Pianoforte - Nachbau versus restauriertes Originalinstrument

  • Es gab bereits vor einigr Zeit einen Thread mit dem Titiel


    HIP: Originalinstrumente oder Nachbauten?


    Aber der war thematisch nicht auf Klaviere fixiert, wenngleich das vermutlich ursprünglich beabsichtigt war. Irgendwann kamen dann auch Nachbauten von Violinen und anderen Streichinstruimenten ins Spiel - an sich hochinteressant - aber kein klares Thema mehr.


    Ich habe diesen alten Thrad längst vergessen, er kam mir lediglich heute vor die Augen, als ich recherchierte ob das Thema bereits bei Tamino behandelt wurde.


    Heute gab es aber einen aktuellen Anlass:
    Ich hatte eine CD mit dem Pianisten Kristian Bezuidenhout aufgelegt, der die erste Folge einer geplanten Seria von Mozarts Klaviersonaten auf einem Walter-Nachbau spielte. Ich hatte den subjektiven Eindruck, daß dieser Flügel ANDERS klang, als ich dies von historischen, oder nachgebauten Hammerklavieren gewohnt war - und je mehr ich mich mit dem Thema befasste wurde mir bewusst, daß eigentlich jeder Nachbau anders klang als das Original, bzw die Nachbauten untereinander auch nicht kompatibel waren.


    Inwieweit - so fragte ich mich - klingt solch ein Nachbau wirlich "authentisch?" Aber gleich darauf kam die Gegenfrage:
    Inwieweit klingt ein restaurierter - oder auch nicht restaurierter Hammerflügel der ein Alter von 250 Jahren aufzuweisen hat - noch wie zur Zeit seiner Entstehung ?


    Ich habe in den letzten Jahren zahlreiche Hammerflügel (auf CD )gehört und da waren in der Tat viele Ruinen dabei, deren mechanisches Geklapper und Neigung sich während eines Konzerts zu verstimmen manchmal ans Unzumutbare grenzte....


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Es gibt Threads für die sich kaum jemand interessiert, damit muß man leben.
    Was mich jedoch immer wieder in Erstaunen versetzt ist, wenn solche Themen dann in anderen Threads quasi "nebenher" behandelt werden. Ich beziehe mich hier auf das Liederforum, wo über alte Klaviere hergezogen wird, ihre Musikalität - vor allem in Harmonie mit Gesangstimmen in Zweifel gezogen wird.
    Zugegeben es ist nicht ganz das Thema, welches HIER zu beginnen versucht wurde, aber einige essentiellen Fragen werden dennoch parallell aufgeworfen:


    Da wär zunächst die Frage inwieweit alte Hammerklaviertypen klanglich befriedigen konnten als sie noch neu waren. Ob es scheppernde, verstimmte Ungetüme waren, deren klappernde Nebengeräusche jeglichen Kunstgenuss im Keime erstickten - oder ob sie reicher an Klangfarben waren als heutige Konzertflügel. Die Beurteilung ist ja schwierig, denn man sagt, daß eine Geige desto älter sie sei, desto edler klinge, beim Klavier wäre dies genau umgekehrt.


    Man kann natürlich sagen, es wäre relativ einfach nachprüfbar, wenn man einen Alten Flügel nachbaue. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Wird ein altes Instrument kopiert, so ist man (meistens) bemüht dem Klang des Originalinstruments möglichst nahezukommen....


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich habe mich ja hier auch für die Verwendung des modernen Flügels ausgesprochen. Dass ich damit schon über das alte Instrument hergezogen habe, denke ich jedoch nicht - wahrscheinlich meinte Alfred auch nicht meinen Beitrag.


    Peter Schreier sagte einmal, dass die besten pianistischen Liedbegleiter im Kopfe mitsingen müssten. Sie sollen die ganze Musik im Kopf haben, um z.B. mitzufühlen, wann der Sänger atmen muss.
    Das ist sicherlich sehr richtig. Dennoch möchte ich sogar noch einen Schritt weiter gehen:
    Ich finde, die Klavierstimmen von Kunstliedern haben oft auch das Potential von gesanglich gedachten Gegenstimmen, bzw. Begleitstimmen, die mit dem rhythmischen Element der Klavieranschläge in einer Balance zu halten sind.
    Da die Anschläge bei einem Schlaginstrument prinzipbedingt dominant zu hören sind, finde ich es besonders gut, wenn die Sustainphase des Klaviertons (dass, was nach dem Anschlag kommt) möglichst lang und orgelähnlich singend ist, während der Anschlag nicht zu metallisch und nagelnd, sondern eher weich und vocal klingen sollte.
    Hier sehe ich den modernen Flügel im eindeutigen Vorteil, weshalb ich ihn für die Klavierbegleitung den alten Instrumenten vorziehe.
    Wer schon einmal als Pianist einen hervorragend intonierten Steinway-Flügel spielte, der weiss, dass man da unglaublich viele Differenzierungen machen kann und einem ein erstaunlicher dynamischer und klanglicher Ausdrucksreichtum geboten wird.
    Dass was der Kopf will, kann mit einem solchen Instrument im wahrsten Sinne des Wortes spielend leicht umgesetzt werden.
    Von daher glaube ich auch nicht, dass man ein gutes, modernes Instrument als klanglich eher arm und einförmig beschreiben könnte.
    Alles, was ich von guten Aufnahmen kenne und selbst an guten Instrumenten ausprobieren konnte, bestärkt mich hierin.


    Näheres aus meiner Sicht hierzu, wie gesagt, beim oben erwähnten Tamino-Link.


    :hello:


    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Hallo Glockenton.
    Dein Beitrag ist zwar interessant, aber er trifft nicht ganz das Thema.
    Mir ging es im speziellen um "alte Hammerklaviere", also solche von Broadwood, Schantz. Graf oder Walter.
    Inwieweit kann man von einem Nachbau "authentischen" Klang erwarten ?


    Das Thema ist mir gestern wieder in die Ohren gekommen, als ich eine CD des Beethoven-Klaviersonatenzyklus mit Ronals Bräutigam (für BIS) abhörte.
    Bräutigam verwendete bei dieser Aufnahme einen Graf-Nachbau von Paul Mc Nulty.
    Das Instrument klang mir fast ein wenig zu perfekt. kenn Klappern, kein Scheppern, keine verstimmten Saiten. Bräutigm spielte virtuos - wie auf einem Flügel des 20. Jahrhunderts. Ich nehme an, daß hier ein wenig "gemogelt" (?) wurde oder - eleganter ausgedrückt - "amerikanisch idealisiert..........


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Eben stoße ich auf Alfred Schmidts Bemerkung:


    "Ich beziehe mich hier auf das Liederforum, wo über alte Klaviere hergezogen wird, ihre Musikalität - vor allem in Harmonie mit Gesangstimmen in Zweifel gezogen wird."


    Sie setzt mich - gelinde gesagt - in Erstaunen. "Hergezogen" ist ein Begriff, der den dort von mir vorgebrachten kritischen Äußerungen nicht gerecht wird. Ich habe zum Beispiel beim Lied "Das Wirtshaus" in der Winterreise genau begründet, wo meine Bedenken gegenüber der Verwendung des "fortepianos" von Johann Fritz bei der Aufnahme der "Winterreise" mit Christoph Prégardien liegen.


    Wenn ein Mensch sich hier Mühe gibt, sein Urteil sorgfältig zu begründen, muss ihm die abwertende Einstufung mit der Formulierung "über etwas herziehen" richtig Ärger bereiten.


    Ich verspüre einen solchen gerade!

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  • Was kann man gegen Ärger tun (der immer noch anhält!)? Man überprüft sein eigenes Urteil darauf hin, ob es dieses (meines Erachtens leichtfertig verwendete) Wort „darüber herziehen“ verdient hat.


    Ich habe mir das Lied „Das Wirtshaus“ aus der "Winterreise" in der Aufnahme mit Prégardien und Andreas Staier (fortepiano) noch einmal genau angehört, und das auf einer hochwertigen Musikanlage, so dass mir kein Ton entgehen kann. Ergebnis: Ich bleibe bei meinem Urteil. Dieses Instrument wird den Anforderungen des Notentextes nicht so gerecht, wie das ein moderner Flügel kann.


    Begründung:
    Schubert hat hier dem Klavier – ausnahmsweise, in der „Winterreise“ – eine gleichsam orchestrale Funktion zugewiesen. Auf die Gründe dafür soll hier nicht eingegangen werden, sie sind im einschlägigen Thread nachlesbar. Dort, wo es drauf ankommt, dass Akkorde oder akkordisch angelegte Klangfiguren im Klaviersatz lang gehalten werden können, um die klangliche Funktion, die sie an dieser Stelle der musikalischen Faktur haben, erfüllen zu können, trägt das nicht, was das Fortepiano zu bieten hat. Es stößt hier einfach an Grenzen, die sich aus seiner noch nicht so weit entwickelten inneren mechanischen Architektur zwangsläufig ergeben.


    Andreas Staier hilft sich aus dieser „Notlage“, indem er den halbnotigen Akkord in Takt 5 arpeggiert, was nicht nur nicht in den Noten steht, sondern an dieser Stelle klanglich deplaziert wirkt. Aber das ist nicht das einzige, was stört und unzulänglich wirkt. Manche akkordische Figuren sind fast gar nicht zu hören, klingen wie verkümmert, klanglich vertrocknet, so etwa der Akkord am Ende von Takt zwei (und bei den vergleichbaren akkordischen Figuren in der Folge des Liedes). Überaus störend auch, dass in Höhenlagen des Diskants die Klänge scheppernd und ebenfalls wie vertrocknet wirken. Sie sollen das aber nicht, weil das Klavier ja in diesem Lied eben gerade eine die Singstimme orchestral tragende und einbettende Funktion hat.


    Ich habe mir, um meine Skepsis gegenüber der Verwendung alter Hammerklaviere einer zweiten Überprüfung zu unterziehen – gerade die Fähigkeit betreffend, tragende akkordische Klänge zu produzieren – einmal den zweiten Satz von Schuberts B-Dur-Sonate in der Interpretation durch Jörg Demus auf einem Hammerflügel von Konrad Graf (1830) angehört. Auch der zeigt dasselbe Defizit, sowohl was das Halten der für diesen Satz eminent wichtigen klanglichen Längen anbelangt, als auch, was die Brillanz der Höhenlagen im Diskant betrifft. Der Hammerflügl klingt hier auch in merkwürdiger Weise matt, glanzlos, verkümmert, trocken.


    Ich käme im Traum nicht auf die Idee, diese Aufnahme mit der von Alfred Brendel auf einem modernen Steinway zu tauschen. Sie ist für mich nur von historischem Interesse.

  • Hallo Alfred,


    jetzt verstehe ich, worauf die hinaus willst.
    Wenn man nicht genügend Originalinstrumente hat, die eine von Dir beschriebene fehlerfreie Performance bieten können, dann halte ich die Verwendung von Nachbauten für legitim. Ein altersbedingt verstimmt oder nebengeräuschhaft klingendes Instrumente vermittelt ansonsten dem heutigen Hörer den falschen (nehme ich an, bin kein Spezialist für Hammerklaviergeschichte) Eindruck, dass die Musik in Beethovens Zeit nur im Kopf des Komponisten, nie aber in Wirklichkeit sauber gestimmt und ohne Störgeräusche geklungen haben kann, wobei es dem Beethoven selbst ja -leider- hätte egal sein können, in welchem Zustand sich ein Instrument befand, weil er es ja irgendwann eh nicht mehr hören konnte.
    So in etwa wie man es bei Bräutigam hört, wird es in der Zeit wohl unter optimalen Bedingungen geklungen haben. Es wird wohl auch möglich gewesen sein, dass es hier und da diese Instrumente im perfekt gepflegten Zustand gegeben hat.
    Auch heutige Klaviere muss man ja stimmen und intonieren lassen. Der eine macht`s, der andere lässt es schleifen.


