Am Puls von Haydn: Ignaz Joseph Pleyel - die Streichquartette

  • Pleyel hat ja auf Grund seines Jubiläums glücklicherweise schon einen eigenen Thread - indes - unterschätzt ist all noch immer.
    Anders ist es nicht zu erklären, daß von seinen etwa 70 Streichquartette nicht mal 20 auf CD verfügbar sind.
    Woran liegt das ? An der Qualität sicher nicht, denn die hat kein geringerer als Wolfgang Amadeus Mozart, der iin der Tat ein eher bösartiger Kritiker war,in einem Brief an seinen Vater folgendermaßen kritisiert:


    Zitat

    "Dann sind dermalen Quartetten heraus, von einem gewissen Playel, doieser ist ein Scholar von Joseph Haydn. Wenn Sie selbige noch nicht kennen, dann suchen Sie sie zu bekommen, es ist der Mühe werth. Sie sind sehr gut geschrieben, und sehr angenehm; Sie werden auch gleich seinen Meister [Haydn] herauskennen. Gut - und glücklich für die Musik, wenn Pleyel seiner Zeit im Stande ist, uns Haydn zu remplacieren!"


    In der Tat, das sind sie.
    Die Quartette sind jedoch - anders als bei Haydn , lediglich 3 oder 2 sätzig


    Ihre mangelnde Präsenz verdanken sie vermutlich dem Mangel an wirklichem Interesse an Kammermusik, allen Lippenbekenntnissen zum Trotz. Der Harenberg Kammermusikführer kennt nicht mal einen Komponisten namens Pleyel, weil er seine Seiten mit Komponisten des 20. Jahrhunderts vollgemüllt hat. (Harenberg hat inwischen den Besitzer gewechselt - die Neuauflage kenne ich nicht)


    Ich selbst habe erst spät zur Kammermusik gefunden, und noch viel später zu Pleyels Streichquartetten (Wie sollte ich auch ?)


    Aber schon die erste Begegnung war ein Erlebnis.


    Inwischen ist einiges herausgekommen, vermutlich dem Playel Jubiläumsjahr 2007 geschulder, wenn auch nicht allzuviel.


    Heute habe ich folgende CD -Monate nach ihrem Kauf - erstmals gehört:



    Die Hungaroton Aufnahmen mit dem Quartetto Luigi Tomasini sind exzellent, sowohl vom Klang als auch von der Interpretation.
    Die Werke - hier erstmals auf Tonträger verfügbar - sind hörenswert. Mein persönlicher Favorit ist der Finalsatz von op 11 Nr 3 (Rondo) - ein Ohrwurm ersten Ranges..


    mfg aus Wien


    Alfred


    .

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Pleyel hat mich mit seinen Streichquartetten (nebenbei bemerkt auch mit den Klaviertrios) wirklich begeistert. Wenn wir Haydn als Ausgangspunkt nehmen wollen, ist Pleyel zwar eine Generation jünger, aber stilistisch kommen seine Streichquartette den Haydenschen so nahe, wie es eben nur geht - trotz der Unterschiede. Als Schüler von Vanhal und Joseph Haydn in Eisenstadt und Pressburg hat Pleyel sicherlich einen ähnlichen ostösterreichischen und im damaligen Sinne ungarischen Hintergrund wie Haydn (Pressburg, ungarisch Pozsony, war Teil des Königreichs Ungarn und dreisprachig) Sein op.2 hat Pleyel seinem zweiten Lehrer Haydn gewidmet. Es entstand nachdem Haydn gerade seine Sonnenquartette op.20 geschrieben hatte und steht mit seinem Melodienreichtum und lyrischen Zuschnitt den frühen Haydnquartetten (op.9 und 17) natürlich näher als den späteren Meisterwerken. Ich empfehle die beiden CDs, die das Enso Quartett bei Naxos aufgenommen hat.


    .


