Auf den Leib geschrieben - Die Cellokonzerte des Luigi Boccherini

  • Dieser Thread ist – wie schon der Name sagt - den Cellokonzerten von Luigi Boccherini gewidmet. Zwar gibt es schon einen allgemeinen Thread über diesen Komponisten, der auch die Callokonzerte teilweise mit einschließt, aber meiner Meinung nach handelt es sich bei Boccherinis Cellokonzerten um die bedeutendsten ihrer Zeit – gleichberechtigt neben jenen von Joseph Haydn.
    Man könnte nun sagen, Haydns Konzerte hätten im Gegensatz zu jenen von Boccherini mehr Beachtung erfahren, aber auch das stimmt nur teilweise – oder eigentlich heute nicht mehr, denn auch die Cellokonzerte von Haydn sind lange Zeit so in der Versenkung verschwunden gewesen, dass bei einigen die Authentizität zweifelhaft ist, und eines von ihnen lange Zeit als verschollen galt.
    Ähnlich verhält es sich auch mit Boccherinis Cellokonzerten, wo es neben gesicherten Werken auch unsichere Zuschreibungen gibt.
    Lange Zeit war überhaupt nur EIN Konzert dieser Gattung von Boccherini bekannt (obwohl das Cello ja seine ureigenste Domäne war) – und das war eigentlich nicht wirklich von Boccherini selbst, sondern eher ein Potpourri aus einigen seiner Konzerte –zusammengestellt von Friedrich Grützmacher (1932-1903), welcher das
    Cellokonzert Nr.9 B-Dur G 482. bearbeitetet. Er machte den Solopart brillianter und fügte diverse Stellen aus anderen Werken Boccherinis hinzu, sodaß das eigentliche Werk Boccherinis eigentlich zerstört wurde


    Boccherinis Kammermusik und seine Cellokonzerte wurden immer wieder mit Haydn verglichen und an ihm gemessen – natürlich zu seinen Ungunsten, aber bei aller (oberflächlichen) Ähnlichkeit
    Wäre ich geneigt zu sagen, dass der südländische Charakter unüberhörbar ist, und dass Boccherini „süßlicher“ klingt als Haydn. „Süßlich“ ist ja für die meisten Musikfreunde heutzutage ein Negativbegriff – in einer Zeit, wo man voller Befriedigung vermerkt eine Aufnahme sei „rauh“ und „mit Ecken und Kanten“….
    Nehmen wir also den Begriff, „lieblich“ oder „schmeichelnd“ oder auch „weich“ Sie ist aber niemals belanglos, auch wenn sie – hierin teilt sie das Schicksal mit jener von Vivaldi – oft so eingestuft wird.
    Boccherini war in seiner Jugend vorzugsweise Virtuose auf dem Cello, manche meinen der bedeutendste seiner Zeit, und die Konzerte weisen teilweise beachtliche Schwierigkeiten auf, wae also auch zu Demonstration eigener technischer Überlegenheit bei der Beherrschung des Instruments gedacht....


    .


    Heute werden 11 bzw 12 Cellokonzerte Boccherini zugeschrieben, wobei die Nummerierung uneinheitlich ist – zumindest habe ich auf Plattencovern verschiedene Nummerierungen für ein und dasselbe Konzert gefunden, daher rate ich – im Verlaufe des Threads zusätzlich zu allfälligen Nummerierungen der Konzerte die Nummern des Werksverzeichnisses zu verwenden, es handelt sich umm jeweils eine Nummer, der ein G vorangestellt ist, nach dem Verfasser des Verzeichnisses Yves Gerard.


    Beginnen wir vielleicht bei G 479, das als Nummer 3 angeführt wird.
    Nach dem schwungvollen Beginn, der entfernt an eine Sturm-und-Drang- Sinfonie von Joseph Haydn erinnert, pendelt das Allegro zwischen temperamentvoll und lieblich, wobei letzteres vor allem auf die Solopassagen zutrifft.
    Der Kontrast zwischen dem temperamentvollen Orchester und dem in sich ruhenden Thema des Cellos verleiht dem Satz seinen besonderen Reiz, aber diesen Kunstkniff werden wir noch oft bei Boccherini finden.