    Ich habe mir einmal in diese Beethoven CD Bräutigams `reingehört:



    Hier interessierte ich mich für die 14, op 27 Nr. 2 "Mondscheinsonate", und hier Satz 2, Allegretto und Satz 3 Presto agitato
    Es gibt da instrumententechnisch nichts auszusetzen, auch hier klingt alles perfekt (es wird wohl ein Nachbau sein, aber nachsehen kann ich es ja nicht)


    Auch wenn es das Thema nur streift, sei mir erlaubt anzumerken, dass ich mir auch hier den Vergleich mit dem heute üblichen Instrument nicht verkneifen konnte, und die Sätze probeweise in Paul Lewis`Aufnahme anspielte:



    Hier sind es auf der Disk 7 Track 10 und 11.


    Beim Allegretto finde ich, dass der heutige Flügel - wie schon weiter oben erwähnt- ein gesanglicheres Resultat bieten kann, obwohl es auch Bräutigam mit seinem Instrument schön hinbekommt, die Melodie dynamisch hervorzuheben.
    Und beim letzten Satz wird mir auch deutlich, dass ein Steinway eine grössere Dynamik und einen orchestraleren Klang bietet, wenn man es denn will.
    Es ist eine künstlerische Entscheidung, ob man diese Dinge wünscht, bzw. ob die Musik sie eigentlich erfordert.


    Ich gebe aber zu, dass ein Hammerklavierklang, so perfekt wie er auf der Bräutigam-CD zu hören ist, durchaus seine Reize hat und man sich auch auf diesen Klang einhören kann.
    Wenn es es sich leisten kann, dann kauft sich der Hörer im Zweifel eben beide CDs und kann dann jede Sonate so hören, wie er es im Moment gerade am liebsten hätte.
    Ist das Hammerklavier erstmal technisch über jeden Zweifel erhaben, so rückt die individuelle Interpretation des Pianisten stärker in den Fokus, weil er sich ja nicht mehr hinter den mechanischen Unzulänglichkeiten argumentativ verstecken kann.
    Ich finde, der Bräutigam macht das hier musikalisch gesehen wirklich gut. Auf dem heutigen Instrument sind Lewis, Brendel und Gulda mein Favoriten.


    :hello:
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • In diesem Thread habe ich eigentlich nichts zu suchen, da ich auf dem Klavier zwar leidlich Musikstücke produzieren kann, aber von ihm als Instrument herzlich wenig verstehe. Und auf einem Hammerklavier habe ich mich schon gleich gar nicht betätigt, weiß also nicht, worin die Grenzen liegen, die einem von dessen Mechanik als Spieler auferlegt werden.


    Eine Bemerkung von Glockenton hat mich aber ermutigt, mich hier doch noch einmal zu äußern. Sie lautet:


    „Und beim letzten Satz wird mir auch deutlich, dass ein Steinway eine größere Dynamik und einen orchestraleren Klang bietet, wenn man es denn will.
    Es ist eine künstlerische Entscheidung, ob man diese Dinge wünscht, bzw. ob die Musik sie eigentlich erfordert.

    Damit sind eigentlich die zentralen Aspekte angesprochen, um die es hier geht. Die Frage, ob man ein Klavier einsetzt, das aus einer zurückliegenden Phase der Entwicklung dieses Instruments stammt, ist eine Frage der Leistungsfähigkeit des jeweils gewählten des Instruments auf dem Hintergrund der Anforderungen, die das zu interpretierende musikalische Werk stellt.


    Das gilt freilich nur unter der Voraussetzung, dass man eine sozusagen klanglich optimale Interpretation wünscht. Es gilt nicht für den Fall, dass man auf die Realisierung des historischen Klangbilds aus ist. Ein solches Vorhaben ist selbstverständlich nicht nur legitim, es ist sogar wünschenswert.


    Was die Verwendung historischer, und damit in ihren instrumental-mechanischen Möglichkeiten begrenzter Gattungen des Klaviers oder Flügels anbelangt, möchte ich auf eine Äußerung von Alfred Brendel verweisen, die dieser in einem Gespräch mit Jeremy Siepmann tätigte. Auf die Frage: „Wie steht es mit Mozart-Konzerten? Wieweit versuchen Sie da, den Klang des heutigen Konzertflügels an ein Mozartsches Klangideal anzupassen?“, antwortete Brendel:


    „(…) Mir persönlich kommt es eher darauf an, die Möglichkeiten des modernen Flügels zu nutzen und ihre Grenzen immer weiter zu stecken. Ich möchte jedes Werk als ein Problem für sich sehen, und zwar weniger ein historisches als ein psychologisches Problem, eine Frage seines spezifischen Charakters. Und der Flügel sollte auf diesen jeweiligen Charakter eingehen, welbst wenn dies manchmal über historische Beengungen hinausführt und Puristen erchreckt. Die Tatsache, daß Liszt Beethovens Broadwood-Flügel besaß, hat ihn sicher nicht daran gehindert, die Vorteile des modernen Flügels zu bemerken. Und Schuberts Klavierwerke waren auf zeitgenössischen Instrumenten geradezu unausführbar.“


    Als ich dies eben las, fiel mir sofort mein oben beschriebenes Hörerlebnis mit dem zweiten Satz der B-Dur-Sonate mit Jörg Demus auf Hammerflügel ein. Ich meine allen Ernstes: Ein Musiker sollte im Bemühen, aus einem musikalischen Werk interpretierend das herauszuholen, was in ihm steckt, das beste ihm verfügbare Instrument wählen, das für dieses Vorhaben geeignet ist.


    Der Maßstab, an dem er sich zu orientieren hat, ist also das Werk. Ein historischer Hammerflügel ist in den klanglichen Möglichkeiten der Auslotung des musikalischen Gehalts eines Klavierwerks aus dem neunzehnten Jahrhundert einem modernen Flügel aus simpel mechanischen Gründen unterlegen. Warum also sollte er ihn für sein Vorhaben benutzen, den Anforderungen gerecht zu werden, die eine Klaviersonate von Schubert an ihn stellt?


    Etwas völlig anderes ist es – ich betone das noch einmal – wenn ich Schuberts „Schöne Müllerin“ so präsentieren möchte, wie sie zu dessen Lebzeiten geklungen haben musste, - mit Fortepiano als Begleitinstrument und mit all den Koloraturen, die Vogel bei seiner sängerischen Interpretation damals in die melodische Linie Schuberts einflocht.


    So präsentiert von Chr. Prégardien und A. Staier und überaus begrüßenswert.

  • Werter Leser,


    auf jeden Fall gestaltet ein moderner Flügel die Interpretation mit. Er beeinflusst das Ergebnis, er verändert den Charakter der Töne in Richtung Volumen und Tiefe.


    Ein Hammerklavier gibt sich direkter, vielleicht auch präziser, was Tempo und Dynamik angeht. Ich freue mich, das ich beide Varianten von Beethoven`s Op.27 besitze, Hammerklavier zweimal mit Steven Lubin und Brautigam.


    Man lernt mehr über das Werk, wenn man Hammerklavier und modernen Flügel akzeptieren kann.


    Viele Grüße Thomas

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  • Zitat Thomas Sternberg: "Ein Hammerklavier gibt sich direkter, vielleicht auch präziser, was Tempo und Dynamik angeht."


    Direkter - ja! Aber präziser in Tempo und Dynamik? - da erlaube ich mir, Zweifel anzubringen, lieber Thomas.


    Gleichwohl, - das ist nicht der Anlass meines Beitrags. Ich habe mich wieder einmal zu korrigieren. Ich erwähnte eine Aufnahme der "Schönen Müllerin" mit Cr. Prégardien und A. Staier und behauptete, dass er darin melodische Verzierungen nach der Art des Schubert-Sängerfreundes Johann Michael Vogl (ich hatte versehentlich "Vogel" geschrieben) angebracht habe. Das tut er aber nicht dort, sondern in der Aufnahme mit Michael Gees, der auf einem modernen Flügel begleitet. Ich bitte um Enschuldigung!


    Diese Notwendigkeit des Nachtrages habe ich aber genutzt, um noch einmal der Fragestellung dieses Threads nachzugehen. Ich habe beide Aufnahmen verglichen und dabei besonders auf den Klavierpart geachtet. Herausgegriffen habe ich das Lied "Am Feierabend". Dort spielt das Klavier ja eine wichtige Rolle, - ähnlich wie bei "Gretchen Am Spinnrade": Ihm kommt eine ausgeprägt lautmalerische Funktion zu.


    Ich möchte mich nicht in Einzelheiten verlieren, zumal das hier nicht der Ort dafür ist. Also nur das Ergebnis: Der moderne Flügel ist dem alten Hammerflügel, den Staier übrigens exzellent spielt, deutlich überlegen. Er ist zu wesentlich größerer klanglicher Abstufung und Differenzierung in der Lage, weist eine deutlich größere Breite in der Dynamik auf und - das fällt ganz besonders auf: Das Legato-Spiel ist tritt viel stärker klanglich in Erscheinung.


    Alle diese Faktoren sind aber, was das Wechselspiel des Klaviers mit der Singstimme anbelangt, für die musikalische Aussage, so wie Schubert sie kompositorisch gestaltete, überaus wichtig. Ich vermag nicht zu erkennen, warum ich mir statt der Aufnahme mit modernem Flügel die mit historischem Hammerflügel anhören sollte.


    Es sei denn aus musikhistorischem Interesse. Ein für mich allerdings wichtiges Motiv!

  • Durch die lakonische Frage von kurzstueckmeister aufmerksam gemacht, habe ich mich eben nach oben in die Eröffnungsphase dieses Threads begeben und mit Schrecken festgestellt: Ich liege hier mit meinen Beiträgen ja völlig falsch!


    Die - für mich ärgerliche - Bemerkung von Alfred Schmidt vom "Herziehen" über alte Klaviere im "Liederforum" hat mich auf eine völlig falsche Fährte gebracht.
    Ich dachte, hier gehe es um die Frage "Historisches oder modernes Instrument". Dabei geht ja nur um das rein technische Problem: "Original oder Nachbau". Davon habe ich aber nun wirklich überhaupt keine Ahnung.


    Tut mir leid. Ich hätte vorher oben nachlesen müssen. Aber Ärger raubt einem manchmal die für ein solches Forum eigentlich unabdingbare Gelassenheit.

  • Zitat

    "Pianoforte - Nachbau versus restauriertes Originalinstrument"
    ... wer hört den Unterschied?


    Da müsste ich jetzt wissen ob das als reale oder hypothetische Frage gemeint war, bzw ob es nicht vielleicht ein Abart von "Das hört sowieso niemand" sein solte (?) - also eine als Frage verkleidete Feststellung


    Im Falle eins müsste ich antwortem, daß ich das nicht weiß, bzw daß es vermutlich davon abhängt wie tiefgreifend die Restaurierung wirklich war. Theoretisch sollte es möglich sein, ein altes Instrument bei der Restaurierung zu "optimieren", ihm also gewisse Unarten, die für seine Bauart typisch sind, abzugewöhnen bzw zu mildern. Aber hierr sollte eine Grenze sein, denn ein zu Tode restauriertes Originalinstrument ist ja de facto ein Nachbau.


    Im Falle 2 müsste man ein Originalinstrument, bzw mehrere Nachbauten von verschiedenen Klavierbauern zur Verfügung haben. Erst dann könnte die Frage einigermaßen seriös beantwortet werden . Ich gehe aber davon aus, daß es doch der Fall ist, denn, wenn ich wichtige Resonazteile nicht erneuere, dann werden sie je nach Alter anders reagieren.


    Fall 3: Ich glaube schon daß es einige wenige hören werden.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Und beim letzten Satz wird mir auch deutlich, dass ein Steinway eine größere Dynamik und einen orchestraleren Klang bietet, wenn man es denn will.
    Es ist eine künstlerische Entscheidung, ob man diese Dinge wünscht, bzw. ob die Musik sie eigentlich erfordert.


    Man verzeihe mir die kleine Provokation:


    Der erste Satz im Zitat gibt lediglich eine Binsenweisheit wieder. Wenn man Bachs Brandenburgische Konzerte mit einem modernen (d. h. spätromantischen) Sinfonieorchester in Bayreuther Besetzungsstärke (jedenfalls für die von Bach vorgesehenen Instrumente) spielen lässt, hat man auch eine größere Dynamik und einen orchestraleren Klang als bei solistischer Besetzung.


