"Gustav" schrieb in einem anderen Thread
ZitatAber ob der Liedgesang in einer schneller, hektischer und lauter werdenden Welt überlebt, wage ich fast zu bezweifeln
Die Frage mag müßig sein, aber lautent nicht schon das Sprichwort:
"Müssikgkeit ist aller Threads Anfang" ???
Also versuchen wir darüber nachzudenken und zu einem - wenn vielleicht nicht richtigen, so doch glaubwürdiegen bzw wahrscheinlichen Ergebnis zu kommen.
Ich bezweifle keineswegs, daß es in 100 Jahren noch Liedgesang geben wird - auch wenn mich diese Thematik auf diese zeitliche Distanz gesehen eigentlich wenig kratzt.
Wieso wage ich dies zu behaupten ?
Das Schubertlied beispielsweise, mit Texten um 1800 versehen, hat die indrustielle Revolution überdauert, die Einführung der Elektrizität erlebt, jene der Radiowellen, Eisenbahn, Automobil, Flugzeug, Computer, Internet, Verfall von staatlicher Ordnung, Umgestaltum der Geselschaft vom Großbürgertum als Maß aller dinge zur Herrschaft des Proletariats , zwei Weltkriege, den Verfall des Glaubens, Wirtschftskrisen und deren Ende etc etc.
Ich würde sogar behaupte, daß es die antike Aura ist, die dem Schubertlied - und natürlich allen anderen aus ungefähr dieser Zeit das Interesse gewährleistet. Aber auch das etwa 250 Jahre ältere englische Lautenlied wird noch immer gern gesungen - und gehört.
A propos "hektische Welt".
Es wird eine Zeit kommen da man mit Sprit für Flugzeuge (und Automobile) sparsamer umgehen wird müssen, als wir es heute tun, die Gesellschaft wird sich wandeln - in welche Richtung ist kaum vorhersehbar - ich glaube nicht an den linearen Fortschritt in eine Richtung, es gibt Wellenberge und Wellentäler.
Nehmen wir als Beispiel "Die schöne Müllerin"
Die Textvorlage gilt im allgemeinen nicht gerade als Spitzenprodukt deuscher Dichtkunst. Dennoch hat sie - durch die musikalisch Aufarbeitung vile Gedichte von mehr Tiefgang überlebt.
Die Geschichte ist eigentlich banal - aber sie hat mit der Zeit Patina angesetzt, Patina, die sie in den Bereich des "historischen" führt - und somit interessant macht.
Das gilt für zahlreiche andere Textvorlagen auch.
Wie sehr sich Kultur festkrallt, oder besser gesgt, wie sehr sich gebildete Menschen an ihren überlieferten Kulturgütern festkrallen, das belegen einerseits der Film Fahrenheit 451, andreseits die derzeitige Existenz von Literatur in der guten alten Buchform.
Sie wurde immerhin durch Radio, Film, Fernsehen, und Bildschirmtexte aller Art mehrfach angegriffen. - Aber sie besteht noch immer die gute alte Buchform....
mfg aus Wien
Alfred