Leonard Bernstein als Operndirigent

  • Bernstein ging quantitativ gesehen gewiß nicht als Operndirigent in die Geschichte ein. Dennoch gibt es eine Reihe von Opernaufnahmen unter seinem Dirigat, die oft kontrovers diskutiert werden.


    Im folgenden eine kurze Auflistung der mir bekannten:




    Gibt es weitere?


    Und: Wie beurteilt ihr Bernstein als Operndirigent?


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Bernsteins Medea mit der Callas ist legendär

    Der noch sehr junge Lennie war gerade in Italien und wurde als Einspringer an die Scala engagiert, weil der eigentlich vorgesehene Dirigent ausfiel. Bernstein kannte das Werk nicht, er kannte nicht einmal den Komponisten Luigi Cherubini! Die Sängerin Maria Callas sagte ihm auch nichts: nie gehört. Umso berauschender ist, wie beide zueinander fanden!

  • Am meisten würde mich Bernsteins "Tristan" interessieren. Ich weiß, daß er sängerisch in den Hauptrollen problematisch sein soll (Behrens und Hofmann), dafür in den anderen Rollen hochkarätig (Sotin, Weikl). Was mich aber mehr als die Sänger interessieren würde, ist Bernsteins Leseart, die ja ein Extrem (im Guten wie Schlechten) darstellen soll. Der längste "Tristan", der je aufgenommen wurde, wenn ich mich nicht irre. Da mich der späte Bernstein sowieso fasziniert, wird über kurz oder lang eine Anschaffung (die derzeit nicht ganz einfach ist, weil die Aufnahme gestrichen wurde) nötig werden.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Es fehlt die bekannteste (und in meinen Augen beste) Opern-Aufnahme Bernsteins:



    Wenige Leonoren haben ihre Rolle so gut ausgefüllt wie die "reife" Gundula Janowitz, zumindest für mich absolut ebenbürtig ist René Kollo als Florestan.


    Luxuriöser (und liebreizender) kann eine Marzelline nicht besetzt werden als mit Lucia Popp, Adolf Dallapozza ist ein glaubwürdiger "Möchtegern-Liebhaber" Jacquino.


    Einzig Hans Sotin ist als Pizarro für mich viel zu "brav", ansonsten erlebt man hier ein fein abgestuftes Drama mit einem fantastischen Dirigiat Bernsteins (Leidenschaft, aber keine Sentimentalität; eine Seltenheit beim "späten Bernstein"...).

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Unerwähnt blieb bisher auch, dass Leonard Bernstein nicht nur Opern dirigierte, sondern auch komponierte (und selbige auch wiederum dirigierte). Seine einaktige Oper aus dem Jahr 1952, "Trouble in Tahiti", hat er kongenial eingespielt

    "Trouble in Tahiti" war auch die Basis für das abendfüllende Opernwerk "A Quiet Place" aus dem Jahr 1983, welches Bernstein zwischen 1983 und 1986 an zahlreichen Opernhäusern der Welt, u.a. der Scala in Mailand und der Wiener Staatsoper, dirigierte. Es gab bei der Deutschen Grammophon einen Mitschnitt von "A Quiet Place" unter Bernsteins Leitung, welcher aber leider gestrichen ist.

  • Zitat

    Original von Swjatoslaw
    Bernsteins Medea mit der Callas ist legendär

    Der noch sehr junge Lennie war gerade in Italien und wurde als Einspringer an die Scala engagiert, weil der eigentlich vorgesehene Dirigent ausfiel. Bernstein kannte das Werk nicht, er kannte nicht einmal den Komponisten Luigi Cherubini! Die Sängerin Maria Callas sagte ihm auch nichts: nie gehört. Umso berauschender ist, wie beide zueinander fanden!


    Wenn die Medea angeführt wird, sollte man auf die Sonnambula nicht vergessen!



    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Original von Theophilus
    Wenn die Medea angeführt wird, sollte man auf die Sonnambula nicht vergessen!



    Ach, das ist ja wahnsinnig interessant! Danke für den Tipp, Theophilus. Diese Callas-/Bernstein-Aufnahme war mir bisher völlig unbekannt.


    Vielleicht noch eine weitere (in diesem Fall eher unbedeutende) Vervollständigung: Lennie hat zwar nur den Tristan komplett eingespielt, aber andere Wagner-Opern in seinen Konzertprogrammen durchaus mal konzertant einfließen lassen. Hier eine 3 CD-Box mit Mitschnitten von 1951 bis 1970. Geboten werden Ausschnitte aus Tristan, aus der Walküre und aus Götterdämmerung.

  • G U S T A V hat hier in seinem Thread "Maria Callas - live" schon sehr viel über die einzigartige Interpretation der MEDEA durch Maria Callas geschreiben .