    Der 2 Satz. Ein Adagio kann schon fast als „kitschig schön“ bezeichnet werden, man möchte vergehen bei soviel melancholischem Liebreiz.
    Allerdings ist das nicht bei jeder Aufnahme gleich ausgeprägt


    Besonders ausgeprägt fan ich diese Attribute bei der Einspilung von Brilliant- Classics, wo Enrico Bronzi Dirigent und Solist in Personlunion ist, wogeen die Naxos- Aufnahme ein wenig nüchterner zur Sache geht.


    Der Dritte Satz ist – fast wie bei Vivaldi – wieder feurig und schnell, wobei sich erneut Temperament und Melodienseligkeit sich die Waage halten…..


    Mit freundlichen Grüßen aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo!


    Wenn ich ich etwas klassisches hören will, dass sich vom Interpretatorischem her noch einer gewissen Unschuld erfreut, trotzdem aber nicht kleinmeisterlich ist, dann greife ich zu Boccherini und zwar meist zu der von Alfred schon genannten Brilliant-Box: Von der HIP beeinflusst hat man hier eine sehr schöne und gesangliche Einspielung der Cellokonzerte von Boccherini, die weder kitschig noch süßlich wirkt.


    Wer es etwas herber haben will, den verweise ich auf folgende Aufnahmen in HIP:




    Diese Aufnahmen enthalten neben Bach-Bearbeitungen von Ton Koopmann die Cello-Konzerte G 480, G 478, G 482 und G 476


    Eine weitere HIP-Aufnahme wäre dann noch diese:



    Leider decken diese Aufnahmen aber nur insgesamt 5 Konzerte ab, G 474 ist bei letztgenannter Aufnahme mit dabei, ansonnsten entstehen halt Dopplungen.


    Und dann gibtes noch eine Aufnahme, die wenigstens acht Konzerte enthält:



    Diese Aufnahme habe ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr gehört. Soweit ich mich erinnern kann hat sie keinen besonderen Eindruck bei mir hinterlassen, wobei das nichts bedeuten soll, denn die Zeiten ändern sich und wir uns mit ihnen.


    Den im Falle Boccherinis durchaus gerechtfertigten Purismus außer Acht lassend würde mich aber auch das Grützmacher-Potpourri von G 482 interessieren, handelt es sich bei dieser Fassung doch gleichsam um die Überlebensfassung von Boccherinis gesamtem konzertanten Schaffen.
    Gibt es da irgendeine Aufnahme davon?


    Viele Grüße
    John Doe

  • Wenn ich ich etwas klassisches hören will, dass sich vom Interpretatorischem her noch einer gewissen Unschuld erfreut, trotzdem aber nicht kleinmeisterlich ist, dann greife ich zu Boccherini …

    Sehr schön ausgedrückt! Zu Boccherini greife ich ebenfalls gerne, und zwar regelmäßig … zu der Aufnahme



    mit David Geringas
    und dem Orchestra da Camera di Padova e del Veneto
    unter der Leitung von Bruno Giuranna


    Der Verfasser des Booklets schreibt u.a.:


    Boccherini hat das Parodoxon zustande gebracht, im Urteil seiner Zeitgenossen als das Vorbild eines virtuosen Cellisten, eines originellen und modernen Meisters zu gelten und gleichzeitig einen Teil seines Werkes, nämlich die Kompositionen, in denen sein Lieblingsinstrument auftritt, mit Geheimnis zu umgeben … Alles macht den Anschein, als habe sich Boccherini im stillen ein Sondergebiet bewahrt, wo er Stoff schöpfte, um die Künstler und Musikliebhaber des 18. Jahrhunderts zu überraschen, zu faszinieren und zu bezaubern und so die Originalität und den Glanz seiner Karriere zu sichern …

    Einer der erhabensten Zwecke der Tonkunst ist die Ausbreitung der Religion und die Beförderung und Erbauung unsterblicher Seelen. (Carl Philipp Emanuel Bach)


  • Mein Favorit: Die raue, auf der Stuhlkante musizierte Aufnahme mit Ivan Monighetti und der Akademie für Alte Musik, Berlin (Nr.4-7)