    Diese Übertreibung zeigt natürlich auch gleich, wo die Grenzen der Vorteile einer größeren Dynamik und einer größeren Besetzung liegen. Größe ist halt nicht immer ein Vorteil. Lauter spielen zu können auch nicht.


    Der zweite Satz führt näher an die Sache: Erfordert jede Klaviermusik einen modernen Steinway? Können wir denn nicht davon ausgehen, dass wenigstens Haydn und Mozart für ihre Instrumente die Musik geschrieben haben, die darauf am besten klingt? Weil die geräuschhaften Anteile eventuell sogar mit berücksichtigt sind? Weil sie mit dem schnell verklingenden Ton ihrer Hammerklaviere rechneten und die Musik daraufhin anlegten? Eines ist doch klar: Sie hatten keinen Steinway im Hinterkopf bei der Komposition - weil sie keinen kennen konnten. Dass sie sich eventuell in Einzelfällen ein Instrument mit länger klingendem Ton gewünscht hätten - mag sein oder auch nicht.


    Das Problem, dem wir hier nachgehen, ist dich alleine unser Problem: Der heutige Pianist muss doch wählen, ob er Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert, Schumann auf dem Hammerklavier oder auf dem modernen Steinway, Bösendorfer oder Fazioli spielt. Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert und Schumann mussten das nicht, und konnten das auch nicht. Wären sie mit dem künstlerischen Resultat, das mit den Instrumenten ihrer Zeit erzielt werden konnte, nicht völlig zufrieden gewerden, hätten sie vermutlich nicht so viel für diese Instrumente komponiert. (Mozart mochte z. B. die Flöte nicht und hat entsprechend wenig für dieses Instrument komponiert. Zwei Konzerte und ein drittes mit Harfe als Kompositionsaufträge, ein paar Flötenquartette. Beim Klavier sieht es halt ganz anders aus.)


    Andreas Staier hat mal ein Konzert auf einem Hammerklavier geben wollen, das er vorher nicht gespielt hat. Als er es vor dem Konzert anspielte, war es in einem derart schlechten Zustand, dass Staier lieber den Steinway benutzte, der im selben Saal war. Nach dem Konzert wunderte er sich, dass es den Zuhörern gefallen hätte - er meinte, auf dem Steinway gingen wegen der absoluten Gleichförmigkeit der Töne und ihrer "Rundheit" der ganze Witz von Haydns Sonaten verloren.

  • In aller Bescheidenheit darf "Helmut Hofmann" nur anmerken:


    Das Zitat, über das Wolfram sich hier äußert, stammt, wie oben nachzulesen, nicht von ihm, sondern von Glockenton.


    Im übrigen:


    Helmut Hofmann hat oben erklärt, dass er sich in den hier zur Diskussion stehenden Fragen für nicht urteilskompetent hält. Es ging ihm nur darum, seine Hörerfahrungen zum Einsatz von historischen fortepianos oder Hammerklavieren bei heutigen Liedinterpretationen hier wiederzugeben und in diesem Zusammenhang dem Eindruck entgegenzutreten, er ziehe leichtfertig über solche historischen Instrumente her.

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  • "Pianoforte - Nachbau versus restauriertes Originalinstrument"
    ... wer hört den Unterschied?


    Ich würde sagen jeder, der sich intensiv mit der Materie beschäftigt. Nachbauen kannst du nur die historische Vorlage. Und in das nachgebaute Instrument kannst du beim besten Willen nicht die natürliche Alterung der Materialien "einbauen". Aus diesem Grund spielen auch alle Geiger, die es sich leisten können, Originale von Stradivari, Guarneri und Co. und nicht Kopien derartiger Instrumente...


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Wolfram
    Mit meinem ersten Satz bezog ich mich auf das von mir oben angeführte Klangbeispiel zum dritten Satz der sogenannten "Mondscheinsonate. Ich darf doch davon ausgehen, dass Du es gehört hast?
    Hier finde ich, das die rollenden 16tel mit Hilfe des Pedals auf dem Steinway orchestraler, aufbrausender wirken, und dass die "BaBamm"-Akzente der rechten Hand ebenfalls eine imaginäre Orchestrierung wie z.B. Einwürfe sämtlicher Holzbläser eines Symphonieorchesters leichter vorstellbar machen.
    Nebenbei gesagt ist einer der dümmsten Sätze, die ich je gehört habe, dass man sich als Pianist nicht andere Instrumente, sondern nur den Klavierklang vorzustellen habe. Ganz ehrlich: Wer so redet, disqualifiziert sich als ahnungslos. Aber das nur nebenbei.


    Von der og.Binsenweisheit- wie Du es nennst- bin ich ja auch gleich zur zweiten Frage gekommen, ob diese Komposition nach diesen Möglichkeiten im Extremfall schreit, ob man sie als Steinway-Pianist eher sparsam einsetzt oder eben den Hammerflügel wählt.

    Können wir denn nicht davon ausgehen, dass wenigstens Haydn und Mozart für ihre Instrumente die Musik geschrieben haben, die darauf am besten klingt? Weil die geräuschhaften Anteile eventuell sogar mit berücksichtigt sind?

    Bei schnellen, perkussiven Sachen, bei denen das Rhythmische im Vordergrund steht: eventuell ja, ansonsten muss man sagen - auch jetzt kommt wieder so eine Binsenweisheit- dass sie vor der Wahl standen, entweder für die vorhandenen Instrumente zu schreiben oder es sein zu lassen.
    Und auch ein modernes Instrument kann perkussiv klingen.


    Hier sieht es schon etwas anders aus:

    Weil sie mit dem schnell verklingenden Ton ihrer Hammerklaviere rechneten und die Musik daraufhin anlegten?

    Also da kenne ich doch einige langsamere Sätze von Beethoven, die einen möglichst singenden Ton erfordern. Dass die hinter dieser rhetorischen Frage aufgebaute Argumentation wackelt, wird ja an diesem schon wieder leicht einschränkenden Satz deutlich:

    Dass sie sich eventuell in Einzelfällen ein Instrument mit länger klingendem Ton gewünscht hätten - mag sein oder auch nicht.

    In Einzelfällen und dann auch nur vielleicht?
    Das glaube ich nicht, und ich will auch gerne begründen, warum nicht:

    Eines ist doch klar: Sie hatten keinen Steinway im Hinterkopf bei der Komposition - weil sie keinen kennen konnten

    Der Satz ist wiederum richtig wie eine Binsenweisheit, aber er taugt nicht für die Pro-Hammerklavier-Argumentation, denn es ist auch klar und wird nebenbei gesagt auch durch theoretische Schulwerke vom Barock bis zur Klassik immer wieder angemerkt, dass die wichtigste Aufgabe des Instrumentalisten sei, dem Gesang der menschlichen Stimme nachzuahmen. Von daher fragt es sich, ob sie tatsächlich den Hammerklavierklang im Hinterkopf hatten, was ich eben aus folgenden Gründen nicht glaube:


    Jeder Flügel, ob nun historisch oder ein heutiges Instrument, ist ja so angelegt, dass eine Melodie immer auch eine Reihenfolge von Akzenten ist.
    Ein guter Pianist kann auch auf einem Instrument mit kurzer Sustainphase so spielen, dass bei ihm und beim Hörer die Illusion einer singenden Melodie entsteht. Je singender und anhaltender der Ton des Instruments jedoch ist, desto leichter fällt es ihm.
    Ausgehend davon, dass man sich als guter Pianist immer entweder eine Gesangsstimme, eine Oboe, Klarinette, Hörner, Streicher, Celli und Bässe oder auch Perkussionsinstrumente vorstellt, stelle ich die These auf, dass auch ein Komponist sich zunächst eine abstrakte, singende "Urmusik" vorstellte, bevor er daran ging zu überlegen, wie er solche Effekte auf die Parameter eines Tasteninstruments übertragen kann. Er hat also am Anfang vielleicht eine melodische oder rhythmische Idee, oder auch eine bestimmte Akkordprogression im Kopf. Vielleicht hat er sich die Melodie selbst vorgesungen, was ja urmenschlich ist (aus diesem Grunde singen ja gute Pianisten immer mehr -hörbar- oder weniger- nur im Kopf- mit, nicht nur Gould, Gulda oder Brendel, sondern z.B. auch Martha Argerich "kaut" die Töne durch, was nichts anderes als ein gedankliches Mitsingen der Linien für Aussenstehende sichtbar macht - wer wirklich Klavier spielen kann, versteht genau, wovon ich jetzt rede)


    Wenn der Komponist z.B. eine bewegte streicherartige Klangfläche haben möchte, über der eine Oboe einen Klagegesang anstimmen soll, dann kann er das pianistisch in triolischen Arpeggio-Akkorden in der linken Hand mit Pedal darstellen, während darüber die rechte Hand die gesangliche Melodie spielt.
    Dass ein Komponist, schon bevor er zur Feder griff, sofort das drahtige Peng Peng eines Hammerflügels oder das runde Bomm Bomm eines heutigen Flügels im Kopf hatte, bezweifle ich.
    Gerade Pianisten erfahren doch - und leiden darunter- dass ein Werk auf unterschiedlichen Instrumenten immer auch sehr unterschiedlich wirken kann, abhängig vom expressiven, klanglichen Potential des jeweiligen Instruments und seinem aktuellen Zustand. Um auf möglichst allen Instrumenten immer die expressiven Grundzüge ihrer Interpretationen hervorbringen zu können, müssen sie - wie ein Komponist- im Kopf eine abstrakte, vom Instrument losgelöste, singende oder auch orchestrale Vorstellung haben und beim Spielen in der Lage sein, sich selbst zuzuhören und zu vergleichen, ob das real in diesem Raum Erklingende etwas mit der abstrakten Vorstellung des Kopfes zu tun hat. Wer wirklich spielen kann, der erzeugt diese Imaginationen dann auch beim Hörer.
    Wenn ein musikalischer gebildeter und empfindender Hörer nur Klavier und sonst nichts hört, dann hat der Pianist nicht gut gespielt.


    Herauszufinden und hörbar zu machen, was die eigentliche Aussage, die künstlerische Essenz des Stückes ist, sollte m.E. also die Hauptaufgabe des Pianisten sein. Das Instrument ist bei allem klanglichen Reiz hierfür nur das Werkzeug, und ich finde, man muss in diesem Sinne das jeweils bestmögliche Werkzeug nehmen und aus der Klangfarbe des Tasteninstruments kein Fetisch machen.


    Bei einer Soloviolone, die z.B. eine Bach-Arie begleitet, ist es schon anders: Die Musik ist so komponiert, dass das Originalinstrument mit dem Barockbogen etc. eine sprechende, barocke Spielweise erleichtert und der Geiger auf natürlichem, weniger anstrengenden Weg an das künstlerische Ziel kommt, nämlich die Essenz der Aussage des Notentextes hörbar zu machen.


    Wenn bei einer Klaviersonate dieses Ziel leichter mit einem heutigen Bechstein zu machen ist, dann ziehe ich ihn vor.
    Es wird Beispiele geben, bei denen auch einmal ein Hammerflügel seine Vorteile, wie z.B. die bessere Durchhörbarkeit der Mehrstimmigkeit ausspielen kann. Aber ich finde, es gibt genügend Beispiele, bei denen der heutige Flügel mehr Musik ermöglicht.
    Natürlich gilt auch hier, dass der Musiker viel wichtiger als das Instrument ist.
    Und hier anschliessend kommt noch ein wichtiger Punkt: Bei Pianisten ist es zwar nicht so stark, wie bei anderen Instrumentalisten, aber dennoch ist doch auch wahr, dass im Idealfall der Musiker mit seinem Instrument eine Einheit bildet. Auf diesem Instrument kann er sich am besten ausdrücken
    ( Beispiel Michelangeli)
    Hier meine ich nicht, dass man, salopp gesagt, allen Pianisten den Flügel mit dem Spruch "Ab ans Hammerklavier" wegnehmen sollte.
    Das wäre eine Art von Bilderstürmerei, eine Ausdruck von Fanatismus.
    Wer am besten auf dem Hammerflügel sich ausdrücken kann - wie Andreas Staier- der wird das ja auch tun und begrüsse auch, dass er es so gut tun kann.


    Nun ist hier wieder eine bedauerliche Themenabweichung erfolgt. Ich fühlte mich jedoch aufgefordert, auf die Argumente Wolframs zu antworten.
    Sollte dies besser an anderer Stelle stehen, so könnte man es ja dort hinkopieren- oder verschieben, bzw. die Diskussion dort- und nicht hier- fortsetzen.


    :hello:


    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Ich wollte mich hier ja wirklich nicht mehr äußern, weil ich zu wenig Ahnung habe. Aber diesen Sätzen von Glockenton möchte ich doch noch einmal zugestimmt haben:


    "...stelle ich die These auf, dass auch ein Komponist sich zunächst eine abstrakte, singende "Urmusik" vorstellte, bevor er daran ging zu überlegen, wie er solche Effekte auf die Parameter eines Tasteninstruments übertragen kann. Er hat also am Anfang vielleicht eine melodische oder rhythmische Idee, oder auch eine bestimmte Akkordprogression im Kopf. Vielleicht hat er sich die Melodie selbst vorgesungen, was ja urmenschlich ist (aus diesem Grunde singen ja gute Pianisten immer mehr -hörbar- oder weniger- nur im Kopf- mit, nicht nur Gould, Gulda oder Brendel, sondern z.B. auch Martha Argerich "kaut" die Töne durch, was nichts anderes als ein gedankliches Mitsingen der Linien für Aussenstehende sichtbar macht - wer wirklich Klavier spielen kann, versteht genau, wovon ich jetzt rede)"


    So habe ich mir das als Laie auch immer vorgestellt:


    Ein Komponist hört beim Akt des Komponierens eine Art "Urmusik". Die mag zwar durchaus an den Klang eines Instruments - im Sinne von einer Art substantieller Körperlichkeit - gebunden sein, aber sie ist nicht an ihn gefesselt. Sie vermag ihn imaginativ zu transzendieren.


    Das muss ja wohl auch so sein, denn sonst könnte es das von Alfred Brendel angesprochene Phänomen nicht geben: Viele Klavierkompositionen Schuberts sind nach seiner Auffassung mit den Instrumenten der Schubert-Zeit nicht so zu spielen, wie Schubert sie vom Notentext her gewollt hatte. Schubert muss also - im Sinne dieser "Urmusik" - die klanglichen Möglichkeiten des ihm zur Verfügung stehenden Klaviers transzendiert haben.


    Ja, das mit dem "Mitsingen" und "Mitkauen" eben dieser Melodie ist eine Sache, die jeder ganz unmittelbar miterleben konnte, der Alfred Brendel aus einer gewissen Nähe im Konzert erlebt hat. Es war ihm übrigens peinlich, wie er gestand, als er sich zum ersten Mal in einer Filmaufzeichnung gesehen hat. Er sang übrigens wirklich hie und da, - nicht so laut wie Glenn Gould, aber durchaus hörbar. Beim Proben der "Winterreise" mit Fischer-Dieskau singt er übrigens auch mit.


    Ich habe das bei Brendel immer so verstanden, wie Glockenton das in dem von mir aufgegriffenen Zitat ebenfalls sieht: Es ist das Mitsingen der "Urmusik", die der Pianist beim Sich-Vertiefen in den Notentext erklingen hört. Und diesen Sachverhalt sollte man bei der Frage, zu der sich dieser Thread - durch meine Dusseligkeit - hinentwickelt hat, unbedingt mitbedenken.


    Ich bin - um mich davor zu bewahren, hier im Forum "Binsenweisheiten" zu verkünden - auf die Äußerungen von Fachleuten angewiesen und zitiere deshalb noch einmal Alfred Brendel. Er meint, Beethovens Klavierwerk betreffend:


    "Der moderne Konzertflügel (...) entspricht in seinem Tonvolumen nicht nur modernen Orchestern, Sälen und Ohren, er wird auch, dies ist meine Überzeugung, der Mehrzahl der Klavierwerke Beethovens eher gerecht als das Hammerklavier: sein Ton ist um ein Vielfaches kontrastreicher, farbiger und orchestraler; man ziehe Beethovens Orchester- und Kammermusik als Maßstab heran! Manche Eigentümlichkeit des Hammerklaviers läßt sich annähernd suggerieren, zum Beispiel der Klang der una corda oder gar der Flüsterklang des Pianozuges. (...) Anderes muß man sinngemäß zu übertragen suchen. Ein bekanntes Beispiel sind die Oktavenglissandi im Prestissimo der Waldstein-Sonate, die auf dem Hammerklavier bequemer auszuführen waren."

  • Mit meinem ersten Satz bezog ich mich auf das von mir oben angeführte Klangbeispiel zum dritten Satz der sogenannten "Mondscheinsonate. Ich darf doch davon ausgehen, dass Du es gehört hast?


    Lieber Glockenton,


    nein, habe ich nicht. Ich habe mich auf das Zitat in dem Kontext bezogen, in dem Helmut es verwendet hatte. Darum habe ich auch ihn als Zitierten genannt.


    Hier finde ich, das die rollenden 16tel mit Hilfe des Pedals auf dem Steinway orchestraler, aufbrausender wirken, und dass die "BaBamm"-Akzente der rechten Hand ebenfalls eine imaginäre Orchestrierung wie z.B. Einwürfe sämtlicher Holzbläser eines Symphonieorchesters leichter vorstellbar machen.


    Ich frage mich, ob man die orchestrale Vorstellung wirklich braucht. Ja, sicher, sechszehn erste Geigen könnten das spielen, was die rechte macht, Celli und Bässe übernehmen die linke Hand, die Bratschen und zweiten Geigen machen ein schickes Tremolo in cis-moll dazu, das Holz baut nach und nach von unten nach oben einen weit gefächerten cis-moll-Akkord, und Blech samt Pauken verstärken bei der abschließenden Kulmination jeder Phrase die letzten beiden Achtel. So könnte man es deuten und innerlich hören.


    Aber war das Beethovens Vorstellung? - Nun, diese Frage können wir zwar stellen, aber nicht mehr beantworten. (Es sei denn, es gäbe entsprechende Zeugnisse von Beethoven.)


    Nebenbei gesagt ist einer der dümmsten Sätze, die ich je gehört habe, dass man sich als Pianist nicht andere Instrumente, sondern nur den Klavierklang vorzustellen habe. Ganz ehrlich: Wer so redet, disqualifiziert sich als ahnungslos. Aber das nur nebenbei.


    Das ist eher ein Thema der Klavierdidaktik.


    Natürlich kann es für einen angehenden Pianisten hilfreich sein, seine Stücke vor dem inneren Ohr zu orchestrieren, um sich eine breitere Klangpalette zu erarbeiten.


    Ich meine aber auch, dass man dies übertreiben kann und dass es denkbar wäre, jemand auch mal wieder zurück holen zu müssen mit Worten wie: "Spiel doch mal das Stück so, wie es komponiert wurde - als Klavierstück."


    Extremes Beispiel ist die Sonate h-moll von Franz Liszt in einer Einspielung mit Alfred Brendel (ich meine, die ältere). Im Beiheft sagt er zu den ersten beiden Oktaven: "Klangfarbe: Pauke plus Kontrabass im Pizzicato". Und so spielt er das auch: Einen der beiden Töne lässt er länger klingen. - Das ist für mich ein Beispiel, wo die Suche nach Orchesterfarben im Klavierstück sich so weit verselbständigt hat, dass sie am Willen des Komponisten vorbeigeht - Liszt hat die fraglichen Töne alle gleich notiert und hat an anderen Stellen solche Differenzierungen, wie Brendel sie herbeiinstrumentiert, hingeschrieben, wenn er sie wollte.


    Also da kenne ich doch einige langsamere Sätze von Beethoven, die einen möglichst singenden Ton erfordern.


    Bei Beethoven gebe ich Dir Recht - oder ich sage es so: hier bin ich am meisten im Zweifel, ob der moderne Flügel überhaupt eine Alternative hat. Beethoven transzendiert die Möglichkeiten der damaligen Instrumente.


    (In dieser Beziehung war er ein unglaublich schlechter, zumindest praxisferner Komponist. Ich glaube nicht, dass dies nur seinem Gehör zuzuschreiben ist. Das berühmte Zitat - "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist über mich kommt?")


    es ist auch klar und wird nebenbei gesagt auch durch theoretische Schulwerke vom Barock bis zur Klassik immer wieder angemerkt, dass die wichtigste Aufgabe des Instrumentalisten sei, dem Gesang der menschlichen Stimme nachzuahmen.


    Jaja. Dieses Zitat wurde schon zu allem möglichen missbraucht. Aber die Voraussetzung zur Anwendung wäre doch, dass man wissen müsste, wie damals gesungen wurde?


    Dieses Zitat wurde gerne verwendet, um ein Dauerlegato im Instrumentalspiel des Barock theoretisch zu untermauern - was falsch ist, wie wir heute wissen (oder was wir heute für Wissen halten). Denn ein Sänger singt ja nicht permanent Legato - Arien sind ja keine Hineinanderreihung von Kantilenen. Ein guter Sänger bildet Phrasen entsprechend des Textes, artikuliert Wörter, spricht Konsonanten sehr deutlich, macht den Aufbau des Textes gliedernd verständlich und nachvollziehbar. Und die alte Lehrwerke sagten eben auch, dass ein Sänger genau dies tun solle! Also, wenn ein Instrumentalist den Gesang der menschlichen Stimme nachahmen soll, dann muss er artikulieren, gliedern, phrasieren, den Aufbau verständlich machen. Das kann mal den Gebrauch des Legato einschließen, wird aber keinesfalls auf ein Dauerlegato hinausgehen. - Man bedenke auch, dass langsame Sätze damals vermutlich schneller genommen wurden als heute. Jedenfalls schneller als bei Furtwängler oder Kna.


    Gerade Pianisten erfahren doch - und leiden darunter- dass ein Werk auf unterschiedlichen Instrumenten immer auch sehr unterschiedlich wirken kann, abhängig vom expressiven, klanglichen Potential des jeweiligen Instruments und seinem aktuellen Zustand. Um auf möglichst allen Instrumenten immer die expressiven Grundzüge ihrer Interpretationen hervorbringen zu können, müssen sie - wie ein Komponist- im Kopf eine abstrakte, vom Instrument losgelöste, singende oder auch orchestrale Vorstellung haben und beim Spielen in der Lage sein, sich selbst zuzuhören und zu vergleichen, ob das real in diesem Raum Erklingende etwas mit der abstrakten Vorstellung des Kopfes zu tun hat. Wer wirklich spielen kann, der erzeugt diese Imaginationen dann auch beim Hörer.
    Wenn ein musikalischer gebildeter und empfindender Hörer nur Klavier und sonst nichts hört, dann hat der Pianist nicht gut gespielt.


    Nun, das gilt für jedes Instrument: Stets muss man im Kopf eine abstrakte, vom Instrument losgelöste, singende oder auch orchestrale Vorstellung haben und beim Spielen in der Lage sein, sich selbst zuzuhören und zu vergleichen, ob das real in diesem Raum Erklingende etwas mit der abstrakten Vorstellung des Kopfes zu tun hat. - Vom Orchester her mag man als Pianist (oder Organist!) zwar denken, aber ich würde die Suche nach Klanganalogien nicht daraufhin verengen wollen.


    In aller Bescheidenheit darf "Helmut Hofmann" nur anmerken:
    Das Zitat, über das Wolfram sich hier äußert, stammt, wie oben nachzulesen, nicht von ihm, sondern von Glockenton.


    Siehe oben.


    Nachsatz.

    Helmut Hofmann hat oben erklärt, dass er sich in den hier zur Diskussion stehenden Fragen für nicht urteilskompetent hält.


    Lieber Helmut,


    da Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung nicht immer übereinstimmen (auch das ist eine Binsenweisheit), würde ich mich freuen, wenn Du auch weiterhin zu Themen etwas sagst, in denen Du nicht urteilskompetent oder die letzte Instanz oder was auch immer bist - gleichgültig ob in Deiner Wahrnehmung oder in der Wahrnehmung anderer. Denn wer ist das schon? :hello:

  • Hallo Wolfram,


    vielen Dank für Deinen interessanten Beitrag.


