Vom Leuchten des Klavierklanges: Die Pianistin Monique Haas

  • Es ist an der Zeit, einer bedeutenden, langsam indes ins Vergessen verschwindenden Pianistin eine Thread zu widmen, einer Pianistein, die 1948 das „neue“ G-dur-Konzert von Ravel nach Deutschland gebracht hat, die trotz einer höchst erfolgreichen Eisnpielung des Schumann-Konzertes vor allem für die Interpretation der Werke Ravels und Debussys, für Hindemith und Dutilleux steht. Die Rede ist von Monique Haas, in Paris geboren im Jahre 1909.




    Das Dürre, mir Vorliegende, trage ich aus der englischen Wikipedia zusammen. Der zufolge studierte sie bei Joseph Morphain und Lazare Levy, gewann 1927 einen ersten Preis (bei welchem Wettbewerb auch immer…) und war fortan konzertierend tätig.


    Monique Haas hatte vor allem die französische Musik auf ihrem Programm, vermied allerdings die Musikliteratur der Romantik. Ausnahmen sind die Einspielungen der Etudes von Chopin, der Fantasiestücke von Schumann, dessen Symphonische Etuden und natürlich das Klavierkonzert.


    Der Plattensammler dürfte Monique Haas wohl vor allem mit dieser Platte -dem Schumannschen Klavierkonzert- kennenlernen, die scheinbar in einer sehr hohen Auflage produziert und verkauft worden war; keine Plattenbörse, wo diese schöne 10‘-LP nicht mehrfach auftauchte.


    Ein riesiger Plattenerfolg war auch die 2. Aufnahme, die Monique Haas von Ravels Klavierkonzert in G-dur machte, nunmehr unter der Leitung von Paul Paray. Mein persönlicher Kontakt mit der Pianistin Monique Haas war in den frühen 1980ern; ich las Alfred Andersch und wollte mir eine Aufnahme des von ihm in einer Erzählung besprochenen Werkleins „La fille aux cheveux de lin“ von Debussy beschaffen. Und stieß in einem Dortmunder Plattenladen auf eine französische Erato-LP von Monique Haas.


    Beim Anhören faszinierte mich diese unglaublich leichte, perlende Klavierklang, zu dem die Haas fähig war (und der mir –Frank möge mich im Irrtumsfalle korrigieren- als typisch für die französiche Klavierschule in der Folge von Cortot zu sein scheint). Diese Fähigkeit, Klänge zu verschatten, andere hingen schimmern und funkeln zu lassen wie Sonnenliche auf dem Wasser, und die Geschichten zu erzählen, die man sich unter den Titeln ausdenken mag, die Debussy seinen Etudes beigegeben hatte, all das war und ist für mich ganz, ganz große Kunst.


    Zu zweien der drei verfügbaren Aufnahmen des Ravel-Konzertes hatte ich mich schon bei „Was hört Ihr gerade jetzt“ geäußert.


    Mit den genannten Komponisten ist das Repertoire der Haas weitestgehend abgesteckt. Hinzu kommt noch Mozart.


    Bis in die 1960er Jahre hinein nahm Monique Haas für die Deutsche Grammophon auf, wechselte dann zu Erato. Vor dem Krieg sind offenbar keine Plattenaufnahmen mit ihr entstanden, so dass man sich tatsächlich auf zwei CD-Boxen konzentrieren kann:


    Einmal die DGG-Box mit allen Aufnahmen, die für dieses Label gemacht wurden,



    und die Erato-Box, die die Werke für Soloklavier von Ravel und Debussy vereint.



    Offensichtlich lässt die DGG die physische CD-Box auslaufen und hält sie nurmehr als download vor. Wer sich für diese Box interessiert, sollte besser jetzt zulangen.


    Nachzutragen ist noch ihr Ableben: Monique Haas verstarb 9. Juni 1987.


    Ihrer pianistischen Hinterlassenschaft ist indes noch ein langes Weiterleben zu wünschen.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Lieber Thomas :



    Herzlichen Dank für Deine Einführung in die Kunst einer der grossen Pianistinnen nicht nur "D'une enfant du siècle " ( Jean - Charles Hoffelé , 2006 ) .


    In ihrer bewegten Kindheit erlebte die in Paris am 20. Oktober 1909 geborene und aufgewachsene Monique Haas nicht nur die spannenungsgeldenen Zeiten zwischen der beiden Weltkriegen in Politik,
    Gesellschaft , Malerei , Literatur , Philosophie und natürlich der Musik .


    In dieser Zeit gabe es gerade in der sog. Französichen Schule des Klavierspiels durch Debussy , den sie für den wichtigsten Komponisten auch für die Zukunft der Kompositionen für Klavier ansah , und Maurice Ravel zwei Meister , die ihrem Intellekt und ihrem eigenen Anspruch an die berühmte lateinische Klarheit sehr entsprachen . ller alt-romantische Ballast wurde ebenso zurückgelassen wie auch jede form des rückwärtsgerichteten Romantisierens .
    Den Hintergrund dafür hatte der berühmte Louis Diémer schon mehr als 50 Jahre zuvor im Pariser Konservatorium gelegt gehabt .
    Unter den hzahlreichen berühmten Schülern von Diémer waren etwa Édouard Risler ( der zwischen 1907 und 1914 neunmal alle 32 Klaviersonaten von Beethoven öffentlich gespielt hat , das ganze WTK von J S Bach , Schubertsonaten - ein Meilenstein für die Schubert - rezeption überhaupt - ; aus späterer Sicht haben viele Kenner Risler bezüglich seiner Spieltechnik mit Gieseking verglichen und ihm attstiert , dass er diesen vorweggenommen habe gerade auch im Hinblick auf die französischen komponisten ) , Alfred Cortot ( der sicherlich mit Yves Nat zu den Begründern der Schumann - Bewegeung in Frankreich gezählt werden muss ) , Lazar Lévy ( ein Lehrer von Monique Haas ( Lazare Lévy alleine ist eine Biographie wert ! ) und Robert Cassadesus ( auch einer der bedeutenden französischen Schumann - Inzterpreten , wovon seine Aufnahmen bei CBS / LPs ein sehr gut dokumentiertes Zeugnis ablegen ) .
    Risler war wohl der erste französische Pianist , der in Deutschland mit seiner Affinität zu Beethovens Werken wie denen von Wagner ( er war zwei Spielzeiten in Bayreuth als " Bühnenmanager " und hat die " Meistersinger " in Paris für die Oper vorbereitet . Es war dies die zeit des entstehens der " Wagnerianer" in Frankreich .


    Sehr früh entwicklet sich in monique Haas eine vielleicht aus der damaligen zeit entsprungenen Abneigung gegen " romantische " Komponisten . Die wundervolle Marcelle Meyer wie die grosse Wanda landowska haben sich stets gegen die voherrschende Allmacht sog. romantischer Komponisten ausgesprochen . So gehören bei Marcelle Meyer die Scarlatti - Sonaten geradezu zu einem Mus s in jeder Sammlung von Musikaufnahmen . Dasselbe gilt für Meyers Rameau wie
    Couperin .


    Der Lehrer von M. Haas , Lazare Lévy , war vielelicht die Vereinigung dessen , was Diémer gelehrt und gespielt hatte .


    Gegen die Dominanz von Cortot und Marguerite Long , einer sehr engen Freundin von Ravel , mit ihren allgegenwärtigen Chopin - Interpretationen , spielte sie zwar die Ètudes Opp 10 & 25 von chopin , aber aufgenommen hat sie nur Opus 10 Nrn 3 und 5 .
    Damit hatte Monique Haas dann Chopin zurückgelassen und ist ihren ganz eigenen Weg gegangen . Dazu gehört für eine doch sehr junge , noch so hochbegabte Pianistin sehr viel Mut und auch Selbstsicherheit bezüglich ihres Könnens .


    Dies ist interessanterweise selbst unter den Haas - Skeptikern nie
    auch nur ansatzweise bestritten worden . Ihr " Alleingang " bedeutete aber weitaus mehr : S i e war eine der internationalen Wegbereiterin für die Werke von Debussy , Ravel und auch Bartok sowie nicht weniger Werke des 20. Jahrhunderts .


