Franck, César: Klavierquintett f-moll

  • Franck, César: Klavierquintett f-moll - an der Schwelle zum Spätwerk


    Franck komponierte sein einziges Klavierquintett in den Jahren 1878-79. Es markiert den Übergang zum Spätwerk des Komponisten, wozu man zählen mag:


    - „Prélude, Choral et Fugue“ für Klavier (1884)
    - „Variations symphoniques“ für Klavier und Orchester (1885)
    - Violinsonate A-Dur (1886)
    - „Prelude, Aria et Finale“ für Klavier (1887)
    - Symphonie d-moll (1887-88')
    - Streichquartett D-Dur (1889)
    - „Trois Chorals“ für Orgel (1890)


    Das Spätwerk beinhaltet also die meisten der einigermaßen bekannten Werke des belgisch-französischen Meisters. Es sei erwähnt, dass in jener Zeit auch zwei Opern („Hulda“/1879-85, „Ghiselle“/1888-90) sowie die sinfonischen Dichtungen „Le chasseur maudit“ (1882), „Les Djinns“ (1884) und „Psyche“ (1888') entstanden.


    Für César Franck ist im Spätwerk die Form der „sonate cyclique“, der zyklischen Sonate, typisch. Einen ersten Ansatz dafür findet man sogar schon im frühen Klaviertrio fis-moll op. 1 Nr. 1 (um 1840). Bei dieser Form werden einzelne Themen in mehreren Sätzen verwendet. Dies geschieht aber nicht unbedingt, um (etwa wie bei Bruckner in den Sinfonien 3, 4, 5, 7 und 8') Finalapotheosen herbeizuführen, sondern um satzübergreifende Einheit herzustellen. Man denke also eher an den Schicksalsrhythmus in Beethovens 5. Sinfonie oder das chromatisch ansteigende Motiv, mit dem in Brahms‘ 1. Sinfonie sowohl die Einleitung als auch der eigentliche Sonatenhauptsatz beginnt und welches in späteren Sätzen wiederkehrt. Auch der Gedanke an die „idée fixe“ in Berlioz‘ „Sinfonie fantastique“ liegt nahe. In Francks d-moll-Sinfonie wird das Hauptthema des ersten Satzes sogar in einer verklärten Form gegen Ende der Sinfonie rekapituliert, der Eindruck ist der einer „negativen Apotheose“ und den triumphierend-affirmativen Wirkungen bei Bruckner geradezu entgegen gesetzt. Der zyklischen Form begegnen wir auch im Klavierquintett, hier nimmt das zweite Thema des ersten Satzes die satzübergreifende Rolle des „zyklischen Themas“ ein.


    Wer beklagt, dass der Meister von St. Florian so wenig Kammermusik hinterlassen hat, der gebe dem Oeuvre von César Franck eine Chance. Bruckner und Franck waren beide Organisten, sie wurden beide zu Lebzeiten überwiegend als solche geschätzt und als Komponisten für geringer angesehen, beide hatten einen Hang zum Mystischen. Grund genug für Freunde Bruckners Musik, sich mit dem belgisch-französischen Meister näher zu befassen.

  • Gerüchten zufolge war der Anlass zur Entstehung des Quintetts eine Liebesaffäre mit Augusta Holmès, einer Schülerin César Francks.


    Nach der Uraufführung widmete Franck das Werk dem Komponisten Camille Saint-Saens, der den Klavierpart gespielt hatte. Saint-Saens schnitt darauf nur eine verächtliche Grimasse, verließ den Saal und ließ die ihm gewidmete Partitur auf dem Flügel zurück. Später versuchte er, weitere Aufführungen zu verhindern. Claude Débussy sprach von einem immerwährenden Paroxysmus. Zu Francks Lebzeiten sind fünf Aufführungen des Werkes in Paris nachweisbar.