    Ich gestatte mir einige Anmerkungen:


    Extremes Beispiel ist die Sonate h-moll von Franz Liszt in einer Einspielung mit Alfred Brendel (ich meine, die ältere). Im Beiheft sagt er zu den ersten beiden Oktaven: "Klangfarbe: Pauke plus Kontrabass im Pizzicato". Und so spielt er das auch: Einen der beiden Töne lässt er länger klingen. - Das ist für mich ein Beispiel, wo die Suche nach Orchesterfarben im Klavierstück sich so weit verselbständigt hat, dass sie am Willen des Komponisten vorbeigeht - Liszt hat die fraglichen Töne alle gleich notiert und hat an anderen Stellen solche Differenzierungen, wie Brendel sie herbeiinstrumentiert, hingeschrieben, wenn er sie wollte.

    Interessant ist ja, dass sowohl Helmut als auch Du den Brendel erwähnen. An seine Spielweise hatte nämlich auch ich beim Schreiben schon die ganze Zeit gedacht, allerdings in einer sehr positiven, ja aufschauenden Weise. Pianistisch gesehen ist er wohl mein grösstes Vorbild, besonders bei Schubert. Seine erste Philips-Einspielung der Impromtus, "seine" Wandererphantasie und die Einspielung der italienischen Annees de pelerinage von Liszt sind nur einige wenige mir spontan zufliegende Beispiele, bei denen ich sofort an gesangliches Spiel und orchestrale Imagination denke.
    In einem Interview erzählte übrigens Staier (war es crescendo?), dass sie sich auch privat austauschten und Brendel ihm etwas -wahnsinnig gut- zu Hause auf dem "normalen" Flügel vorspielte. Brendel habe dort geäussert, dass er für sich ein Spielen auf dem Hammerflügel ausschlösse.
    Nun kann ich mich nicht mehr an die Gründe erinnern.


    Einen davon findet man vielleicht in einer Äusserung Barenboims, den ich im TV auf arte klavierunterichtend (Beethoven) unlängst sah. Dort schlug er für den Schüler und das Publikum einen Ton an und sagte sinngemäss: " Das ist für sich genommen eigentlich nichts. So ein Ton ist erst einmal sehr neutral. Und genau in dieser neutralen Ausgangsposition liegt die grosse Stärke des Flügels. Weil sein Ton in Klangfarbe, Dynamik und Pedalspiel so reich differenzierbar ist, eröffnet er einem phantasievollem Spieler eine riesige Palette von Ausdrucks- und Vorstellungsmöglichkeiten".
    Demgegenüber hat ja das historische Instrument schon eine stärkere klangliche Eigenfarbe, eine Eigenschaft, die m.E. etwas einschränkend auf die Vorstellungskraft wirken kann.


    Beim von mir genannten Beispiel des dritten Satzes der cis-moll Sonate von Beethoven ist mir noch etwas aufgefallen: Diese Musik will und soll ja ernst genommen werden. Ganz im Harnoncourtschen Sinne soll der Hörer mitgerissen, ergriffen und erschüttert werden.
    Gelingt das nun besser mit dem Flügel oder dem Hammerflügel?
    Das hat auch etwas mit den heutigen Hörerfahrungen zu tun.
    Hört man den Satz von Paul Lewis auf dem Flügel, denkt man m.E. sofort: Vorsicht, Beethoven ! Jetzt wird`s ernst.....und sofort ist man in der Musik "`drin" und durchlebt und durchleidet die ganzen Episoden dieses 3. Satzes.
    Ist es aber nicht so, dass ein heutiger Hörer tendenziell eher in der Gefahr steht, bei diesem Satz wie folgt zu reagieren, wenn er auf dem Hammerklavier gespielt wird:
    "Ja da schau her, der kann aber wahnsinnig schnell spielen. Die Finger, die fliegen ja nur so......toll.....Bravo !... Applaus!! "
    Amusement statt Erschütterung wäre doch wohl das letzte, was Beethoven mit dieser Musik erreichen wollte.
    Ich hoffe, Du verstehst was ich sagen will und nimmst es nicht in der Richtung auseinander, dass es natürlich auch bei einer Darbietung auf dem Flügel in der Form reagierende Zeitgenossen gäbe. Wenn ich Bräutigams gelungene und beeindruckende Interpretation auf dem Hammerflügel höre, dann denke ich auch nicht so, vor allem, wenn ich mich eingehört habe und nicht direkt von einer Aufnahme zur anderen vergleiche.


    Mit einem sehr ähnlichen Argument haben ja Leute wie Rilling und andere den Harnoncourt mit seinen Bachkantaten auf Originalinstrumenten als zwar klanglich museal interessant, aber für den heutigen Hörer nicht wirklich ergreifend hingestellt und damit enorm unrecht gehabt.
    Genau begründen kann ich nun auch nicht, weshalb ich dann gerade bei der Frage Klavier vs. Hammerklavier die Darstellung auf dem Flügel für insgesamt "ernstzunehmender" halte. Wahrscheinlich liegt es neben den oben genannten Gründen auch daran, dass sein Klang zunächst neutral auftritt und sich dann sozusagen in die Musik verwandelt, die ein fähiger Spieler gerade darauf musiziert. Diese Eigenschaft hat er ja von Bach über Jazz bis Boulez.


    Übrigens und noch einmal: Bräutigams Hammerflügel klingt hier - und da gebe ich Alfred wie gesagt recht- so perfekt, wie man es selten hört.


    Gerne möchte ich im Hinblick auf diese Aufnahme noch Takt 33 und folgende ansprechen:
    Von der Zählzeit 2 in Takt 32 an hört man einen Gis-moll mit Terz im Bass, darauf folgt in 33 ein A-Dur, ebenfalls mit Terz in Bass und ein heftiges ff.
    Dieser Akkord ist so ein Beispiel dafür, warum ich jahrelang wenig Lust verspürte, Beethoven zu spielen, denn das Voicing ist eigentlich schlecht, vor allem in der linken Hand (mulmige Mehrstimmigkeit im Bassbereich).
    Hier kann ein Hammerflügel seine Vorteile ausspielen (auch bei den Alberti-Figuren in der linken Hand Takt 32 und alle anderen Stellen), weil auf ihm solche massiven Akkorde länger durchsichtig klingen. Hier könnte man argumentieren, dass es eben richtig sei, das Instrument zu nehmen, welches dem Komponisten bekannt war. Ich bin mir aber andererseits fast sich, dass Beethoven den Akkord in Kenntnis eines heutigen Steinway nicht anders gelegt hätte. Er war nun einmal so...


    Gleichzeitig offenbart der gleiche Takt 33 aber auch eine von mir schon weiter oben angesprochene Schwäche: die piano zu spielende, höllische schwere 16-tel Drehfiguren der rechten Hand müssten nach dem Tutti A-Dur-Schlag wie eine Soloinstrument klingen, vielleicht eine Klarinette oder Flöte. Hier geht es um den Reiz des Kontrastes Tutti ff und dann, noch im Nachhall, der Klangfarbenwechsel mit einem Holzbläser.
    Beim modernen Flügel sind solche Dinge "leicht" machbar und hörbar, während ich jedenfalls bei der hier angesprochenen, eigentlich sehr gut gespielten Aufnahme an der Stelle nur ein faszinierend-gleichmässig und "nagelndes" Hammerklavier höre.
    Wer das liest, mag es nachhören (die Stelle ist beim JPC-clip noch drauf) und sich seine eigene Meinung dazu bilden.


    Also, wenn ein Instrumentalist den Gesang der menschlichen Stimme nachahmen soll, dann muss er artikulieren, gliedern, phrasieren, den Aufbau verständlich machen. Das kann mal den Gebrauch des Legato einschließen, wird aber keinesfalls auf ein Dauerlegato hinausgehen.

    Nun ja, ausgerechnet ich werde das nicht bestreiten, der ich solche Dinge hier doch nun schon seit mindestens 5 Jahren predige... ;)
    Allerdings, da wir hier vornehmlich über Beethovens Klaviersonaten sprechen, mache ich darauf aufmerksam, dass Beethoven die Artikulation eigentlich sehr genau vorschreibt, was ihn bereits von der Barockliteratur unterscheidet. Da wo ein Bogen darübersteht, muss auch durchgängig Legato gespielt werden, und das sind schon längere Phrasen als in der Barockmusik. Sicherheitshalber schreibt er auch bei seufzerähnlichen Zweierbindungen Pausen ein, z.B. Takt 3 Sonate Nr. 1 op. 2, zweiter Satz.
    Bei diesem Satz gibt es übrigens auch in Takt 27 eine schöne Hörnerstelle. Wenn man sich hier irgendetwas vorstellen kann, dann sind es für mich butterweich gespielte Waldhörner im leichten crescendo...


    Bei Beethoven gebe ich Dir Recht - oder ich sage es so: hier bin ich am meisten im Zweifel, ob der moderne Flügel überhaupt eine Alternative hat. Beethoven transzendiert die Möglichkeiten der damaligen Instrumente.

    Das ist doch auch einmal etwas Schönes, so eine Einigkeit :D



    Zitat von »Glockenton«
    Gerade Pianisten erfahren doch - und leiden darunter- dass ein Werk auf unterschiedlichen Instrumenten immer auch sehr unterschiedlich wirken kann, abhängig vom expressiven, klanglichen Potential des jeweiligen Instruments und seinem aktuellen Zustand. Um auf möglichst allen Instrumenten immer die expressiven Grundzüge ihrer Interpretationen hervorbringen zu können, müssen sie - wie ein Komponist- im Kopf eine abstrakte, vom Instrument losgelöste, singende oder auch orchestrale Vorstellung haben und beim Spielen in der Lage sein, sich selbst zuzuhören und zu vergleichen, ob das real in diesem Raum Erklingende etwas mit der abstrakten Vorstellung des Kopfes zu tun hat. Wer wirklich spielen kann, der erzeugt diese Imaginationen dann auch beim Hörer.
    Wenn ein musikalischer gebildeter und empfindender Hörer nur Klavier und sonst nichts hört, dann hat der Pianist nicht gut gespielt.


    Nun, das gilt für jedes Instrument:

    Ja schon, aber ich meinte hier die Tatsache, dass ein Oboist oder Geiger sein Instrument, mit dem er "verheiratet" ist, immer mitnehmen kann. Bei den Pianisten ist mir bisher nur von Michelangeli bekannt, dass er immer seinen Flügel und Klavierstimmer mitnahm....die anderen müssen halt nehmen, was vorhanden ist und ggf. leiden.


    Helmut Hofmann


    Vielen Dank auch für Deinen Beitrag mit den schönen Brendel-Zitaten.
    Ich werde dem Meister keineswegs widersprechen....



    :hello:
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

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  • Bei den Pianisten ist mir bisher nur von Michelangeli bekannt, dass er immer seinen Flügel und Klavierstimmer mitnahm....

    Das machte der greise Horowitz auch so (sein Flügel war meiner Erinnerung nach ein Hochzeitsgeschenk von Arturo Toscanini). Aber auch zuvor hatte er schon seinen bevorzugten Techniker. Fast drei Jahrzehnte lang spielte er ausschließlich auf vom Steinway-Cheftechniker Franz Mohr eingerichteten Flügeln. Das war auch insoferne nötig, da Horowitz eine einzigartige Einrichtung verlangte, die von keinem anderen Pianisten gespielt wurde. Auch Anton Rubinstein bediente sich zumindest in Amerika stets der Dienste von Franz Mohr, aber er verwendete eine vollständig konträre Einrichtung des Flügels.


    Toller Thread übrigens!


