Die vier Brüder Schützendorf

  • Mit diesem Thread möchte ich etwas Neues ausprobieren: Gleich 4 Sänger in einem abhandeln, nämlich 4 Brüder, die allesamt bekannte Sänger waren (nein, ich meine nicht die Jakob-Sisters):


    1. Alfons Schützendorf, Baß-Bariton
    2. Guido Schützendorf, Bariton
    3. Gustav Schützendorf, Bariton
    4. Leo Schützendorf, Baß-Bariton


    Sie machten, jeder für sich, unterschiedliche Karrieren, wobei der letztgenannte, Leo, der wohl bekannteste der Brüder war. Von ihm gibt es auch die meisten Tondokumente, obwohl er schon früh verstorben ist.


    Aber einmal sind sie auch zusammen aufgetreten:


    Die vier Sängerbrüder Schützendorf sangen 1915 am Stadttheater von Bremen zusammen in einer Aufführung der »Meistersinger«:
    Alfons als Hans Sachs,
    Gustav als Pogner,
    Leo als Beckmesser und
    Guido als Kothner


    Aber: Einer nach dem anderen....



    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)


  • Schützendorf, Alfons, Baß-Bariton
    ,


    geboren 25.5.1882 Vught bei s'Hertogenbosch (Holland),
    † August 1946 Weimar. Alfons ist der zweitälteste der vier Brüder.


    Er wurde in Köln durch den Gesangslehrer Walter ausgebildet und war Schüler von Felix von Kraus in München und von Giuseppe Borgatti in Mailand.
    Alfons Schützendorf debütierte 1904 am Opernhaus von Düsseldorf, dem er bis 1908 angehörte. Hier sang er 1904 in der Uraufführung der Oper »Der Vogt auf Mühlstein« von Cyril Kistler die Titelrolle. In den Jahren 1908-10 gab er von München aus Gastspiele.
    Er wirkte 1908-10 bei den Festspielen von Bayreuth mit, wo er als Donner im »Rheingold«, als Klingsor im »Parsifal« und als Telramund im »Lohengrin« auftrat.
    1910 gastierte er erfolgreich an der Covent Garden Oper London als Wotan im Nibelungenring und als Gunther in der »Götterdämmerung«. 1910-12 war er Mitglied der Wiener Volksoper, 1912-15 des Deutschen Theaters Prag, 1915-22 des Stadttheaters von Hamburg; man schätzte ihn vor allem als Wagner-Interpreten. Er trat als Gast 1909, 1911 und 1914 an der Wiener Hofoper auf, 1908 und 1910 an der Hofoper von München, 1909 am Opernhaus von Frankfurt a.M., 1910 am Théâtre de la Monnaie Brüssel und am Theater von Brünn (Brno).
    1927 unternahm er eine Tournee durch die Schweiz. Er galt als bedeutender Liedersänger und gab noch 1937-38 in Berlin, 1939 in Leipzig Liederabende. Von 1927-31 war er als Pädagoge an den Folkwang-Schulen in Essen tätig, seit 1932 in Berlin. Er war in erster Ehe mit der Sängerin Clara Bellwidt, in zweiter mit Julia Koettrick (* 1884), ebenfalls einer bekannten Sängerin, verheiratet.


    Von ihm sind leider keine Schallplattenaufnahmen vorhanden. Er starb ein Jahr nach Ende des 2. Weltkriegs in der damaligen Sowjet-Zone.


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Schützendorf, Guido, Bariton,


    * 22.4.1880 Vught bei s'Hertogenbosch (Holland),
    † April 1967; Er ist der Erstgeborene der vier Brüder.


    Guido Schützendorf erhielt seine Ausbildung am Konservatorium von Köln. Er begann seine Karriere 1904-06 mit einem Engagement in Straßburg, sang dann am Hoftheater von Coburg (1906-07), am Stadttheater von Elberfeld (1908-10), am Opernhaus von Gent in Belgien (1910-11), am Stadttheater von Bremen (1911-14), am Hoftheaster von Braunschweig (1914-16) und am Stadttheater von Magdeburg (1916-18 ).

