NÉZET-SÉGUIN Yannick - kleiner drahtiger kanadischer Wirbelwind mit Potential?

  • Yannick Nézet-Séguin - ein Name klingt wie Donnerhall, zumindest für die Francophilen. Die anderen könnten möglicherweise mit der Aussprache ihr Problem haben, oder vielleicht bereits im Rahmen ihrer Merkfähigkeit. Möglicherweise spielt der junge Mann aus diesem Grund bislang noch nicht die große Rolle in diesem Forum: Gerade 13 Suchergebnisse werden geliefert. Sven Godenrath möchte mehr Bruckner von ihm hören. Immerhin hat Rolo Betmann Mahlers Vierte und Bruckners Siebente, Achte und Neunte mit ihm gehört und zumindest die Neunte als blitzsaubere Interpretation wahrgenommen.


    CDmäßig war er bislang viel mit der Großstadtkapelle von Groß-Montreal (Orchestre Métropolitain du Grand Montréal, wo er seit 2000 music director ist) unterwegs (Bruckner, Debussy, Rota, Weill, Hervieux-Recital), als Klavierbegleiter auch mit Mozartliedern, Recital mit David DQ Lee, Kammermusik mit Posaune, aber zunehmend wird er von europäischen Orchestern geholt, zum Beispiel den Philhamonikern von Rotterdam (dort: music director seit 2008 als Nachfolger von Valery Gergiev) mit Ravel, VKe Beethoven und Korngold mit Renaud Capucon und einer Themenplatte mit Emanuel Pahud, London Philharmonic (dort: Principal Guest Conductor seit 2008 ) mit Brahms Requiem (!?), das Flämische Radio-Orchester und Artur Pizarro mit de Greef. Ab 2012 music director des Philadelphia Orchestra (!). Ein Buch gibt es auch schon über ihn, 82 Seiten für 30,24 EUR, und einen Echo Klassik Preis 2010 hat er auch schon erhalten als Nachwuchs-Künstler des Jahres - Dirigat - für die Ravel-CD aus Rotterdam.


    Sein Name fällt aber anscheinend vor allem mit großer Oper auf: Carmen mit Elina Garanca, Roberto Alagna, Barbara Frittoli. Ins europäische kulturelle Bewusstsein trat er wohl erstmals mit einem Paukenschlag, als er in der Felsenreitschule das Salzburger Operndirigat von Gounod's Roméo et Juliette mit Rolando Villazon and Niño Machaidze übernahm und mit Lobenshymnen überschüttet wurde. Seitdem reißen sich alle Orchester darum, ihn einmal am Pult stehen zu haben, und die Opernbühnen anscheinend auch.


    Eine schnell verglühende Sternschnuppe ohne jede Bedeutung? Oder geht für uns hier wirklich ein neuer Stern auf, der seinen Lauf am musikalischen Himmelszelt machen wird?

  • Also, ich habe zwei Opern-Produktionen mit ihm gehört: Besagte "Carmen" und der "Romeo", beide also französisches Fach, dem Seguin aber immer andere Sphären entlockt hat. Beide Produktionen haben mir sehr gut gefallen. Ich schätze, dass man von ihm noch viel erwarten darf. Soweit ich das jetzt schon einschätzen kann, hat er viel Feuer und gleichzeitig die nötige Portion Einfühlsamkeit.
    Gespannt bin ich auch auf seinen "Don Giovanni" in Baden Baden mit dem mahler Chamber Orchester, der von der DG auf CD gebracht wird.

  • Habe Nézet-Séguin jetzt zwei Mal im Konzert erlebt, einmal mit seinen Rotterdamern in Dortmund und als Gastdirigent des SO BR bei den Mahler-Festspielen in Leipzig. Vor allem das letzte Konzert hat mich tief beeindruckt und war das mit Abstand beste Konzert bei den Mahler-Festspielen, das ich besuchen konnte. Auf dem Programm stand Mahlers 7. - eigentlich nicht meine Lieblingssinfonie. Aber so wie Nézet-Séguin und das SO BR hier musiziert haben, war das ein absoluter Knüller: spannend und packend vom ersten bis zum letzten Augenblick, das Orchester hochkonzentriert und dem Dirigenten bedingungslos folgend. Und das Ganze auch noch technisch absolut perfekt (das SO BR ist ja auch ein Weltklasseorchester). Nézet-Séguin dirigiert nicht nur, er lebt und durchlebt sichtbar und hörbar die Musik.