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Hört man den Satz von Paul Lewis auf dem Flügel, denkt man m.E. sofort: Vorsicht, Beethoven ! Jetzt wird`s ernst.....und sofort ist man in der Musik "`drin" und durchlebt und durchleidet die ganzen Episoden dieses 3. Satzes.
    Ist es aber nicht so, dass ein heutiger Hörer tendenziell eher in der Gefahr steht, bei diesem Satz wie folgt zu reagieren, wenn er auf dem Hammerklavier gespielt wird:
    "Ja da schau her, der kann aber wahnsinnig schnell spielen. Die Finger, die fliegen ja nur so......toll.....Bravo !... Applaus!! "


    Hallo Glockenton,


    etwas voreilige und pauschalisierende Schlüsse und Zusammenhänge die du hier konstruierst. Ich durchleide zumindest keine Musik. Außer sie ist schlecht. Gerade die Mondscheinsonate leidet geradezu unter der verklärenden, romantisierenden Sichtweise. Die Empfindungen, die hier angeblich hervorgerufen werden sollen, sind nirgendwo von Beethoven dokumentiert.


    Seriöse Literatur hält sich auch hier mit dem "Gefühlsleben" zurück.


    Du beschreibst doch wunderbar die Tücken beim Spielen der Sonate. Ich hebe den Eindruck, das beim Hammerklavier gerade diese Klippen schwieriger zu umschiffen sind als mit einem modernen Flügel. Und das fordert vielleicht den Applaus, wenn fachkundiges Publikum gekonnte Interpretationen auf diesem Instrument hört.


    Viele Grüße Thomas

  • etwas voreilige und pauschalisierende Schlüsse und Zusammenhänge die du hier konstruierst.

    Ist das so? An welcher Stelle denn?
    Ich beschreibe nur meine unterschiedlichen Eindrücke beim vergleichenden Hören des 3. Satzes.
    Was ich sagen wollte, scheint da eventuell nicht so recht angekommen zu sein.


    Vielleicht funktioniert ein hinkender Vergleich mit der Welt des Films: Sehe ich mir einen Monsterfilm aus der Stummfilmzeit an, dann bewundere ich vielleicht auch, wie sie das damals mit Puppen etc. hinbekommen haben, aber erschrocken werde ich eher nicht sein, weil ich ja die neuesten Filme von heute kenne.
    So sehe ich es auch ein bisschen mit dem 3. Satz dieser Sonate. Man bewundert, wie sie damals doch auch schon solche zornige Sachen ausdrücken wollten und wie da einer seinem Hammerflügel ein Maximum an Dynamik und "Sturm" abzwingt, aber der Sturm findet -sehr übertrieben ausgedrückt- im Wasserglas statt. Und hier finde ich, dass das Ziel, welches ich Beethoven unterstelle, den Hörer zu ergreifen und zu bewegen mit einem modernen Flügel aufgrund der von mir oben im Thread genannten Gründe leichter zu erreichen ist. Man denkt bei ihm weniger an ein hörbar limitiertes Instrument, als an die Musik selbst, die auf diesem Wege ernster genommen werden könnte.
    Wenn ich sage, dass ich es ein bisschen so empfinde und diese Gefahr des nicht restlosen Ernstnehmens bei der Rezeption nicht ganz ausschliessen möchte, was ist denn daran "voreilig"?
    Und "konstruiert" habe ich nur den erfundenen, in Anführungszeichen gestellten Satz, damit es anschaulicher wird und ich mich nicht gar so umständlich ausdrücken muss.

    Ich durchleide zumindest keine Musik. Außer sie ist schlecht.

    Sich um des Widerspruchs willen geradezu wortklauberisch an dem Ausdruck "durchleiden" aufzuhängen, ist eine Sache, die ich nicht nachvollziehen kann.
    Wie mehr oder weniger oberflächlich jemand die Musik hört, ist ja immer die Privatsache des individuellen Hörers.
    Wenn jemand nie eine solche gute Musik auch durchleidet, dann kann ich ihn eigentlich nur herzlich bedauern.
    Ich leide immer mit, und ich erlebe so viel und intensiv es nur geht mit. Ja, ich liebe diese Art des Leidens. Dissonanzen, die nach Auflösung suchen, klagende Kantilenen, Intervalle, die einem bestimmten harmonischen Zusammenhang einen leidenden Affekt auslösen (z.B. kleine Sekunden innerhalb der Klangwelt einer phrygischen Skala), rhythmische Verschachtelungen die körperliche Reaktionen hervorrufen, harmonische Progressionen, Stimmführungen und eine Kontrapunktik, die eine ganze Welt der Emotionen - auch des Leidens- beim abendländisch vorgeprägten Hörer auslösen.
    Wenn ich die Winterreise in einem Stück durchhöre, dann bin ich selbst "fertig", weil ich die ganze Zeit mit dem Wanderer mitempfunden habe, wozu ja die Musik mich in jeder Millisekunde ihrem Wesen nach auffordert.
    Mitleiden hat ja auch etwas mit "Mitleid" zu tun. Derjenige, der aufrichtig mit einem anderen Menschen Mitleid hat, der empfindet mit. "Mitleiden" heisst hier also "Mitempfinden".
    Darum geht es m.E. bei all der Musik, die wir in diesem Forum besprechen. Den intellektuellen Reiz der zahlensymbolischen Analyse eines Contrapunctus aus der "Kunst der Fuge" kann auch ich nachvollziehen. Der Grund, weshalb ich mich auch mit dieser Musik, ja mit Musik im allgemeinen beschäftige, ist aber immer die mitempfundene, emotionale Bewegung, die in Kombination mit der geistig formalen Erfassung eines Kunstwerks bei mir für tiefe Begeisterung sorgt.
    Hier ging es mir darum darzulegen, inwiefern ein historischer Hammerflügel oder eher ein moderner Flügel zur Erreichung dieses wichtigen Ziels beitragen kann bzw. dem eher im Wege steht.
    Ich finde, dass man das alles auch verstehen kann, wenn man es denn will.


    Unter schlechter Chartmusik zu leiden (was ich ja auch tue) ist da eine völlig andere Sache.

    Gerade die Mondscheinsonate leidet geradezu unter der verklärenden, romantisierenden Sichtweise. Die Empfindungen, die hier angeblich hervorgerufen werden sollen, sind nirgendwo von Beethoven dokumentiert.

    Ich kann in meinem Beitrag keinen Hinweis finde, dass ich forderte, diese nicht von Beethoven stammende und abwegige Legende vom gehenden Mond etc. müsse auch hörbar werden, und das ginge nur auf dem Steinway. Da bitte ich doch, mir einen solchen Unsinn nicht in den Mund zu legen und genauer zu lesen.
    In einer Replik zu Wolframs Beitrag schrieb ich z.B. :

    Mit meinem ersten Satz bezog ich mich auf das von mir oben angeführte Klangbeispiel zum dritten Satz der sogenannten "Mondscheinsonate".

    Um auf Missverständnissen beruhende Unterstellungen auszuschliessen, dass ich da auf dem modernen Flügel unbedingt hören will, wie der Mond durch die Wolken wandert, habe ich ja extra das Wort "sogenannten" hinzugefügt und "Mondscheinsonate" in Anführungszeichen gesetzt.
    Es war wohl noch nicht eindeutig genug.


    Einer verklärenden Sichtweise habe ich ebenfalls nicht das Wort geredet. Übrigens finde ich hier Bräutigams ersten Satz als zu romantisierend gespielt, was das Agogische anbetrifft. M.E. sollte man als Pianist hier geradlinig und "anständig" spielen, d.h. mit einem Minimum an agogischen Mitteln auskommen und auch nicht bei jeder Punktierung (hier meine ich jetzt nicht unbedingt Bräutigam) der Melodie die ganze Begleitung verlangsamen. Ebenso müssen Anfänge und Harmoniewechsel nicht nur dauernde agogische Anhalter markiert werden. Hier vertraue ich auf die Kraft einer differenzierten Fingerdynamik, die eben- und da sind wir wieder beim Thema- mit einem guten heutigen Instrument aufgrund der raffinierten Mechanik viel leichter gelingt.


    Aber hier ging es ja um den 3. Satz, der m.E. durch grollende Anläufe und blitzartige Ausbrüche thematisch gekennzeichnet ist. Man könnte schon an einen Gewittersturm erinnert werden, was ja so "unbeethovenisch" auch nicht wäre, wenn man an die 6. Symphonie denkt. Da gibt es dann im Kontrast hierzu weichere, bittende Gegenthemen, die sich ihrerseits aber auch wieder in Wutausbrüche steigern können. Hierzu war mein Gedanke, dass diese konstrastierenden Affekte mit Hilfe eines modernen Flügels ernstzunehmender vermittelt werden können.

    Seriöse Literatur hält sich auch hier mit dem "Gefühlsleben" zurück.

    Falls jemand meine Beiträge im Vergleich hierzu als unseriöse Literatur empfindet, dann sei ihm das unbenommen. Es gibt ja noch die Weiten des Forums und des Internets, und Google kann da sehr hilfreich sein.


    Mir jedenfalls- und vielen der mir persönlich bekannen und nicht bekannten Musiker, einschliesslich des hervorragenden Ronald Bräutigam- sehen und empfinden es so, dass die Beethovenschen Klangwelten ein ganzes Universum an allen möglichen erlebbaren Gefühlen bereithält, wenn man nur bereit ist, sich darauf einzulassen. Für eine kulturell gehobene, nette Hintergrundsklimperei ist nun ausgerechnet Beethovens Musik eher ungeeignet.


    Und wenn ich beim Vergleich des 3. Satzes dieser Sonate auf ggf. tendenziell (!) unterschiedliche emotionale Wirkungen anspreche, die durch eine Aufführung auf einem historischen oder einem modernen Tasteninstrument hervorgerufen werden können, dann kann ich nicht sehen, dass ich damit ins Unseriöse abgeglitten sei, auch wenn Emotionen immer schwerer wie handfeste Fakten greifbar sind, als etwa die veröffentlichten Zahlen aus der Bilanz eines DAX-Unternehmens.
    Zudem nehme ich für keinen meinen Beiträge in irgendeiner Form eine wissenschaftlich abgesicherte Allgemeingültigkeit in Anspruch. Mir geht es hier nicht um die Auflistung trockener musikwissenschaftlicher Fakten, weshalb ich es für legitim und wünschenswert ansehe, auch die emotionalen Wirkungen einer in diesem Forum besprochenen Musik anzusprechen.


    Ausserdem habe ich ja selbst das Argument der Gefahr des eingeschränkten Ernstnehmens beim Hören dieses Satzes auf dem Hammerklavier durch meinen Hinweis auf die längst widerlegten, ähnlich argumentierenden Widersacher der Bacheinspielungen auf alten Instrumenten in den 70ern schon wieder relativiert, weshalb ich in der Tat geneigt bin anzunehmen, dass der Vorwurf der Unseriösetät meines Beitrags hier nicht zutreffend ist.


    :hello:


    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Hallo Glockenton,


    was soll dann dieser Satz?

    Zitat

    "Ja da schau her, der kann aber wahnsinnig schnell spielen. Die Finger, die fliegen ja nur so......toll.....Bravo !... Applaus!! "


    Zitat

    dass das Ziel, welches ich Beethoven unterstelle,

    Deine persönliche Meinung sei dir unbenommen.


    Zitat

    den Hörer zu ergreifen und zu bewegen mit einem modernen Flügel aufgrund der von mir oben im Thread genannten Gründe leichter zu erreichen ist.

    Ist leichter jetzt besser oder schlechter, was die Qualität der Interpretation betrifft?


    Zitat

    Ich kann in meinem Beitrag keinen Hinweis finde, dass ich forderte, diese nicht von Beethoven stammende und abwegige Legende vom gehenden Mond etc. müsse auch hörbar werden, und das ginge nur auf dem Steinway. Da bitte ich doch, mir einen solchen Unsinn nicht in den Mund zu legen und genauer zu lesen.

    Meine Aussage war wohl deutlich genug auf die vielen rudimentären Deutungsversuche der Sonate gemünzt. Wenn du aber schreibst, das die Ziele, die du Beethoven unterstellst, mit einem Steinway leichter zu erreichen sind, bringst du dich zumindest in die Nähe der rein gefühlsmäßigen Beurteilungen der Sonate.


    Zitat

    Für eine kulturell gehobene, nette Hintergrundsklimperei ist nun ausgerechnet Beethovens Musik eher ungeeignet.

    Unterstellst du mir jetzt, das ich Beethoven so höre?