    Die Rezeption von Francks Klavierquintett nach 1945 scheint im Schatten der „großen drei“ (Schumann, Brahms, Dvorak) zu stehen. Dieses Schicksal teilt das Werk unter anderen mit den Gattungsbeiträgen von Vierne, Widor, Fauré, Elgar und Schostakowitsch, wobei sich das Letztere in jüngster Zeit verstärkter Aufmerksamkeit zu erfreuen scheint.


    Von den Streichquartetten der „ersten Reihe“ scheinen nur die folgenden das Quintett eingespielt zu haben:


    - Amadeus-Quartett mit Clifford Curzon (live)
    - Borodin-Quartett mit Svjatoslav Richter (derzeit vergriffen)
    - Petersen-Quartett mit Artur Pizarro


    Ob das Hollywood String Quartet (mit Victor Aller) oder das Mandelring-Quartett (mit Kalle Randalu) in diese Kategorie gehören, mag jede(r) selbst entscheiden. Es existieren ferner Aufnahmen mit dem Quartett der Wiener Philharmoniker (wiederum mit Clifford Curzon), mit dem Fine Arts Quartet (mit Cristina Ortiz), mit dem Quatuor Ludwig (mit Michael Levinas), mit dem Capet String Quartet (mit Marcel Ciampi) u. a. Da die großen Namen in auffälliger Weise fehlen – ich denke z. B. an das Melos-Quartett, das Alban-Berg-Quartett, das Takacs-Quartett, das Hagen-Quartett, das Emerson Quartet, das Guarneri-Quartett, das Quartetto Italiano oder unter den jüngeren Ensembles etwa an das Belcea-Quartett oder das Quatuor Ebène - scheint dieses Werk vor allem die Domäne der Quartette aus der zweiten Reihe zu sein.


    Dies mag vor allem daran liegen, dass das Klavierquintett als vergleichsweise schwierig zugänglich gilt. Diese Einschätzung scheint mir jedoch wenig haltbar zu sein. Vielleicht wird hier nur ein Vorurteil von Generation zu Generation weitergegeben. Jedenfalls lohnt die Auseinandersetzung mit diesem Werk sehr. Die Musik ist formal recht einfach fasslich und weist eine Menge Charakteristika auf, die hohen Wiedererkennungswert haben und schon beim ersten Hören ohrenfällig werden. Daher ist der Zugang entgegen der oft kolportierten Meinung vielleicht nicht allzu schwierig. Zu diesen Charakteristika gehören etwa die Bevorzugung von Terzverwandtschaften im Großen (1. Satz f-moll, 2. Satz a-moll/Des-Dur/a-moll, 3. Satz F-Dur) wie im Kleinen (z. B. die Harmonik des „zyklischen Themas“) oder zahlreiche chromatische Linien und abfallende Skalen.


    Ein rauschhafter, geradezu manischer Zug ist dem Werk über weite Strecken eigen (Débussy: Paroxysmus), das alleine sollte einer positiven Rezeption aber nicht im Wege stehen – man denke nur an „Tristan und Isolde“ oder an Schönbergs „Verklärte Nacht“.

  • Das Quintett ist dreisätzig:


    I. Molto moderato quasi lento - Allegro f-moll (Sonatenhauptsatz mit langsamer Einleitung)
    II. Adagio a-moll/Des-Dur/a-moll (langsamer Satz in dreiteiliger Form)
    III. Allegro non troppo, ma con fuoco (a-moll -> ) F-Dur (Sonatenhauptsatz)


    Man erkennt bereits in der Disposition der Tonarten im Großen die Bevorzugung von Terzverwandtschaften.


    Die folgenden Zeitangaben beziehen sich auf die jüngst erschienene Einspielung des Werkes mit Cristina Ortiz und dem Fine Arts Quartet (Naxos, 1. Zeitangabe) und auf die ältere Einspielung mit Clifford Curzon und dem Quartett der Wiener Philharmoniker, die zur Zeit nur gebraucht oder in einer (sehr empfehlenswerten!) Sammelbox mit weiteren Aufnahmen des britischen Pianisten erhältlich ist (Decca, 2. Zeitangabe).


