DIRIGENTEN dieser Welt von A bis Z

  • Liebe Taminoeaner/innen
    Ich möchte versuchen, viele Aspekte, die wir mit der LEITUNG einer Aufführung eines musikalischen Werkes durch einen DIRIGENTEN verbinden, in einer Art Dirigenten - Lexikon anzugehen.
    Von A bis Z, bezieht sich zwar auf die Namen der Dirigenten..........
    doch sind von Aachen, Antwerpen, Bremen, Bern, Bozen, Berlin, Camberra, über Lissabon, London, Madrid, Minden, Mönchengladbach, New York, Osnabrück bis zu Utrecht, Verona, Warschau, Weimar, Wien, Wuppertal und Zürich, ja nicht nur Dirigenten mit Schallplattenverträgen tätig. Gab es "goldene Zeiten" in mancher Stadt durch Dirigenten (fast) OHNE Namen, was ihren Bekanntheitsgrad anbetrifft.
    Die Basisarbeit in den Orchestern der Welt wird meistens von hervorragenden Musikern getragen, deren Namen uns oft gar nicht oder nur flüchtig bekannt sind.
    Vielleicht bin ich grössenwahnsinnig....aber ich habe das Bedürfnis diese verantwortungsvolle Arbeit an der Musik in einem größeren Zusammenhang darzustellen.
    WARUM ??? Es gibt ja bereits an die hundert verschiedene Beiträge über Dirigenten jeglicher Couleur und deren wichtige Arbeit.


    Das Alphabet ist zwar lange noch nicht durch, doch die Artikel der letzten Jahre, (die ich noch nicht alle gelesen habe) umfassen die Creme de la Creme , von A wie Ansermet, Abbado, über Bernstein, Celibidache, Dorati, zu Jansons, Karajan, Klemperer, bis zu S wie Szell, und Tennstedt.


    In unserem vielschichtigen Musikleben geht manches JUVEL unter, z.B. weil das Vitamin B fehlte, der Krieg dazwischen kam, oder aus anderen Gründen.
    Da wird nach dem Kriege ein heiß gehandelter Kandidat für die Nachfolge Furtwänglers bei den Berliner Philharmonikern auf offener Straße "aus Versehen" von einem Amerikanischen Soldaten erschossen.


    Wer weiß was Eduardo Mata, Otto Matzerath, Georges Sebastian, Bruno Seidler-Winkler, Fritz Steinbach geleistet haben, welche Wegbereiter sie in ihrer jeweiligen Wirkungsstätte waren, oder welches Schicksal sie ereilte.


    In loser Reihenfolge will ich (vielleicht) 1x wöchentlich (im Schnitt) dieses angedeutete Ziel demnächst angehen.
    Der Gedanke, die Idee zu diesem Vorhaben kam mir heute.
    Wir schreiben das Jahr 2010.
    Eine Laie und "Hobby-Musikwissenschaftler" wie ich es bin, sollte dann ertmal vorsichtig anfangen und dann schauen........


    Mein Credo, als auch Antrieb für dieses Unterfangen, ist ein subjektives Moment, meine Verehrung der vielen kleinen, und im doppelten Sinne des Wortes unsichtbaren (Orchestergraben) Maestri, durch deren Arbeit und Genialität die Musik/Opernabende uns zum Erlebnis wer den.


    Es wird auch für mich ein Abenteuer, denn WAS ALLES auf mich zukommen wird, weiß ich im Moment auch noch nicht.


    In den nächsten Tagen geht es los, ich werde nicht entlang dem Alphabet buchstabieren. Allerdings werde ich mit A beginnen........



    "Titan"

  • Lieber Titan,


    das klingt sehr spannend, was Du vorhast, und ich freue mich schon auf den ersten Beitrag.


    Von den von Dir genannten Dirigenten "Eduardo Mata, Otto Matzerath, Georges Sebastian, Bruno Seidler-Winkler, Fritz Steinbach" sagen mir immerhin die ersten beiden etwas... ;)

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Lieber TITAN


    Für 7 Euro 50 findest Du fast alles, was Dein Herz begehrt. Von den Anfängen bis zu den 1970er Jahren ist im


    ATLANTISBUCH DER DIRIGENTEN


    http://www.amazon.de/Das-Atlan…op%C3%A4die/dp/3254001060


    alles vertreten. Entweder mit einer weit ausladenden Biographie (Abbado und Bernstein) oder mit einer Schnellinformation bei regional interessanten Taktstockschwingern. Du findest niedliche Jugendbildnisse von Maazel und Barenboim - wie sie einst leibten und lebten.


