Klaviertranskriptionen von Sinfonien, Konzerten und anderen Instrumentalstücken

  • Liebe Forianer,


    Erfreute sich das in diesem Thema behandelte Genre, im 19. Jahrhundert großer Beliebtheit, werden heute solche Transkriptionen zumeist scheel angesehen und vernachlässigt, zu Unrecht wie ich meine, legen sie doch oft den Blick auf die Struktur eines Werkes oft besser frei als das Original


    Zunächst wären da natürlich die Transkriptionen zu erwähnen, die Franz Liszt von den Sinfonien Beethovens angefertigt hat. Sie sind heute noch gelgentlich auf CD zu finden.


    Eine der mir am besten in Erinnerung haftenden Einspielungen war jene mit dem Pianisten Cyprien Katsaris aus den siebzigern. Er spielte auf einem eigens für ihn gebauten Flügel der Marke Mark Allen welcher die Nr 1 trug.


    Für Neugierige aber Preisbewusste hat Naxos die Werke unter Konstantin Scherbakov (in der Liszt Edition) eingespielt.




    soweit mir bekannt umfasst die Serie derzeit 3 cds, ist als noch nicht komplett.


    Ebenfalls auf Naxos kann man Brahms-Sinfonien in der Klavierfassung bekommen, für 4 Hände in diesem Fall, und vom Komponisten selbst verfertigt.




    Die Ausführenden sind in diesem Fall Silke-Thora Matties und Christian Köhn. Wie mann sieht haben die Pioniertat geleistet das vierhändige Klavierwerk von Brahms komplett einzuspielen, sicher eine nicht allzu dankbare Aufgabe. Kenner werden das schätzen, in die Klassikcharts kommt man hingegen nicht.....


    Es gibt übrigens, wenn ich mich richtig erinnere, weiterere Klaviertranskriptionen von Beethoven-Sinfonien, ich glaub die erstellte ein gewisser Reichard Wagner........


    Aber da gibt es sicherlich noch einiges.
    Vielleicht hat da noch jemand was dazu
    zu sagen.


    Gruß aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Liebe Taminoianer,
    ich gestehe, das ist ein Thema, mit dem ich mich bisher überhaupt noch nicht auseinandergesetzt habe, von dem ich bis vor kurzem nicht einmal wußte, daß es überhaupt existiert.
    Ich kann deshalb hier zunächst nur mit Fragen beitragen.
    Hauptfrage, die sich für mich stellt: Wie kommt man überhaupt dazu, von einer Sinfonie eine Transkription anzufertigen? Gut, diese Frage in den zeitlichen Kontext gestellt, kann ich mir vielleicht selbst beantworten. Es war eventuell die einzige Möglichkeit, eine Sinfonie zu \"transportieren\", um sie in Salons, in der Provinz,... Hörern zugänglich zu machen, die sie sonst nie hätten hören können.
    Was bringt aber Künstler wir Liszt dazu, eine Beethoven-Sinfonie zu transkribieren? Gab es einen anderen künstlerischen Anspruch als den, möglichst viel vom Original zu \"retten\"?
    Eine gewagte These, da ich noch nie eine Transkription gehört habe, aber für mich ist das wie die Übermittlung eines Rembrandts per Fotohandy.
    Oder liege ich da völlig falsch? Gibt es eine andere Funktion als die des Transportes von Musik?
    Welche pianistischen Anforderungen stellt(e) eine solche Transkription? Konnte es die Dame des Hauses ihren Gästen vorspielen? Oder bedarf es eines ausgebildeten Berufsmusiker?
    Wenn es wirklich nur das Mittel der Darstellung von Musik mit reduzierten Ressourcen ist, ist es dann noch zeitgemäß oder sollten wir Transkriptionen so vergessen, wie man einst MP3 vergessen wird?


    Ich hoffe, ich habe Euch zu einer Antwort gereizt.
    Gute Nacht wünscht
    Reinhard

    Einer acht´s - der andere betracht´s - der dritte verlacht´s - was macht´s ?
    (Spruch über der Eingangstür des Rathauses zu Wernigerode)

  • Hallo,


    Reinhard schrieb:


    [zitat] Hauptfrage, die sich für mich stellt: Wie kommt man überhaupt dazu, von einer Sinfonie eine Transkription anzufertigen? [/zitat]


    Teilweise hast Du die Frage schon selbst beantwortet, sie wurde dadurch besser verbreitet,
    aber das war sicher nicht der alleinige Grund.
    Um, wie Du sagst, "vom Werk was zu retten" genügten auch die von mehr oder weniger unbekannten "Arrangeuren" angefertigten Klavierauszüge.