    Die Introduktion des ersten Satzes beginnt (0:00/0:00) mit einem als „dramatico“ bezeichneten Thema (Thema A, C-Takt) in der 1. Violine, welches akkordisch von den anderen Streichern begleitet wird – eine abfallende Tonleiter in doppelt punktiertem Rhythmus, gefolgt von Seufzermotiven, verlöschend (man höre die chromatischen Linien in 2. Violine und Cello bei 0:19/0:18'). Es folgt ein zartes, kontrastierendes Klaviersolo (Thema B, 12/8-Takt, ab 0:24/0:25), bei dem die führende Mittelstimme von einer zarten getupften Oberstimme begleitet wird, die die Kontur des „zyklischen“ Themas vorweg zu nehmen sein (c‘‘/des‘‘/d‘‘ ). Bei 0:58/0:59 wieder Thema A, jetzt stärker harmonisch angereichert (aufsteigende, fast durchweg chromatische Linien in den drei unteren Streichern), wieder das Verlöschen, gefolgt von Thema B im Klavier. – Der nächste Streichereinsatz (1:52/1:54) bringt nacheinander in allen vier Streichern eine Variante von Thema A, begleitet von wechselnd chromatischen und akkordisch fallenden Linien im Klavierbass – das erste Zusammenspiel aller fünf Instrumente. Erregte Zweiunddreißigstel in den Streichern führen zu einer Steigerung, die einen ersten Höhepunkt mit Thema A bringt (2:26/2:25). Man achte auf die Klavierbegleitung: Des-Dur – a-moll – Des-Dur – a-moll – Des-Dur – a-moll; das ist nur eine von vielen Stellen mit terzverwandten Harmonien. Thema B im Klavier wird nun bohrend im ppp vom Themenkopf A begleitet (ab 2:50/2:52), bis das Klavier diesen Themenkopf A selbst aufnimmt (ab 3:10/3:05) und als Ausgangspunkt für ein kurzes kadenzartiges Solo nimmt, welches in das Sonaten-Allegro mündet.


    Bei 3:23/3:15 hören wir den Beginn der ersten Themengruppe mit Thema C, welches deutlich mit dem „dramatico“-Thema A verwandt ist – absteigende Skala, punktierter Rhythmus, C-Takt. Weitere punktierte Rhythmen mit chromatischer Kontur folgen im Klavier (Motiv D). Bei 3:33/3:25 beginnt ein neues Motiv (E) mit Akkordbrechungen, welches chromatisch sequenziert wird und mit D abwechselt. Bei 3:48/3:40 ein neuer Gedanke in der ersten Violine (Chromatik im Klavier linke Hand). Bei 4:09/3:57 beginnt das letzte Thema (F) der ersten Themengruppe, zunächst in der Bratsche, dann ebenso in den übrigen Streichern, im Klavier chromatisch – mal aufwärts, mal abwärts – begleitet.


    Die zweite Themengruppe eröffnet mit dem „zyklischen Thema“ des Werkes (G) bei 4:38/4:27, welches unvermittelt in der bewusst exterritorialen Tonart Cis-Dur erscheint (Franck hätte es ja auch in der Subdominantparallele Des-Dur notieren können, zumal das Klavier hier alleine spielt – ein Hinweis auf Außermusikalisches?). Man beachte wieder die Harmonik: zwei Takte Cis-Dur, ein Takt a-moll, wieder ein Takt Cis-Dur – Terzverwandtschaft, analog beim zweiten Auftreten (E-Dur/c-moll). – Bei 5:02/4:53 ein neues Motiv (H), das einem aus der Violinsonate Francks bekannt vorkommen mag. Ab 5:25 ein Motiv (I), dessen Andeutung schon vorher zu hören war (4:00/3:52, rechte Hand Klavier – es gibt viele mikroskopische Bezüge dieser Art, alle zu erwähnen scheint unmöglich und würde die Lesbarkeit noch mehr erschweren). Als Schlussgruppe der Exposition erklingt ab 5:42/5:30 das „zyklische Thema“ (G) dann in der 1. Violine, nunmehr in der „korrekten“ Tonart As-Dur (d. h. in der Tonikaparallele, wie es sich für einen Sonatenhauptsatz in moll gehört), flankiert von einem versprengten Einwurf des Thema C (5:55/5:44). Übergangslos geht es in die Durchführung (ab 6:20/6:09), in der das Klavier das Thema C zunächst („un poco marcato“) in der linken Hand durchführt.