    Neuere Dirigenten wie Thielemann, Nagano und Metzmacher sind nicht vertreten und müssten in Deiner geplanten Auflistung nachgetragen werden.


    Heutzutage kann man den seinerzeit sorgfältig editierten Flicken nur noch als Erinnerungsbuch verwerten. Ein Prunkstück für Junggebliebene und solche, die sich weigern, das Fortschreiten der Zeit zur Kenntnis zu nehmen.


    Davon gibt es unter den Forianern allzuviele. Für diese ist die Schwarte ein gefundenes Fressen, um in Erinnerungen zu schwelgen. Otto Klemperer war ja sooo gut und auch Bruno Walter und Erich Kleiber sind bis heute unerreicht!


    Mit freundlichen Grüßen
    :angel:
    Engelbert

  • Der Thread verspricht spannend und eine Würdigung der dirigentischen
    "Kanalarbeiter" zu werden. So wie es losgeht, werde ich beim Buchstaben B gerne beteiligen.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!



  • Lieber Engelbert
    Danke für Deinen Hinweis über das Atlantisbuch.


    Auch der Thread >>Dirigenten dieser Welt von A-Z << lautet, da mir keine bessere Formulierung eingefallen ist.......kannst Du aus meinem Vorwort vielleicht ansatzweise bereits entnehmen, daß es mir weder um eine lexikonähnliche Angelegenheit geht, noch um die xte Belobigung von Pultstars. Es wird eher um meine Sichtweise und Erlebnisse gehen, die nicht primär die Funktion eines Lexikons erfüllen können und sollen. WIR Tamnioeaner/innen im Allgemeinen sollten nicht die Aufgaben von Profis/Musikjournalisten übernehmen...........und ich im Besonderen :.), bin daran nicht interessiert. Ein bisschen Geduld, dieses Wochenende muß ich arbeiten, in der nächsten Woche kommt der 1. Dirigent, der mit A beginnt......dann siehst Du auch, in welche Richtung bei mir der Hase läuft....auch wenn die gewählte Überschrift des Threads mißverständlich sein mag. SORRY !


    Gruß............"Titan"

  • Wie dem auch sei -
    wenn 2 das Gleiche tun - kommt etwas Verschiedenes heraus.


    Es wurde hier schin manches geschaffen, das keinen Vergleich mit sogenannten "professionellen " Produkten zu scheuen braucht,
    und ich bin überzeugt davon daß "Titan" erfolgreich an diese Traditiion anschschliessen wird - in welcher Form auch immer.


    Das Gleiche gilt übrigens auch für den Opernführer - und andere laufende Projekte.


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Titan,


    aus welcher Ecke sollen Deines Erachtens die Profis und Musikjournalisten kommen, wenn nicht von TAMINO. Die beste Voraussetzung, um an Ahnung zu gelangen, ist das Quellmaterial aus den Begleitheften der CDs, welche der Rezensent sich nutzbar macht.


    Es ist reine Fleißarbeit, gepaart mit der Kunst, formulieren zu können, welches ein umfassendes Resultat entstehen lässt und nicht das blinde Vetrauen welches ein Verlag oft einem Team entgegenbringt.


    8)


    Aus urheberrechtlichen Erwägungen kann ich das Beispiel aus dem 500 Seiten starken Opernführers des Drei-Lilien Verlages (Urheber aus Mailand) von Seite 146 leider nicht wörtlich zitieren.


    Zur Bellini-Oper 'Adelson und Salvini' ist dort vermerkt, dass Bellini selbst angeblich diese Oper in einem handschriftlichen Vermerk als Stück, welches nur Stückwerk sei, beschrieben haben soll.Tatsächlich sei das Werk musikalisch völlig unorganisch. Die Handlung spiele in Neapel und drehe sich um Lord Adelson und den Maler Salvini, die beide angeblich der schönen Gräfin Fanny den Hof machen.


    In diesem Report stimmt nicht eine einzige Floskel. Die Handlung spielt nicht in Neapel, sondern in England. Fanny ist keine Gränfin, sondern die Schülerin des Malers


    Vergleiche jetzt bitte einmal den TAMINO-Report im Opernführer


    BELLINI Vincenzo: ADELSON E SALVINI



    Empfehlung aller Bellini-Opern zum Sonderpreis


    In vielen Fällen bekommt der Leser von den sogenannten 'Profis' Schwachsinn in Tüten vorgesetzt. Vertraue lieber den Freaks und Dir selbst, lieber TITAN, und nicht den akkreditierten Profis!


