Dirigenten für die Schallplatte

  • Es gibt Dirigenten, deren Faszination das Publikum braucht, einen Saal, Liveatmosphäre und jenes Risiko, welches Konzerte eben mit sich bringen. Celibidache war solch ein Dirigent, angeblich auch Lorin Maazel und etliche andere. Das Flair solcher Dirigenten verschwindet im Studio schlagartig. Die Gründe dafür sind vielfältig.


    Aber um diese Dirigenten geht es hier gar nicht - sondern um deren Antipoden. Diese Dirigenten lieben das Aufnahmestudio, die Kontrolle die ihnen dort über die Aufnahem gegeben wird. Kein störendes Publikum mit Hust- und anderern Geräuschen. Zudem kein Druck fehlerfrei agieren zu müssen. Alles kann wiederholt und geschnitten, Zufälle weitgehend ausgeschaltet werden.


    Man nennt in diesem Zusammenhang gern Herbert von Karajan - aber das ist meiner Meinung nur eine Teilwahrheit, denn Karajan war im Konzertsaal und am Pult eines Opernhauses genauso daheim, wie im Studio.


    Dennoch lässt sich nicht leugnen, daß er einer der wenigen Dirigenten seiner Zeit war, die GERNE für die Schallplatte aufnahmen - im Studio - und nicht Live - natürlich.


    Auch sein "Vorgänger" bei "Deutsche Grammophon", Ferenc Fricsay, liebte die Schallplatte und ihre Möglichkeiten. Aber natürlich bringt eine Tonaufzeichnung gewisse Restriktionen mit sich. Diese müssen akzeptiert und - nach besten Möglichkeiten - kompensiert werden.


    Heute, im Zeitalter hervorragender Live-Mitschnitte ist das natürlich ein wenig anders. Dennoch - eine gute Studio-Aufnahme hat gegenüber einem Live-Mitschnitt gewisse Vorteile. Das wussten auch die "Plattendirigenten" und nutzten sie


    Zur Frage: Wer war nach Eurer Meinung lieber im Studio, als live im Konzert ?


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ein Dirigent, dessen Bekanntheit sich hauptsächlich auf ausgezeichneten Aufnehmen begründet, ist Wilhelm Schüchter. In den 50er/60er Jahren war er besonders bei Opernaufnahmen damals DER Hausdirigent der EMI. Übigens sind die meisten der damals sehr beliebten Opernquerschnitte von Dieter Fuoß bei EMI wieder herausgebracht worden. Besonderes Schmankerl: Neben einem nichtssagenden modernen Cover wurden auch die damaligen aussagekräftigen Cover basierend auf Bühnenbildern der damaligen Zeit wieder veröffentlicht. Auch hier zeigt sich meiner Meinung nach, dass die moderne Weiterentwicklung leider nichts verbessert hat, im Gegenteil.
    Oder ich bin halt tatsächlich alt geworden und ein hoffnungsloser Nostalgiker. Aber ich bin es gerne!
    Vielleicht können wir "alten Säcke"(entschuldigt den Ausdruck) den jungen Erneuerern und musikalischen Feuerköpfen doch noch etwas geben. Oder ist es so, als ob der Opa Märchen erzählt. Mich würde dazu Eure Meinung sehr interessieren?
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Zitat

    Oder ich bin halt tatsächlich alt geworden und ein hoffnungsloser Nostalgiker. Aber ich bin es gerne! Vielleicht können wir "alten Säcke"(entschuldigt den Ausdruck) den jungen Erneuerern und musikalischen Feuerköpfen doch noch etwas geben. Oder ist es so, als ob der Opa Märchen erzählt.


    Lieber operus!
    Angesichts der Tatsache, daß Dir der Name Wilhelm Schüchter noch geläufig ist, gehe ich mal davon aus, daß du so um die hmhmhm Jahre hinter dich gebracht hast. Da auch mir der Name Schüchter viel sagt, er war ja weiland auch GMD und Intendant in Dortmund, wo ich ihn öfters im "Graben" erlebte, unterstelle ich, daß wir so zirka in etwa und ungefähr gleichaltrig sind. Und ich schreibe hier, auch aus Überzeugung, daß ich gerne Nostalgiker bin - weil ich mich auch gerne an Schüchters Opernquerschnitte erinnere. Darunter eine etwas "verunglückte" Entführung (mit Schock als Belmonte): Die einzelnen Musiknummern waren völlig durcheinander gepreßt worden, nicht in der tatsächlichen Reihenfolge.