    Mit all den Themen und Motiven der Exposition im Kopf sollte der hörende Nachvollzug der Durchführung keine Probleme bereiten. Man beachte, dass ab 7:09/7:00 das Thema C einfach in eine chromatisch fallende Skala in Sechszehnteln verwandelt wird. – Bei 7:49/7:42 tritt überraschenderweise das „dramatico“-Thema (A) aus der Introduktion wieder auf, nochmals bei 8:31/8:27.


    Ab 9:54/9:48 kündigt sich die Reprise an, deren Beginn bei 10:10/10:06 eher verschleiert wird – bis man sie bemerkt, ist man schon mittendrin. – Interessant ist, dass nach der Rekapitulation des letzten Themas der ersten Themengruppe (F) das „zyklische Thema“ (G) in den Streichern nur beschwörend angedeutet wird (11:27/11:23), stattdessen aber das Klavier darauf mit dem Thema B der Introduktion antwortet! Wieder ein Hinweis auf Außermusikalisches? Erst ab 12:31/12:29 erklingt dann das „zyklische“ Thema in der „richtigen“ Reprisentonart F-Dur.


    Ab 13:06/13:05 wird man die Coda ansetzen können, hymnisch, rauschhaft, wie so oft bei Franck, in einen rasanten Schluss (Piu Presto, ab 14:32/14:27) mündend, an dessen Ende ein letztes Mal das Hauptthema C im fff erscheint, um sogleich zum Verlöschen geführt zu werden („estinto“, auch das „dramatico“-Thema A ist noch einmal zu hören).

  • Die Zeitangaben beziehen sich wieder auf die Einspielungen mit Ortiz/Fine Arts Quartet bzw. Curzon/Quartett der Wiener Philharmoniker.


    Der zweite Satz ist durchweg im 12/8-Takt notiert und dreiteilig gehalten. Einem ersten Teil in a-moll folgt ein Mittelteil in Des-Dur, welchem ein dritter Teil in a-moll folgt. Der dritte Teil ist dabei eine verkürzte Variation des ersten. – Man beachte wiederum die Terzabstände a - Des – a (eigentlich eine verminderte Quarte – sei‘s drum).


    Der erste Teil besteht aus einem A-Abschnitt (16 Takte), einer Überleitung (3 Takte), einer Variation A‘ des A-Abschnitts (16 Takte) und einer weiteren Überleitung (5 Takte) zum Mittelteil.


    Der A-Abschnitt ist vollkommen regelmäßig aus viermal vier Takten gebaut. Die ersten vier Takte (ab 0:00/0:00) bringen ein fallendes Motiv in der 1. Violine. Die nächsten vier Takte (ab 0:23/0:24) sind in f-moll (wieder Terzverwandtschaft zur Satztonart a-moll), die 1. Violine spielt abwärts gerichtete Motive. Die dritte Vierergruppe (ab 0:45/0:47) kämpft sich zwischen f-moll und a-moll pendelnd nach a-moll zurück. Die letzte Vierergruppe (ab 1:08/1:08') baut sich auf einer chromatischen Basslinie auf – bester Franck ist da zu hören, leidenschaftlich, nie kitschig!


    Die dreitaktige Überleitung (ab 1:31/1:31) verwendet ein chromatisch auf- und absteigendes Motiv.