    Während des Ersten Weltkrieges sangen alle vier Schützendorf-Brüder zusammen einmal in Bremen in einer Vorstellung der »Meistersinger«. Zu einer Wiederholung dieses Ereignisses ist es jedoch später nicht mehr gekommen.


    Guido Schützendorf war in der Saison 1925-26 nochmals am Stadttheater von Bielefeld engagiert. 1929-30 nahm er an der USA-Tournee der von Johanna Gadski zusammengestellten German Opera teil. Bereits 1919 wirkte er in einem Stummfilm »Der fliegende Holländer« in der Titelrolle mit.
    Er lebte später in Celle. Er war verheiratet mit der Opernsängerin Olga an der Mahr.
    Seine Tochter Liselotte Schützendorf (* 1926) ergriff ebenfalls den Beruf einer Opernsängerin.


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Schützendorf, Gustav, Bariton,


    * 1883 Köln, † 28.4.1937 Berlin; der Weltreisende -
    er wurde wie seine Brüder Guido (1880-1967), Leo (1886-1931) und Alfons Schützendorf (1882-1946) Opernsänger, nachdem er am Konservatorium von Köln und in Mailand seine Stimme ausgebildet hatte.


    Er debütierte 1905 am Opernhaus von Düsseldorf als Don Giovanni. Er sang dann 1907-08 am Stadttheater von Krefeld, 1908-11 am Stadttheater von Basel, 1911-14 am Stadttheater von Straßburg und kam dann 1914 an die Hofoper von München, der er bis 1920 angehörte.
    Am 12.6.1917 wirkte er in München in der Uraufführung der Oper »Palestrina« von Hans Pfitzner (in der Partie des Luna) mit. 1914 gastierte er an der Wiener Hofoper, 1920-21 an der Staatsoper Berlin, 1921-22 am Opernhaus von Leipzig, 1921 auch am Teatro Liceo Barcelona.


    1922 wurde er an die Metropolitan Oper New York berufen, deren Mitglied er bis 1935 blieb (Antrittspartie: Faninal im »Rosenkavalier«). 1926 sang er hier in der Erstaufführung von Strawinskys »Rossignol« den Kaiser, 1931 in der Premiere der Operette »Boccaccio« von F. von Suppé. An der Metropolitan Oper ist er während 13 Spielzeiten in 14 Partien und (in deren New Yorker Haus) in 321 Vorstellungen aufgetreten, u.a. als Beckmesser, als Alberich, als Klingsor und als Papageno.
    Während des New Yorker Engagements gastierte er noch mehrfach in Europa, so 1926 in Amsterdam als Don Giovanni, 1930 an der Bayerischen Staatsoper München, 1932 an der Staatsoper Berlin.


    Der Künstler war in erster Ehe mit der Sopranistin Delia Reinhardt (1892-1974) verheiratet, von der er sich jedoch wieder trennte; in zweiter Ehe heiratete er die Sopranistin Grete Stückgold (1895-1977). Gustav Schützendrof starb drei Wochen nach seiner Rückkehr von New York nach Berlin plötzlich an einem Herzschlag.


    Von der Stimme von Gustav Schützendorf sind Schallplatten der Marke Vox vorhanden.


    LG


    :hello:

    Harald


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    (Vinícius de Moraes)

  • Schützendorf, Leo, Baß-Bariton,


    Geboren am 5.5.1886 in Köln,
    † 18.12.1931 Berlin; der jüngste der 4 Sänger-Brüder


    Ausgebildet am Kölner Konservatorium, debütierte er 1908 am Opernhaus von Düsseldorf.
    Er sang dann 1909-10 am Stadttheater von Münster (Westfalen), 1910-12 am Stadttheater von Krefeld, 1912-17 am Hoftheater von Darmstadt, 1917-19 am Hoftheater von Wiesbaden, 1919-20 an der Staatsoper von Wien, an der er auch 1922-23 gastierte.
    1920 wurde er an die Berliner Staatsoper berufen. Hier begeisterte er das Publikum vor allem durch seine köstliche Darstellung von Buffo-Typen, erschien aber auch als Boris Godunow, als Kaspar im »Freischütz«, als Sebastiano in »Tiefland« von E. d'Albert und in Wagner-Partien.
    Er trat dort insgesamt in 445 Vorstellungen und in 47 verschiedenen Partien auf. Am 14.12.1925 sang er an der Berliner Staatsoper in der denkwürdigen Uraufführung von Alban Bergs »Wozzeck« die Titelpartie.