    Nein, da steckt mehr dahinter, ein gewisser Wille, daß scheinbar Ungmögliche möglich zu machen. Liszt (und seine Konkurrenten) setzten bei ihren Parphrasen und Transkriptionen des gesamten Ehrgeiz daran de facto ein neues Kunstwerk zu schaffen. Man bedenke beispielweise die Schwierigkeiten bei Beethovens 5. oder gar 9.!!!
    Liszt war gerade davon besessen Werke für Klavier zu transkribieren und zu "verbessern"
    Einer seiner Zeitgenossen (mir ist entfallen wer es war, sagte sinngemäß: "Wenn ich ihn wenigstens dazu bringen könnte, meine Werke in Ruhe zu lassen !!")


    Kann man bei Beethoven-Sinfonien noch annehmen, sie wurden aus pragmatischen Gesichtspunkten transkribiert, so trifft das auf Schuberts Lieder gewiss nicht zu, dennoch fertigte List etliche Transkriptionen an. Aber Liszt ist wohl irgendwann einen eigenen Thread wert.......


    Reinhard schrieb:


    [zitat]Welche pianistischen Anforderungen stellt(e) eine solche Transkription? [/zitat]


    Generell sehr hohe.
    Hier würde ich auch den Unterschied zu Klavierauszug ansetzen. Die Transkription dient (IMO) vor allem dazu, die Virtuosität, aber auch die Emotion des Künstlers ins rechte Licht zu setzen. War doch der Ausführende, Dirigent und Orchester in einer Person. Manche Klangfarben des Orchesters wurden "nachempfunden", bei anderen, wo das nicht möglich war, wurden raffiniertere Lösungen gesucht und gefunden.


    Ungeachtet dessen waren solche Werke "Modeerscheinungen" die jedoch eigenartigerweise immer wieder für die Schallplatte eingespielt wurden.



    Ich hoffe es war nicht zu "erschöpfend" :D



    Gruß aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Alfred,


    danke für die ausführliche Antwort. "erschöpfend" war sie nicht, weder in dem Sinne, daß sie mich ermüdet hätte, noch in dem Sinne, daß meine Neugier nun komplett gestillt wäre. Da werde ich wohl morgen mal zu "opus 61" fahren - der Klassik-Laden in Leipzig mit der besten Auswahl, dafür aber auch leider nicht mit den kleinsten Preisen.


    Viele Grüße
    Reinhard

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    (Spruch über der Eingangstür des Rathauses zu Wernigerode)

  • hab gestern wieder mit einem Chorleiter/Dirigenten vierhändig Klavier
    gespielt - Haydn Symphonien...


    es macht Spaß, die Werke spielerisch kennenzulernen und sich die erste Meinung "vom Blatt her" zu bilden.
    der künstlerische Anspruch geht aber über die Leistung, eine schlüssige Spontaninterpretation zu schaffen, kaum hinaus...


    liebe Grüße,
    Wolfgang

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

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  • Sagitt meint:


    Glen Gould hat dieses Genre ja auch bedient und eine der spannungsgeladene fünfte Sinfonie vorgelegt. Irgendein Biograph berichtete über ihn, er donnere gelegentlich auch gerne, insbesondere wenn er Horovitz nachahme.
    Bei der fünften hat er Gelegenheit dazu und macht davon reichlich Gebrauch.


    Zweitens will ich noch auf Cyprien Katsaris hinweisen. Ein Pianist, zu dessen Repertoire jede Menge von Klavierbearbeitungen gehören und der inzwischen auf einen eigenen label davon viele veröffentlicht. Früher hatte er m.W. alle neun Sinfonien bei TelDec eingespielt. Im Gegensatz zu Gould ein genuiner Virtuose.


    Drittens erlebt man Herr Volodos als fulminanten Spieler eines solchen Repertoire ( gestern auf classica). Vielleicht wird er uns mit diesen Transkriptionen beglücken.

  • Salut,


    in meinem Eigentum befindet sich:


    SYMPHONIEN
    Symphonies á 4 mains • Symphonies for Piano duet


    von


    JOSEPH HAYDN


    für


    Pianoforte zu 4 Händen
    bearbeitet von


    Willy und Louis Thern.


    Band III


    Es handelt sich um einen alten Durck (ich vermute vorletzte Jahrhundertwende ca. 1900) aus der „Univeral Edition“ Aktiengesellschaft Wien • Leipzig. Es gibt davon (gab) vier Bände, in jedem sind jeweils sechs Sinfonien Joseph Haydns enthalten.


    Band I enthält unter anderem (soweit namentlich bezeichnet): Paukenwirbel, London, Paukenschlag


    Band II enthält u.a. Miliaire


    Band III enthält u.a. La Reine, Oxford, Maria Theresia


    Band IV enthält u.a. Die Jagd, Der Schulmeister, Abschieds-Sinfonie, L’Ours


    Die Parts in Band III sind recht gut gesetzt und es macht ordentlich Spaß und Schwitzen, diese Sinfonien vierhändig zu spielen.


    Cordialement,
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Neben den oben genannten darf man auch nicht
    Tschaikowsys 6te von Feinberg (dritter Satz) mit Volodos vergessen,
    bzw das Largo BWV 529 ebenfalls von Feinberg.
    Volodos spielt sie.

  • Aufnahmen von Symphonien in Fassungen für zwei Klaviere:


    Anton Bruckner


    Symphonie Nr. 3 arr. f.Klavier 4-händig
    (von Gustav Mahler)
    Evelinde Trenker & Sontraud Speidel, Klavier
    Erschienen bei MDG


    Gustav Mahler


    Symphonie Nr. 1 (arr. für Klavier vierhändig)
    (arr. von Bruno Walter)
    Prague Piano Duo
    Erschienen bei Praga


    Symphonien Nr. 6 & 7 für Klavier 4-händig
    (Nr. 6 arrangiert von Alexander von Zemlinsky;
    Nr. 7 arrangiert von Alfredo Casella)
    Evelinde Trenkner & Sivlia Zenker, Klavier
    2 CDs, erschienen bei MDG


    Symphonie Nr. 7 (Fassung für 2 Klaviere)
    Klavierduo Silvia Zenker & Evelinde Trenkner
    Erschienen bei MDG


    (Quelle: Die Homepage von jpc, dort auch Coverabbildungen)


    Ein freundlicher Gruß an das Tamino Klassikforum


    Alexander

    Freundlicher Gruß
    Alexander

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  • Hallo!


    Ich höre die Liszt-Transkriptionen der Beethoven-Symphonien sehr gerne. Seit kurzem besitze ich endlich eine Gesamtaufnahme, und zwar diese mit Katsaris:



    Die wird einem bei Zweitausendeins derzeit nachgeschmissen, ist bei JPC aber auch nur unwesentlich teurer.
    Wer die Beethoven-Symphonien sehr gerne mag, für den ist diese Sichtweise der Werke sicher auch mal interessant. Aber auch sonst kann ich diese Aufnahme nur empfehlen.


    Unerreicht bleibt aber die CD, mit der mein Interesse an den Transkriptionen begonnen hatte: Die Naxos-CD mit den Symphonien 2 und 5, gespielt von Scherbakow. Die hatte auch von einigen Klassikmagazinen Höchstwertungen bekommen.


    Noch ein "Schmankerl": Die CD mit Leslie Howards Einspielung der 7. enthält auch den Beginn des ersten Satzes in einer Eigentranskription für Klavier von Beethoven. Hört man Liszt im Vergleich, dann weiß man, was Liszt für ein genialer Transkribierer war (wenn ich ihn auch als Komponist längst nicht so schätze...).


    Eine Frage zum Schluß:
    Mir ist klar, daß in Zeiten ohne Schallplatten und CDs Klaviertranskriptionen die einzige Möglichkeit waren, zu Hause Symphonien zu hören - Klavierspielfähigkeiten vorausgesetzt. Ich kenne mich überhaupt nicht aus, aber die Liszt-Transkriptionen klingen so, als hätten sie außer ihm nur eine Handvoll weitere Zeitgenossen so spielen können... ob er das selbst gemerkt / gewollt hat?