  • Schon im Barock war es das allgemeine Ziel (in den Kompositionen hörbar und auch in theoretischen Schriften nachvollziehbar dargelegt)des Komponisten und Interpreten, den Hörer zu "rühren", zu ergreifen, zu erschüttern, zu trösten, zu erheitern, zu erbauen, zu unterhalten (ergötzen) und zu belehren.
    Wenn es einen Komponisten gab, der seine künstlerische Aussagen so deutlich wie nur irgend möglich formulierte und damit seine Hörer auch forderte, dann war es Beethoven.
    Jene Ziele also, die ich Beethoven oben im Thread "unterstellte" sind m.E. also mehr als nur meine, mir hier dankenswerter Weise unbenommene, private Einzelmeinung. Zu ihnen bekannte sich jeder Musiker, und sie sind auch bis heute aktuell; was im Übrigen auch für mich gilt, sowohl als Hörer wie als Musiker.


    Viele hören in Beethovens Musik schon einen geradezu agitativen Tonfall.
    Die Affekte dieses 3. Satzes haben etwas mit Aufbrausen, mit schon brutalem Streit, mit heftigen Einschlägen, Angst, dann aber auch wieder mit lyrisch weichen Einwändungen zu tun. So eine Musik will um ihrer Inhalte willen ernstgenommen werden. Diese in ihr enthaltenden Regungen soll der Hörer miterfahren, ähnlich, wie man durch einen aufregenden Film "gerissen" wird.
    Die dafür verwendeten schnellen Noten ergeben zwar eine hierfür "leider" notwendige Virtuosität, die aber hier nur ein Mittel zum höheren, expressiven Zweck ist.
    Wird sie nun auf einem mechanisch und expressiv gegenüber einem heutigen Flügel limitierten Instrument gespielt, und sind die Hörer jenes moderne und ausgereifte Instrument durch die Instrumentenbau- und Rezeptionsgeschichte gewohnt, dann finde ich schon, dass eine gewisse Gefahr besteht, durch das eher fremde, drahtige, weniger potentiell farbenreiche und weniger orchestralen Klangbild des Hammerflügels von den Inhalten der Musik abgelenkt zu werden, wodurch die hier eigentlich heftige und ernste Aussage des Stücks vom heutigen Hörer ggf. nicht mehr in dem Masse ernstgenommen wird, wie es früher der Fall gewesen sein mag. Dieses Argument habe ich aber im Bezug auf die frühere, ähnliche Diskussionen zum Barockinstrumentarium etwas eingeschränkt. Ich verkünde hier ja nicht ewige Wahrheiten, sondern gebe nur mein momentanes Meinungsbild wieder.
    Dass ich zwischen der Frage Barockgeige <--> moderne Geige und Hammerklavier <-->modernes Klavier einen Unterschied in der künstlerischen Bewertung mache, liegt vielleicht darin, dass die Barockgeige bereits ein voll ausgereiftes, nicht mehr zu verbesserndes Instrument war. Sie stand am Ende der Entwicklungsmöglichkeiten. Durch die Änderungen am Steg, den Tourte-Bogen und noch später die Stahl-Saiten hat man sie gewissen Änderungen des Musikgeschmacks etc. angepasst ( z.B. lauter gemacht, mehr Sostenuto möglich)
    Deswegen ist die heute "normale" Geige der Barockgeige nicht überlegen, sondern sie klingt anders. Für die Barockliteratur ist in letzter Konsequenz die Barockgeige das m.E. noch geeignetere Instrument.
    Eine Analogie zum Fall Hammerklavier <--> moderner Flügel kann ich da nicht automatisch hergestellt sehen, weil es hier tatsächlich viele Veränderungen gab, die das Instrument erst später zur Ausreifung führten. Für das Cembalo gilt das wiederum nicht.

    Zitat
    den Hörer zu ergreifen und zu bewegen mit einem modernen Flügel aufgrund der von mir oben im Thread genannten Gründe leichter zu erreichen ist.


    Ist leichter jetzt besser oder schlechter, was die Qualität der Interpretation betrifft?

    Die Qualität der Interpretation hängt hauptsächlich von der im Inneren des Interpreten vorhanden gesanglichen, affektiven und bewegungsmässig-körperlichen "Urmusik" ab. Ein hervorragender Interpret wird sowohl auf dem Hammerklavier als auch auf dem Flügel ein hochwertige Interpretation zustandebringen, wenn man ihm entsprechende Übephasen gönnt. Und wenn es nun ein Instrument gibt, dass die o.g. Zielerreichung durch eine exakte, hochdifferenzierbare Mechanik und durch einen länger singenden und tragenden Ton erleichtert, dann wird dieses Instrumente dem Pianisten das Finalziel- nämlich seine Hörer zu bewegen- erleichtern, weil ihm diese Dinge natürlicher von der Hand gehen. Durch weniger technische, manuelle und mechanische Unzulänglichkeiten behindert, kann er sich besser dem eigentlichen Ziel des expressiven Spiels widmen.


    Gelingt es auf diesem Wege dem Interpreten, die Aufmerksamkeit des Publikums auf die eigentlichen, in der Komposition enthaltenen Inhalte zu lenken, dann bewerte ich so eine Interpretation in ihrer Gesamtheit tatsächlich als "besser". Wenn aber am Hammerklavier ein grosser Künstler sässe, der eine musikalische wunderbare Interpretation auch auf diesem Instrument realisieren kann, dann zöge ich seine Version sicher einer Aufführung vor, bei dem ein schwach-expressiver aber ansonsten technisch schnell spielender Pianist auf einem Steinway etwas abnudelt.


    Wenn du aber schreibst, das die Ziele, die du Beethoven unterstellst, mit einem Steinway leichter zu erreichen sind, bringst du dich zumindest in die Nähe der rein gefühlsmäßigen Beurteilungen der Sonate.

    Zu den von mir "unterstellten" Zielen Beethovens habe ich ja bereits geantwortet.
    Ein für jeden Ton absolut sicheres Spiel und die bestmögliche, in Verbindung mit dem jeweiligen Instrument erreichbare dynamische und artikulatorische Fingerbeherrschung können beim Pianisten nur durch einen enormen Überaufwand erzielt werden. Ein gewünschter, geradezu zwangsläufiger Nebeneffekt ist, dass er dadurch die Stücke irgendwann auswendig spielen kann.
    Warum aber betreibt man diesen Aufwand? Nur, um auf der Bühne nicht zu versagen?
    Nein, es geht darum, das Stadium grösstmöglicher Freiheit für den künstlerischen Ausdruck zu bekommen.
    Befreit von der Erdenschwere des Mechanischen, kann sich der Künstler dann im theoretischen Idealfall voll auf seinen Ausdruck, auf die eigentliche Essenz des Werkes konzentrieren, was beim Musiker ein schwer zu berschreibenden, schwebendes, fliessendes Gefühl erzeugen kann.
    Wenn ein Flügel nun auf die kleinsten Anschlagsdifferenzierungen so willig und flink reagiert, wie z.B. ein Sportwagen von BMW (oder anderen...) auf die kleinsten Gaspedal- oder Lenkbewegungen reagiert, dann verschmelzen Fahrer und Fahrzeug, bzw. Musiker und Instrument eher.
    Auch beim Fahrer eines solchen Wagens kann sich ja dann so eine Art von fliessendem Gefühl einstellen.


    Im Falle der Musikausübung wird ein gutes Instrument, auf dem der Musiker sozusagen leichter "schweben" kann, unterstützend wirken, nämlich ihm beim Ziel behilflich zu sein, so zu spielen, dass sowohl die Form als auch die Affektgehalte so eindrücklich wie nur im Rahmen des guten Geschmacks möglich dem Hörer nahegebracht werden, wodurch dieser dann eben innerlich (und vielleicht auch einmal äusserlich) bewegt werden soll.
    Ich respektiere aber auch Pianisten wie Bräutigam oder Staier, die aufgrund bestimmter z.B. klanglicher Eigenschaften (wie z.B. die leichtere Durchhörbarkeit von Mehrstimmigkeit in tiefen Lagen) den Hammerflügel für Beethovens Sonaten vorziehen und auch oder gerade mit diesem Instrument zu einer überzeugenden Einheit verschmelzen können.
    Mit dieser hier noch einmal vorgelegten Argumentation weise ich auf in der Tat auf immer vorhandene Parameter des Musizierens auf Instrumenten hin und bringe sie in Bezug auf das Hammerklavier und den Flügel zur Anwendung. Der 3. Satz der cis-moll-Sonate Beethovens sollte mir hierfür als Beispiel dienen.
    Den Gedanken, dass ich mich damit in die Nähe einer rein gefühlsmässigen Beurteilung der Sonate käme, kann ich vor diesem doch eher sachlichen und begründetetn Hintergrund nicht nachvollziehen, aber ich kann werde wohl auch damit leben müssen, wenn das vereinzelt so gesehen wird.



    Zitat
    Für eine kulturell gehobene, nette Hintergrundsklimperei ist nun ausgerechnet Beethovens Musik eher ungeeignet.


    Unterstellst du mir jetzt, das ich Beethoven so höre?

    Mit dem Satz soll gesagt werden, dass Beethovens Musik zur Stellungnahme herausfordert, dass sie ernstgenommen und konzentriert gehört werden will. Das sieht man ja allein schon daran, dass man sie nicht zu einer Unterhaltung im Hintergrund laufen lassen kann, weil sie dann schlichtweg stören würde (gerade der hier immer wieder angesprochene 3. Satz ist dafür auch ein gutes Beispiel)
    Bei Beethoven (aber auch vielen anderen Komponisten) ist es meistens entweder so, dass man seiner Musik am besten ganz zuhört oder eben gar nicht.
    Das Miterleben von ausgedrückter Freude, aber auch von Zorn oder Leid gehören dann dazu.


    Man sollte sich also auf sie einlassen, was ich direkt vor dem oben etwas aus dem Zusammenhang gerissenen Zitatsatz versuchte, mit folgenden Worten deutlich zu machen:

    ...dass die Beethovenschen Klangwelten ein ganzes Universum an allen möglichen erlebbaren Gefühlen bereithält, wenn man nur bereit ist, sich darauf einzulassen. Für eine kulturell gehobene....

    Die Art und Weise wie Du Musik hörst, ist mir unbekannt, und auch bei Deinem Satz "ich zumindestens durchleide keine Musik" lasse ich dahingestellt, ob der Begriff des Durchleidens eines Musikstücks von Dir ggf. anders als von mir - sie oben- verstanden wird, also vielleicht schon eher in der Nähe eines körperlichen Leidens.
    Deswegen unterstelle ich mangelns persönlichen Kennenlernens nicht irgendwelche Hörer-Haltungen ( und wenn mir tatsächlich eine oberflächliches, unempfindliches Hören bekannt wäre, würde ich es ganz sicher hier nicht veröffentlichen, weil es a) nichts zur Sache tut und ich b) niemanden persönlich angreife) sondern sage noch einmal ausdrücklich und allgemein, dass ich es vom Wesen dieser Musik her als "eingebaut" ansehe, dass sie von jedem Hörer fordert, dass er sich mitempfindend und auch intellektuell nachvollziehend auf sie einlässt.
    Jedes Musikinstrument, ob modern oder historisch, kann hierfür immer nur ein Mittel zum Zweck (="Instrument") sein, es hat im künstlerischen Sinne keinen Selbstzweck.


    :hello:


    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

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  • Zitat

    Viele hören in Beethovens Musik schon einen geradezu agitativen Tonfall.


    Ich nehme das einfach mal als Einstieg. was "viele hören" interessiert mich nicht.


    Ich geniesse die Musik Beethoven`s und damit basta


    Ich brauche mir von niemanden vorschreiben zu lassen, was ich beim Hören von Musik zu Empfinden habe. Deine, über Jahre erprobten, Spitzfindigkeiten interessieren mich nicht.


    Solche Standpunkte, das Zerlesen von Musik, das zerpriemeln bis zum letzten, zerstören genau das, was sie vielleicht erreichen möchte. Und wenn du die Steinzeit zitierst: Alles, was du erreichen möchtest, ertrinkt in einer Flut von Dogmatik. Zum einen führst du die Gefühlswelt Beethoven`s an und ergiesst dich dann in pseudo wissenschaftlichen , konstruierten Floskeln.


