Der Belcanto-Wotan: Vitalij Kowaljow


  • Der junge ukrainische Bass Vitalij Kowaljow studierte am Theologischen Institut Moskau und setzte danach das Studium an der Hochschule für Musik in Bern bei Elisabeth Glauser und am Schweizerischen Opernstudio Biel fort. 1999 war er Preisträger der Placido Domingo Operalia Competition in Puerto Rico und des 39° Concorso per Voci Verdiane in Busseto. Am Theater Biel Solothurn trat er in diversen Partien in Erscheinung, so in der Titelrolle aus Verdis Attila.


    Während der Saison 2006/2007 sang er das Requiem von Giuseppe Verdi sowohl mit dem San Francisco Symphony Orchestra als auch mit dem Chicago Symphony Orchestra unter der Leitung von James Conlon. Es folgten König Philip II in Tokyo, Sarastro in Die Zauberflöte an der Oper Colorado, Pimen in Boris Godunow in San Diego und wieder Sarastro an der Metropolitan Opera. Bis zum Sommer 2007 folgten noch eine CD-Aufnahme als Colline in La Bohème mit Anna Netrebko und Rolando Villazon in München, Banquo in Macbeth bei Washington National Opera, Kaspar in Der Freischütz in Hamburg und eine CD-Aufnahme von Leoncavallos I Medici als Francesco Pazzi mit Placido Domingo.


    In der Saison 2007-2008 debütierte Vitalij Kowaljow an der Wiener Staatsoper als Raimondo in I puritani, an der Chicago Lyric Opera als Gremin in Eugen Onegin. Er kehrte zurück an die Metropolitan Opera als Ramfis in Aida und als Oroveso in Norma und an die Bayerische Staatsoper als Zaccaria in Nabucco. Auch 2008 nahm er an Robert Dornhelms Verfilmung von Puccinis La Bohème mit Anna Netrebko und Rolando Villazon als Colline teil.


    In der Saison 2008-2009 sang er an der San Francisco Opera den Fiesco in Simon Boccanegra und den Pimen in Boris Godunow.


    In der Saison 2008-2009 debütierte er außerdem mit der Partie des Wotan in Das Rheingold und Die Walküre in der Neuproduktion von Der Ring des Nibelungen von Richard Wagner in der Regie von Achim Freyer an der Los Angeles Opera.


    Der Bass hat 40 große Opernpartien in seinem Repertoire, mit denen er weltweit an allen großen Opernhäusern gastiert. Darunter sind König Philip in Don Carlo (New National Theatre Tokio, September 2006), Zaccaria in Nabucco und Ramfis in Aida (Arena di Verona, 2005 und 2006), Procida in vespri siciliani (Opéra National de Paris, 2003 und Washington National Opera 2005), Padre Guardiano in La forza del destino (Metropolitan Opera und Bayerische Staatsoper 2006) und Walter in Luisa Miller (Metropolitan Opera 2006). Weitere Partien sind Kaspar in Der Freischütz (New York, Carnegie Hall, 2006), Raimondo in Lucia di Lammermoor (Los Angeles Opera, 2006), Sarastro in Die Zauberflöte (Metropolitan Opera 2007), Giorgio in I Puritani (Wiener Staatsoper, 2007), Pimen in Boris Godunow (San Diego Opera, 2006 und San Francisco Opera, 2008 ) und Gremin in Eugen Onegin (Chicago Lyric Opera, 2008 ).


    Er lebt mit seiner Frau, der Chorleiterin Dorien Wijn, in St. Gallen.


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    Ich habe mich entschlossen, einen Thread über diesen hervorragenden, vielversprechenden jungen Sänger zu eröffnen. Sein Name war mir bereits bekannt, bevor ich ihn Ende Februar an der Semperoper Dresden als Wotan in der "Walküre" erleben durfte. Ich erwartete nichts Großartiges, aber wurde mehr als nur überrascht. Kowaljow ist ein echter basso cantante mit einem wunderschön kernig-männlichen, aber dennoch gerundeten Timbre. Von den Tiefen bis zu den Höhen klingt alles ausgeglichen, und er beherrscht vom Piano bis zum Forte jede dynamische Facette. Die Partie des Wotan stattet er mit großer Autorität und Würde, in den Monologen aber mit ebensoviel Emotion auf. Über den ganzen Abend hinweg zeigt er keinerlei Ermüdungserscheinungen. Kowaljow ist sicherlich einer der besten Wotane der Gegenwart, und ich hoffe, dass ich ihn noch häufig auf der Bühne sehen kann.


    Eine Kritik zu seinem Wotan aus "Opera Today":


    „Kowaljow, a basso cantate, leaves little doubt that he is the first great Wotan of the post-Hotter Wagnerian world. His magnificently resonant voice, which he employs with total ease, is rich in colors and shadings and capable of every nuance."


    ("Kowaljow, ein basso cantante, lässt kaum Zweifel daran aufkommen, dass er der erste große Wotan nach Hans Hotter ist. Seine großartig resonante Stimme, die er ohne jede Anstrengung führt, ist reich an Farben und Schattierungen und zu jeder Nuancierung fähig.")


    Dem ist nichts hinzufügen. Wer hat ihn auch schon erleben dürfen, und was haltet ihr von ihm?


    :hello:

  • Also ich habe ihn sowohl als Wotan (im Rheingold) wie auch als Colline.
    Als Colline vermag er mich in seiner Mantel-Arie kaum zu berühren.
    Als Woan rechne ich ihm hoch an, dass er die Rolle wirklich singt. Allein das ist schon beeindruckend. Auch das Timbre, das ich beim ersten Hören nicht besonders mochte, klingt doch interessanter als erwartet (höre gerade "Abendlich strahlt der Sonne Auge"). Was mir fehlt ist eine Spur Persönlichkeit, was aber auch an der Inszenierung von Achim Freyer gelegen haben könnte. Ich erinnere mich, dass ein Kritiker eben dies Freyer ankreidete, da Kowaljow mit einer hinderlichen Maske agieren muss.


    Ich werde diesen Sänger auf jeden Fall im Auge behalten. Sicher ist die Persönlichkeit in dieser Rolle auch eine Frage der Reife. Wie alt ist Kowaljow?

  • Das weiß ich leider nicht - ich würde ihn auf Ende 30 schätzen. Er gewann 1999 einen Preis bei Domingos "Operalia"-Wettbewerb, und da nehmen ja nur junge Sänger teil.


    :hello:

  • Ich hatte das Glück, seinen Zaccharia in München zu erleben - Vitalij Kowaljow hat neben der großartigen Stimme auch eine überaus beeindruckende Bühnenpräsenz. Den Zaccharia wird er im nächsten Jahr auch wieder in München singen.


    Neben der Boheme gibt es inzwischen einen zweiten offiziellen Tonträger mit ihm:



    Ruggero Leoncavallo (1858-1919)
    I Medici



    Placido Domingo, Carlos Alvarez, Daniela Dessi, Renata Lamanda, Maggio Musicale Fiorentino Orchestra, Alberto Veronesi
    Label: DGG , DDD, 2009





    LG, Elisabeth