"Die Dosis macht das Gift"
Paracelscus soll das gesagt haben
Und wenn er es nicht gesagt hat - dann ist es gut erfunden
und zudem auch noch wahr.
In der Tat wurden seit es Theater bzw Oper im heutigen Sinne gibt - und man es rückverfolgen kann - Änderungen an Stücken vorgenommen. Allerdings natürlich in angemessener Form.
Wenn kein Geld da war, dann natürlich auch in nicht angemessener Form - aber das ist eine andere Geschichte.
Auf diesen Thread bin ich gekommen, als ich mich mit dem Verfassen des Opernführers befasst habe. Ich habe da gewisse Details in Bezug auf den Ablauf nachlesen wollen - und bin auf manche - wenn auch nicht bemerkenswerte, so doch signifikante Unterschiede in der Beschreibung gestoßen, Mal bricht Rudolfo , als der den Tod Mimis erkennt, schluchzend über der Leiche zusammen, mal erstarrt er zur Salzsäule. - das nur als Beispiel, es gäbe etliche.
"Warum gibt es diese - zum Teil nicht unerheblichen Abweichungen der Opernführer untereinander"- so fragte ich mich.
Irgendwann habe ich dann erkannt, daß viele Autoren einfach die Inhaltsangebe so verfasst haben, wie sie das Werk GESEHEN haben.
Inszenierungen weichen ja immer ein wenig vom Libretto ab - deswegen gibt es sie ja - soll heissen sie sind notwendig um den Stücken Leben einzuhauchen, und - in seltenen Fällen - eine Aufführung überhaupt erst zu ermöglichen. "Jahrhundertaufführungen" kamen bei letzteren allerdings kaum je zustande - es waren in der Regel Notlösungen.
Aber kleine Farbtupfer - und ich betone hier das Wort KLEIN, sowie Unterschiede in der Ausstattung - das gab es schon immer. Eine Inszenierung von Zefirelli beispielsweise unterschied sich schon gewaltig von Billigprodukten an mittleren Bühnen.
Die Frage ist ja lediglich, WOZU ich Regie und auch Ausstattung einsetze. Beide sollten an sich eher unglaubwürdige Stücke so suggestiv auf die Bühne bringen, daß sich die Frage nach der Logik der Handllung gar nicht erst stellt.
Man wirft den "Regietheatergegnern" stets vor, daß sie immer gleiche, am Libretto klebende Aufführungen favorisierten. - Das Gegenteil war der Fall. Jede Aufführung meiner Jugend strotzte nuir so von neuen Ideen, kleinen Gags und einfallsreichen Bühnenbildern und Kostümen.
"Historische Treue" war nicht unbedingt angestrebt - wohl aber die ILLUSION "historischer Treue.
Nimmt man beispielsweise die Meistersänger her, dann wird man feststellen, daß "historisch Treue" schon allein durch Wagners Musik unmöglich gemacht wird, denn die Musik des sechzehnten Jahrhunderts klang auch nicht ansatzweise nach Wagner ...
Dennoch bringt Wagner mit seinen Figuren und seinen Handlungen glaubhafte Stücke auf die Bühne, deren Inhalt gar nicht hinterfragt werden muß - wird er nur überzeugend genug auf der Bühne dargestell.
Ein gutes Beispiel ist hier Giuseppe Verdi, dessen Opern ja textlich nur teilweise Meisterwerke sind, es gibt etliche Opern mit verworrenem Text. Die tolle Musik in Verbindung mit einer idealen Ausstattung und Inszenierung lässt aber derlei Einwände schwinden - ganz ohne tiefgehendere Eingriffe in Zeit und Handlung des Stückes.
Librettisten sind nun mal Spezialisten für Operntexte. Sie wissen was bühnenwirksam ist - und was nicht. Deshalb haben sie teilweise bereits existierende Sprechstücke so umgestaltet, daß sie auf eine Opernbühne passen und dort Bestand haben. Zumeist wurde eine Schärfung des äusseren Profils von Personen vorgenommen - auf Kosten einiger psychologischen Feinheiten des Charakters uind der Handlung. - Nicht immer war das von Vorteil - aber es war notwendig um Nebenpersonen streichen zu können und die Spieldauer der Opern in Grenzen zu halten.....
Ich würde mir wünschen, die einstigen Schöpfer der Opern wären imstande, zu formulieren , wie sie sich denn die Aufführungen ihrer Opern WIRKLICH vorgestellt haben.
Aber letztlich würde das auch nichts nutzen, man würde sich über die Wünsche dieser "STAUBIS" kühllächelnd hinwegsetzen und vor deren Augen die Werke zerstören.
Seien wir froh: DAS ist ihnen zumindest erspart geblieben.
mfg aus Wien
Alfred