DIE KOMPONIERENDEN KAISER:
FERDINAND III., LEOPOLD I., JOSEPH I. UND KARL VI.
Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation kann auf insgesamt vier komponierende Kaiser zurückblicken: Ferdinand III., seinen Sohn Leopold I. sowie dessen Söhne Joseph I. und Karl VI., insgesamt also eine kontinuierliche Linie von gut 100 Jahren (1637-1740).
FERDINAND III.
* 13. Juli 1608 Graz
† 2. April 1657 Wien
Römischer Kaiser 1637-1657
Nachdem das Reich und insbesondere der Kaiser im Dreißigjährigen Krieg [1618-1648] empfindlich geschlagen worden waren – u.a. auch bedingt durch den bis zuletzt fanatischen Einsatz des Führers der katholischen Gegenreformation, Kaiser Ferdinand II. (1578-1637, Ks. 1619), dem Nachfolger des Kaisers Matthias (1557-1619, Ks. 1612), welcher den Krieg durch die Erhebung des erzkatholischen Ferdinand zum designierten König von Böhmen [1618] indirekt auslöste –, widmete sich der musikbegeisterte neue Kaiser Ferdinand III. der Sicherung seiner Erblande (Österreich, Böhmen,Ungarn) und angenehmeren Dingen, wie eben der Komposition von Messen, Hymnen und sogar eines Musikdramas. Er leitete damit die glanzvolle Zeit der barocken Hofmusikkapelle ein. Der hochgebildete Kaiser – er sprach sieben Sprachen – starb, keine 49 Jahre alt, am 2. April 1657 in Wien.
LEOPOLD I.
* 9. Juni 1640 Wien
† 5. Mai 1705 ebd.
Römischer Kaiser 1658-1705
Der äußerlich wenig attraktive, allerdings ebenfalls sprachbegabte Sohn Ferdinands III. war ein literarisch, wissenschaftlich und historisch hochinteressierter Monarch und auch ein sehr begabter Komponist, der über 230 Kompositionen hinterließ. Obgleich er als zweiter Sohn für den geistlichen Stand bestimmt war – sein Bruder Ferdinand IV. wurde 1653 zum Römischen König gewählt –, wurde er nach dem Tod seines Bruders (1654) und Vaters (1657) nach einer sehr langen Wahl auf den Kaiserthron gewählt. Er komponierte im Mai 1655 das Regina coeli, die Begleitstimmen ließ er von Antonio Bertali ausführen. Seine Verehrung für die Musik ging so weit, daß er die Kapelle in seiner Todesstunde im Nebenzimmer seine Lieblingswerke spielen ließ.
JOSEPH I.
* 26. Juli 1678 Wien
† 17. April 1711 ebd.
Römischer Kaiser 1705-1711
Der ältere Sohn Leopolds I. wurde bereits 1690 zum Römischen König gewählt. Der ob seiner Schönheit gerühmte Kaiser hatte vom Vater die Liebe zur Musik geerbt; auch von Joseph I. ist ein Regina coeli überliefert, welches starke italienische Einflüsse zeigt. Neben dieser geistlichen Motette sind nur mehr zwei weltliche Kompositionen erhalten. Bedauerlicherweise war dem in der Politik erfolgreichen Kaiser kein langes Leben vergönnt: nicht einmal 33jährig erlag er den Blattern.
KARL VI.
* 1. Oktober 1685 Wien
† 20. Oktober 1740 ebd.
Römischer Kaiser 1711-1740
Der Bruder Josephs I. kam 1711 durch dessen überraschenden Tod auf den Kaiserthron. Wie dieser war auch Karl VI. musikalisch sehr begabt, wenngleich er nur ein einziges Mal selber dirigiert haben soll. Politisch recht erfolgreich, erfuhr das habsburgische Österreich unter ihm seine größte Ausdehnung (Neapel-Sizilien, Mailand, Österreichische Niederlande, Nordserbien, Teile Rumäniens). Karl VI. war der letzte komponierende Kaiser, jedoch sind von ihm keine Kompositionen überliefert. Die Hofmusikkapelle erreichte unter seiner Herrschaft ihren Zenit. Durch den unglücklich verlaufenden Türkenkrieg 1736-1739 bereits seelisch und körperlich angeschlagen, starb der Kaiser 55jährig an einer einfachen Erkältung.
Gruß
Felipe