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Ich besitze eine ganz alte Ausgabe (Anfang 20 Jh.) der Schöpfung von Haydn für Klavier. Leider kann ich es nicht nützen, ich halte es trotzdem sehr in Ehren. Wer weiss? Eines Tages ... Das Teil habe ich mal auf einem alten Speicher gefunden.

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

  • Salut,


    welchen Sinn oder Hintergrund die Klaviertransskriptionen hatten, wirst Du wohl bem Booklet entnehmen müssen - ich weiß es nicht. Aber das fällt mir ein:


    Wenn Liszt sich an's Piano setzte, so hörte es auf,
    die beliebte Czerny-, Herz-, Kalkbrenner'sche Spieldose zu sein.
    :D


    Ich weiß nicht mehr, von wem dieser Ausspruch stammt, aber er wird zetigenössisch gewesen sein.


    Liszt hatte bekanntermassen weit über 200 Klavierschüler, darunter sicherlich auch [später] ebenbürtige. Möglicher Weise hat er sie damit zu quälen versucht. Die letzte Liszt-Schülerin [Sohr hieß sie, glaube ich?] ist vor wenigen Jahren in Frankfurt gestorben... steinalt.


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zitat

    Original von Ulli
    Die letzte Liszt-Schülerin [Sohr hieß sie, glaube ich?] ist vor wenigen Jahren in Frankfurt gestorben... steinalt.


    Hallo Ulli,
    Liszt ist 1886 gestorben. Irgend etwas kann nicht stimmen. Vielleicht ist diese Schülerin schon vor 20 Jahren gestorben (dann müsste sie mindestens 105 Jahre alt geworden sein, um noch als kleines Kind von Liszt Unterricht erhalten zu haben).

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Salut,


    sie hieß Gisela Sott [nicht Sohr] und starb 2002. Ich habe nur eine Etappe ausgelassen...


    http://www.giselasott.de/


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

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  • Zitat

    Original von Pius
    Eine Frage zum Schluß:
    Mir ist klar, daß in Zeiten ohne Schallplatten und CDs Klaviertranskriptionen die einzige Möglichkeit waren, zu Hause Symphonien zu hören - Klavierspielfähigkeiten vorausgesetzt. Ich kenne mich überhaupt nicht aus, aber die Liszt-Transkriptionen klingen so, als hätten sie außer ihm nur eine Handvoll weitere Zeitgenossen so spielen können... ob er das selbst gemerkt / gewollt hat?


    Seine eigenen Transkriptionen waren nur für ihn selbst (oder vergleichbar virtuose Pianisten) spielbar. Otto-Normal-Musikfreund spielte derlei in vierhändigen Arrangements. Und dabei lernt man ein Stück gemeinhin sehr viel besser kennen als mit 30 CD-Einspielungen (ich kann es aber leider auch nicht).


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo,


    ob eine Transkription für Klavier lohnt, hängt auch vom Charakter des Werkes ab. Beethovens Sinfonien wiedergegeben auf dem Klavier - auch die guten Transkriptionen von Liszt - empfinde ich als Einschränkung, die Musik ist vom Orchester her gedacht, für Klavier wußte Beethoven anders und besser zu schreiben. Ähnliches gilt für Mahler oder Bruckner.


    Brahms-Sinfonien transkribiert für Klavier empfinde ich dagegen als sehr erhellend, die Darbietung auf diesem Instrument trägt mir zum tieferen Verständnis der Werke bei. Ich möchte sagen, sie wirken auf dem Klavier sogar sinnvoller, als in der Orchesterversion.
    Schumanns Prophezeihung "wenn sich sein Zauberstab erst über die Massen senkt" trifft bei Brahms gerade nicht.