    Freundlichen Gruß
    :angel:
    Engelbert



  • Lieber Engelbert,
    Da Du mir aus der Seele sprichst und ich das genauso sehe, kann es sich nur um ein Irrtum handeln. Ich mag den Ausdruck >>Etwas in den verkehrten Hals bekommen haben<<.
    WIR BEIDE gehen schon mal konform.
    Im Moment hab ich mit Notdienst und überhaupt beruflich viel um die Ohren...ich habe ja manchmal auch eine scharf Zunge und vorallem schätze ich die Vorzüge der NICHTKONFORMITÄT und die eigene individuelle Note DER TAMINOS....und daher wird auch mein >>persönlicher DIRIGENTENDISKURS<< eher einem Traktakt denn einem LEXIKON gleichen.


    Gruß.........................."Titan"



  • Am 18. Oktober 2009 war OTTO ACKERMANNs 100. Geburtstag. Den Namen Ackermann kenne ich seit den fünfziger Jahren, da meine Eltern Operetten im Radio hörten...und z.B. „Zigeunerbaron“, wie auch „Wiener Blut“ mit der Schwarzkopf unter Ackermann, gab es öfter, zumindest ausschnittweise. (EMI) Ob meine Vorurteile gegenüber der Operette bereits damals geschürt wurden, da diese für das Interesse meiner Eltern an klassischer Musik im wesentlichen standen, mag wohl sein.
    Ich war in der Pubertät, hatte nach meinem Schlüsselerlebnis mit Dvoraks „Sinfonie aus der neuen Welt“ (in der Kur, nach einer schweren Erkrankung), angefangen mir die Welt der klassischen Musik Stück für Stück mit den Beethoven Sinfonien zu erobern. Das war nicht mehr die Musikwelt meiner Eltern. Ihr einseitiges Interesse für Operetten hatte allerdings einen großen Pluspunkt für mich:
    Nach Karel Ancerl (Dvorak’s „Neunte“), lernte ich einen zweiten Dirigenten-Namen kennen, der auch mit dem Buchstaben A begann:
    nämlich Otto Ackermann.
    Noch heute könnte ich die Musik der beiden genannten Operetten verwechseln,


    aber die Art wie dieser Dirigent vor fünfzig Jahren den orchestralen Anteil dieser Operetten mit einer schwungvollen, ja süffigen und trotzdem sehr subtilen Art dirigiert hat, hab ich zum Teil noch heute im Ohr.


    Meine Eltern konnte ich nach dem „schweren Beethoven“ (wie meine Mutter stets sagte) dann etwas versöhnen, da ich wusste, dass im Radio „Selig sind die Verfolgung leiden“ aus dem „Evangelimann“ (Kienzl) mit Peter Anders kam. Damals wenig, aber heute weiß ich die Stimme dieses Tenors sehr zu schätzen, damals stand offensichtlich die Schulung meines Gehörs für das Orchester und seine Farben im Vordergrund, denn Ackermann begleitete ihn. Zwei Jahre nach dieser Radio-Übertragung ist Anders ja bekannterweise auf tragische Weise bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen..............und das war ganz in der Nähe unseres Wohnorts und damit Gesprächsthema in unserem Ort.


    Ich hatte also mit meinen Eltern dicht vor dem alten Radio gesessen, hatte damals aber nur Ohren für die Magie des Dirigats dieses Ackermann, das mich voll in seinen Bann gezogen hatte.
    Das Schwelgen für Stimmen war nichts für mein pubertierendes Gemüt.


    Bis dahin hatte ich noch kein Orchester LIVE gehört, was dazu führte, dass Ackermann mein erster Radiodirigent wurde.
    Ich saß dann mit Bildern und Büchern über Instrumente, Orchester, deren Sitzordnung und Anleitungen über die Dirigierkunst etc gebannt da und lauschte.
    Bis heute meine ich davon zu profitieren, hauptsächlich auf die eigene Phantasie und Vorstellungskraft beim Hören die Priorität seit damals gesetzt zu haben. Noch heute bin ich hauptsächlich ein „Hörmensch“, vor allem auch dank Otto Ackermann.