    Und wenn es etwas behaglicher, aber nicht weniger spannend zugehen soll: das 9. Konzert mit Jacqueline du Pré ist auch nicht zu verachten. Ich habe sie in der all-inclusive-Wohlfühlbox, vor letztes Jahr in England für 20 Pfund erstanden, und bislang leider höchstens zu einem Drittel durchgehört:

    Herzliche Weihnachtsgrüße,
    Gustav Theodor

    "Nur in der Gesellschaft wird es interessant, Geschmack zu haben."
    Immanuel Kant

  • Zitat

    Den im Falle Boccherinis durchaus gerechtfertigten Purismus außer Acht lassend würde mich aber auch das Grützmacher-Potpourri von G 482 interessieren, handelt es sich bei dieser Fassung doch gleichsam um die Überlebensfassung von Boccherinis gesamtem konzertanten Schaffen.
    Gibt es da irgendeine Aufnahme davon?


    Aber JA doch !!!


    Man könnte zynisch anmerken, daß es ursprünglich fast ausschliesslich diese Fassung gab.
    Sie erhielt im Laufe der Jahrzehnte auch durchaus unterschiedliche Bewertungen. So schreibt beispielsweise Matthias Walz im entsprechenden Artikel des Harenberg Konzerführers: " Das Verdikt des großen Boccherini-Forschers Yves Gérard von 1969, daß jede Aufführung dieser Fassung zu verurteilen sei, ist nach wie vor aktuell" - Eine andere im Augenblick nicht verifizierbare Quelle , meinte indes daß das Cellokonzert Nr 9 (G 482) dank der grützmacherschen Bearbeitung (Er machte das Konzert im Soloteil brillianter und fügte Teile aus anderen Werken hinzu) "heute noch immer gern gehört wird"


    Auf dieser legendären Aufnahme von 2 Cellokonzerten von Joseph Haydn ist als drittes Werk die "berüchtigte" grützmachersche Fassung des Cellokonzerts Nr 9 von Boccherini enthalten....
    Solistin ist Jaqueline du Pré....
    Und ich gehe davon aus, daß es sich auch bei der weiter oben von Gustav Theador gezeigten Box um dieselbe Aufnahme handelt.....



    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Alfred Schmidt!


    Danke!


    Leider bedarf es ja zwischenzeitlich oder immer noch eines gewissen Glückes, solche Informationen dem Cover oder dem Boolklet einer CD entnehmen zu können.


    Auch wenn ich grundsätzlich die Auffassung Yves Gerard, jede Aufführung dieses Werkes zu verurteilen, nachvollziehen kann, teile ich sie aus musikhistorischen Gründen nicht: Mich auf jeden Fall interssieren solche Bearbeitungen sehr, geben sie doch ganz deutlich wesentliche Stationen der Überlieferungs- und Aufführungstradition von der Entstehungszeit eines Werkes bis in das Heute wieder.


    Viele Grüße
    John Doe

  • Beinahe noch edler beginnt das


    Cellokonzert in G-Dur Nr 3 G480


    Das Thema des ersten Satzes ist ein derartiger Ohrwurm, daß ich vor Lust vergehen möchte.
    In dieser Disziplin ist Boccherini meiner persönlichen Meinung nach sogar Haydn überlegen.
    Derartiges ist schwierig zu beschreiben, eine Mischung aus symmetrischer Form, einem Hauch süsslichkeit , dem eine unterschwellige Melancholie beigemischt ist. Boccherini kostet die Vorzüge seines Instruments genüsslich aus und bringt das Cello zum Singen, weinen und Schmeicheln. Der harzige Ton des Instruments kommt auf der mir zu Verfügung stehenden Aufnahme besonders gut zur Geltung.



    Wie Sphärenklänge - oder was man sich darunter vorstellen mag - klingt die Einleitung des zweiten Satzes,
    still und verhalten , dennoch voll Spannung, melancholisch, aber nicht depressiv, man kann und sollte (??) sich beim
    Hören fallen lassen und ganz der hypnotischen Wirkung dieses Adagio überlassen.