    Warum also entschuldigen? Ich erkenne keine Schuld, die zu tilgen wäre...

    .


    MUSIKWANDERER

  • Zitat

    Es gibt Dirigenten, deren Faszination das Publikum braucht, einen Saal, Liveatmosphäre und jenes Risiko, welches Konzerte eben mit sich bringen. Celibidache war solch ein Dirigent, angeblich auch Lorin Maazel und etliche andere. Das Flair solcher Dirigenten verschwindet im Studio schlagartig. Die Gründe dafür sind vielfältig. Aber um diese Dirigenten geht es hier gar nicht - sondern um deren Antipoden. Diese Dirigenten lieben das Aufnahmestudio, die Kontrolle die ihnen dort über die Aufnahem gegeben wird. Kein störendes Publikum mit Hust- und anderern Geräuschen.


    Alfreds Statement läßt mich hier an einen Dirigenten denken, dessen Plattenaufnahmen immer wieder hochgelobt wurden: Rafael Kubelik. Meine Kenntnisse reichen nicht aus, ihn definitiv als "Plattendirigenten" zu bezeichnen. Aber ich erinnere mich an ein vor "Jahrenden" in Fono-Forum veröffentlichtes Portrait des Tschechen (von Karl Schumann?), in dem der Autor auf dessen große Beliebtheit bei Orchestermusikern hinwies. Kubelik war demnach nicht Pultautokrat, sondern Pultdemokrat, der durch seine ruhige und gelassene Wesensart zu überzeugen vermochte: Liebe zur Sache, nicht Drill führt zum Ziel! Die wenigen Aufnahmen, die ich von Kubelik habe, einige Mozart-Sinfonien, Brahms' Erste und auch Mahlers' "Titan" lassen mich vermuten, daß er gerne im Studio war. Allerdings: Vermuten ist natürlich nicht Wissen.

    .


    MUSIKWANDERER

  • Lieber musikwanderer,


    hmhmhm - damit es klar ist, ich werde 76 Jahre alt. Bietet eigenlich jemand im Forum mehr? Oder darf ich für die Zukunft die Alterpräsidentenschaft für mich in Anspruch nehmen? Dadurch hätte ich Narrenfreiheit für alle Beiträge, Stil- und Tippfehler.
    Die Entschuldigung galt auch nicht für inhaltliche Aussagen. Sie bezog sich lediglich auf den despektierlichen, flapsigen Ausdruck "alte Säcke").
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Sir Georg Solti , der sich in einer Fernsehsendung zur CD äußerte. Sie kommt ganz dicht an das Original heran.


    So ist's (war's), Sir Georg.



    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Die Liste ließe sich unendlich fortführen:


    Ich erinnere an Werner Schmidt-Boelcke, Franz Marszalek, Robert Stolz, Carl Michalski, Franz Allers, Willi Mattes, Fried Walter, Frank Fox. Die kenne ich alle nur von der LP / CD.



    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Sir Georg Solti wäre für mich auch die erste Wahl, wenn ich nur an "seinen"Ring und zahlreiche Straussopern denke.


    Auch Karl Böhm gehört dazu. Sein Konzert für Flöte und Harfe von Mozart gehört für mich zu den Sternstunden der Schallpalttenaufnahmen. Auch sein Ring und die Bekanntschaft und Freundschaft zu Richard Strauss manifestieren meinen Standpunkt.

  • Zitat

    Original von operus
    Lieber musikwanderer,


    hmhmhm - damit es klar ist, ich werde 76 Jahre alt. Bietet eigenlich jemand im Forum mehr? Oder darf ich für die Zukunft die Alterpräsidentenschaft für mich in Anspruch nehmen? Dadurch hätte ich Narrenfreiheit für alle Beiträge, Stil- und Tippfehler.
    Die Entschuldigung galt auch nicht für inhaltliche Aussagen. Sie bezog sich lediglich auf den despektierlichen, flapsigen Ausdruck "alte Säcke").
    Herzlichst
    Operus


    Lieber Operus,


    ich hinke dir mit meinem Alter um ein beachtliches Maß hinterher.