    Ab 1:48/1:48 beginnt die Variation des A-Teiles. Die Melodie in der 1. Violine wird durch Einwürfe der übrigen Streicher ergänzt.


    Eine fünftaktige Überleitung (ab 3:13/3:12, dasselbe chromatische Material wie in der ersten Überleitung) führt zum Mittelteil in Des-Dur, der bei 3:44/3:40 beginnt. Das Thema des ersten Abschnitts (ab 3:46/3:41) ist wiederum in der ersten Violine und besteht aus Akkordbrechungen (darin mit dem vierten Viertakter des A-Abschnittes des ersten Teiles verwandt) mit einer chromatischen Fortspinnung. Das „zyklische Thema“ kündigt sich allenthalben an, ohne vollständig zu erscheinen. Große Teile dieser Musik könnten direkt aus dem „Tristan“ entnommen sein (Mittelteil des zweiten Aufzuges).


    Ab 5:30/5:15 dann der zweite Abschnitt des Mittelteils: das „zyklische Thema“ in „seiner“ Tonart Des-Dur (Oberstimme des Klaviers).


    Bei 6:44/6:24 beginnt der dritte Abschnitt des Mittelteils, in dem interessanterweise thematisches Material des ersten Teils (also vom Anfang dieses Satzes) eine Durchführung erfährt.


    In 7:49/7:30 beginnt der dritte Teil des Satzes, wiederum in a-moll. Die Melodie des A-Abschnitts liegt für die ersten vier Takte in der Oberstimme des Klaviers, dann ab 8:13/7:55 in der Bratsche. In der dritten Vierergruppe (ab 8:33/8:14) führen Bratsche und Cello in Oktaven, bis in der letzten Vierergruppe wieder die erste Violine den Teil zu seinem Ende führt. Ab 9:18/8:58 hören wir die Coda, die vom ersten Thema des Mittelteils dominiert wird.

  • Die Zeitangaben beziehen sich wieder auf die Einspielungen mit Ortiz/Fine Arts Quartet bzw. Curzon/Quartett der Wiener Philharmoniker.

    Der letzte Satz eröffnet (0:00/0:00) mit einer chromatisch kreisenden Figur in den Streichern, die durch fallende chromatische Basslinien im Klavier gestützt wird. Das Hauptthema des Satzes deutet sich im Klavier an (0:12/0:12 und 0:28/0:26, auch später). Eine Mini-Reverenz an das „zyklische Thema bei 1:03/0:57, bis schließlich bei 1:12/1:03 das Hauptthema im Unisono der Streicher erscheint, begleitet von triolischer Motivik im Klavier. Leicht ist wieder die auf Terzverwandtschaften basierende Harmonik zu erkennen. Ein jäher harmonischer und dynamischer Wechsel (1:52/1:36) leitet den letzten Abschnitt der ersten Themengruppe ein, welcher ein neues Motiv einführt, das den Rhythmus des zweiten Themas vorwegnimmt (z. B. bei 2:00/1:42, zwei Achtel Auftakt gefolgt von einer Halben).


    Bei 2:30/2:08 beginnt dann die zweite Themengruppe in h-moll (Tritonusabstand zur Satztonart - quasi exterritorial wie das zweite Thema des ersten Satzes), das zweite Hauptthema ist vom Klavier zu hören.


    Mit Beginn der Durchführung (3:24/2:57) erreichen wir wieder F-Dur – zumindest der Vorzeichnung nach, es wird weiterhin kräftig moduliert. Die Durchführung kulminiert im fff aller Instrumente (ab 5:18/4:28').


    Zu Beginn der Reprise 5:24/4:32 erscheinen beide Hauptthemen simultan, das erste Thema im Klavier in vierfachen Oktaven („non troppo forte“), das zweite Thema in Oktaven der Streicher („marcatissimo“). Ab 5:49/4:53 erfährt das erste Thema seine eigene, allerdings verkürzte Reprise in den unisono geführten Streichern mit derselben triolischen Klavierbegleitung wie in der Exposition. Wieder ist der jähe harmonische und dynamische Wechsel zu hören (6:07/5:07). Es folgt das zweite Thema, jetzt in der Tonart fis-moll (6:15/5:15).