    Bei cpo gibt es eine Aufnahme von dreien aus den "Preußischen Quartetten", die Pleyel ähnlich wie Haydn, Mozart und Boccherini dem preußischen König Friedrich Wilhelm II. gewidmet hat. Es spielt das Pleyel Quartett Köln auf historischen Instrumenten - das Cello hat hier immer wieder konzertante Passagen, was den Quartetten zwar nicht schadet - es bleibt aber immer die Frage, inwieweit die heikle Balance der 4 Stimmen durch das konzertante Zurschaustellen einzelner Stimmen - hier auch die Primgeige - nicht gestört wird und die musikalische Textur darunter verflacht. Bei diesen 3 Quartetten ist Haydn nicht ganz so nahe wie beim op.2



    Als letzte Aufnahme aus meiner kleinen Sammlung nenne ich hier das Artis-Quartett mit 4 Pleyel-Streichquartetten - dabei ist wieder das g-moll Quartett Ben 339 (Verzeichnis nach Benton), das auch auf der Aufnahme bei cpo enthalten ist. Klangtechnisch gebe ich den anderen Einspielungen den Vorzug obwohl es sich - im Gegensatz zu den beiden anderen um eine Studioaufnahme handelt.



    Hoffen wir, daß auch das op.1 mit seinen 6 Quartetten einmal seine Interpreten findet...

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt.


    Arnold Schönberg

  • Inzwischen habe ich viel Haydn, etwas Boccherini und auch wieder Pleyel gehört. Ich habe mir über manches eine eigene Meinung gebildet, und war eigentlich erstaunt, diese in den spärlichen Statements, welche den verfügbaren Aufnahmen beigegeben wurden grösstenteils bestätigt zu finden, bzw. fand ich teilweise Erklärungen für Eigenheiten, die ich bemerkt hatte, aber nicht begründen konnte. Diejenigen der Streichquartette, die ich bis dato gehört habe, klingern weniger nach Haydn, als üblicherweise behauptet wird, allenfalls nach frühem Haydn, der weniger "gelehrt" und dafür "spielfreudiger" daherkam. In gewisser Weise hier in Übereinstimmung mit Boccherini, der seine Fröhlichkeit der ihm eigenen Italianitá verdankt, aber dennoch anders. Pleyel erzielt seine "liebliche" Wirkung, die selbst bei dramatischen Stellen weitgehend erhalten bleibt mit anderen Mitteln. Flapsiger und respektloser ausgedrückt: er ist weniger trocken als Haydns spätere Werke.
    Andere werden finden, er habe weniger "Tiefgang" Dies war offensichtlich eine freiwillige Entscheidung, die sich durchaus positiv auswirkte. Pleyel wurde in London zeitweise öfter aufgeführt als Haydn. Kein Wunder, ist man fast geneigt zu sagen, der Melodienreichtum und die Lieblichkeit wird allenfalls von Boccherini erreicht, wobei ich Pleyel - soweit ich das im Moment schon beurteilen kann - für erfindungsreicher halte. Wie soll ich Pleyels Musik beschreiben. Das Wort "gefällig" liegt mir auf der Zunge - aber ich werde mich hüten das zu schreiben.
    Aber siehe da: im Beiheft der weiter oben abgebildeten CD mit den Streichquartetten Ben 339, 367, 342 und 332 findet sich folgende Stelle, die ich gern zitieren möchte. Dr Irene Suchy schreibt hier:
    "Pleyels Musik, sagt Johannes Meisl, der zweite Geiger des Artis-Quartetts Wien, ziele immer auf Gefälligkeit, nicht auf das Besondere oder gar Schockierende. Hörbar ist Pleyels Intention, das Publikum zu unterhalten......"(Zitat unkomplett)
    Hier bekommen wir einerseits eine Erklärung, warum Haydn in gewisser Weise Angst davor hatte, von seinem einstigen Schüler "übertroffen" zu werden - andrerseits auch warum Pleyels Nachruhm sich in unserer Zeit in Grenzen hält.
    Er wollte offenbar nur "schöne Musik machen" - Wie verwerflich !!!