    Wenn ich eine Bitte zu deinen Beiträgen äußern darf: Könntest du bitte ein paar Absätze in deinen Beiträgen einbauen? Das würde mir, als Blindfisch, das lesen deiner sehr substantiellen Beiträge sehr helfen.


    Danke schon im Voraus


    Uwe

  • Als Dirigenten für die Schallplatte hätte ich Beispielsweise Ferenc Fricsay nominiert. Ähnlich wie später Herbert von Karajan liebte er dieses Medium und war bereit ihm seine Arbeit unterzuordnen.


    Schallplattenaufnahmen im Studio verlangten ja völlig andere Dynamik und verliefen nach völlig anderen Gesetzen als Konzerte - oder Live-Mitschnitte. Die völlige Stille bei den Aufnahemen irritierte Manche Dirigenten, andere wiederung empfanden das Fehlen des Publikuns als Wohltat.


    Auch Schallplatte konnte man einwesentlich perfekteres Ergebnis erzielen, als dies bei Live-Konzerten der Fall war. Jeder Patzer konne ausgebessert werden, sei es durch Schnitte oder durch wiederholen ganzer Takes, soll heißen der ganze Satz wurde ernaut aufgenommen.


    Es entwickelte sich damals eine eigene Tonästethik, die mit jener im Konzertsaal nur mehr wenig gemein hatte. Man zielte auf höchste durchhörbarkeit - Karajan meioner, der Höre hörte die einzelnen Intrumente genaus so, wie der Dirigent am Pult, nicht als Klangbrei wie der Hörer in den mittleren Reihen.


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Lieber Moses KR1,


    zunächst herzlichen Dank für Deine Anerkennung meiner Beiträge. Gerne baue ich auch einige Sätze in meinen Postings ein, wenn es der weiteren Verbesserung dient. Nun würdest Du mir bitte helfen und mir sagen, welche weiteren Erwartungen Du an mich hast? Was soll ich zusätzlich einbauen? Ich werde diese Wünsche dann gerne beachten.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber Operus,


    danke für deine Antwort.


    Deine Beiträge sind so hervorragend auf den Punkt gebracht, dass es keinerlei "mehr Sätze" bedarf.


    Meine Bitte an dich war lediglich, ein paar Absätze zur besseren Lesbarkeit einzufügen. Wenn du einen 20 zeiligen Beitrag schreibst, habe ich massive Probleme mit meiner Gleitsichtbrille, diesen zu lesen.


    So, das war jetzt leider offtopic.


    LG Uwe

  • Zitat

    hmhmhm - damit es klar ist, ich werde 76 Jahre alt. Bietet eigenlich jemand im Forum mehr? Oder darf ich für die Zukunft die Alterpräsidentenschaft für mich in Anspruch nehmen? Dadurch hätte ich Narrenfreiheit für alle Beiträge, Stil- und Tippfehler. Die Entschuldigung galt auch nicht für inhaltliche Aussagen. Sie bezog sich lediglich auf den despektierlichen, flapsigen Ausdruck "alte Säcke").


    Lieber operus,


    ich bin ja fast geneigt, mein ergrautes Haupt vor Dir zu entblößen - wenn es nicht ohnehin schon ohne Bedeckung wäre. Aber das Dezenium, das wir auseinader sind, ist ja doch 'ne Menge. Jedenfalls zeigen mir Deine Beiträge ein hohes Maß an Wissen, von dem ich gerne profitiere.


    In diesem Sinne: Weiter so!


    Was nun das Thema der Plattendirigenten angeht, fällt mir noch der Name Otto Gerdes ein. Ich kenne diesen Namen jedenfalls nur von Platten her (die ich aber nicht besitze!). Ich las jedenfalls in WIKIPEDIA


    Zitat

    Der Musikkritiker Norman Lebrecht berichtet in einem seiner Bücher, Otto Gerdes sei aus den Diensten der Plattenfirma entlassen worden, kurz nachdem er morgens Maestro Herbert von Karajan jovial mit "Herr Kollege" begrüßt habe.
    Mit den Rundfunk-Sinfonieorchestern Berlin und Leipzig spielte er für das ostdeutsche Label Eterna verschiedene Titel ein und war dem Vernehmen nach auch für die tschechische Supraphon tätig

    .