    Der Beginn der Coda ist bei 7:05/6:00 anzusetzen, obwohl wir immer noch in fis-moll sind. Das chromatische Motiv in Cello und Klavierbass ist aus dem ersten Satz bekannt (dort bei 3:48/3:40). Dynamisch ist ppp mit einzelnen Pizzicati im f vorgeschrieben. Eine Modulation nach Des-Dur führt zu einer Reprise des „zyklischen Themas“ (7:37/6:30; „Ritenuto un pochettino il tempo“, „dolcissimo molto espressivo“ in den Streichern, „legatissimo molto armonioso“ im Klavier), sekundiert vom Hauptthema des Satzes.


    Bei 8:00/6:51 erreichen wir „Tempo I“ und F-Dur. Der Rest ist die Kunst des Finales; mehrere sich steigernde Anläufe aus dem pp ins ff führen in ein fff-Unisono der Streicher (8:59/7:45), welches - begleitet von untereinander terzverwandten Akkordschlägen des Klaviers (9:06/7:51) - in ein Unisono aller Instrumente mündet, mit dem das Stück auch effektvoll und in f-phrygisch schließt.

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  • Kennt Ihr das Werk? Mögt Ihr das Werk? Habt Ihr Einspielungen davon - welche und wie gefallen Sie Euch? Ich mag die beiden Einspielungen, die ich habe, ganz gerne:



    Mich würden jedoch sehr die Einspielungen mit dem Amadeus-Quartet/Clifford Curzon, mit dem Borodin-Quarett/Svjatoslav Richter, mit dem Mandelring-Quartet/Kalle Randalu sowie mit dem Hollywood String Quartett/Victor Aller interessieren und wäre für Eure Hinweise und Hörerfahrungen dankbar.

  • Als kurzen Einwurf vermelde ich noch weitere Aufnahmen des Klavierquintettes von Caesar Franck. So die Einspielung des Quintetto Chigiano. Diese Formation hat sich tatsächlich als Klavierquintett gebildet, um die entsprechende Quintett-Literatur aufzuführen. Entsprechend schmal ist auch die Diskographie, die heute nur noch über Umwege verfügbar ist.


    Immerhin wird hier offensichtlich, dass üblicherweise Quintette in der Regel durch den Zukauf eines Ensemblefernen Musikers aufgeführt werden.


    So z.B. die Aufnahme dieses Quintettes mit dem Quatuor Bernede und dem Pianisten Samson Francois.


    Beide Aufnahmen sind allerdings auf dem Plattenmarkt gegenwärtig nicht verfügbar. Für beide gilt: leider!


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
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  • Gibt es von diesem Werk eine Aufnahme, die auch nur annähernd an Swjatoslaw Richter mit dem Borodin-Quartett heranreicht?


    Bei ihrem Erscheinen Anfang der 90er Jahre war ich geradezu zu Tränen gerührt. Empfehlenswert ist übrigens auch das Franck-Klaviertrio Nr. 1 mit Richter

  • Ich besitze zwei Einspielungen, Levinas/Q. Ludwig auf Naxos und eine Live von Argerichs Lugano-Festival. Um zu dem Werk etwas zu sagen, müsste ich es erstmal wieder hören. So ein wirklicher Favorit ist es aber bisher nicht geworden, auch wenn es packende Stellen hat, fand ich es jedenfalls anfangs ziemlich langatmig. Ich werde aber nun sicher mal anhand der schönen Beschreibung von Wolfgang genauer zuhören.