    Die DVDs werden bei mir immer ein Schattendasein führen,


    Damals hatte ich also unter anderem ein LIVE Radio-Konzert unter Ackermann mit Sena Jerunac, Peter Anders und Kurt Böhme gehört.
    Erst 5 Jahre nachdem ich über den Äther „Durch die Wälder, durch die Auen“ unter dem Dirigat Ackermanns mit Peter Anders gehört hatte, sah ich die gesamte Oper in Hamburg, mit Heinz Hoppe, bzw mit Ernst Kozub in den Hauptrollen und der jungen Edith Mathis, so wie Arlene Saunders.
    Die Sänger sind in meiner Erinnerung weit weg....


    aber bei den Dirigaten von Leopold Ludwig (Freischütz) und Wilhelm Brückner-Rüggeberg (Smetana) habe ich damals geflucht, das weiß ich noch genau.
    Das war Hausmannskost, derb und zum Sattmachen gedacht.
    Das war ein „Eintopf“ und kein Gericht eines Sterne-Kochs mit vielen Zutaten, die man einzeln meinte zu riechen, wie ich es
    aus dem Radio von diesem Schweizer Ackermann (Radioansage) kannte.


    Auch bei den Arien/Duett von Marie und Hans (Verkaufte Braut) entsprach das Dirigat in seiner Natürlichkeit der „Naturstimme“ der jungen Sena Jurinac.


    Meine Ohren waren immer erst beim Orchester, dem Klang und der Eigenart des Klangkörpers, dank Ackermann.
    Dieser lieferte beim sogenannten „Begleiten“ den Beweis seiner unschätzbaren hohen Musikalität.
    „Die verkaufte Braut“, meine zweite Oper in Hamburg, mit dem jungen Heinz Kruse unter Brückner-Rüggeberg, brachte mich in Erinnerung des Dirigats von Ackermann, zu Richard Strauss und den
    „Vier letzten Lieder“, die Ackermann 1953 mit der Schwarzkopf und dem Philharmonia Orchestra eingespielt hat.


    1960 war diese Aufnahme von Ackermann – neben den Operetten – die einzigste erhältliche Platte mit ihm.


    Bis heute ist diese Interpretation für mich DIE für die berühmte Insel.


    Wenn ich diese Aufnahme mit der Szell’s vergleiche, fällt mir insbesondere die Natürlichkeit des Streicherklangs mit seiner unglaublichen Transparenz auf. Die artifizielle Note der Schwarzkopf’schen Kunst unterstreicht Szell indess, so dass bei ihm mehr das nostalgische Moment zum Tragen kommt , während Ackermann sie sehr sanft konterkarriert und dadurch das manieristische Moment im Gesang der Schwarzkopf durch die Schlichtheit der Streicher noch deutlicher, wie auch intensiver in seiner Wirkung wurde.
    Zurück zum Radiokonzert der Fünfziger, in dem Ackermann auch Ausschnitte aus dem Rosenkavalier und der Ariadne dirigierte. Ich weiß nicht, ob es die Rosenkavalier-Suite mit ihm jemals auf Platte gegeben hat.....
    aber eine Interpretation, die einer Strömungsqualität der Donau bei beschwingten Windverhältnissen von Stärke 3 bis 4 entspricht, bewegt dem Zuhörenden fast automatisch das Tanzbein im recht beschwingten ¾ Takt.


    Die Rosenkavalier-Suite mit Otto Ackermann eröffnete eine richtig neue Gefühlswelt für mich. (mit 15 Jahren)
    1957 wurde bei ihm ein Speiseröhrenkrebs diagnostiziert. Zehn Jahre zuvor war er staatenlos geworden, weil er und seine Familie sich nicht mit dem kommunistischen System in Rumänien identifizieren wollten.
    Zur selben Zeit bot ihm die Wiener Staatsoper (damals in der Volksoper) nach einigen erfolgreichen Gastspielen mit „Carmen“ und dem „Rosenkavalier“
    einen mehrjährigen Vertrag als musikalischer Oberleiter an.


    Gut war diese Zeit nicht für ihn, denn die Eigengesetzlichkeiten an diesem Opernhaus von Rang, für einen „Unbekannten“ ohne Lobby, führten zu großen Enttäuschungen.
    Ob da noch „großdeutsche Reich-Nachwehen“ eine Rolle gespielt haben, lässt sich vermuten, aber für Außenstehende nicht beweisen.
    Der berühmte, aber leider fast vergessene Julius Prüwer (1874-1943), ab 1925 ständiger Dirigent der Berliner Philharmoniker (!), ermöglichte dem 27jährigen ab 1926 ein Studium in Berlin. Prüwer war auch Szell’s Lehrmeister.


    Man stelle sich vor, dass der 22jährige Ackermann bereits 1931 in Bayreuth dirigieren durfte, wenn seine beiden Förderer Furtwängler und Toscanini unpässlich waren. 1932 ging er noch als jüngster GMD nach Brünn, wo er zu Wagners 50. Todestag bereits alle wichtigen Opern des Meisters mit Mitte Zwanzig dirigierte.
    Trotzdem, der Nationalsozialismus zwang ihn – wie auch Prüwer, der in die USA emigrierte- zur Flucht und zwar in die Schweiz.