    MUSIKWANDERER

  • Oder kann es vielleicht sein, das man mit dem nichtssagenden Cover, schon im Vorfelde auf die Aussagekraft mancher Aufnahme hindeuten wollte?
    Ich erinnere hier nur zu gern an den Lohengrin, der vom Dirigat her auch nicht gerade ein Schmankerl ist, von der Besetzung der Titelpartie mal ganz zu schweigen ( womit hatte Maud Cunitz das bloß verdient? ) und von dem Rosenkavalier Querschnitt, wunderbare Besetzung und doch leider verschenkt, um jetzt nur zwei Aufnahmen aus dem Katalog zu nennen.
    Genauso gut könnte man hier übrigens ( und ich manche mich wahrscheinlich jetzt schon wieder unbeliebt ) noch den Hausmeister der Konzerthall Walter Goer ( machte Monteverdi in England bekannt und edierte die Neuausgabe der L'incoronazione di Poppea und Vesperae Mariae Virginis und leitete 1943 die Uraufführung Brittens Serenade für Tenor) mit hinzufügen, dessen Produktionen, was die Werkaussage anbelangt derer Wilhelm Schüchters beinahe in nichts nachstanden ( ich empfinde beide Dirigenten gleichermaßen langweilig ), zumindest was die von mir gehörten Opernaufnahmen ( Querschnitte ) anbelangen.

  • Ich kenne leider bis jetzt keine einzige Schüchter -Aufnahme. Was keine Wertung sein soll. - aber ich möchte hier eine Gegenstimme zu Wort kommen lassen, die ich bei Wikipedia gefunden habe:


    Zitat

    Er war eine autoritäre Persönlichkeit und forderte eine Präzision von den Musikern, die eine brillante und oftmals nahezu opulente Klangentfaltung bewirkte und ihn zu einem hervorragenden Orchestererzieher machte. Die Dortmunder Philharmoniker erlebten unter seiner Leitung einen deutlichen Qualitätssprung.


    Mir geht es nicht darum, wer hier Recht hat, sondern ich möchte lediglich aufzeigen, daß ein und derselbe Dirigent von zwei Personen verschieden gesehen und beschrieben werden kann.


    Aufgrund der moimentan schlechten Plattenpräsenz von Hern Schüchter ist die Wahrscheinlichkeit, daß sich hier "Anwälte" für ihn finden - eher gering - somit zitiere ich hier das Wikipedia Statement,


    Die meisten Musiklexika, die ich besitze verzeichnen ihn indes nicht...


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    ...
    Aufgrund der momentan schlechten Plattenpräsenz von Hern Schüchter ist die Wahrscheinlichkeit, daß sich hier "Anwälte" für ihn finden - eher gering - somit zitiere ich hier das Wikipedia Statement,
    ...


    Hi Alfred


    Also so schlecht ist die Plattenlage nicht. Ich bin sogar überrascht, wie viele Aufnahmen mit Wilhelm Schüchter zur Zeit erhältlich sind. Mir war der Name eigentlich auch nur aus alten Opern- und Operettensendungen im Radio bekannt. Wahrscheinlich hat es gar nie mehr Platten auf einmal von ihm zu kaufen gegeben.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo Alfred,


    ich kann es kaum glauben, meinst Du wirklich den Dirigenten Wilhelm Schüchter, oder jemand anders.


    Ich habe mit ihm über 50 Aufnahmen, zwar nur den Lohengrin, Tosca, Eugen Onegin und Fledermaus als Gesamtaufnahme, aber auch über 25 Opernquerschnitte. Mit dabei: Schwarzkopf, Grümmer,Traxel, Berger, Schock, Streich, Prey, Jurinac, Lorengar, Metternich, Otto, Unger, Frick, Wagner, FiDi, Schlemm, Holm, Köth, Wilhelm, Moll, Rothenberger, Rysanek, Kohn, Hillebrecht uva. Er war doch Hausdirigent der Elektrola und später bei Eurodisc.

    Die Aufnahmen mit Schock von EMI gelten als die besten von Schock.