    Er gehört sicherlich mehr zu den sehr extrovertierten und gestenreichen Dirigenten (wie wohl auch Mahler selbt und sein späterer Prophet Bernstein). Nehme sein Dirigat aber nicht als Showprogramm wahr, sondern als intensive Arbeit im Dienste der Musik und im Dienste der von ihm geleiteten Musiker. Wenn Nézet-Séguin es schafft, sich nicht im modernen Konzertbetrieb aufreiben und verbrennen zu lassen, könnte aus ihm ein ganz Großer werden. Würde es diesem offensichtlich auch sehr sympatischen Menschen sehr wünschen.

  • Die Deutsche Grammophon hat mit dem franko-kanadischen Dirigenten Yannick Nézet-Séguin eine «langfristige Zusammenarbeit» vereinbart. Zunächst gibt's Mozart und Tschaikowsky.


    Tschaikowskys «Pathétique» mit dem Rotterdam Philharmonic Orchestra soll 2013 auf den Markt kommen. Geplant ist überdies, dass Nézet-Séguin für die Deutsche Grammophon die sieben späten Opern Mozarts einspielen wird.


    Das Projekt vergleicht die Medienmitteilung der Deutschen Grammophon ambitiös mit dem legendären Zyklus aus den 1960- und 70er-Jahre des Dirigenten Karl Böhm.



    Den Auftakt macht im Juli die Aufnahme einer «Don Giovanni»-Aufführung im Festspielhaus Baden-Baden mit dem Mahler Chamber Orchestra und den sängerischen All Stars D’Arcangelo, Erdmann, Villazón, Damrau und DiDonato. (cf)

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)


  • Bis vor einer Woche, war mir der Name Yannick Nézet-Séguin unbekannt. Ein befreundeter Musiker hat mir die 9. Sinfonie von Anton Bruckner in der Lesart des jungen Kanadiers empfohlen. Ich ging auf die Suche, was es im Internet zu diesem Dirigenten zu finden gibt.


    Auf You Tube kann man Yannick Nézet-Séguin bei der Arbeit zusehen: Er dirigiert eine konzertante Aufführung des Balletts Nussknacker von Peter Tschaikowsky. (Rotterdams Philharmonisch Orkest, Jongenskoor Rijnmond, Jongenskoor Rivierenland en Jongenskoor Waterland olv. Arie Hoek)
    Was mir auffällt, ist die Ausstrahlung des Dirigenten, wie er mit Blickkontakte die Beziehung zu den Musikern sucht. Die Armbewegungen sind raumgreifend. 91 Minuten zieht er das Orchester in seinen Bann. Ich teile die Eindrücke, die ruckmann in Beitrag 3 beschreibt.


    Dass er sich an Bruckner traut, hat mich sehr überrascht. Fünf der Sinfonien hat er mit dem Orchéstre Métropolitain du Grand Montréal eingespielt. Ich habe die 7. und 9. Sinfonien mir angehört. Und er hat mich überzeugt. Die 9. Sinfonie finde ich besonders gelungen. Yannich Nézez-Séguin hat klare Vorstellungen von dem, was er umsetzen will. Das imponiert mir.


    (Übrigens, was ich erwähnen möchte: Das Spiel des ersten Klarinettisten im Tschaikowsky-Ballett ist hoch zu loben. Da leistet jemand mehr als seinen Orchesterdienst! Er ist mit Herz und Verstand bei der Sache.)
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    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928





  • Ich habe mir nun einige YouTube Aufnahmen dieses Dirigenten angeschaut. Oft legt er den Taktstock beiseite.


    Mahler 9. Sinfonie, letzter Satz, letzte Takte, am Ende eine Minute Stille



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    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Dass er sich an Bruckner traut, hat mich sehr überrascht. Fünf der Sinfonien hat er mit dem Orchéstre Métropolitain du Grand Montréal eingespielt.