    Einmal „Berner Treue“, immer „Berner Treue“, vor allem in Krisenzeiten, sollte sich ab diesem Schicksalsjahr abzeichnen. Seitdem er 1935 dort sein Debut im Alter von 26 Jahren geben konnte, brach die verbindliche Fürsorglichkeit der Kulturverantwortlichen der Schweizer Hauptstadt für Ackermann niemals wieder ab...................
    1949 schlug er wieder sein Domizil in Bern auf, wo er regelmäßig Gastdirigate am Stadttheater, in Konzerten des Berner Stadtorchesters und im Rundfunkstudio geben durfte. Aus diesen Jahren schätze ich eine fulminante 4. Tschaikowsky. Anschließend wurde er für drei Jahre 1. Dirigent am Zürcher Opernhaus. Dort schätze man besonders seine klaren und zugleich tiefen Mozart Opern. Rudolf Hartmann schrieb, niemals die Priester-Szenen und Sarastro-Reden „in solch tief berührender Verklärung“ hat musizieren hören.


    Jetzt ging auch seine internationale Karriere los, Wien holte ihn jetzt oft, verschiedene Italienische Häuser und Orchester......und er bekam bei EMI einen Exklusiv-Vertrag. Für „Concert Hall“ dirigierte er 32 Mozart-Sinfonien. Falls jemand mehr über diese Aufnahmen weiß, wäre ich für Informationen dankbar. Mit Melitta Muszely und Fritz Uhl spielte er die erste Gesamtaufnahme von Busonis „Turandot“ ein.


    1953 wurde Ackermann Nachfolger von Richard Kraus am Kölner Opernhaus. Von der „Krönung der Poppea“ bis zum „Schlauen Füchslein“ dirigierte er so ziemlich das gesamte Repertoire. Schon von Krankheit gezeichnet war der „Oberon“ seine letzte Opernvorstellung. Schätze gibt es in den WDR-Archiven, denn dort machte Ackermann viele Studio-Produktionen von 1954 bis 1957. Darunter sind eine „Manon Lescaut“ mit Anny Schlemm und Hans Hopf, Mozart Klavierkonzerte mit Clara Haskil, „Lieder eines fahrenden Gesellen“ mit Dieskau, Mozart-Arien mit Teresa Stich-Randall ....und vieles mehr.


    Wenn ich Aufnahmen mit Ackermann höre, die leider viel zu selten aus den Archiven geholt werden, erlebe ich fast immer einen in besonderem Maße mit seinem Orchester atmenden Dirigenten. Ein wunderbar flexibler aber niemals brachialer Rhythmus ist eines seiner Markenzeichen und die Kunst große Bögen zu spannen. Man höre nur seine wundervolle Dvorak-Aufnahmen des Cellokonzerts mit Paul Tortellier, sowie die exellente „Sinfonie aus der neuen Welt“ mit dem Zürcher Tonhalle Orchester. (CDO 1071, The great Conductors)


    Ich erinnere mich an die Anmerkung eines Konzertmeisters des WDR, der voller Bewunderung und Dankbarkeit von Ackermann sprach, insbesondere wegen seiner unfehlbaren Sicherheit der Orchesterführung, seiner überlegenen Ruhe auch an den kniffligsten Stellen. Und seinem untrüglichen Gehör.


    Vor 50 Jahren, am 9. März 1960, ist Ackermann nach dreijährigem Leiden in der Nähe von Bern gestorben. Viele Dokumente besitze ich nicht von ihm.


    Vielleicht gibt es in Tamino- Kreisen ja einige Schätze zu heben. (?)



    Gruß............. „Titan“

  • Zitat

    Vielleicht gibt es in Tamino- Kreisen ja einige Schätze zu heben. (?)


    Lieber Titan!


    Da kann ich dir leider nicht helfen. Aber welch ein liebevolles, einfühlsames und informatives Gedenken an Otto Ackermann. Wenn das so weitergeht, freue ich mich auf jeden neuen Buchstaben.


    :hello: Gustav

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  • Lieber Titan ,



    dies ist ein wirklich bewegender Übersichtsartikel , den Du mit sehr viel


    Einfühlungsvermögen geschreiben hast !


    Danke .


    Zu meinen seit Jahren immer greifbaren Aufnahmen gehören die


    Klavierkonzerte KV 450 , 488 und 491


    mit Solomon am Flügel und dem Philharmonia Orchestra London


    ( EMI ; CD ) .