    Besserwisser brauche ich für die Musik Beethoven`s nicht. Auf solche Belehrungen kann ich verzichten.

  • Liebe Freunde!


    Das kenne ich gut: Aus Leidenschaft für die Sache rasen Hirnzellen und Tastatur, und ich möchte meine Sätze unterstreichen, kursiv oder fett setzen, mit Ausrufezeichen versehen ...


    ... und ein anderer versteht das verbale Ausdrucksbedürfnis auf der Beziehungsebene und schaltet ab.


    Der eine will alles verstehen und kommunizieren (und ist in Gefahr, die Grenzen der intellektuellen Wahrnehmung und der sprachlichen Kommunikation zu vergessen) und der andere besteht darauf, dass Musik zum Hören da ist und ohne kluges Herumgerede verstehbar sein sollte.


    Da kann man sich ganz schön piesacken, ohne es wirklich zu wollen! Weil der eine auf der Sachebene schreibt und der andere die Bezeihungsebene hört ...


    Können wir es bitte nochmal versuchen: Mit Leidenschaft für die Sache, mit redlichen Mitteln im Streit und mit Wertschätzung für die auf Augenhöhe gesehenen Diskussionspartner?

  • Hallo Wofram,


    natürlich hast du Recht.


    Ich brauche hier, und damit gehe ich auch von der Vielzahl der Nutzer hier im Forum aus, niemanden, der mich belehrt, der über Musik doziert und dogmatisch seine Idee von Musik verbreitet.


    Ich bin hier aus Spass bei der Sache und brauche keine "Oberlehrer".


    Viele Grüße Thomas

  • Ich bedaure, hier überhaupt in die Position gekommen zu sein, etwas über meine Person zu sagen.
    Es gibt einen Grund dafür, warum ich so schreibe wie ich es tue und nicht anders kann. Ich erkläre das nur einmal und bitte das nicht als Legitimation für`s Rechthaben, sondern als erklärende Hintergrundinformation zu meinen Texten aufzufassen, weil ich es so meine.


    Mit klassischer Musik und dem Spielen auf Tasteninstrumenten beschäftige ich mich nun ein halbes Leben lang, und dies immer mit ungebrochener Leidenschaft. In diesen Jahren als Klavierschüler - und Student, Klavierpädagoge, Ensembleleiter, Kammermusiker, Chordirigent, Organist und nicht zuletzt als Musikhörer- und Leser habe ich eine Menge praktische Erfahrungen (u.a. auch mit Beethovens Musik) sammeln können. Obwohl ich interessehalber auch barocke musiktheoretische Werke wie Quantz oder Mattheson las, erhebe ich - wie schon weiter oben erwähnt- niemals einen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit oder endgültige Wahrheiten (also Dogmen)


    In manchen meiner Beiträge habe ich es hier und da als angebracht angesehen, meine aus der jahrelangen Praxis gewonnen Erfahrungen ein bisschen einfliessen zu lassen, bzw. ich konnte und wollte es wohl auch nicht immer vermeiden.


    Das wurde nun hier von Thomas Sternberg als "über Jahre erprobte Spitzfindigkeiten" bezeichnet, die ihn "nicht interessieren".
    Mit "solchen Standpunkten" ( wie bizarr, abwegig und einzelgängerisch müssen die sein?) würde ich die Musik "zerlesen" und "zerpriemeln".


    Nun ich habe u.a.Takt 33 des 3. Satzes der cis-moll-Sonate als Beispiel für die Vor- und Nachteile des Hammerklaviers angeführt und das Thema, obwohl ich auch eine Meinung dazu habe, hier durchaus von verschiedenen Seiten beleuchtet. Da ich es über dieses Medium eines Internetforums nicht selbst an den Instrumenten demonstrieren bzw. entsprechende Aufnahmen anspielen kann, ist das nun einmal der einzige, gangbare Weg.
    Es liest sich dann etwas kompliziert und theoretisch, ist aber eigentlich eine sehr an der musikalischen Praxis orientierte Diskussionsebene.
    Wo und an welcher Stelle ich "die Steinzeit" zitiert habe, verstehe ich beim besten Willen nicht, aber das ist mir mittlerweile auch sehr egal.

    Und wenn du die Steinzeit zitierst: Alles, was du erreichen möchtest, ertrinkt in einer Flut von Dogmatik.

    Will ich denn irgendetwas "Erreichen" das ich dann aber in Wirklichkeit zerstöre?
    Eigentlich wollte ich nur etwas mit anderen interessierten Klassikfreunden teilen.Thomas Sternberg ist allerdings an meinen Beiträgen, die er als ungewollte Belehrungen empfindet, offensichtlich nicht interessiert - ok, damit werde ich wohl leben müssen.
    Was ich hier "erreichen" will, ist lediglich ein Geben - und Nehmen, ein unterhaltsamer Austausch, bei dem man als angenehmen Nebeneffekt auch etwas lernen kann. Ein höheres "Ziel", das ich hier "erreichen" möchte, ist mir gar nicht bekannt.


    Wenn ich auf eine gestellte Frage antworte, und von schlichten, allgemein unbestrittenen Tatsachen ausgehe, (z.B. die technischen Rahmenbedingungen für ein expressives Klavierspiel, sowohl instrumenten- als auch übetechnisch) dann sind das vielleicht "Binsenweisheiten" ,( wie Wolfram es vielleicht nennen würde) die sich allerdings aus meinen und den Erfahrungen wohl nahezu aller in diesem Bereich arbeitenden Kollegen herleiten.
    Vom diesen allgemeinen Erkenntnissen ging ich aus, und bezog diese auf die in diesem Thread angesprochenen Fragen zur unterschiedlichen Klaviermechanik und zur Beethoveninterpretation auf alten oder neuen Instrumenten.
    Aufgrund einer bestimmten, mit Beispielen unterstützten Argumentation ziehe ich dann mein Fazit, also eine persönliche Meinung, die man teilen kann, oder auch nicht.
    Diese Vorgehensweise, diese meine Art zu Schreiben bezeichnet Thomas Sternberg als "Flut von Dogmatik", als "jahrelang erprobte Spitzfindigkeiten" ( das klingt ja schon nach böser Absicht.... :no: )


    Aus meiner Sicht ist es hauptsächlich ein (mit)Teilen von praktischen Erfahrungswerten, die ich hier als Begründung für einen bestimmten Standpunkt bei der Wahl eines Instruments einfliessen liess.
    Thomas Sternberg empfindet das nun also als unerwünschte Belehrungen und "konstruierte Floskeln".


    Mehr oder weniger direkt tituliert er mich ganz persönlich als "Besserwisser", den er für die Musik Beethovens "nicht brauche".


    Ich akzeptiere seine hier vorgebrachten Äusserungen und ziehe daraus die Konsequenz, dieses Tamino-Mitglied von diesem Beitrag ab vollständig zu ignorieren zu müssen. Damit er sich nicht so ärgern muss, schlage ich ihm vor, bei meinen zukünftigen Beiträgen einfach weiterzuscrollen.


    Wolframs prägnante und treffende Analyse wird mir hier zur Entscheidungsgrundlage für das Beenden der Kommunikation:


    Weil der eine auf der Sachebene schreibt und der andere die Bezeihungsebene hört

    (Übrigens an Wolfram: Danke für Deinen Beitrag)


    Ich möchte nicht noch weiter mich gezwungen sehen, mich über Persönliches in Diskussionen über Sachthemen auszulassen und habe an diesem , doch eigentlich sehr schönen, von Alfred aufgebrachten und im Verlaufe des Threads durch ein Missverständnis in eine etwas andere Richtung gehenden Thema mittlerweile ganz die Freude verloren.


    Am meisten ärgere ich mich darüber, dass ich mir überhaupt die Zeit nahm, auf die Nachfragen in Beitrag 24 auch noch ausführlich einzugehen (hätte besser üben oder Musik hören sollen), was wiederum durch meine fehlerhaft überbewertende Reaktion dieser Aussage

    Ich durchleide zumindest keine Musik.

    seinen Anfang nahm.
    Ab hier kam die persönliche Beziehungsebene usw. hinein, die mich in diesem Zusammenhang eigentlich gar nicht interessierte.
    Diesen Satz hier (Hervorhebung von mir)

    Ich brauche hier, und damit gehe ich auch von der Vielzahl der Nutzer hier im Forum aus, niemanden, der mich belehrt, der über Musik doziert und dogmatisch seine Idee von Musik verbreitet.

    könnte man ja schon als Aufforderung an mich ansehen, das Forum zu verlassen, bzw. es kommt eine Hoffnung zum Ausdruck, dass sich andere Mitglieder diesem Wunsch anschliessen.
    Da ich seit Juli 2006 bis heute sehr überwiegend positive Reaktionen auf meine Beiträge bekomme und an Diskussionen mit vielen der hier schreibenden Leute immer viel Spass hatte und habe ( ob ich nun immer ihre Meinungen teilte und teile, ist dabei unerheblich, siehe so manche angenehme Diskussion mit Wolfram in diesem Thread) werde ich, der nun einmal nur so und nicht anders schreiben kann, genau das nicht tun.
    Allerdings sorgen solche Episoden wie diese dafür, dass ich zukünftig nicht mehr zu Gunsten des Forums meine Arrangier- und Überarbeiten warten lassen und auch mein persönliches Musikhören zurückfahren werde.


    Auch ich mache hier nicht mit, um mich zu ärgern, was auch meine letzte Äusserung in dieser entgleisten Angelegenheit sein wird, egal ob und was noch kommt.


    :hello:


    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Lieber Glockenton,


    so nachvollziehbar Deine Worte für mich klingen, so sehr würde ich es bedauern, wenn Du an Deinem Entschluss festhalten wolltest!


    Ich habe die Diskussion mit Dir - ohne wirklich über Kompetenz zu diesem Thema in dem Grade zu haben, wie ich sie bei Dir wahrnehme - sehr genossen, und würde gerne noch mehr erfahren.


    Es gibt einen Grund dafür, warum ich so schreibe wie ich es tue und nicht anders kann. Ich erkläre das nur einmal und bitte das nicht als Legitimation für`s Rechthaben, sondern als erklärende Hintergrundinformation zu meinen Texten aufzufassen, weil ich es so meine.


    Mit klassischer Musik und dem Spielen auf Tasteninstrumenten beschäftige ich mich nun ein halbes Leben lang, und dies immer mit ungebrochener Leidenschaft.


    Das spüre ich allenthalben und freue mich über die Leidenschaft für die Sache!


    Diesen Satz hier (Hervorhebung von mir)
    Zitat von »Thomas Sternberg« Ich brauche hier, und damit gehe ich auch von der Vielzahl der Nutzer hier im Forum aus, niemanden, der mich belehrt, der über Musik doziert und dogmatisch seine Idee von Musik verbreitet.
    könnte man ja schon als Aufforderung an mich ansehen, das Forum zu verlassen, bzw. es kommt eine Hoffnung zum Ausdruck, dass sich andere Mitglieder diesem Wunsch anschliessen.


    Ich habe diesen Satz als Einzelmeinung gelesen. Ich habe keine "Vielzahl" der User dieses Forums befragt, und offengestanden wäre mir das auch egal.


    Thomas kann natürlich bei seiner Rezeptionshaltung bleiben. Ich halte es lieber mit Alfred Brendel: "Je größer das Wissen, desto größer das Staunen" - damit bin ich bisher ganz gut gefahren, und viele Musikerlebnisse hätten nicht die erfahrene Tiefe gehabt, wäre das Wissen im Background nicht dagewesen. -


    Allerdings sorgen solche Episoden wie diese dafür, dass ich zukünftig nicht mehr zu Gunsten des Forums meine Arrangier- und Überarbeiten warten lassen und auch mein persönliches Musikhören zurückfahren werde.


    Das würde ich - wie gesagt - sehr bedauern und würde Dich bitten, das noch einmal zu überdenken ... was ich in diesem Thread von Dir lesen durfte, ist wohl nur die Spitze eines Eisbergs von Erfahrungen mit "alten" Tasteninstrumenten ... ?

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