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

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  • Ich habe mir vor kurzem wieder meine Naxos-Einspielung der Pleyelschen Quartette Op.2 (1-3) angehört und war richtig angetan. Tatsächlich scheinen mir diese Werke eine Art gelungene Mischung aus Boccherini und Haydn zu sein. Ich bin ziemlich sicher, dass sich Mozarts lobende Worte auf diese Werkgruppe beziehen, denn Mozart nützte den Hauptgedanken des 2.ten Satzes in Pleyels g-moll Quartett für den Kopfsatz seines berühmten Streichquintetts KV 516 (bekanntlich auch in g-moll). Als geübter Reminiszenzenjäger ist mir das gleich aufgefallen.

  • Unlängst habe ich meinen Pleyelkammermusikbestand aufgestockt, und zwar mit den weiter oben von User Stentor bereits vorgestellten Op. 2 Quartetten 4-6, den Preussischen Quartetten 7-9 und einem Block Klaviertrios. Von den drei Op. 2 Quartetten bin ich wirklich begeistert. Sie gefallen mir fast noch besser als die ersten drei dieser Serie, welche ich in einem früheren Beitrag bereits erwähnt habe. Ganz stupend ist das B-Dur Stück (Nr. 5), das eine Art verkappte Sinfonia concertante mit Geige und Cello ist. Mit Haydn hat das nicht allzu viel zu tun und für manchen mag das zu "leichtgewichtig" sein, aber ich denke hier ist Pleyel wirklich ein sehr schönes, lebensfrohes Werk gelungen, das ohne die Manierismen des Quatuor brilliant Stil, welcher später in Frankreich populär wurde, auskommt. Die Klaviertrios hingegen hinterließen bei mir überhaupt keinen Eindruck - schade.

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  • Zitat

    Die Klaviertrios hingegen hinterließen bei mir überhaupt keinen Eindruck - schade.


    In diesem Zusammenhang möchte ich auf die hier abgebildete Aufnahme mit dem Göbel-Trio Berlin verweisen, die meiner Meinung nach allein vom Klang her (moderne Instrumente) seinen Konkurrenten (Trio 1790 - und Pleyel Trio Wien) überlegen ist. Horst Göbel schreibt im Aufsatz des Beiheftes, dass - bei aller handwerklichen Fertigkeit, die Kompositionen in Bezug auf Originalität nicht ganz Haydns Niveau halten können. Pleyels Werke orentieren sich in gewisser Weise stets an den Klangwelten Haydns, er löste sich, trotz seines späten Sterbedatums (1831) nicht von der Klassik.


    Bei der Aufnahme handelt es sich um die Ersteinspielung der Klaviertrios Benton 437i-439i (Göbel bezeichnet sie als Sonaten), welche 1790 entstanden sind. Ich empfehle, vor einem eventuellen Kauf in jedem Falle die hier verfügbaren Soundsamples zu nützen...


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

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  • Die Aufnahme, welche mir vorliegt ist diese:


    Tatsächlich behagt mir der Trio 1790 Klang nicht besonders (ich habe trotzdem ihre Haydn-Integrale), dennoch scheint es mir ungeachtet der verwendeten Instrumente so zu sein, dass sich diese Trios nicht wie die Op. 2 Streichquartette auch (!) an Kenner richten, sondern primär als Material für mittelbegabte Amateure gedacht sind. Das ist natürlich völlig legitim und ich kann mir gut vorstellen, dass das Musizieren selbst Spaß macht, aber zum (konzentrierten) Zuhören ist mir das zu wenig. Vielleicht gönne ich mir einmal die Trio Göbel-Aufnahme (obwohl eine klare Kaufempfehlung konnte ich bei Dir nicht herauslesen ;) ) - zunächst sind einmal ein paar Pleyel-Symphonien dran, die bei mir demnächst eintreffen werden.