    Beste Grüsse



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Nur KV 450 wird von Otto Ackermann begleitet und das sehr schön. Absolut!
    Die anderen begleitet Herbert Menges, der definitive Lieblingsdirigent von Solomon.
    Gruß S.

  • Zitat

    Original von Engelbert
    Heutzutage kann man den seinerzeit sorgfältig editierten Flicken nur noch als Erinnerungsbuch verwerten. Ein Prunkstück für Junggebliebene und solche, die sich weigern, das Fortschreiten der Zeit zur Kenntnis zu nehmen.


    Davon gibt es unter den Forianern allzuviele. Für diese ist die Schwarte ein gefundenes Fressen, um in Erinnerungen zu schwelgen. Otto Klemperer war ja sooo gut und auch Bruno Walter und Erich Kleiber sind bis heute unerreicht!


    Mit freundlichen Grüßen
    :angel:
    Engelbert



    Lieber Engelbert
    >> Für diese ist die Schwarte ein gefundenes Fressen um in Erinnerung zu schwelgen <<


    Das klingt für mich etwas überheblich.
    Ich weiß nicht in welcher Entwicklungsphase Deines "Musiklebens" Du steckst.
    ....und was meinst Du, wenn Du schreibst >>solche, die sich weigern, das Fortschreiten der Zeit zur Kenntnis zu nehmen. <<


    Auf meinem Nachttisch liegen zur Zeit zwei Bücher: Dantes "Göttliche Kommödie" und Handkes "Niemandsbucht".
    Ich höre fast parallel die COSI von Fritz Busch und die unter Rene Jakobs.


    Wo ist das Problem?.......wenn wir ein Thema anschneiden, hat es im Normalfall was mit UNS SELBST zu tun. Deine oben genannten Zitate müßten etwas über Dich aussagen.


    >>Erinnerung schwelgen <<..........ein Widerspruch zu das >> Fortschreiten der Zeit <<
    Sollen wir alte Kulturgüter, egal im welchen Bereich, negieren. Weg mit den Pyramiden, dem Michelangeli, der Hildegard van Bingen, Alfred Cortot, Otto Ackermann???


    Worauf willst Du hinaus? Der junge Rubinstein war auch mal in einer ähnlichen Phase wie Lang Lang jetzt. Weißt Du jetzt schon was einmal bleiben wird, sich "kulturell" für nachkommende Generationen als wichtig und erhaltenswert herausstellen wird ???


    Am Beispiel Otto Ackermann's will ich meinen ganz persönlichen Wert als auch Wertschätzung, den/die ich seit meiner ersten "Radioübertragungs-Begegnung" durch ihn erlebe, darstellen..... was hat das mit in "Erinnerung schwelgen" zu tun. Wenn ich Melchiors TRISTAN höre, bin ich dann ein ewig Gestriger???


    Gruß........................"Titan"

  • Liebe Taminoeaner/innen
    In Anlehnung an meinen Artikel über Otto Ackermann, möchte ich doch noch ein kleines Kuriosum ergänzen. Bei der Durchsicht der erhältlichen Aufnahmen dieses Dirigenten bin ich doch auf ca 30 verschiedene Aufnahmen gestoßen.(JPC)
    Dabei ist es wohl eine Ironie des Schicksals, daß ausgerechnet seine EMI Operetten-Aufnahmen mit der Schwarzkopf und Gedda, Köth, Kunz etc am stärksten vertreten sind.
    So will ich doch als NICHT-Operetten-Fan meine Huldigung für diesen großartigen Dirigenten, mit den z.Zt. erhältlichen Aufnahmen dieses Genres ergänzen:


    LEHAR Lustige Witwe
    LEHAR Land des Lächelns
    J. Strauss Nacht in Venedig
    J. Strauss Zigeunerbaron
    J. Strauss Wiener Blut


    Gruß................................"Titan"

  • Ich bin sicher, dass bei Radio Beromünster noch einige seltene Operneinspielungen lagern, die Ackermannn seinerzeit aufgenommen hat, nicht nur Busonis "Turandot".
    Z.B. besitze ich eine Aufnahme der Oper "Casanova" von Lortzing aus dieser Zeit (mit Petre Munteanu in der Titelrolle) - da gibt es sicher noch mehr!


    Auch aus Köln gibt es Preziosen, so z.B. Mozarts "Entführung" von 1954; aus dem gleichen Jahr stammt auch Puccinis "Manon Lescaut".


