Carmen in München mit Elina Garanca 06.06. 2010

  • Endlich war es soweit. Lange hatte ich mich auf diesen herrlichen Opernabend gefreut, der wegen der herausragenden Besetzung mit Elina Garanca und Jonas Kaufmann etwas ganz Besonderes zu werden versprach.
    Und wirklich - der Abend wurde wirklich etwas ganz Besonderes - ein Opernabend wie es ihn in München nur ganz selten gibt.
    Nach der Wiener Garanca-Absage wurde in München im Vorfeld ganz schön vor einer erneuten Absage gezittert, dies waren jedoch Sorgen, die sich als völlig unbegründet erwiesen. :yes:


    Der Abend begann mit viel Heiterkeit. Das Licht ging völlig überraschend genau mit dem plötzlichen Beginn der Ouverture aus, die hervorragend vom Orchester unter Karel Mark Chichon gespielt wurde.
    Der Vorhang öffnete sich und gab die Sicht auf ein stimmungsvolles mediterranes Bühnenbild frei: Ein sandiger Hügel, auf dem die Statisterie einen traditionellen Markt aufgebaut hatte. Vorne an der Bühne befand sich ein Zaun mit einem Tor, vor welchem die Soldaten platziert waren und vor dem die Passanten, darunter eine Frau mit einem schönen weißen Pudel vorbei gingen. Im Hintergrund befand sich auf der Spitze des Hügels ein Mini-Modell der Zigarettenfabrik. Die ganze Bühne wurde von einem endlos weit wirkendem Himmel umrahmt, der stimmungsvolle Lichteffekte erlaubte.


    Im zweiten Akt hatte man den Zaun für ein paar Tische und Zelte ausgetauscht, im Hintergrund befand sich nun ein Mini-Modell der Stadt Sevilla. Das ganze Bild begann mit einer sehr stimmungsvollen Choreographie zu Carmens Chanson und war sehr gelungen ausgeleuchtet.


    Im dritten Akt hatte man den ganzen Hügel mit Felsen verschiedener Größe vollgestellt. Auf dem größten von ihnen sang Carmen ihre Karten-Arie. Auch hier war die Ausleuchtung wieder höchst gelungen.


    Der vierte Akt begann mit grellem Licht. Die Bühne war bis auf ein Mini-Modell der Stierkampfarena im Hintergrund völlig leer, wurde jedoch sogleich von den zahlreichen Statisten, Tänzern und Choristen in den bunten, spanisch-traditionellen Kostümen bevölkert. In dieser gelungenen Szenerie erstach Don Jose am Ende seine geliebte Carmen.


    Hoffentlich konnte ich rüberbringen, dass die bis heute so viel gescholtene Inszenierung nach Lina Wertmüller in Wirklichkeit sehr gelungen ist und wirklich auf keinen Fall schlechter als die kürzlich im Fersehn gezeigte Wiener Inszenierung. Angeblich soll es früher in dieser Produktion einmal Oldtimer gegeben haben, diese scheinen jedoch schon lange verbannt worden zu sein.
    Von einer angeblichen Verlegung der Geschichte in die zwanziger Jahre des 20. Jh. ist ebenfalls nicht viel zu sehen, die Kostüme sind durch und durch spanisch traditionell und wie gesagt, sehr bunt.(Bühne und Kostüme wurden von dem 2008 verstorbenen Enrico Job entworfen).


    Einfach großartig sangen und spielten Elina Garnaca und Jonas Kaufmann.
    Garanca war glücklicherweise in ihrer Darstellung keine "Klischee-Carmen" wie die Einspringerin in Wien. Sie begann mit der Habanera fast schüchtern und drehte im Verlauf des Abends richtig auf, ihrem eher hohen wunderschönen Mezzo stand die Carmen einfach perfekt! Da stimmte jede Geste und jede Phrase. Den häufig an sie gemachten Vorwurf, die Garanca sei zu "kühl", konnte ich gestern zu keinem Zeitpunkt nachvollziehen.
    Mustergültig auch der Don Jose von Jonas Kaufmann . Dastellerisch und stimmlich zeichnete er die Entwicklung des Don Jose vom braven Muttersöhnchen und Soldaten, zu einem Verzweifelten, der zum Schluss seine Carmen völlig besessen zunächst fast vergewaltigt und danach ersticht unglaublich beeindruckend.
    Was die Garanca und Kaufmann in dieser Schlussszene ablieferten, war schlichtweg phänomenal. Das war ein Ende, wie man es selten erlebt und das einem wirklich die Gänsehaut über den Rücken jagt :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel:


    Nicht unerwähnt bleiben soll aber auch die großartige Genia Kühmeier als Micaela, die mit strahlenden Höhen in dieser undankbaren Partie beeindruckte.


    Kyle Ketelson, der kurzfristig als Escamillo eingesprungen war, sang seine Arie im 2. Akt noch etwas zurückhaltend, war jedoch darstellerisch ein perfekter Escamillo, mit sehr schöner nicht zu tiefer Stimme der sich im dritten Akt deutlich steigerte.
    Sehr gut waren auch sämtliche Nebenpartien besetzt.
    Das Orchester spielte unter Karel Mark Chichon sehr rhytmisch und differenziert, auch wenn der ein oder andere Wackcler mit dem Chor diesen positiven Eindruck etwas störten.


    Auf jedenfall ein toller Opernabend, an den ich noch lange zurückdenken werde.
    :hello:

  • Vielen Dank Figarooo für Deinen ausführlichen Bericht. Schade, dass München so weit weg ist. Ich beneide Dich um dieses Erlebnis.


    :hello:
    Jolanthe

  • Hallo Wotan,


    ich hatte gestern schon gelesen, dass D´Arcangelo für diesen Abend abgesagt hatte. Gründe wurden keine genannt.


    Liebe Grüße
    :hello:
    Jolanthe