  • Man muß nur jammern - und schon regnen die Neuaufnahmen nur so herein.
    Na ganz so ist es auch wieder nicht, denn diese Aufnahmen sind das alleinige Verdienst der


    Internationalen Joseph Pleyel Gesellschaft,


    einer der rührigsten Gesellschaften überhaupt, die sich einem Komponisten gewidmet haben.
    Die Folge eins der "Pariser Quartette" (Ben 365-367) ist schon seit 1. Juli 2012 am Markt und befindet sich bereits seit einigen Monaten in meinem Besitz. Leider habe ich aber vergessen die CD hier zu erwähnen. Teilweise handelt es sich um Ersteinspielungen. Sie sind meiner Meinung nach "volkstümlicher" als jene von Haydn, zudem folgen sie noch - obwohl um 1803 komponiert - noch dem "altmodischen" 3-sätzigen Muster.



    Indes - die Zeit hat mich eingeholt, Folge 2 (Ben 368-370) ist inzwischen ebenfalls bereits erschienen. Hier dürfte zumindest ein Werk viersätzig angelegt sein. Näheres sobald sich auch diese Neuaufnahme in meinem Besitz befindet....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

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  • Wie versprochen (oder angedroht - wie mans nimmt) folgen hier ein paar Zeilen zur ersten CD mit den Pariser Quartetten Ben 365-367 (1803). Es handelt sich um eine Live-Aufnahme des 155. Konzerts der Internationalen Pleyel Gesellschaft vom 8.5.2011 aus dem Marmorsaal des Prämonstratenserstiftes Geras mit dem Janacek Quartett.


    Diese Quartette wurden bei verschiedenen Verlagen einst unter verschiedenen Opuszahlen veröffentlicht, weshalb sich die heute gebräuchliche Zählung (Ben) empfiehlt. Bei Ben 365 und 366 handelt es sich übrigens um Ersteinspielungen, während 367 auch in einer Alternativeinspielung vorliegt, die sich erfreulicherweise in meiner Sammlung befindet. Vielleicht findet sich mal die Zeit für einen kurzen Vergleich.


    Allgemein kann gesagt werden, daß es absolut verständlich ist, daß Mozart von Pleyels Streichquartetten einst hingerissen war, wobei er die hier erwähnten leider gar nicht mehr gekannt hat, sie entstanden erst über ein Jahrzehnt nach Mozarts Tod. Gewidmet sind sie Luigi Boccherini, mit dem Pleyel befreundet war.
    Der Allgemeinen Musikalischen Zeitung fiel 1805 eine Eigenart auf , die ich beim Abhören auch konstatiert habe : Die "Lieblichkeit" dieser Werke - ich möchte dazu noch die "Fröhlichkeit" setzen, sie sind zudem noch "volkstümlich" im guten Sinn des Wortes und unterscheiden sich - entgegen anderen Behauptungen - doch einigermaßen von Haydn.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

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  • Allgemein kann gesagt werden, daß es absolut verständlich ist, daß Mozart von Pleyels Streichquartetten einst hingerissen war, wobei er die hier erwähnten leider gar nicht mehr gekannt hat, sie entstanden erst über ein Jahrzehnt nach Mozarts Tod.


    Inzwischen habe ich in einem CD-Booklet gelesen, dass sich Mozarts Ausspruch auf Pleyels Streichquartette Op. 1 (und nicht wie von mir vermutet Op. 2) bezog. Dummerweise ist aber gerade dieses Opus noch nicht eingespielt worden. Wenn Op. 1 so gut wie Op. 2 ist - oder sogar noch besser - dann ist das wirklich ein ärgerlicher Umstand.

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  • Ich bin davon überzeugt, daß sie ALLE ziemlich gut bis hervorragend sind.
    Und leider ist VIELES noch nicht verfügbar. Pleyel hat ja 70 (!!) Streichquartette geschrieben, steht also in dieser Hinsicht Boccherini und Haydn kaum nach. In Bezug auf einer signifikante Erweiterung von Aufnahmen mit Pleyels Werken bin ich ausnahmsaweise recht optimistisch, vor allem dann, wenn ich in Betracht ziehe wie viele Aufnahmen in den letzten Jahren auf den Markt gekommen sind. Die International Pleyel Gesellschaft (IPG) ist hier eine sichere Bank, sie veräffentlichen laufend, aber auch cpo und Naxos haben einiges in Sachen Pleyel geleistet. Das wäre übrigens eine imagbringende Aufgabe für die (angeblich) wiedererstarkende "Archiv - Produktion" - ...Nein SO optimistisch bin ich auch wiederum nicht :hahahaha::hahahaha:


    mfg aus Wien
    Alfred

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  • Ich bin davon überzeugt, daß sie ALLE ziemlich gut bis hervorragend sind.