    Allerdings glaube ich nicht, dass das Werk von Quartetten "der ersten Reihe" bewußt ignoriert wird. Nicht alle von denen haben überhaupt besonders viel Kammermusik mit Partnern gemacht. (Wer von denen hat z.B das Bruckner-Quintett oder Schostakowitschs Klavierquintett aufgenommen, das sind ja auch keine unbekannten Werke...)


    Von den ja nicht so besonders zahlreichen wirklich berühmten Klavierkonzerten dürfte Francks schon kurz nach Brahms, Schumann, Dvorak (und natürlich -in etwas anderer Besetzung- dem Forellenquintett) in der Beliebtheitsskala folgen.


    (Es sei hierzu auch auf diesen Überblicksthread verwiesen.)


    Ein wirkliches Schattendasein führt meinem Eindruck nach jedoch Francks Streichquartett, das kenne ich bisher auch noch weniger als vorliegendes Stück, auch wenn ich seit einiger Zeit eine CD damit besitze (Fitzwilliam Q.) und ca. zweimal gehört habe.


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
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    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Ich habe das Quintett nun in der Levinas/Ludwig-Aufnahme angehört, allerdings noch ohne Wolframs analytische Anmerkungen.
    (Meine andere Einspielung ist mir gerade nicht zugänglich, da ein großer Teil meiner CDs zwischengelagert ist und ich nicht genau weiß, in welcher Kiste sich diese befindet.)


    Der erste Satz gefiel mir ziemlich gut. Die beiden anderen fand ich allerdings relativ kontrastarm, vielleicht durch die untereinander verwandten Themen. Besonders das Finale schien mir überhaupt nicht recht vom Fleck zu kommen, außer ganz am Ende. Insgesamt habe ich einige Schwierigkeiten mit der "Stimmung" des Stücks. Man mag das rauschhaft nennen, ich finde es oft irgendwie "süffig-melancholisch", ohne emotional wirklich gepackt zu werden. Mir gefallen auch die quasi-orchestralen Effekte mit Tremolo der Streicher nicht besonders. Vielleicht bin ich momentan auf Spätromantik nicht eingestellt, mir war das alles etwas zu süffig und nicht klar genug. Was aber auch an der Interpretation gelegen haben mag. Die mit Argerich und Co habe ich als leidenschaftlicher in Erinnerung.


    :hello:


    JR

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  • Hallo Johannes,


    ich meine auch, dass das Finale gegenüber den anderen beiden Sätzen abfällt - wobei dem Kopfsatz die Krone gebührt.


    Hat Martha Argerich das Quintett eingespielt? Das wäre ja fast ein "must have" ... mir sind mit Argerich nur die Francksche Violinsonate mit Perlman und die Violinsonate in der Cellofassung mit Mischa Maisky bekannt, beide sind höchst empfehlenswert.

  • Zitat

    Original von Wolfram
    Hat Martha Argerich das Quintett eingespielt? Das wäre ja fast ein "must have" ... mir sind mit Argerich nur die Francksche Violinsonate mit Perlman und die Violinsonate in der Cellofassung mit Mischa Maisky bekannt, beide sind höchst empfehlenswert.


    Es ist ein Live-Mitschnitt von ihrem Festival in Lugano:



    Da ich die CD nicht parat habe, kann ich nichtmal beschwören, ob Argerich selbst im Quintett spielt, ich bin mir aber eigentlich ziemlich sicher (Montero begleitet in der Griegschen Cello-Sonate).
    Wenn man genügend Geld und Platz hat, lohnen vermutlich auch weitere dieser Boxen (je nachdem ca. 15-28 Euro/ 3 CDs), aber ich habe nur zwei, wenn ich recht erinnere (bin eben auch kein großer Freund von solchen Samplern, die sich schlecht einsortieren). Die Live-Mitschnitte sind natürlich auch nicht alle gleichermaßen perfekt, aber meist durchaus packend und häufig findet sich vergleichsweise rares Kammermusikrepertoire (Arensky, Tanejev, Schnittke usw.)


