J.S.Bach zum 325.* - aus Sicht der Klaviermusik

  • Eigentlich hätten wir ja mit den Glückwünschen für Johann Sebastian Bach, den primus inter pares, den Ersten unter Gleichen, noch 10 Tage warten sollen!


    Denn wie ich durch ein hier gestelltes Rätsel selber (erst) erfahren habe, ist er nach unserem geltenden Gregorianischen Kalender, so wie Haydn, am 31. März geboren, weil Eisenach 1685 noch nach dem alten Julianischen Kalender „tickte“. Und schließlich wenden wir den Greg. Kal. auch bei Komponisten aus anderen Sprachräumen an, etwa bei Tschaikowskij (7. Mai statt 25. April).
    Aber weil selbst die Bach-Offiziellen in Leipzig den 21. März als Geburtstag begehen, füge ich mich der „Gewalt“.



    Für Bach als Klavier-Komponisten stelle ich 3 Thesen auf:

    (1) Von keinem anderen Komponisten der Klaviermusik wird die linke Hand mit der rechten Hand prinzipiell als voll gleichberechtigt behandelt, und zwar selbst in nicht-polyphon-fugalen Werken.
    (2) Der Interpret ist bei keinem anderen Klavier-Komponisten in einem solchen Maß darauf angewiesen, optimale Fingersätze zu benutzen.
    (3) Auswendig zu spielen ist nirgends schwerer als bei Bach.


    Zu 1:
    Es gibt in diesem Punkt starke Konkurrenz: Beethoven, Schubert, Schumann, Chopin, Liszt. Und doch glaube ich, dass sie alle „rechtshändig“ orientiert waren.


    Zu 2:
    Hier möchte ich ein Beispiel geben und als „Opfer“ mir die jeweilige Henle Ausgabe (insgesamt m.E. ungefährdet Verlag Nr. 1 in Sachen Fingersatz!) vorknöpfen:
    Im Finale des Italienischen Konzerts muss man in Takt 34 und 36 ab dem vierten Ton mit der re. Hand „2 1 2 3 1“ statt „3 (2) 1 (2 3)“ spielen.
    In Var.14 der Goldberg-Variationen muss man, geschuldet der anatomischen Unterlegenheit der li. Hand, in Takt 17 den Triller mit Nachschlag auf H mit der re. Hand spielen und die neun Sechzehntel von FIS bis D mit links. Plötzlich ist diese Passage problemlos zu meistern. Ebenfalls spricht einiges dafür, in Takt 29 (derselben Var.14) die 32-tel mit der re. Hand zu spielen ("2 1 2 4 2" oder sogar "2 1 4 5 3"), indem man die letzten beiden 32-tel aus dem Vortakt sowie das erste Achtel von Takt 29 in die li. Hand verlegt!


    Zu 3:
    Es mag Pianisten geben, denen atonale Werke der Zwölftöner hier mehr Probleme bereiten. Leider kenne ich den Standpunkt Glenn Goulds nicht, der für beide Bereiche prädestiniert war. These 3 begründet sich sowohl durch die größere Komplexität und „Feinmotorik“ Bachscher Klavierwerke als auch durch These 2.


  • Wieso vergleichst Du nicht mit Komponisten aus Bachs Epoche?
    Oder - besser noch - mit älteren?
    Wie ist es mit Byrd, Gibbons, Frescobaldi, Froberger, etc?
    Klassik und Romantik sind natürlich etwas oberstimmenlastiger.
    Im 20. Jahrhundert könnte dann auch wieder "Konkurrenz" für diesen Aspekt kommen. Ich denke, dass z.B. Stockhausens Klavierstücke etwa beide Hände gleichermaßen fordern, müsste mir das aber einmal daraufhin ansehen.
    :hello:

  • Hmmmm ... seitdem ich "alte" Fingersätze für Bach und Früheres verwende (z. B. r. Hd. Tonleiter aufwärts 3-4-3-4-3-4), finde ich Fingersätze bei Bach gar nicht mehr so kniffelig. Czernysche bzw. post-Lisztsche Fingersätze führen häufig in die Sackgasse, stimmt. - Ich spiele allerdings vor allem Orgel und nur wenig Klavier.


    Auswendig spielen fand ich bei Bach nie schwierig - bei so viel Struktur !?


    Viele Grüße
    Wolfram