    Und jetzt gibt es auch die Sechste …


    Orchestre Metropolitain,
    Yannick Nezet-Seguin


    Label: ATMA (2012)

    Einer der erhabensten Zwecke der Tonkunst ist die Ausbreitung der Religion und die Beförderung und Erbauung unsterblicher Seelen. (Carl Philipp Emanuel Bach)

  • In Dortmund ist er in der kommenden Spielzeit "Künstler in residence" - unter dem dämlichen Titel "The Yannick-Experience"- und wird vor allem viele Romantiker; Mendelssohn, Schumann und Bruckner spielen.
    Zuletzt hörte ich ihn Mitte April im Konzerthaus mit einer grandiosen Aufführung der 5. von Shostakovitch,http://www.konzerthaus-dortmun…b7c58b5cf5b96fe579e1be31b.


    Er wirkt auf mich sehr temperamentvoll, aber auch einfühlsam. Mit dem Orchester (London Phiharmonic) harmonierte er sichtlich gut.


    tukan


    tukan

  • Hallo Tukan,


    waren dann unbekannterweise zusammen im gleichen Konzert, bei dem Yannick die Londoner dirigiert und mit Ihnen Anne-Sofie Mutter begleitet hat. Von ASM war ich in einem vorherigen Konzert in Dortmund (Brahms VK) sehr enttäuscht, mit Yannick schien sie mir aber wie verwandelt und hat sehr ausdrucksstark und "mit Seele" gespielt. Yannicks Schostakowitsch (die Fünfte) war der Hammer. Ich freue mich schon sehr auf weitere Konzert mit ihm. Ja, Marketing-Titel wie "The Yannick-Experience" sind wohl eher Geschmacksfrage. Mein Ding ist das auch nicht. Aber wenn es hilft, weitere Konzertbesucher zu locken oder zu binden, soll es mir recht sein. Allerdings sind die Dortmunder Konzerte ja auch immer sehr gut ausgebucht. An Besucherinteresse mangelt es eigentlich nicht.

  • Den Auftakt

    und, wird es weitere Aufnahmen geben? Wer weiß etwas davon? So schlecht war der Giovanni von Nezet Seguin nicht. Da würde einen schon interessieren, wie er die ein oder andere Mozart-Oper macht... ?(

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  • Yannick Nézet-Séguin hat alle vier Sinfonien Robert Schumanns mit dem Camber Orchestra of Europe live eingespielt. Deutsche Grammophon besorgt die Vermarktung.


    Der Dirigent weiss wie man mit den Internetmedien umgeht. Etliche Youtube Filme gibt es von ihm. Die Schumann-Sinfonien mit diesem Orchester sind übrigens komplett hier zu finden. Die Sätze muss man sich allerdings zusammensuchen.


    Mit fällt immer wieder auf, dass Yannick Nézet-Séguin eine gute Beziehung zu den Orchestermusikern hat. Er weiss mit und ohne Taktstock zu dirigieren. Hier zwei Beispiele aus der 4. Vierten Sinfonie Robert Schumanns. Man beachte auch die Orchesteraufstellung.




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    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • und, wird es weitere Aufnahmen geben? Wer weiß etwas davon? So schlecht war der Giovanni von Nezet Seguin nicht. Da würde einen schon interessieren, wie er die ein oder andere Mozart-Oper macht... ?(


    ....und dann hoere ich die neue Produktion von Currentzis. und lasse die Villazon Edition liegen

  • Yannick Nézet-Séguin kann über sich lachen. Nick Canellakis und Michael Brown im Gespräch mit dem Dirigenten.