    Da gibt es noch viel zu entdecken.....


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Für den Buchstaben B nominiere ich bewußt einen Dirigenten, der unter schwierigen Bedingungen in der Provinz hervorragende Leistungen vollbringt. Peter Braschkat studierte an der Staatlichen Hochschule für Musik in Stuttgart. Nach der Ausbildung war er Assistent bei den Professoren Ferdinand Leitner und Hans Müller-Kray. Danach wirkte er als Kapellmeister an Opernhäusern in München, Dortmund, Heidelberg und Mannheim.
    1977 übernahm er als Künstlerischer Leiter das Heilbronner Sinfonie Orchester. Er reformierte den Klangkörper und formte diesen in den vielen Jahren seiner Tätigkeit zu einem leistungsfähigen Orchester. Wenn Besucherzahlen und Einspielergebnisse ein Indiz für den Erfolg eines Orchesters sind, dann ist das Heilbronner Sinfonie Orchester unter Peter Braschkat sehr erfolgreich. Die Mietereihe hat seit vielen Jahren über 1.500 Abonnenten und rund 1800 Besucher pro Konzert. Die Einpielergebnisse liegen ständig über 50 Prozent des Gesamtetats. In anderen auch größeren Städten wie Heilbronn wird über Besucherrückgang und Zusammenbruch der Abonnementreihen geklagt. In Heilbronn, wo auch noch das renommierte Württembergische Kammerorchester besteht - das einstens aus dem Sinfonieorchester hervorging - blüht das Musikleben. Worauf ist das zurückzuführen? Braschkat erkannte schon sehr früh, dass Besucher mehr erleben wollen, als den konventionellen Programmablauf von Ouvertüre, Solistenkonzert und Sinfonie. Da er ein eminenter Kenner der Musikliteratur ist, folgte er dem Credo: Jedes Konzert sollte Eventcharakter haben. Dementsprechend gestaltete er neben spannenden klassischen Konzerten auch Cross-Over-Veranstaltungen: So präsentierte das Orchester u.a. ein Weltmeister-Tanzpaar in speziell für Sinfonieorchester gestalteten Arrangements, Musical-Clowns gastierten, ein weiteres ungewöhnliches Programm war z. B der Auftritt der bekannten Wimpfener Faschingsgesellschaft, ein Wagnis als Profi-Orchester mit Laien zusammen zu wirken, das jedoch vom eher konservativen Sinfonieorchesterpublikum mit jubelndem Beifall honoriert wurde. Eine bemerkenswerte Konstante im musikalischen Angebot ist der Oppitz-Zyklus "Welt des Klaviers", in dem der berühmte Pianist, der übrigens seinen ersten solistischen Auftritt beim Heilbronner Sinfonie Orchester hatte, selbst das Programm seines jährlichen Konzerts bestimmt. Ein Privileg, das sonst meist nur Dirigenten genießen. Erst kürzlich gab es ein Geigenfestival mit 8 Minuten langen Standing Ovations für die 3 Solisten und das Orchester. In der kommenden Spielzeit wird es ein Gitarrenfestival geben usw. Dass neben allen Novitäten die musikalische Qualität stimmen und das Orchester konkurrenzfähig sein muss, ist selbstverständlich.
    Braschkat hatte das Glück, dass er als Partner einen Vorsitzenden hatte, der 45 Jahre lang das Orchester führte, praktisch als Intendant wirkte und die finanzielle und organisatorische Basis für die aufgezeigte Entwicklung und die Realisierung aller kreativen Ideen lieferte. In Zeiten, als andere Orchester Marketing noch für einen "Fußpuder" hielten, hatte das Orchester mit dem eingängigen Slogan "Das Sinfonieorchester - ein Stück Heilbronn" bereits Zielgruppenmarketing zur Besuchergewinnung sowie aussagekräftige Titel wie z. B. "Traumreise Finnland "zur Ankündigung und Werbung/ Verkauf aller Veranstaltungen.
    Da unser Dirigent, der für den Buchstaben B steht, neben der Leitung des Heilbronner Sinfonie Orchesters noch eine Dirigierklasse als Professor an der Staatlichen Hochschule für Musik leitet, ein Osterfestival in Arco am Gardasee und mit Incontro ein Studio für neue Musik gründete, gäbe es noch viel über den umtriebigen Peter Braschkat zu berichten.
    Dirigenten von A - Z. Manche stehen im großen Rampenlicht, andere wie Peter Braschkat schaffen in der musikalischen Diaspora ein blühendes Musikleben. Wer kann entscheiden, wo die größeren Verdienste liegen?
    Herzlichst
    Operus


    P. S. Nur für Taminos zur Information: Der unverbesserliche Idealist, der 45 Jahre als Vorsitzender das Heilbronner Sinfonie Orchester ehrenamtlich führte und heute noch engagiert mitarbeitet, bin rein zufällig ich selbst.