    Sie spielte Strawinsky wie Hindemith . Werke von Tscherepnin ( 1873 - 1945 ) und ihrem Ehemann Marcel Mihalovici . Sie hat sich durch diesen systematisch die feinheiten des komponisrens miterleben können - eine ungemeine Bereicherung wie selbst immer sagte .


    Monique Haas kann als die führende Vertreterin neben Marcelle Meyer oder Yvonne Lefébure der " Neuen Sachlichkeit " in ihrer Zeit und zukunfstweisend gelten . Dies scheint mir ein Problem zu sein , wenn wir etwa Yvonne Lefébures Beethoven hören . Ihr J S Bach ist sehr hörenswert , wenn Lefébure dann doch der grosse Klang , der die Aufnahmen von Horowitz und Weissenberg so faszinierend macht , verlorengeht .


    Haas' mozart spielt sicherlich ebenfalls eine ganz eigenständige Rolle in der Interpretationsgeschichte der von ihr auch aufgenommenen beiden Klavierkonzerte ( gerade im Vergleich zu Clara Haskil - sehr hörenswert übrigens - ) oder der Sonaten, die vielleicht noch zwingender in ihrer analytischen Auffassung sind als die durch lily Kraus oder Walter Gieseking .


    Für mich selbst sind in ihrer Diskographie herausragend : Das a - Moll - Klavierkonzert von Robert Schumann ( übrigens wenige Jahre vor der berühmten Wiedergabe durch Yves Nat - EMI - ; faszinerender kann man Schumanns Klavierkonzert nicht spielen ! ) und die " Fantsiestücke " . Diseses Opus 12 von Schumann ist für mich d i e
    überragende Aufnahme des Werkes - noch vor Martha Argerichs Aufnahme bei EMI .



    Die von Dir hier mit Bild erwähnten Aufnahmen sind grosse Zeugnisse der Kunst von Monique Haas wie auch der Französischen Pianistenschule . Ein Muss !


    Beste Grüsse



    Frank


    PS.: Es soll Aufnahmen von M. Haas aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg gegeben haben .

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Hallo Thomas, Hallo Frank,


    Errst jetzt bin ich auf Eure so hochinteressanten Beiträge zu MONIQUE HAAS gestoßen. Allein schon die so treffende Überschrift und Namensgebung dieses threads kennzeichnet so plastisch das singuläre Spiel dieser wunderbaren französischen Pianistin. Völlig unverständlich für mich, daß dieser Name nicht auch noch heute mit an erster Stelle genannt wird, wenn es um Interpretationen von SCHUMANN, MOZART, DEBUSSY; RAVEL UND BARTOK geht. Unverständlich dann eben auch, daß dieser thread offenbar keine Resonanz bei den Liebhabern von Klaviermusik gefunden hat.


    Besonders fasziniert bin ich nach wie vor von ihrer Einspielung des SCHUMANN-KLAVIERKONZERTES mit den BERLINER PHILHARMONIKERN unter EUGEN JOCHUM, das ich derart zupackend und rhythmisch- pulsierend, dabei sich durch größte Klarheit auszeichnend, nie wieder so gehört habe, und die zusammen mit der von mir ebenfalls sehr geschätzten Aufnahme durch LILI KRAUS mit dem WIENER STAATSOPEERNORCHESTER unter VICTOR DESARZENS, zu den für mich unverzichtbaren Interpretatationen dieses herrlichen Klavierkonzerts zählt..


    Viele Grüße und großen Dank für Eure so ausführliche, äußerst interessante und längst überfällige Würdigung dieser großen Künstlerin.


    wok

  • vor 25 Jahren gestorben:
    Haas, Monique, verheiratete Mihalovici, * 20.10.1909 Paris, † 9.6.1987 Paris.
    Französische Pianistin, studierte am Pariser Conservatoire (L. Lévy) sowie bei R. Casadesus und R. Serkin, konzertierte seit 1928 und setzte sich intensiv für zeitgenössische Musik ein. Sie wurde 1968 zum Professor am Pariser Conservatoire ernannt.



    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)