    Gruß


    Andreas

    De gustibus non est disputandum (über Geschmäcker kann man nicht streiten)


  • Hallo Andreas,


    und ich dachte, ich wäre der einzige, der das so sieht. Volle Zustimmung!! :yes:


    Aber warum ist das bei gerade bei Brahms so?
    Meiner Ansicht nach liegt es daran, dass sehr viele seine Werke pianistisch und gleichzeitig symphonisch gedacht sind.
    Diese Erkenntnis schlummerte schon länger in mir, aber erst durch einen schlauen Text, den ich irgendwo gelesen habe, ist es mir schliesslich bewusst geworden.
    Deswegen liebe ich Brahms seine Musik wahrscheinlich auch so sehr.
    Als Pianist hat man immer das Gefühl, irgendwie der Dirigent eines sehr homogen und voll klingenden Orchesters zu sein.
    Gleichzeitig spielt man aber Musik, die für das Piano bestens geeignet ist und auch als reine Klaviermusik stehen kann.
    Wenn man dann noch seine gewaltigen Symphonien vierhändig spielen darf, dann hat man die Möglichkeit, seine Traumvorstellungen zur Interpretation einer Brahmssymphonie in klingende Realität umzusetzen, selbst wenn der Anruf des Orchestervorstands der Berliner Philharmonischen Orchesters aus unerfindlichen Gründen ausbleibt :D
    In letzter Zeit habe ich an einer vierhändigen Version seiner 1. Symphonie vom Blatt spielend herumprobiert.
    Dabei bevorzuge ich übrigens immer, die Stücke an zwei Pianos zu spielen, selbst wenn es sich "nur" um Sachen für 4-Hände handelt.
    An zwei Flügeln hast Du einfach mehr Freiheiten, sitzt angenehmer und hast Dein eigenes Pedal, was viele Dinge möglich macht, die an einem Flügel so nicht gingen.
    Die kompositorische Struktur will sich einem in den Klavierversionen der Symphonien tatsächlich noch deutlicher erschliessen, was wohl daran liegt, dass das Ohr durch unterschiedliche Klangfarben eines Orchesters leicht von kompositorischen Strukturen abgelenkt werden kann.
    Das inneren Ohn kann sich (bei Brahms) besser auf seine "fetten" Harmonien und seine anspruchsvollen polyrhythmischen Verwebungen konzentieren, wenn man es selbst zusammen mit einem Partner spielt.
    Bei Kantilenen denke ich dann z.B. an die Oboe oder die Celli aus den Orchesterversionen - so eine Abstraktion bekannter Werke macht natürlich Spass.
    Man hört diese Dinge viele plastischer und greifbar-offensichtlicher als in den natürlich unverzichtbaren und wohl auch insgesamt wichtigeren Brahm`schen Orchesterversionen.


    Ob es bei Beethoven auch funktioniert,zweifle ich noch an.
    Du hast geschrieben:

    Zitat

    Beethovens Sinfonien wiedergegeben auf dem Klavier - auch die guten Transkriptionen von Liszt - empfinde ich als Einschränkung, die Musik ist vom Orchester her gedacht, für Klavier wußte Beethoven anders und besser zu schreiben.


    Auch hierzu :yes: :yes: :yes: :yes: :yes:


    Beste Grüsse vom
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Hallo!


    Zitat

    Original von AH.
    Beethovens Sinfonien wiedergegeben auf dem Klavier - auch die guten Transkriptionen von Liszt - empfinde ich als Einschränkung, die Musik ist vom Orchester her gedacht, für Klavier wußte Beethoven anders und besser zu schreiben.


    Das sehe ich nicht so. Die Transkriptionen von Liszt finde ich großartig, und ich vermisse beim Hören der Klavierfassung meistens gar nichts.


    Ich kann wirklich jedem empfehlen, mal in die Naxos-CD mit Beethovens 2. und 5., gespielt von Scherbakow, reinzuhören. Ich finde es fantastisch gut.


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Zitat

    Original von Pius



    Das sehe ich nicht so. Die Transkriptionen von Liszt finde ich großartig, und ich vermisse beim Hören der Klavierfassung meistens gar nichts.


    Das sehe ich wie Pius:


    Natürlich können die Klaviertranskriptionen der Beethoven-Symphonien nicht ersetzen, aber mehr als ein bloßer Notbehelf sind sie schon. Ich höre bei der Klavierfassung oft viele Details, die in der "normalen Fassung" schlicht untergehen. Besonders gelungen finde ich die Transkription der 9. in der Interpretation von Cyprien Katsaris (wurde weiter oben schon erwähnt).