    Ich habe außer Op. 2 nur die Preußischen Quartette 7 - 9, kenne also bis jetzt keines der Pariser Quartette. Allerdings denke ich schon, dass Pleyel in seinem Op. 2 noch wesentlich anspruchsvoller bzw. "gelehrter" schreibt als in späteren Jahren. Ein divertimentohafter Zug ist bereits bei Op. 2 zu hören - obwohl mit dem g-Moll Quartett ein ziemlich düsteres Werk dabei ist - trotzdem ist Pleyel hier ziemlich nahe an der Wiener Klassik. Bei Op. 1, das Mozart so beeindruckt haben soll, erhoffe ich mir ähnliches. Drücken wir der Pleyelgesellschaft also die Daumen, dass ihrem Unternehmen Erfolg beschieden sein möge und die Serie der Quartette komplettiert wird!

  • Es gibt eine weitere Hoffnung: Das Pleyel Quartett, welches bereits die "Preussischen Quartette" für cpo eingespielt hat, die wir beide besitzen. Diese Formation hat soeben eine wunderbare CD mit 3 Streichquartetten von Gyrowetz herausgebracht (mehr dazu bald an passender Stelle) Im Beiheft findet sich eine Vorstellunng des Pleyel Quartetts. Der letzte Satz lässt hoffen:
    Weitere Streichquartettaufnahmen von Ignaz Pleyel und Ernst Wilhelm Wolf werden bei cpo erscheinen (!!!)


    Beste Grüße
    Alfred

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  • Ich muss zugeben, dass ich bisher noch nie bewusst Musik von Ignaz Joseph Pleyel gehört habe. Nun hat sich das geändert, mit - war auch nicht anders zu erwarten - Streichquartetten. Da ist unser Lieblingslabel in den letzten Jahren recht umtriebig gewesen und hat uns drei CDs mit Streichquartetten beschert. Die gezeigte habe ich gerade gehört und kann berichten, dass sie sowohl was die Musik angeht als auch die Interpretation durch das historisch aufspielende Kölner Pleyel Quartett sehr überzeugt. Es sind keinesfalls Haydn-Imitationen, das sieht man schon an formalen Dingen, wie Drei- ja sogar Zweisätzigkeit. Insofern stehen diese Werke vielleicht irgendwo zwischen Haydn und Boccherini, Pleyel hat einige Zeit in Italien verbracht.




    Primaria Ingeborg Scheerer ist übrigens wie Edith Peinemann und Jenny Abel Schülerin von Max Rostal

  • Schon im Thread "Best Buy 3/2015" habe ich auf die hier abgebildete Veröffentlichung von Striechquartetten von Ignaz Pleyel hingewiesen, die einmal mehr von der Internationalen Pleyel Gesellschaft in Zusammenarbeit mit dem Label "Ars" produziert wurde. Besonders erfreulich ist, daß es sich hier nicht um bereits auf Tonträger verfügbare Werke handelt, sondern um Erstaufnahmen der Streichquartette Ben 359-361. Soll heissen, die weissen Stellen im Werkverzeichnis Pleyels sind wieder weniger geworden. Allerdings gibt es hier dennoch eine ganze Menge zu tun. Allein an Streichquartetten hat Pleyel 70 Stück geschrieben, welchen im von Rita Benton verfassten Werkverzeichnis die Nummern Ben 301 bis Ben 370 erhalten haben.....
    Die Quartette sind jenen von Joseph Haydn durchaus ebenbürtig, etwas, das schon Wolfgang Amadeus Mozart bemerkte und seinem Vater in einem bis heute vielzitierten Brief mitteilte. Persönlich empfinde ich die Quartette einen Hauch eingängiger und runder, weniger gelehert als manches von Haydn. Pleyel legte es offensichtlich in erster Linie darauf an, seinem Publikum zu gefallen. Sie sind - bei aller Qualität - Schmeichler.
    Bei dieser Gelegenheit weise ich auch auf das neugegründete österreichische Ignaz Pleyel Quartett hin, das wir bei passender Gelegenheit näher vorstellen werden....