    :hello:


    JR

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  • Hallo Johannes,


    nach dem, was ich herausfinden konnte, spielt Alexandre Gurning das Klavier in dieser Aufnahme des Quintetts.


    Trotzdem haben die "Lugano"-Mitschnitte natürlich einen ähnlichen Kultstatus wie die Festival-Mitschnitte mit Lars Vogt ("Musik im Kraftwerk").

  • Hätte mich gewundert, wenn Andrew Rose nicht mittlerweile auch dieses Quintett digitalisiert hätte:



    Hier ist die oben genannte Aufnahme mit dem Quintett Quigiano, einer Formation, die sich ausschließlich zum Aufführen von Klavierquintetten zusammengefunden hatte. Die hinterlassene Diskographie ist leider schmal, wenn auch für das Label DECCA produziert, mithin also in achtbarer mono-Qualität.


    Wenn das Quintetto Chigiano weitere Liebehaber fände, würde mich das freuen. Deren Aufnahme des Brahms-Quintettes wird übrigens von Alfred Andersch in seinem Roman "Di Rote" gerühmt.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

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  • Francois/Quatuor Bernéde gab es auf einer vergriffenen EMI Introuvables Box, bei Amazon.fr hat sie jemand für 50 EUR im Angebot. (Ich glaube ich habe eine LP-Überspielung mal runtergeladen, leider meiner Erinnerung nach in mäßiger Tonqualität, bin jetzt zu faul, die externe Platte, auf der das sein könnte auszupacken.)


    Eine andere klassische Einspielung mit dem Loewenguth-Q. kann man sich hier als LP-Überspielung saugen:


    "http://quartier-des-archives.blogspot.com/"


    (links in der Liste "Franck" aufrufen, es gibt auch das Streichquartett Francks!)


    Es gibt anscheinend auch noch eine Aufnahme mit Rubinstein als Pianist (vermutlich Guarneri Q.? ich finde nichts...)


    Mit ca. 4-5 Einspielungen aus den 1950er oder frühen 1960er Jahren, die wir jetzt zusammengetragen haben, scheint das Werk damals jedenfalls ziemlich beliebt gewesen zu sein.


    :hello:


    JR

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  • Ich habe das Quintett Ende Juli im Konzert gehört (Quatuor Modigliani, Pianist weiß ich nicht mehr, nicht der, mit dem sie das Brahms-Quintett aufgenommen haben).


    "http://www.modiglianiquartet.com/home_en.html"


    Ungeachtet seiner Länge ist es live ein ziemlicher Feger, muss ich zugeben. :jubel: Jedenfalls so wie es dort gespielt wurde.
    Vorher hatte das Quartett Ravels Quartett gespielt, das gefiel mir zwar auch, aber hier schienen sie mir sehr schlank und klanglich fast etwas dünn unterwegs zu sein. Die Umschaltung auf massive Spätromantik gelang aber problemlos. Insofern sollte ich meine Aufnahmen vielleicht nochmal gegenhören oder nach einer weiteren suchen, denn live war im Finale kein Nachlassen zu spüren.


    Allerdings ist das Werk von Klang und Satz her wirklich massig. Als Zugabe spielten die Musiker das andante aus Brahms' Klavierquintett, das klang praktisch "wie Haydn" nach dem Franck...

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  • Das Klavierquintett von Cesar Franck dürfte eines der - wenn nicht das - bedeutendste Kammermusikwerk aus französischer Feder im 19. Jahrhundert sein. Jedenfalls ist es einer meiner Lieblingswerke für diese Formation. Eine aktuelle Einspielung "lief mir heute günstig über den Weg" und landete sofort im Player.



    Es ist auch meine Erstbegegnung mit Marc-Andre Hamelin als Kammermusiker, obwohl es schon einige Aufnahmen von ihm mit dem Takacs Quartett gibt. Hamelin erweist sich als wunderbarer Kammermusiker, der mit den Takacs Leuten bestens harmoniert und hier gemeinsam mit diesen eine wertvolle Einspielung vorlegt.