Der lyrische Tenor Werner Güra wurde einem breiten Publikum vielleicht vor allem durch die hervorragende Aufnahme des „Cosi fan tutte“ unter René Jacobs bekannt, in der er den Ferrando sang. Unter demselben Dirigenten folgte die Titelpartie in Reinhard Keisers „Croesus“ sowie Tenorpartien in Bachs Weihnachtsoratorium und Haydns Jahreszeiten. Bei letzteren beiden war er auch bei den Neuaufnahmen unter Nikolaus Harnoncourt der Tenor der Wahl.
Nicht weniger interessant sind die Liedaufnahmen Güras, die von Mozart bis Wolf reichen. Mit der Winterreise, für die er sich sehr viel Zeit des Reifens gelassen hat, wurden kürzlich die Schubert-Zyklen komplettiert. Die Kritiker greifen zu hohen und höchsten Kategorien des Lobes für diese Aufnahme. Ein Desiderat bleibt der Zyklus „An die ferne Geliebte“.
Werner Güra wurde 1964 in München geboren. Sein Vater war Tubist an der Bayerischen Staatsoper. Güra besuchte nach der Grundschule zunächst ein naturwissenschaftliches Gymnasium, wechselte aber später an das Musikgymnasium der Regensburger Domspatzen, wo er unter die Hände von Domkapellmeister Georg Ratzinger geriet. Sein Gesangsstudium absolvierte er am Mozarteum in Salzburg und schloss weiteren Unterricht bei Kurt Widmer in Basel und Margreet Honig in Amsterdam an. Schauspielerisch ließ er sich von Ruth Berghaus und Theo Adam anleiten. Nach einigen Gastspielen bekam er an der Semperoper Dresden sein erstes festes Engagement als Ensemblemitglied und sang insbesondere Partien in Opern von Mozart und Rossini.
Die Liste der Dirigenten, mit denen er zusammenarbeitete, ist erlesen: Claudio Abbado, Daniel Barenboim, Adam Fischer, Wolfgang Gönnenwein, Philippe Herreweghe, Nikolaus Harnoncourt, René Jacobs, Ton Koopman u. a.
Jürgen Kesting leitete in „Die großen Sänger“ (Neuausgabe von 2008') seinen Artikel über Werner Güra wie folgt ein:
„Auch wenn die Frage, welcher unter den Tenor-Interpreten von Franz Schuberts DIE SCHÖNE MÜLLERIN die schönste Stimme besaß, nicht zu beantworten ist – bei der ersten Begegnung mit der Debüt-Platte von Werner Güra und beim zweiten Hören war ich hingerissen von der Schönheit der Stimme wie von der Expressivität des Singens, das den Liebesschmerz der Jugend auszudrücken vermag, nur mit den Mitteln des musikalischen Espressivo, ohne gesteigerte verbale Akzente.“