    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

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  • Wenn ich die Situation richtig überschaue, so wurden bisher 29 der 70 Streichquartette aufgenommen, bzw sind derzeit erhältlich (Siehe Aufstellung) Fehlen also immerhin noch 41. Drei weitere davon werden mit Sicherheit in Bälde erscheinen, nämlich Ben 362 - 363 - 364.



    PLEYEL Ignaz Streichquartett Ben 307 op 2 Nr 1
    PLEYEL Ignaz Streichquartett Ben 308 op 2 Nr 2
    PLEYEL Ignaz Streichquartett Ben 309 op 2 Nr 3
    PLEYEL Ignaz Streichquartett Ben 310 op 2 Nr 4
    PLEYEL Ignaz Streichquartett Ben 311 op 2 Nr 5
    PLEYEL Ignaz Streichquartett Ben 312 op 2 Nr 6
    PLEYEL Ignaz Streichquartett Ben 332 in G-dur
    PLEYEL Ignaz Streichquartett Ben 334 in C-Dur
    PLEYEL Ignaz Streichquartett Ben 336 in Es-Dur
    PLEYEL Ignaz Streichquartett Ben 336 in A-Dur
    PLEYEL Ignaz Streichquartett Ben 337 in D-Dur
    PLEYEL Ignaz Streichquartett Ben 338 in F-Dur
    PLEYEL Ignaz Streichquartett Ben 339 in g-moll
    PLEYEL Ignaz Streichquartett Ben 339 in g-moll
    PLEYEL Ignaz Streichquartett Ben 340 op 11 Nr 1 in G-dur
    PLEYEL Ignaz Streichquartett Ben 341 op 11 Nr 2 in c-moll
    PLEYEL Ignaz Streichquartett Ben 342 in D-dur
    PLEYEL Ignaz Streichquartett Ben 342 op 11 Nr 3 in D-dur
    PLEYEL Ignaz Streichquartett Ben 352 in Es-dur (1788)
    PLEYEL Ignaz Streichquartett Ben 359 in F-Dur
    PLEYEL Ignaz Streichquartett Ben 360 in B-Dur
    PLEYEL Ignaz Streichquartett Ben 361 in D-Dur
    PLEYEL Ignaz Streichquartett Ben 365 in C-dur (1803)
    PLEYEL Ignaz Streichquartett Ben 366 in B-dur (1803)
    PLEYEL Ignaz Streichquartett Ben 367 in f-moll
    PLEYEL Ignaz Streichquartett Ben 367 in f-moll (1803)
    PLEYEL Ignaz Streichquartett Ben 368 in Es-dur (1810)
    PLEYEL Ignaz Streichquartett Ben 369 in D-dur (1810)
    PLEYEL Ignaz Streichquartett Ben 370 in g-moll


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

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  • 2015 brachte die Internationale Pleyel Gesellschaft in Cooperation mit dem Label Ars die links im Bild abgebildete CD mit drei Klaviertrios Nr 1-3 (Ben 437-439) heraus. Programm wie für mich gemacht. Eine mir bislang unbekannte Kammermusikformation namens "IPG Pleyel Klaviertrio" bestreitet das Programm auf historischen Instrumenten, wobei man stolz vermerkt, daß der Klavierpart ouf dem Oroginal Pleyel Flügel gespielt wird.
    Nach einigen Monaten Wartezeit war dann die Zeit gekommen das gute stück in den Player zu legem, die Vorfreude war groß, der erste Höreindruck indes niederschmetternd. Die Violine war kaum zu ertragen, so jaulend klang sie, der Baßpart indes wummerte und das klavier war wenig beeindruckend. Zugegebenermaßen war der Fehler über Kopfhörer wesentlich geringer als über Lautsprecher zu hören (Canton Vento Lautsprecher der Serie 809 sind sehr analytisch und verzeihen nichts)