    Die Ruhe dauert indes nicht lange, das Allegro holt einen aus seinen Träumen. Vorerst beinahe streng (bei aller Schönheit) hellt sich das Thema auf, manchmal unterschwllig aufbrausend, dann wieder fast zum Stillstand kommend, teilweise ein wenig introvert.
    das Cello hat aufgehört zu singen - und "spricht" auf einmal. Während scheinbar ein leuchtendes Finale seinen Anfang nimmt, verklingt das Thema überraschenderweise........



    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Mehr zufällig als geplant entsteht dieser Beitrag. Nun Ja das ist eine Halbwahrheit.
    Vor einigen Wochen, als ich mich mit den Oben besprochenen Aufnahmen von Brilliant Classics auseinandersetze, bestellte ich als Alternative - und zur Ergänzung folgende CD:



    Eigentlich ist sie ja in erster Linie die Komplettierung der cpo Gesamtausgabe aller Boccherini-Sinfonien.
    Aber unter anderem dienten 2 Cellokonzerte als "Füller"


    Da die CD heute noch unausgepackt auf meinem Schreibtisch lag. war es natürlich reizvoll sie mit der Capriccio -Aufnahme zu vergleichen. Das Ergebnis teile ich Euch an dieser Stelle mit.
    Die cpo Aufnahme unterscheidet sich von der Brilliant-Einspielung wie Wasser vom Feuer.
    Kommen wir gleich auf den Punkt: Die cpo Aufnahme wirkt forscher und trockener, wenn man so will "sachlicher", während die Brilliant-Aufnahme "kitschig schön", süsslich und weinerlich zugleich klingt.
    Damit wir uns nicht falsch verstehen. Bei meiner Lieblingsstelle, den 2. Satz des Cellokonzertes G 479, ist wiedergabe auch unter Goritzky betörend schön, allerdings ist der süssliche Beiton der Brilliant Aufnahme nur in Ansätzen vorhanden....
    Die Einspielung des Stuttgarter Kammerorchesters ist stellenwise rhythmisch überzogen - oder wenn man wil rhyrthmis geprägt, wärend die Brilliant Einspielung sich dem Schönklang mit melancholischem Touch verschrieben hat.


    Welcher Aufnahme der Vorzug zu geben ist ? - ich weiß es nicht...



    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Das Thema des ersten Satzes ist ein derartiger Ohrwurm, daß ich vor Lust vergehen möchte.
    In dieser Disziplin ist Boccherini meiner persönlichen Meinung nach sogar Haydn überlegen.
    Derartiges ist schwierig zu beschreiben, eine Mischung aus symmetrischer Form, einem Hauch süsslichkeit , dem eine unterschwellige Melancholie beigemischt ist. Boccherini kostet die Vorzüge seines Instruments genüsslich aus und bringt das Cello zum Singen, weinen und Schmeicheln. Der harzige Ton des Instruments kommt auf der mir zu Verfügung stehenden Aufnahme besonders gut zur Geltung.


    Ich habe einige Jahre selber Cello gespielt. Als ich angefangen habe zu studieren, fehlte dann leider die Zeit dazu.
    Als ich diesen Absatz gestern Abend gelesen habe, habe ich mir sofort die CD bestellt. Jetzt warte ich sehr gespannt.


    Viele Grüße,


    Marnie

  • Gustav Theodor schrieb:


    Zitat

    Mein Favorit: Die raue, auf der Stuhlkante musizierte Aufnahme mit Ivan Monighetti und der Akademie für Alte Musik, Berlin (Nr.4-7)


    Ich habe diese Aufnahme schon damals besessen, bin aber erst heute dazu gekommen sie zu hören.
    Sie stellt quasi den Gegenpol der von mir favorisierten Aufnahme



    dar. Ich empfinde sie als drahtig straff und rhythmisch betont, wogegen ihr ein wenig der Schmelz der Brilliant-Aufnahme abgeht, welche - das gebe ich gerne zu - durchaus süsslich klingt, so daß man dabei vergehen möchte. An diesen beiden Versionen werden sich die Geister scheiden. Sie sind zugleich ein schönes Beispiel, um zu belegen, daß der Kauf von Alternativaufnahmen keine Marotte ist.....