    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Noch gar nicht zur Sprache kam, welche Hoffnungen das Philadelphia Orchestra, eines der traditionsreichsten Orchester Amerikas, mit der Berufung von Yannick Nézet-Séguin verband. In der Spielzeit 2009/10 stand das Orchester kurz vor dem Konkurs. Die Ära des Musikdirektors Christoph Eschenbach (2003—2008) hatte sich finanziell als wenig erfolgreich erwiesen. Im Oktober 2006 erklärte Eschenbach, dass er 2008 zurücktreten würde. Im Februar 2007 berief man Charles Dutois zum Chefdirigenten und künstlerischen Berater (also nicht zum Musikdirektor). Während dieser Interrimszeit überlegte man offenbar sehr gut, wen man zum nächsten Musikdirektor küren würde. Erst nach über drei Jahren, im Juni 2010, entschied man sich für den jungen Nézet-Séguin, der das Amt 2012 offiziell antrat, zunächst bis 2017 befristet. Im Januar 2015 schließlich verlängerte man seinen Kontrakt um weitere fünf Jahre bis 2022. Dies spricht dafür, dass sich die Wahl Nézet-Séguins als richtig erwiesen hat. Dem Philadelphia Orchestra wäre es zu wünschen


    Mittlerweile wurde die Mozart-Opern-Reihe der DG mit dieser im Juli 2015 erschienenen Aufnahme fortgesetzt:


    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Yannick Nézet-Séguin unterzeichnet neuen Exklusiv-Vertrag mit Deutsche Grammophon


    Der neue Vertrag umfasst Aufnahmen folgender Projekte:


    * sämtliche Symphonien und Klavierwerke von RACHMANINOV mit Pianist Daniil Trifonov und dem Philadelphia Orchestra
    * das Klavierkonzert Nr. 20 in D-Moll KV 466 von MOZART mit Pianist Seong-Jin Cho und dem Chamber Orchestra of Europe
    * Symphonie Nr. 8 von MAHLER mit dem Philadelphia Orchestra
    * die Ballette Petruschka und Der Feuervogel von STRAWINSKY mit dem Philadelphia Orchestra
    * das erste Arien-Album von Bass Ildar Abdrazakov mit dem Orchestre Métropolitain de Montréal
    * neue Aufnahmen an der Metropolitan Opera
    * Fortsetzung des Mozart-Zyklus mit Die Zauberflöte mit dem Chamber Orchestra of Europe


    Don Giovanni, Cosi Fan Tutte und Die Entführung aus dem Serail wurden bereits zwischen 2012 und 2015 veröffentlicht. Zuletzt ist 2016 Le nozze di Figaro erschienen.
    Alle Mozart-Einspielungen haben neben Dirigent und Orchester noch eine weitere Gemeinsamkeit: Rolando Villazon hat in jeder dieser Mozart-Opern eine Rolle übernommen.
    Am 06. Juli 2018 wird der Zyklus mit der CD-Veröffentlichung von La clemenza di Tito - mit Villazon in der Hauptrolle - fortgesetzt.
    Villazon wird in der diesjährigen Aufnahme der Zauberflöte den Papageno übernehmen.



    [/am]



    Gregor

  • LG Siamak

  • Don Giovanni, Cosi Fan Tutte und Die Entführung aus dem Serail wurden bereits zwischen 2012 und 2015 veröffentlicht. Zuletzt ist 2016 Le nozze di Figaro erschienen.
    Alle Mozart-Einspielungen haben neben Dirigent und Orchester noch eine weitere Gemeinsamkeit: Rolando Villazon hat in jeder dieser Mozart-Opern eine Rolle übernommen.
    Am 06. Juli 2018 wird der Zyklus mit der CD-Veröffentlichung von La clemenza di Tito - mit Villazon in der Hauptrolle - fortgesetzt.
    Villazon wird in der diesjährigen Aufnahme der Zauberflöte den Papageno übernehmen.


    Lieber Gregor, bist Du mit den Mozart-Einspielungen ein wenig vertraut? Kannst Du etwas dazu sagen? Was ich bisher vernahm, war sehr pauschal und allgemein. Ich habe bisher immer einen Bogen darum gemacht - wegen Villazon. Ist das ungerecht?

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Yannick Nezet-Seguin wird bereits ab der kommenden Saison 2018/19 neuer Chefdirigent der MET, nicht erst in zwei Jahren wie ursprünglich vorgesehen. Die Gründe sind naheliegend.