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

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  • Hallo Glockenton,


    Zitat

    Aber warum ist das bei gerade bei Brahms so?


    Ich denke, es liegt in der Kompositionsweise vom Brahms begründet. Vermutlich hat er am Klavier komponiert und auch von daher gedacht. Man sieht dies sehr schön an der Unsicherheit, die ihm bei vielen Werken über die Besetzung zu eigen war. Bei op. 34 wußte er z.B. nicht so genau, ob er da jetzt eine Sonate für zwei Klaviere (gefällt mir am besten), ein Streichsextett, ein Klavierquintett oder ein Orchesterwerk geschrieben hat, alle Varianten existieren.


    Bei Beethoven ist das so nicht vorstellbar, seine Kompositionstechnik geht auf die Möglichkeiten der jeweiligen Besetzungen ein und nutzt sie gezielt.
    Ich will die (Transkriptions-) Leistung von Liszt gar nicht herabwürdigen und höre selbst bisweilen gern die Aufnahmen von Katsaris (die Noten sind leider in Deutschland kaum mehr zu bekommen, klagte ein guter Freund, der sich gerade unter Mühen Liszt´s Transkriptionen der Sinfonien 7, 8 und 9 besorgt hatte).
    Es gibt ja auch vierhändige Transkriptionen von Bruckners Sinfonien (auch Mahlers, aber ich bin kein Mahlerfreak). Die lassen sich zwar mit Gewinn hören (oder spielen), jedoch merkt man sofort, daß da was nicht stimmt, daß die Partitur ins Orchester drängt.


    Am Wochenende hörte ich just das 1. Klavierkonzert von Brahms in der ursprünglichen Fassung für zwei Klaviere (dieses Werk war anscheinend zunächst nicht unbedingt als Klavierkonzert gedacht), da wirkt alles ganz organisch und natürlich - gefällt mir besser, als die Orchesterversion, die eben - orchestriert wirkt.
    Damit will ich den künstlerischen Wert der Stücke ausdrücklich nicht herabsetzen.


    Gruß


    Andreas

    De gustibus non est disputandum (über Geschmäcker kann man nicht streiten)

  • Hallo Andreas,


    mir sind noch nie derartige Noten untergekommen - ich besitze dafür eine 4händige Fassung einer Mahler symphonie - wer hat die Stücke bearbeitet, und in welchem Verlag gibts das?


    danke,


    Wolfgang

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)


  • Die genannte Version von Brahms ist meines Wissens für 4 Hände an einem Klavier; ich habe diese Fassung vor einiger Zeit in München vom Duo Tal/Groethuysen gehört: klingt wirklich großartig, man vermißt das Orchester kaum. Brahms hat 2klavierige Transkriptionen seiner 3. und 4. Sinfonie verfasst (und 4händige von allen 4 Sinfonien). Diese Noten habe ich in bereits gescannter Form und könnte sie Interessierten per e-mail schicken.


    Es gibt eine von Mahler stammende 4händige Fassung der 3. Bruckner Sinfonie. Die Noten müssten in irgendeiner Wiener Bibliothek liegen...
    Oder hat sie vielleicht jemand aus dem Forum???


    paolor

  • Zitat

    Original von AH.
    Hallo Glockenton,



    Ich denke, es liegt in der Kompositionsweise vom Brahms begründet. Vermutlich hat er am Klavier komponiert und auch von daher gedacht. Man sieht dies sehr schön an der Unsicherheit, die ihm bei vielen Werken über die Besetzung zu eigen war. Bei op. 34 wußte er z.B. nicht so genau, ob er da jetzt eine Sonate für zwei Klaviere (gefällt mir am besten), ein Streichsextett, ein Klavierquintett oder ein Orchesterwerk geschrieben hat, alle Varianten existieren.


    Hallo Andreas,


    genau so ist es, ich stimme Dir absolut zu.
    Danke für die schönen Ausführungen!


    @paolor
    An Deinen gescannten Brahms-Noten wäre ich sehr interessiert.
    Da Du als Neuling wahrscheinlich noch keine PN hast:


    kalzt2004-noten at yahoo.de


    (dies ist aus Sicherheitsgründen eine Wegwerfadresse, die ich jederzeit löschen kann)


    Wäre schon, wenn es klappen könnte.