    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Hallo,


    ich beziehe mich auf die Brillant-Box, die hier schon mehrmals gepostet wurde,


    Die Cello-Konzerte sind Frühwerke von Boccherini, er hat sie “für sich“ komponiert d. h. für die Konzerte, die er als berühmter Cello-Virtuose bestritt. Es überrascht mich deshalb nicht, dass die Konzerte in der Satzfolge kaum Neues und in der Orchestrierung wenig Abwechslung bieten, auch die Einfälle für die Themen sind nicht gerade berauschend, insgesamt höre ich sie als wenig inspirierend. Ich beschränke mich daher auf die Sätze einzelner Konzerte, die mich ansprechen und die im Niveau über vieler seiner anderen Cello-Konzertsätze liegen. Die Cellopassagen für den Solisten sind überragend (das hat er als Cello-Virtuose gebraucht).



    CD 1
    Konzert Nr. 3, G-Dur, G 480, 1. Satz – das Thema hat etwas heiter Mozartisches an sich, ohne die Meisterschaft von Mozart zu erreichen. (Das fällt mir allgemein besonders bei den meist identischen Wiederholungen innerhalb der Sätze auf, wo Mozart sehr viel mehr Abwechslung bietet.) Das Thema des 2. Satzes hört sich originell an.
    Konzert Nr. 9, B-Dur, G 482, 1. Satz – ich glaube, es ist eines der bekannteren Stücke, was vor allem an dem sehr prägnanten Thema liegt. Im langsamen 2. Satz erreicht mich die Ausdrucksstärke von Mozarts langsamen Sätzen nicht (das gilt hier für fast alle langsamen Sätze). Das Thema des 3. Satzes ist eine sehr gelungene Variation des Themas aus dem 1. Satz.


    CD 2
    Konzert Nr. 12, Es-Dur, 1. Satz – das flotte Tempo und das heitere Thema sind beherrschend: der typische Ton des Cellos kommt besonders gut heraus. Der 3. Satz erscheint mir ausnehmend virtuos.
    Konzert Nr.6, D-Dur, G 475, 3. Satz – das Rondo weicht von der hier oft anzutreffenden Satzfolge ab und ohne Cello ist der Rondo-Rhythmus gut zu hören.
    Konzert Nr. 10, D-Dur, G 483, 3. Satz – ein sehr lebhaftes Tempo, mit auch abwechslungsreicheren Orchesterfarben.


    CD 3
    Konzert Nr. 5, Es-Dur, G 474, 1. Satz – auch hier (wie oft) eine nicht sehr spannungsreiche Einleitung, dafür ist der Dialog zwischen Cello und Orchester hörenswert. 3. Satz - überraschend beginnt das Cello die Einleitung.
    Konzert Nr. 11, C-Dur, G 537, 1. Satz – die Einleitung mit fröhlichen Orchesterfarben, der kräftige Cellopart passt gut dazu.
    Konzert Nr. 7, C-Dur, G 476, 3. Satz – die 2 Flöten bringen neue Orchesterklangfarben, leider gibt es keinen Dialog zwischen Flöten und Cello (und wenn, dann hätte das in der Dynamik für den Cellisten (!) zurückgenommen werden müssen).
    Konzert Nr.4, G-Dur, G 481 - Im 1. Satz beleben die Hörner. 2. Satz - den Rhythmus in der Einleitung finde ich gut, der sich im Cellopart kaum fortsetzt, wohl aber im Orchesterpart. 3. Satz - der fröhliche Charakter der Einleitung setzt sich im Cello-Solopart fort.



    Vielleicht liegt mein leicht negativer Eindruck auch am interpretierenden Orchester (nicht am Cellisten). Die Aufnahmen der in Beitrag Nr. 10 an 1. Stelle vorgestellten CD, mit der „Akademie für Alte Musik“, sprechen mich deutlich mehr an - frischer, farbenreicher, mehr Dynamik incl. Tempo.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Der Beitrag von Zweiterbaß ist der selten erbrachte Beweis dafür, daß man auch über scheinbar "harmlose" Komponisen diskutieren kann. Wobei die einzelnen Beschreibungen dann wesentlich positiver klingen als die ersten Sätze zur Einführung.