    Da erinnert ich mich an eine ältere Aufnahme aus dem Hause Thorophon. welche das gleiche Programm enthält, allerdings vom Göbel Trio Berlin 1994 auf modernen Instrumenten gespielt. Der Unterschied ist - zumindest über Lautsprecher - bemerkenswert. Alles klingt nun viel runder und ausgewogener - aber nicht weniger temperamentvoll. Zudem sind die leichten Intonationsschwankungen, der gelegentlich "leicht schräge" Beiklang verschwunden. Ich gebe dieser Aufnahme eindeutig den Vorzug. Eigentlich schade, daß das Göbel Trio nicht mehr existiert, soweit ich weiß ist Horst Göbel schon vor längerer Zeit verstorben. Von den beiden restlichen Mitgliedern konnte ich nur Hans Maile ausfindig machen, aber ab 2009 verlaufen sich auch seine Spuren im Netz...


    Die drei Werke -Horst Göbel verwendet das Wort "Sonaten" sind sehr eingängig. lieblich und niemals aufdringlich - ohne indes langweilig zu sein. Das gilt zumindest für die Einspielung mit "modernen" Instrumenten.......


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Alfred Schmidt schrieb: "Von den beiden restlichen Mitgliedern konnte ich nur Hans Maile ausfindig machen, aber ab 2009 verlaufen sich auch seine Spuren im Netz..."


    https://www.youtube.com/watch?v=IFcd-VyMGZs
    Live concert 21.03.2015 in Viethaus-Berlin
    BESA (Berlin-Saigon) Quartet
    Violine: Hans Maile


    Hans Maile war ab 1990 fünfzehn Jahre erster Konzertmeister des Orchesters der Bayreuther Festspiele.
    Bei den Berliner Symphonikern ist er 1.Konzertmeister.
    Er gehört dem "Trio Symphonico" und dem "BESA Quartett" an.
    Das Klaviertrio "Trio Symphonico" gründete sich im Jahre 2002
    aus Mitgliedern der Berliner Symphoniker.
    Das Streicherensemble der Berliner Symphoniker ist aus dem im Jahre 2008 gegründetem BESA-Quartett hervorgegangen, erweitert um den Kontrabass.
    In dieser Besetzung tritt Hans Maille im Oktober 2016 bei den Kammermusiktagen Ahrenhoop auf.

    mfG
    Michael

  • Hans Maile war langjähriger Konzert erster des damaligen RSO Berlin. Ich habe ihn in dieser Funktion in den 80ern oft gehört. Besonders in Erinnerung ist er mir als Solist in Darius Milhauds "Boeuf surfen leider toit": großartig!

  • Es passt zwar nicht recht an diese Stelle, soll aber nicht unerwähnt bleiben:


    Geiger kennen Pleyel selbstverständlich von seinen Violinduos! Von den sehr einfachen Opus 8 über die anmutigen Opus 48 bis zu den konzert Antenne Opus 23 ist da einiges zu entdecken. Sie sind ganz vom Instrument gedacht und "liegen" daher gut.


    Musikalisch haben sie weder die Intelligenz von Haydn noch auch nur annähernd die Genialität Mozarts. Sie sind im besten Sinne Gebrauchsmuster; daher trifft nach meinem Verständnis Alfreds Begriff des Musikantischen es am besten.


    Von Opus 23 gibt es auch eine Aufnahme aus Ungarn, die damals auch auf (inzwischen vergriffener) DVD erschienen war.


    Mit einem Hinweis auf des konzert Antenne Duo für Violine und Viola Opus 69 endet dieser kleine Exkurs.

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  • Um Hartmuts dankenswerte Ausführungen zu illustrieren, hier ein paar youtube-Beispiele dieser Werke:






    Hier noch die von Hartmut erwähnte CD - derzeit nur zu Mondpreisen erhältlich:
    51oCifGMm5L._SX425_.jpg




    Ich finde diese Musik in ihrer Schlichtheit sehr elegant, graziös und charmant - da höre ich immer sehr gerne zu. Pleyel gefällt mir immer besser, je öfter ich ihn höre.