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!



  • Vielen Dank, lieber OPERUS!
    Ich schreibe Deinen "Tamino-Namen" absichtlich groß.......weil ich dieser 45 Jahre währenden Arbeit mit diesem "unbekannten" Dirigenten


    einen entscheidend wichtigen Stellenwert für die lebendige Kultur im Alltag der Städte/Provinzen, ja des ganzen Landes zumesse.


    Das ist eine großartige Arbeit, dazu herzlichen Glückwunsch, meinen großen Respekt, Kompliment und vorallem Dank, denn den Auftrag der Verbreitung der Kultur zu dienen, sollte unser aller Anliegen sein.
    Auf welche Weise jeder Tamino -Teilnehmer auch immer, durch seine Faszination für die Musik, ganz individuell, einen versteckten oder direkten Beitrag für die Verbreitung der uns wichtigen kulturellen Werte leisten mag,


    Dein Beispiel, lieber OPERUS, das Wirken im lokalen Rahmen, scheint mir eine Glücksfall für Heilbronn und ein bemerkenswertes Beispiel zu sein.


    Bezüglich der Arbeit für die Kultur vor Ort, kann übrigens
    --trotz vieler Vorteile--
    EIN GEWALTIGER NACHTEIL,
    durch die Priorität enstehen, den "Festivals" in den vergangenen Jahren beigemessen wird.
    Folge ist häufig, daß die Musikfestivals in die spärlichen Kassen der Kulturhaushalte von Städten und Gemeinen oft Löcher reißen, daß für die Kleinarbeit der Verbände/Gruppen etc vor Ort,
    also für die NICHT-FESTIVAL-ZEIT, für den Rest des Jahres,
    OFT weniger Geld, oder auch gar keins zur Verfügung steht.


    Nochmals Dank, lieber OPERUS für die Bekanntmachung mit dem vielseitigen Dirigenten Peter BRASCHKAT.
    Ich kannte den Namen übrigens, ohne daß ich ihn bisher LIVE gehört habe.


    P.S. Demnächst werde ich beim Buchstaben > A < fortfahren, denn alle Buchstaben werden uns mit Dirigenten bekanntmachen und konfrontieren, denen das Vitamin B, die eigene Karriere oder gar ein Schallplattenvertrag
    NICHT unbedingt das Wichtigste zu sein scheint, sondern ihre kulturelle Arbeit, oft in uneigennütziger Art und Weise. Da ist in dieser Hinsicht der Buchstabe A noch lange nicht ausgereizt..................und dennoch begrüße ich es persönlich sehr, wenn meine Idee für diesen THREAD--wie jetzt von OPERUS-- genutzt wird um eigene Favoriten, unterschätzte oder zu wenig bekannte Dirigenten vorzustellen.
    Das muß m.E. nicht streng nach dem Alphabet ablaufen.
    Vielleicht kann man später --gegebenenfalls-- ein Register diesem Thread hinzufügen.


    Gruß................"Titan"

  • Lieber Titan,


    danke für die anerkennenden Worte, die natürlich immer motivierend sind. Wenn ich allerdings bilanziere, dann habe ich in all den Jahren weit mehr zurückbekommen, als ich geben konnte. Fast zahlose Konzerte die ich zusammen mit meinem Freund, Peter Braschkat, mitgestalten durfte. Die Befriedigung, wenn nach dem Zittern in der Probenarbeit die befreiende Erleichterung durch den anerkennenden Beifall des Publikums ausgelöst wurde. Das Schönste für mich sind allerdings im Sinne des von Dir gestarteten Threads die Künstlerkontakte von A - Z, die das Leben von meiner Frau und mir unendlich bereichtert haben und es uns heute ermöglichen, Weltklassekünstler für unsere Konzerte zu gewinnen, was ohne die persönlichen Beziehungen niemals möglich wäre.
    Gerne möchte ich Dich zu einem unserer Konzerte oder zum Künstlertreffen der Gottlob-Frick-Gesellschaft einladen. Allzu viel direkter persönlicher Kontakt ist im Forum nicht möglich. Wenn Du willst rufe meine private Webseite: http://www.hansahey.de auf und wir können auf anderen Wegen kommunizieren.
    Herzlichst
    Operus
    :hello: :hello:

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!