    Hier zwei Zitate aus der Vergangenheit des Threads:

    Zitat

    Die Aufnahmen der in Beitrag Nr. 10 an 1. Stelle vorgestellten CD, mit der „Akademie für Alte Musik“, sprechen mich deutlich mehr an - frischer, farbenreicher, mehr Dynamik incl. Tempo.

    Zitat

    Mein Favorit: Die rauhe, auf der Stuhlkante musizierte Aufnahme mit Ivan Monighetti und der Akademie für Alte Musik, Berlin (Nr.4-7)


    Tempo und Dynamik, Rauhigkeit im Ton, das war es bestimmt nicht, was die zeitgenössischen Hörer von Boccherini hören wollten - derlei ist - aus meiner Sicht - am Ziel vorbei - auf höchstem Niveau - versteht sich.



    Die Hörer von damals wollten nicht "überrascht" oder "aufgerüttelt" - sondern gepflegt unterhalten werden.
    Hier ist die Brilliant Aufnahme - ich gehe davon aus, daß in der großen Box ebenfalls die Einspielung von Enrico Bronzi enthalten ist - näher am Ideal. Es klingt hier ein süsslicher, gelegentlicht leicht wehmütiger Unterton mit, das Tempo ist nicht überhitzt, ingesamt ein eher "geziert - höfischer " Ton, dennoch mit vollem Klang.
    Vielleicht noch einen Hauch perfekter klingt das auf der abgebildetn Haydn Cellokonzert-CD mit Du Pre, wo ein Boccherini-Konzert quasi (in der Bearbeitung von Grützmacher) als Zugabe mit dabei ist. Ich empfehle, kurz in Track Nr 7 hineinzuhören... Von rauh oder Stuhlkante ist hier nichts zu hören - lediglich betörender Schmelz.......


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Mein Favorit: Die raue, auf der Stuhlkante musizierte Aufnahme mit Ivan Monighetti und der Akademie für Alte Musik, Berlin (Nr.4-7)

    Die Aufnahmen der in Beitrag Nr. 10 an 1. Stelle vorgestellten CD, mit der „Akademie für Alte Musik“, sprechen mich deutlich mehr an - frischer, farbenreicher, mehr Dynamik incl. Tempo.

    Tempo und Dynamik, Rauhigkeit im Ton, das war es bestimmt nicht, was die zeitgenössischen Hörer von Boccherini hören wollten - derlei ist - aus meiner Sicht - am Ziel vorbei - auf höchstem Niveau - versteht sich.


    Die Hörer von damals wollten nicht "überrascht" oder "aufgerüttelt" - sondern gepflegt unterhalten werden.


    Hallo Alfred,


    ich bin eben ein "75-jähriges Kind von Heute" :hahahaha: mit anderen Hörerwartungen.


    In diesem Sinn
    viele Grüße
    zweiterbass :hello:

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Das ist vollkommen in Ordnung. Ich setze nur contra, um zu zeigen, daß es auch andere Bewertungen gibt.
    Irgendwie habe ich den Eindruck, daß viele Hörer ihre Ohren durch die Musik des 20 Jahrhunderts "verdorben" haben - und die Musik des 18. Jahrhunderts gar nicht mehr wirklich wahrnehmen können. Dazu gibt es ein Equivalent: Viele Leute wollen die Leute des 18. Jahrhunderts (und drum herum) mit den Maßstäben beurteilen, die man uns heute aufzuzwingen versucht. Das geht soweit, daß man sogar Operntexte der Zauberflöte abzuändern sich erdreistet. damit sie den Regeln der "political correctness" von heute entsprechen. Werte die immer wieder wiederholt werden müssen, weil sowieso niemand an sie glaubt.
    Alles was man mir heute als "historische informierte Interpretation" einreden will, erinnert mich in seiner ungeschminkten Hässlichkeit an vieles was heute komponiert wird. Es fehlt die Eleganz und Glanz ausstrahlende Politur, welche ja einer der Vorzüge der echten klassischen Musik ist....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo,


    neben der du Pre Aufnahme habe ich noch die Konzerte 3,7,10,11 in einer Box die insgesamt sehr empfehlenswert ist:



    In dieser Box erhält man für einen sehr günstigen Preis gut klingende Aufnahmen.


    Gruss


    Kalli