    Und in Mailnad hatte der für den erkrankten Tullio Serafin eingesprungene Leonatd Bernstein gerade 5 (!) Tage Zeit, die Partitur zu lernen und die 5 Abende , jeder eine Sensation , vorzubereiten .


    LA NOMMABULA mit dem unversslichen Cesare Valletti an der Seit der CALLAS ist längst Aufnahmegeschichte ! Diese Aufnahme bleibt auch Massstab für wohl alle Zeiten !


    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Ich breche jetzt eine Lanze, eine für Bernstein und noch eine - etwas kürzer - für Fischer-Dieskau. Die Falstaff-Aufnahme bei CBS mit den Wienern finde ich absolut grandios!!!! Nicht nur das gestische, lebenspralle Spiel des von Bernstein offenbar bis in einen Rausch hinein inspirierte Meister-Orchester, auch alle Solisten spielen lustvoll zusammen, stellen sich aber gemeinschaftlich in den Dienst des Ausdrucks. Natürlich intoniert Herr Oncina seinen Fenton hier und da zu tief, natürlich ist die Schlussfuge so schnell vom Stapel gelassen, dass sie kaum noch zu singen ist (haben schon viele geschrieben), aber der Zuhörer begreift alles, sieht alles vor sich, badet fast drin. Und Fischer-Dieskau ("Prof. Dr. h.c. Falstaff" schreibt Kesting) hat keine "italienische" Stimmung und übertreibt hier und da mit Feinheiten bei der Aussprache, hat aber drive, Komik und Tiefe und passt viel besser zum Falstaff als etwa zu Wotan oder Sachs.


    Nachdem ich Bernsteins "Falstaff" gehört habe, kommen mir (noch extremer als bei Soltis Rigoletto) alle anderen langweilig vor (ein Jammer, dass sie im Momnet nicht auf dem Markt ist!!!), auch der gelobte frühe Karajan. Einzige Konkurrenzaufnahme (klingt aber schlecht): De Sabata.


    Bei Fidelio und Tristan dirigiert Bernstein auch ganz herrlich, aber die Sänger sind ihm überhaupt nicht gewachsen, finde ich - im Gegensatz zur Callas. Da haben sich wirklich zwei gefunden. Diese "Medea" wird wohl nicht mehr übertroffen.


    Einen "Don Giovanni" hätte ich wirklich gerne von Bernstein, und eine Zauberflöte. Warum hat er denn wohl keine Mozart-Opern aufgenommen?

    Der Jugendtraum der Erde ist geträumt
    Grillparzer
    Macht nix!
    grillparzer

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  • @ Grillparzer :



    MEDEA :


    Die Aufnahme unter Vittorio Gui aus Florenz ist alleine wegen des volständig gesungenen Schlusses der Bernstein - Aufnahme mindestens ebenbürtig ( s.. Thread von GUSTAV ! ) .



    FALSTAFF :


    Giueseppe Taddei , Tito Gobbi und auch Renato Bruson lassen den ewig maniriert singenden Fischer - Dieskau um Längen hinter sich !


    S e h r lesenwert die Autobiographie von Giuseppe Taddei :"Ich, Falstaff ! " .



    SONNAMBULA :



    Die fehlt nun leider in Deiner Aufzählung .


    Um diese Aufnahme haben sich Kener wirklich gerissen .



    MOZART - OPERN :


    Vielleicht mochte L. B. sie nicht ? Vielleicht hatte er nicht seine Sänger finden können ( Verträge etc. ) ?


    Leonard Bernsteins Aufnahmen haben übrigens keineswegs die Verkaufszahlen erzielen können , die auch ich erwartet hätte .


    Ich denke , dass Bernstein in seine "europäischen Jahren" alles geamcht hat, was physisch wie psychisch zu leisten war .


    Erinnern möchte ich daran, dass er , Schicksal oder Zufall , in Paris ein Konzert dirigiert hat ausgerechnet an dem Todestag von Erzrivalen Herbert v. Karajan . Diesem hat er dann den Abend gewidmet !



    Viele Grüsse



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Die Frage, wieso Bernstein keine einzige Mozart-Oper aufgenommen hat, stellte ich mir auch. Natürlich ist's irgendwie müßig, darüber nachzudenken, da es eben nicht zustande kam. Trotzdem hätte ich es auch begrüßt, gäbe es einen "Don Giovanni" oder "Figaro". Setzen wir das Gedankenspiel fort, so könnte ich mir auch einen tollen "Parsifal" vorstellen (monumentale Tempi), oder auch "Die Meistersinger", eine "Turandot" oder "Tosca". Leider, leider alles unerfüllbare Wünsche ...

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões