens Aladdin wir man durch die Klänge ins Reich des Orient versetzt. Auch die Instrumentenwahl lässt einen im Orient sein, so wählte Nielsen für den Tanz des Todes eine Oboe ( nehme ich jedenfalls an ) die mit der Trommel solo spielt. Der berauschende Rhythmus sowie der Oboenklang der alles wie die Flöte eines Schlangenbeschwörers klingen lässt endet in einem unbeschreiblichen Schlusssatz wie ich ihn noch nie gehört habe. Absolut zu empfehlen. Auch das Orchester spielt unbeschreiblich gut unter Werner Andreas Albert auf!.
Mit auf der CD ist die klangschöne Ouvertüre zur Oper Isbella op.10 von 1907. Auch hier zeigt Nielsen, dass er das Handwerk perfekt beherrscht und auch vielmehr Publikum verdient hätte.
An der Stelle ein großes Lob an CPO.
Eine weitere CD von ihm lag auf meinem Tischchen, seine 2 Sinfonie
Auch hier ein ausgezeichnetes Werk des Komponisten welches auch wieder vom Orchester und von Dirigenten äußerst gefühlvoll aufgeführt wurde. Die von Nielsen selber als Glücksinfonie bezeichnete Sinfonie schrieb er zur Hochzeit mit seiner Frau . Das Glückthema lässt den Zuhörer auch die gleiche Euphorie erspüren die er verspürt hat. Auch ein absolutes Muss für die Fans skandinawischer Musik.
Auch die anderen Stücke auf der CD, Berceuse und Lyrisk Nucturne sind sehr hörenswert, verblassen jedoch nach der vorhergegangenen Sinfonie.
Es sind noch weitere Aufnahmen ( die ich jedoch noch nicht kenne ) auf dem Markt, und ich hoffe es werden noch viele folgen!
Weiterhin existiert noch eine Aufnahme verschiedener Lieder, sowie von seinem Oratorium "Der Turmbau zu Babel ".
LG
Christian