    Gruss :hello:
    Bernd

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Die Fassungenfür zwei Klaviere waren damals im Wiener Richard-Wagner-Verein die "CD" oder der "mp3" der Musik, also der Amplifikator. Bruckner hat die V. nur auf zwei Klavieren gehört. Wir werden sie so heuer - quasi im historischen Klangkostüm - bei den Brucknertagen St. Florian ( http://www.brucknertage.at ) aufführen, so wie wir letztes Jahr die IX. gespielt haben. Einen Mitschnitt sende ich gerne zu.
    Klaus

    "Play, man, play!" (M. Davis)
    "We play energy!" (J. Coltrane)

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  • Die Noten hab ich, die erste gedruckte Veröffentlichung des 17-jährigen Mahler, wir haben sie bei den BrucknerTagen St. Florian 2005 gespielt- sehr schwer, da oft ungeschickt arrangiert. Es gibt auch eine CD vom Klavierduo Speidel/xxx bei Amazon.
    Die späteren Versionen für zwei Klaviere von Karl Grunsky klingen definitiv besser.
    Klaus

    "Play, man, play!" (M. Davis)
    "We play energy!" (J. Coltrane)

  • Auf zwei Klavieren gibts auch Mahler Sinfonien bei dei Darbringhaus&Grimm in der Zemlinsky Fassung (Evelinde Trenkner & Sivlia Zenker). Schostakowitsch hat seine eigenen Bearbeitungen auch selbst eingespielt, nämlich mit Feinberg, nicht zuzletzt gibts bei Bis vom Pianoduo Dag Achatz & Yukie Nagai Glasunow, Scriabin und Rachmaninov sowie Tchaikovsky.

    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

  • Hallo,


    vor einiger Zeit habe ich die mir geschenkt CD mit einer von Beethoven selbst angefertigte Transkription des Balletts "Die Geschöpfe des Prometheus" angehört. Es spielt Katsaris.
    Wie immer notierte ich mir meinen Höreindruck:
    gefällt mir nicht, unnötig harter Anschlag, kaum legato, ohne Ausdruck, wie von einem Klavierschüler gespielt, von Tanz keine Spur.


    Das hat mit die Lust, die Liszt-Transkriptionen der Symphonien zu kaufen, verleidet.


    Inzwischen habe ich die Interpretation von sämtlichen Symphonien von Scherbakov, habe sie alle gehört und bin mit seinem Spiel hochzufrieden.


    Allerdings muß ich dazu sagen, daß ich weniger auf den Pianisten als solchen gehört habe, sondern darauf, wie Liszt das gemacht hat.


    Die ersten Symphonien sind wunderbar gelungen, auch die Eroika.
    Die 4. Symphonie muß ihm nicht so gelegen haben, aber wieder die 5.
    Die 6. und die achte Symphonie sind gut, die 7., da hat der Pianist beim 4. Satz sehr virtuos zu spielen, das ist schon Tastenartistik. Für welche "Diletanten" das gedacht war, ist mir schleierhaft.
    Und besonders neugierig war ich natürlich auf das, was Liszt als unabdingbaren Sound des Chorfinales der 9. Symphonie ansah. Das stelle ich mir als eine fast nicht lösbare Aufgabe vor, aber Liszt hat das Beste aus seinem Auftrag gemacht, für seinen Verleger eine verkaufbare Klavierpartitur zu liefern.


    Manche Melodielinien kann man im Klavierauszug besser heraushören. Es gehört sicher ein inneres Klangbild dazu, um das umsetzen zu können. Vielleicht ist auch nur einer dazu fähig, der selbst ein begabter Komponist ist.
    Beethoven hat oftmals die Transkriptionen seiner Werke durch andere so geärgert, daß er sich hingesetzt und die Sache selber in die Hand genommen hat, wie Op. 14/1


    Lieben Gruß aus Bonn :hello:
    .

    Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu

  • Hallo Stabia,


    kennst Du auch die Einspielungen, die Glenn Gould gemacht hat?

    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

  • Nein, kenne ich nicht. Was hat er eingespielt, von wem?


    Danke für den Hinweis, ich werde mal suchen.


    Gruß aus Bonn :hello: :hello: :hello:

    Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu

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