    Liebe Grüße, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Grob und düster kann ich mich daran erinnern, Schüchter tatsächlich noch als Operndirgenten erlebt zu haben, als er im Dortmunder Stadttheater "Hänsel und Gretel" dirigiert hatte. Der Mann hat sich sehr für "sein" Orchester, die Dortmunder Philharmoiker, eingesetzt. In seine Zeit als GMD fällt meines Wissens nach die Einstufung der Dortmunder als A-Klasse Orchester. Und er war nicht nur Operndirigent. Für das Label "Imperial" hat er z. B. Werke von Spohr und von Mozart aufgenommen.


    Sven's Einschätzung zu Wilhelm Schüchter und Walter Goehr kann ich in keiner Weise folgen (das Label "Concert Hall" , ein amerikanischer Plattenclub, dessen Platten ausschließlich über nationale Ableger direkt auf dem Versandwege bezogen wurden, allerdings hervorragend mit seinen Ablegern bis hin nach Japan vernetzt war, ist ohnehin völlig underrated. Ich denke da nur an die ganzen Carl Schuricht-Platte, an Perlemuter, an Magaloff, das Trio Santoliquido etc.).


    Um aber auf Alfred's Eingangsfrage zurückzukommen: Ich würde auch Karajan und Solti in die Reihe der Plattendirigenten packen. Beide haben die jeweils zur Verfügung stehende Technik virtuos ausgenutzt und eingesetzt und dabei Kunstprodukte geschaffen, die in dieser Form live wohl gar nicht wiederholbar waren. Technikafin war auch Ernest Asnermet, der eine für seine Generation erstaunlich umfangreiche Diskographie hinterlassen hat (die ersten Aufnahmen gehen in das Jahr 1916 zurück).


    Im Gegensatzt dazu stehen Dirigenten, die dem Medium Schallaufzeichnung nur bedingt etwas abgewinnen können oder konnten. Ein Prototy hierfür war Hans Knappertsbusch. Die Anzahl seiner Studioaufnahmen ist überschaubar, die meisten entstanden noch zur Schellackzeit. Studiositzungen waren ihm verhasst, und hört man ein und dasselber Werk unter einem Knappertsbusch-Dirigat live vs. Studio, fällt die Studioaufnahme oftmals gegen den live-Mitschnitt ab.


    Ein Dirigent wie Fritz Rieger, zu Lebzeiten hoch geschätzt, hat nur eine schmale diskographische Hinterlassenschaft (unabhängig von den Archivbeständen des bayrischen Rundfunks), absolvierte dafür aber immens viel Konzerte, trat nebenbei noch als Klaviersolist auf, war im Barock ebenso zuhause wie in der Moderne.


    Das Problem bei der Fragestellung des Threads ist ja dasjenige, dass Dirigenten -oder ganz allgemein Musiker- die hauptsächlich fürs Musizieren leben, in unserer Wahrnehmung ja gar nicht auftauchen. Oder es sind solche seltene Fälle wie eben der von Kna, bei denen es eine Fülle von live-Mitschnitten gibt.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Hi,
    ich würde doch noch mal auf Friscay zusätzlich zu anderen genannten abstellen, aus einem ganz einfachen Grund:
    Er dirigierte ein Rundfunk Orchester und dazu eines der Besten der damaligen Zeit.
    Aufnahmen für den Rundfunk und anschließende Plattenaufnahmen gingen quasi Hand in Hand.
    Daher die Vielzahl der Aufnahmen in recht kurzer Schaffenszeit (netto wohl kaum 10 Jahre).


    Ach und dann natürlich Klemp:
    Von ihm gibt es lt. Heyworth (Stand 90iger) 214 Studio-Aufnahmen von Musikstücken, darunter allerdings auch 3*mal Beethoven 7.
    Dazu kommen inzwischen noch ein paar wieder entdeckte Aufnahmen, aber mehr als 230 Studioaufnahmen werden es nicht sein.
    Das soll erst mal ein anderer schaffen. Er hatte nur 23 Platten-Jahre 1948 - 1971, davon produzierte er ernsthaft erst seit Herbst 1954.Er fiel aber komplett aus von Herbst 1958 - Herbst 1959 (Verbrennungen) sowie die 1. Hälfte 1967 (Hüfte), so dass er also netto ca. 15 Jahre zur Verfügung hatte.
    Immerhin machten seine Aufnahmen einmal Ende der 60iger mehr als 10% des EMI Umsatzes in Sachen Klassik aus.


    Gruß S.