    1926 wirkte er in der Berliner Premiere von Prokofieffs »L'Amour des trois oranges« mit, 1927 an der Kroll-Oper Berlin in der Uraufführung von Kurt Wells »Royal Palace«. 1923 bereiste er mit einem Ensemble, das der holländische Bariton Cornelis Bronsgeest zusammengestellt hatte, die Niederlande, 1925 Gastspiel mit dem Ensemble der Staatsoper Berlin in Amsterdam, wobei er als Ochs im »Rosenkavalier« großen Erfolg hatte. Weitere Gastspiele an den führenden deutschen Theatern.
    Sehr oft war er an der Städtischen Oper Berlin zu Gast. In der Spielzeit 1924-25 gehörte er dem Ensemble der Berliner Volksoper an.
    1929 sang er bei den Festspielen von Zoppot den Beckmesser in den »Meistersingern«, seine große Glanzrolle.


    Seit 1922 betätigte er sich mit sehr großem Erfolg in Berlin als Operettensänger. So wirkte er 1930 am Berliner Metropol-Theater in der Uraufführung der Lehár-Operette »Schön ist die Welt« mit.


    Als die Direktion der Berliner Staatsoper ihm die Tätigkeit im Operetten-Theater verbot, ging er 1929 ganz zur Operette über.
    Die Entlassung aus dem Ensemble der Berliner Staatsoper führte bei dem Künstler zu Depressionen und langwieriger Krankheit.
    Seine dunkle, dabei ungewöhnlich bewegliche Stimme mit der Feinheit ihrer Charakterisierung und seine glanzvolle Schauspielkunst bewährten sich auf der Bühne im seriösen, namentlich aber im Buffo-Repertoire.


    Das Leben der vier Brüder Schützendorf wurde biographisch beschrieben in »Künstlerblut. Leo Schützendorf und seine Brüder« (E. Schützendorf, Berlin 1943).


    Die Stimme von Leo Schützendorf begegnet uns auf zahlreichen Schallplatten-Marken: auf Ultrapon (Telefunken), Kristall, Homochord, Odeon (»Bettelstudent«), HMV und Polydor.



    LG


    :hello:



    Quelle: [Lexikon: Schützendorf, Leo. Großes Sängerlexikon, S. 22098
    (vgl. Sängerlex. Bd. 4, S. 3164 ff.) (c) Verlag K.G. Saur]

    Harald


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    (Vinícius de Moraes)

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  • Wieder eine bereichernde Aktivität, an die fast vergessenen aber damals bedeutenden Brüder Schützendorf zu erinnern. Danke
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Von den vier Brüdern ist mir auch nur Leo Schützendorf durch seine


    Tondokumente bekannt. Er war ein großes stimmschauspielerisches


    Talent. Aber wahrscheilnlich zog er auch rein schauspielerich auf der


    Bühne das Publikum in seinen Bann. Er brillierte sowohl in komischen


    Partien, wie auch in tragischen Rollen. Solche Interpreten sind selten


    geworden.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Am 5. Mai war der 125. Geburtstag des Singschauspielers Leo Schützendorf, dem bekanntesten der 4 Brüder aus Köln.
    In seiner heutigen Sendung im Radio Oe1 "Apropos Oper" (15.05 Uhr) erinnert Prof. Gottfried Cervenka an dieses Datum. Zusammen mit der Erinnerung an den 120. Geburtstag von Richard Tauber (mit dem Schützendorf im Berlin der 20er Jahre oft aufgetreten ist) gibt es verschiedene Tondokumente zu hören (z.B. sein legendärer Ollendorf in Millöckers "Bettelstudent").


    Einzelheiten hier: http://oe1.orf.at/programm/274768


    Unbedingt anhören!


    LG


    8)

    Harald


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    (Vinícius de Moraes)