  • Ignaz PLEYEL: Preussische Quartette Nr 1-3 --- Benton 331-333


    Vor 2 Tagen habe ich erstmals in die hier gezeigte Aufnahme hineingehört, sie liegt schon seit Jahren bei den Ungehörten und wartete darauf "erhört" zu werden. Gaaanz langsam hör ich nun alte aber bislang ungehörte Bestände und arbeite sie auf.

    Zu schreiben gibt es hier nicht viel, denn wir haben es hier lediglich mit einer Ergänzung der schon begonnenen Preussischen Quartette (Nr 1-3 -Ben 331-333) zu tun, deren Stil wir ja nun alle kennen. Beim sogenannten "späten Wiederhören" Pleyelscher Streichquartette ist mir allerding bewusst geworden - was andeutungsweise schon mehrfach hier erwähnt wurde, dass nämlich die Ähnlichkeit mit Haydn gar nicht sooo groß ist, wie man allgemein annimmt und behauptet.

    Interessant ist, daß hier die größere zeitliche Distanz eher hilfreich als störend ist. Mein persönlicher Eindruck ist, daß Pleyel mehr auf "Eindruck auf das Publikum" bedacht war, als Haydn - Das "Gelehrte", das bei Haydn gelegentlich durchschimmert ist hier kaum zu finden, eher eine gewisse "Gefälligkeit" (man beachte die Apostrophe). Kein Wunder daß Haydn Pleyel zwar als Schüler und Freund achtetete, als Konkuttent aber fürchtete. Irgendwo fand ich den Satz, daß Haydn befürchtete, der Schüler könne den Lehrer übertreffen (wobei "Publikumswirksamkeit" oft bedeutender ist, als "hohe Kunst")

    Dabei ist das eigentlich ein selbstverständlicher - wenngleich stets gefürcheter - Vorgang. Wäre das nicht so - so gäbe es keinen Fortschritt. Wobei man natürlich (wie ich selbst) den Fortschritt in der Kunst durchaus in Frage stellen kann.

    In der Wissenschaft galt dieses indes über lange Zeit als gegeben. Berühmt der Brief von Sir Isaac Newton, Wo er schreibt:

    „Wenn ich weiter geblickt habe, so deshalb, weil ich auf den Schultern von Riesen stehe.“

    Für den eitlen und streitbaren Newton ein schon sehr eigenartiges Eingeständnis.

    Indes ist der Gedankengang schon viel älter. Siehe

    https://de.wikipedia.org/wiki/…_den_Schultern_von_Riesen

    Im Falle Pleyel-Haydn würde ich indes nicht von einem Übertreffen des Meisters sprechen - auch nicht von einem Fortschritt - sondern allenfalls von einem geringfügig divergierenden musikalischen Geschmack oder einem anderen "Dialekt"


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Inzwischen ist die hier abgebildete CD gestrichen. Ich habe sie indes heute erneut gehört, also ein Jahr nach dem letzten Beitrag.

    Es ist immer wieder ein Abenteuer einen alten Text mit einem neuen Hörerlebnis zu vergleicht. Oft gefällt einem die Aufnahme besser als damals, oft ist das Gegenteil der Fall.

    Ich erinnere ich genau was ich heute beim Abhören spontan dachte: "Aber das klingt ja gar nicht so wie Haydn" - Zu meiner Überraschung habe ich das schon vor einem Jahr auch bemerkt. Vermutlich in beiden Fällen darauf zurückzuführen, daß ich zeitnah sehr viele Werke von Josepf Haydn gehört hab. Vermutlich wird man da sensibler.

    Zu bedauern ist, daß die Veröffentlichung von Werken Pleyels eingeschlafen ist. Ich dachte zuerst, na ja das Repertoire ist ausgeschöpft - mehr gibts halt nicht. Aber das stimmt nicht: Es gibt 85 !! überlieferte Streichquartette in 17 Streichqintette. Von den 48 Trios und den 64 Duos ganz zu schweigen.....


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !