2011 - Das "alternative" Neujahrskonzert

  • Hi


    Seit kurzem ist auch der erste Fixpunkt im Jahr - das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker - schon wieder Geschichte.


    Generell hat es mir gut gefallen. Die Wiener waren in sehr guter Form. Ihr Spiel war geschmeidig, federnd, flott und außerordentlich präzise, ohne je zackig zu werden. Fast die Quadratur des Kreises.


    Ich befürchte jedoch, dass dieses Konzert aufgrund seiner (zu?) vielen unbekannten Stücken beim breiten Publikum nicht so gut ankommen wird, wie es von der Ausführung her verdienen würde. In diesem Punkt hat man vielleicht etwas zu viel des Guten getan. Und es wird sicherlich auch Meinungen geben, FWM hätte zu wenig Show geboten...


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Dafür waren aber im Film Thielemann u.a. mit den Philharmonikern zu sehen. Ich glaube nicht, dass Herbert von Karajan so etwas zugelassen hätte. Aber die Uhren in Wien stehen auch nicht still.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Am Anfang fand ich es etwas lahm (nicht unbedingt eine Frage des Tempos) und Welser-Möst wirkte nicht bloß gelassen, sondern beinahe unbeteiligt. Eigentlich ist ja zu begrüßen, dass ein paar weniger bekannte Stücke gegeben werden, allerdings war das im ersten Drittel oder so schon sehr gehäuft. (Und mindestens "Donauweibchen" hatte ich schonmal gehört, es war aber damals auch nicht hängengeblieben...)
    Woran auch immer es gelegen haben mag, fand ich es im zweiten Teil erheblich besser und mitreißender.
    (Sehr gut auch die Entscheidung, sich auf den Neujahrsgruß zu beschränken und nicht eine Friedenspreisrede zu schwingen.)
    Ein Stück eines Jubilars einzuschließen, was vermutlich als erstes Abbado im Mozart-Jahr 1991 gemacht hatte, fand ich eine gute Idee. (Kleiber hat einmal Nicolai und Harnoncourt C.M. von Weber dabei gehabt, ich weiß aber nicht mehr, ob wegen Jubiläum.)


    Die weitgehend wortlose Pseudo-Doku in der Pause ist dagegen etwas befremdlich (gab es sowas früher auch schon? ich habe das Konzert aus unterschiedlichen Gründen in den letzten Jahren eher selten gesehen.) Wer war denn der Pianist, der Beethovens 1. Konzert(?) vom Flügel aus dirigiert hat und was war das für ein eigentümliches Stück, das das Bläserquintett gespielt hat?
    Und Thielemann würde es nicht schaden, so etwa 10-20 kg zu verlieren... im Poloshirt fällt das eher auf als im Frack :pfeif:


    Hat jemand gestern spätnachmittags Dudamel und/oder Thielemann verfolgt?


    Prosit Neujahr!


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Wer war denn der Pianist, der Beethovens 1. Konzert(?) vom Flügel aus dirigiert hat...


    Rudolf Buchbinder


    (Den Pausenfilm empfand ich auch als einen von der schwächeren Sorte; er zeigte mehr schöne Impressionen als charakteristische und informative Bilder eines reisenden Orchesters.)


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • So "alternativ" fand ich die Musikauswahl der Wiener Philharmoniker nicht. Es sind doch jedes Jahrl ein paar unbekanntere Werke dabei. Also ich kannte alle und besitze sie auch auf Tonträgern, auch wenn nicht alle Stücke von heute morgen so populär sind wie der "Donauwalzer".
    Allerdings habe ich noch nicht alles live gesehen (Festplattenrecorder), da ich zwischendurch auf "arte" bzw nach Venedig umgeschaltet habe.


    Als Stimmen- bzw Opernfan liegt mit das Neujahrskonzert aus dem Teatro Fenice in Venedig natürlich näher. Auch dort diesmal ein junger Dirigent - der 35jährige Engländer Daniel Harding, der gefeierte Wunderknabe! Und seine Sänger konnten sich hören lassen - allen voran natürlich der Chor des Fenice sowie die sizilianische Sopranistin Desiree Rancatore. Dann war da noch der junge Tenor Antonio Poli sowie der Bassbariton Luca Pisaroni, ein vorzüglicher Mozart-Sänger. Und auch die Tänzer und das Orchester konnten glänzen - schade, dass immer nur der 2. Teil live übertragen wird!


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

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  • "alternativ" geht in Wien sehr schnell.... es reicht schon, ein wenig anders zu sein.
    Es sind fast jedes Jahr ein paar kleinere Stücke als Premieren dabei. Der Mephistowalzer ist natürlich nicht unbekannt, war aber ebenfalls eine Premiere. Der Zigeunertanz von Hellmesberger vermutlich auch. Die Häufung mehrerer eher oder sehr selten gespielter Stücke war diesmal schon auffällig, zumal es eben nicht nur eine einzelne kurze Polka war, die man nicht kannte.


    Dass es aus Venedig auch ein Konzert gab, habe ich gar nicht mitbekommen, ebensowenig Chaillys 9. gestern abend. Die hätte mich auch mehr interessiert als Dudamel, was ich größtenteils angeschaut habe, zumal Elina Garanca durchaus anschauenswert ist... (das Konzert aus Dresden war noch weniger was für mich)


    viele Grüße


    JR

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    (Bob Dylan)

  • Als Stimmen- bzw Opernfan liegt mit das Neujahrskonzert aus dem Teatro Fenice in Venedig natürlich näher. Auch dort diesmal ein junger Dirigent - der 35jährige Engländer Daniel Harding, der gefeierte Wunderknabe! Und seine Sänger konnten sich hören lassen - allen voran natürlich der Chor des Fenice sowie die sizilianische Sopranistin Desiree Rancatore. Dann war da noch der junge Tenor Antonio Poli sowie der Bassbariton Luca Pisaroni, ein vorzüglicher Mozart-Sänger. Und auch die Tänzer und das Orchester konnten glänzen - schade, dass immer nur der 2. Teil live übertragen wird!


    Das geht mir auch so. Das Neujahrskonzert aus Wien habe ich nach der Hälfte weggeschaltet und mit anschließend ebenfalls das Neujahrskonzert aus dem La Fenice angesehen. Desiree Rancatore und Luca Pisaroni haben mir beide sehr gut gefallen, ebenso der junge Dirigent Daniel Harding. Letzteren konnte ich bereits live im Konzerthaus Dortmund beim konzertanten Othello bewundern. Mit Antonio Poli kann ich leider nicht viel anfangen. Das liegt vielleicht am "Timbre" der Stimme (das Thema hatten wir ja an anderer Stelle schon einmal). Ich würde es auch sehr begrüßen, wenn das Konzert einmal vollständig übertragen würde.

    Viele Grüße,


    Marnie

  • So "alternativ" fand ich die Musikauswahl der Wiener Philharmoniker nicht. Es sind doch jedes Jahrl ein paar unbekanntere Werke dabei. Also ich kannte alle und besitze sie auch auf Tonträgern, auch wenn nicht alle Stücke von heute morgen so populär sind wie der "Donauwalzer". ...


    In diesem Fall darfst du nicht von dir auf andere schließen. ;)


    Dem Großteil der Zuhörer wird der ganze erste Teil unbekannt gewesen sein. Auch im zweiten Teil gab es einige Neujahrskonzertpremieren, und überspitzt ausgedrückt gab es neben den Zugaben nur den Csardas aus Ritter Pasman sowie den Liszt als einigermaßen bekannte Stücke (wobei der Mephisto-Walzer in diesem Rahmen auch neu war). Das kann man nicht mit früheren Konzerten vergleichen, wo gängiges Programm mit zwei oder drei ausgefalleneren Stücken kombiniert wurde.


    Ich beklage mich aber nicht, denke aber, dass es für viele vielleicht doch zu "alternativ" war.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Am Anfang fand ich es etwas lahm (nicht unbedingt eine Frage des Tempos) und Welser-Möst wirkte nicht bloß gelassen, sondern beinahe unbeteiligt.


    Das diesjährige Neujahrskonzert habe ich nicht ganz gesehen, weil mich die "Wiener Walzer-Musik" bekanntlich nicht so anspricht. :thumbup: Dafür bot man zum Liszt-Jahr 2011 dann aber den Lisztschen Mephiphowalzer Nr.1 , den ich schätze und genau diese musikalische Richtung würde ich für das Neujahrskonzert allgemein begrüssen. Leider nur ein positiver Einzelfall - wie immer beim Wiener Neujahrskonzert !


    :| Insgesamt fand ich als Antwort auf Johannes Zitat Franz Welser-Möst nicht unbeteiligt, sondern irgendwie insgesamt zu emotionslos, zu brav stand er da und vermochte den Hörer nicht zu packen, sodass mehr als ein "ganz nett" nicht drin war.



    :thumbsup: Welch ein Unterschied dagegen gestern Abend das Silvesterkonzert der Berlinder PH mit Dudamel, der wieder in Bestform war. Da stimmte Stimmung, Emotion, Power, Interpretation und das musikalische Programm. Sogar die beste aktuelle Interpretin für Carmen - Elina Garanca bot eine erstklassige Vorstellung.
    Das sind Konzerte, die auch gerne von mir auf FP/DVD archiviert werden !


    Ich habe auch mal ein Auge auf Thielemann im ZDF-Silvesterkonzert geworfen - nicht so mein Fall ... auch das Silvesterkonzert aus Madrid auf ARTE war zu sehr auf Opernausschnitte ausgerichtet. In den letzten Jahren wurde intertessanteres aus Südamerika mit dem entsprechenden Programm übertragen, u.a mit Dudamel !
    :D Man kann nicht alles haben !


    Das Neujahrkonzert aus Venedig auf Arte mit Harding heute, ist musikalisch, im Gegensatz zu Harald, auch nicht meine Richtung gewesen. Das geht mir zu sehr in Richtung Verdi (Für den Interessenten: wird um 19:15Uhr wiederholt !).

    Gruß aus Bonn, Wolfgang


  • :thumbsup: Welch ein Unterschied dagegen gestern Abend das Silvesterkonzert der Berlinder PH mit Dudamel, der wieder in Bestform war. Da stimmte Stimmung, Emotion, Power, Interpretation und das musikalische Programm. Sogar die beste aktuelle Interpretin für Carmen - Elina Garanca bot eine erstklassige Vorstellung.


    Ich habe erst mitten in dem Lied aus Berlioz' Faust (L'amour ardente flamme oder so) zugeschaltet, was kam denn vorher schon?
    Mir kam diese Berlioz-Arie und auch die Habanera ein wenig langsam vor, beim Berlioz tat einem der Mann am Englisch-Horn beinahe leid. Albrecht Mayer hat soweit ich sehe, die normale Oboe gespielt, den Englischhornisten kannte ich nicht.
    Insgesamt schienen mir recht viele junge Musiker im Orchester.
    Aber ingesamt schon hörens/ansehenswert. Etwas leichteres Programm mit einem vagen Oberthema wie "Spanien" finde ich ganz passend für ein Silvesterkonzert. Leider kam Rimskys Capriccio Espagnole nicht vor. Da hätte ich die Solisten der Berliner gerne mal in Aktion gesehen... :D


    JR

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    (Bob Dylan)

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  • Zitat

    Zitat von Johannes:


    Wer war denn der Pianist, der Beethovens 1. Konzert vom Flügel aus dirigiert hat?

    Lieber Johannes,


    das war Rudolf Buchbinder. Er führt übrigens diese Frühjahr in Wien alle fünf Klavierkonzerte Beethovens vom Flügel aus auf.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Hi


    Am Abend des Neujahrstages gab es in der bummvollen Grazer Oper das jetzt auch schon traditionelle Neujahrskonzert. Im Unterschied zum Wiener Pendant gab es kein Donauwasser sondern Wodkaströme. Ich musste dabei an Teleton denken, dem dieses Programm wohl mehr zugesagt hätte. ;)



    Michail Glinka
    Ouvertüre zu »Ruslan und Ludmilla«


    Reinhold Glière
    Konzert für Koloratursopran und Orchester, f-Moll, op. 82


    Modest Mussorgski
    »Tanz der persischen Sklavinnen« aus »Chowanschtschina«


    Aram Chatschaturjan
    »Spartacus«-Suite N° 2


    Dmitri Schostakowitsch
    Konzert für Klavier, Trompete und Streichorchester, c-Moll, op. 35


    Modest Mussorgski
    Krönungsszene aus »Boris Godunow«


    Alexander Alabieff
    »Die Nachtigall«


    Alexander Borodin
    »Polowetzer Tänze« aus »Fürst Igor«


    Peter Iljitsch Tschaikowski
    3. Satz aus der Symphonie N° 6, h-Moll, op. 74 (»Pathétique«; molto vivace)



    Mit dem Glière und vielleicht noch mehr mit dem Alabieff hätte man wohl die Teilnehmer eines Musikrätsels zur Verzweiflung bringen können. Sehr beeindruckend die Leistung von Susanna Andersson, die diese Werke überzeugend und auch noch auswendig meisterte (und deren blendendes Aussehen mit ihrer gesanglichen Kunst durchaus mithielt).


    Clemens Berg und Hans-Jörg Pirkwieser brillierten beim Schostakowitsch-Konzert, die Philharmoniker liefen im Laufe des Abends unter Tecwyn Evans zu großer Form auf und es herrschte beste Stimmung im Haus.


    Als Zugaben gab es Schostakowitsch's Tea for Two, die Polonaise aus Boris Godunow und den Marsch aus Die Liebe zu den drei Orangen.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Den Glière hätte ich sogar gleich erkannt - aus dem ganz banalen Grund, dass es wohl kaum ein bekanntes konkurrierendes Vokalisenkonzert gibt; außerdem ist die Melodik sehr eingängig. - Wahrscheinlich nicht erkannt hätte ich aber den Mussorgsky-Tanz - da fehlt es leider zu sehr an der Opernliteraturkenntnis bei mir!


    Auf jeden Fall ein sehr pfiffiges Potpourri, dieses Konzert!


    Ein gutes Neues Jahr wünscht


    Wolfgang


    PS: Was ist "bummvoll"? ;) :P

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Leider war ich gestern unterwegs und konnte mir so die neujahrskonzerte nicht ansehen. weiß jemand, wann welches wiederholt wird? Gerade venice würde mich interessieren. Die Wiener treten heute abend noch mal bei 3Sat auf.

  • Alternativ war auch das Neujahrskonzert in Düsseldorf in der Tonhalle mit Sharon Kam (Kl.), Gregor Bühl, dem Chor des Städt.Musikvereins und den Düsseldorfer Symphonikern - siehe meinen Beitrag in "Gestern im Konzert" (ich will mich hier nicht wiederholen).


    Aber eine Bandbreite von Tschaikowski und Brahms über Ravel zu Bernstein und Artie Shaw finde ich wirklich alternativ!

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  • Wie ist das denn zu verstehen. Ich war froh, dass es soviel Neues gab. Es kann doch nicht Sinn des Neujahrskonzertes sein, jedesmal die gleichen Stücke zu spielen, damit jemand vegleichen kann, ob "An der schönen blauen Donau" mit dem Dirigenten A oder Z besser interpretiert wurde. Ich habe mich gefreut, wieder den von mir sehr geschätzten Konzertmeister am 1. Pult der Violinen zu sehen. Außerdem waren einige Mädels dabei, das hat mich auch riesig gefreut.
    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • ... Am Abend des Neujahrstages gab es in der bummvollen Grazer Oper das


    jetzt auch schon traditionelle Neujahrskonzert. Im Unterschied zum


    Wiener Pendant gab es kein Donauwasser sondern Wodkaströme. Ich musste


    dabei an Teleton denken, dem dieses Programm wohl mehr zugesagt hätte. ;)
    ...


    Mir auch - Trefferquote 80% - Gutes Neues Jahr!

    :):):)

  • Wir hatten hier im Dortmunder Konzerthaus - wenig alternativ - aber mir zur großen Freude - die Neunte von Beethoven mit den Musiciciens du Louvre unter Marc Minkowksi und dem Vokalensemble des Kölner Doms.
    Auch wenn das Orchester nicht immer sauber und manchmal zu hastig spielte und die Stimme des Tenors (Endrik Wottrich) zu wenig Strahlkraft und präzise Aussprache besaß, war es ein großes Erlebnis, wobei das begeisterungsfreudige Dortmunder Publikum eine fast vollständige Wiederholung des Gesangsteils erklatschte.
    Ich hörte die 9. das letzte Mal als Jugendliche in der Beethovenhalle in Bonn und war wieder sehr beeindruckt und ergriffen von diesem monumentalen Werk.
    Zwar nicht alternativ, aber für mich einer der würdigsten Einstiege ins neue Jahr.


    tukan

  • So habe jetzt die neujahrskonzerte aus Wien und Venedig verfolgt und bin ganz zufrieden: Venedig hat mir vor allem wegen dem Orchester samt Dirigat, sowie Luca Pisaroni gefallen. Das war schon ein schöner Genuss.
    Eben ging auf 3Sat die Wiederholung des Neujahrkonzertes zu Ende. Welser Möst hat das sehr ordentlich mit dosierter Gestik sehr schön dirigiert. Irgendwie hatte er was von einem charmanten zerstreuten Musik-Professor. Klasse war auch das junge Ballet bei der "blauen Donau". Gerade mal 15 Lenze alt und schon so eine Körperbeherrschung, so eine Ausstrahlung - Respekt!

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  • Hi


    Ich habe heute am Abend mir noch einmal auf 3sat den Großteil des Wiener Neujahrskonzerts angeschaut und habe meine Ersteindrücke bestätigt gefunden. Sehr gutes Spiel der Philharmoniker, sehr gute Kommunikation mit FWM und eine Interpretationslinie, mit der ich gut leben kann.


    Was FWM nicht bietet ist die große Geste und das optische Drama beim Dirigieren. Er pflegt eher einen dezenten Auftritt am Pult. Auch gibt es im Spiel keine Übertreibungen, keine negativen aber auch nicht jene, die manche gerade beim Neujahrskonzert gelegentlich hören mögen. Also keine sehr starken Rubati, keine großen Temposchwankungen, keine übertriebene Dynamik.


    Aber dabei gab es von allem sehr viel! Es wurde kein Tempo stur gehalten, sondern mit jeder Wendung fein variiert, es wurde permanent mit Rubati gearbeitet, aber auf recht feine Weise. Es wurde laut und leise gespielt, aber nie plakativ, nie auf dem Präsentierteller. Und es wurde schnell und langsam gespielt, aber alles sehr organisch, nie mit abrupten Übergängen.


    Gerade die Tempodramaturgie von FWM fand ich außerordentlich gut. Die Amazonenpolka z.B. war in dieser Hinsicht ein kleines Wunder. Hin und wieder wurde auch ein geradezu atemberaubendes Tempo angeschlagen. Der Cachoucha-Galopp war so ziemlich an der Grenze dessen, was ein Kollektiv von fast 100 Musikern kontrolliert an Tempo abliefern kann, und es wirkte dennoch ganz locker, fast entspannt! Ganz phantastisch, hier zeigt sich für mich außerordentliches Können!


    In letzter Zeit wurde hier mehrmals positiv erwähnt, wenn ein Orchester bei einer Einspielung hörbar an seine Grenze geht. Für mich ein seltsamer Gedanke. Wenn man das hört, ist es bereits schlecht! Einem Werk gerecht werden, ohne die technischen Probleme dahinter überhaupt anmerken zu lassen, das ist die große Kunst. Es mag gelegentlich in einer Live-Vorstellung das Überschreiten dieser Grenze vertretbar oder sogar gerechtfertigt sein, aber dies zum Prinzip zu machen finde ich völlig verkehrt.


    Und wenn JR meint, der zweite Teil sei merklich besser gewesen, so hat er natürlich Recht. Und zwar prinzipiell. Denn ein Kollektiv wird im Laufe eines Konzerts immer besser werden. Aber das war natürlich kontinuierlich und wenn man eine Zäsur zu hören meinte, dann wohl eher deswegen, weil die Stücke nach der Pause auch spektakulärer wurden.


    Für mich war dies ein erfreuliches Konzert auf hohem Niveau mit interessanter Werkauswahl. Die Einreihung in den Charts der Neujahrskonzerte überlasse ich den Listentheoretikern...


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Ich habe nur die heutige Aufzeichnung hören können und möchte Theophilus in jeder Hinsicht zustimmen. Es hat mich gefreut, etliche bei diesem Neujahrskonzert erstmals vorgestellte Petitessen kennenzulernen (oder für mich neue - meine Lieblingsmusik sind die Sträuße, Lanner oder Hellmesberger sicher nicht), wobei in der zweiten Hälfte auch schlichtweg die interessantere Literatur gespielt wurde. Der Cachucha-Galopp beispielsweise oder auch der Walzer "Mein Lebenslauf" von Joseph S. (den ich sicher schon mal gehört hatte) haben mich als Kompositionen und als aktuelle Aufführung gleichermaßen angesprochen. - Und um ein anderes Beispiel anzuführen: Die meiner Erinnerung zufolge erstmals aufgeführte "Debut-Quadrille" erscheint mir als Komposition weitaus weniger relevant.


    Welser-Möst hat mir allein schon durch seinen Verzicht auf salbungsvolle Worte beim Neujahrsgruß gut gefallen. Auch hatte ich den Eindruck einer dezent überspielten inneren Distanz bezüglich des Mitklatschens beim Radetzky-Marsch. Als falsch erachte ich das nicht.


    Besten Gruß! Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Noch etwas, wovon ich glaube, schon gehört zu haben, und was mich sehr interessieren würde: Es wurde ja eine Walzerfolge von Lanner gespielt. Kann es sein, dass das Thema des ersten Walzers von Strawinsky in seiner "Petruschka" zitiert wird?


    Schöne Zeit! Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Zitat

    Zitat von Theophilus:


    Dem Großteil der Zuhörer wird der ganz erste Teil unbekannt gewesen sein...

    Ich war von Stück zu Stück erstaunter, dass dieser Franz Welser Möst es wagte, gegen die mehr als fünfzigjährige Tradition der Wiener Neujahrskonzertübertragungen so viele unbekannte Stücke auf das Programm zu setzen und die Wiener Philharmoniker dazu brachte, unter Beweis zu stellen, dass sich der Probenmehraufwand wirklich gelohnt hatte. Das war herzerfrischende Wiener Musik vom Allerfeinsten. Es muss nun wirklich nicht jedes Jahr Die Polka "Unter Donner und Blitz", op. 324, "Auf der Jagd" op. 373 oder die "Tritsch-Tratsch-Polka" op. 214 sein. Diese an sich sehr schönen Stücke habe ich in über fünfzig Jahren nun wirklich oft genug gehört.


    Für diese mutige Programmgestaltung gebührt Franz Welser-Möst großes Lob, für sein Dirigat ohnehin. Ich kenne Dirigenten, die zuweilen mit noch weniger Handbewegungen viel aus dem Orchester herausgeholt haben, denken wir nur an Richard Strauss oder auch Carlos Kleiber, der auch diese elegante, fließernde Stabführung liebte.


    Liebe Grüße


    Willi :rolleyes:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

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  • Hallo, liebe Freunde!


    Die Programmauswahl fand ich persönlich geschmackvoll und interessant, es müssen nicht immer die selben zwanzig Titel sein.


    Sehr anregend auch das Spiel, was ich aber von den Wienern ohnehin gewohnt bin.


    Auch der Pausenfilm spricht mich - als einzigen in diesem Forum wohl - sehr an, endlich mal ein schönes Zwischenspiel (falls sich wer noch an den miserablen Film anlässlich der Fußballmeisterschaft erinnert) .


    Als Oberösterreicher müsste ich jetzt zu Franz Welser - Möst halten, dies fällt mir aber schwer. Grundsätzlich bin ich sowieso ein Anhäner von Boskovsky, ein bisschen auch noch Krauss, alles was ich in den letzten Jahren gesehen habe, war teilweise sehr gut, kommt für mich aber nicht an diese epochalen Neujahrskonzert - Dirigenten heran. Welser - Möst schätze ich als Dirigenten der Staatsoper und generell im Konzert eigentlich schon. Beim diesjährigen Neujahrskonzert war er mir allerdings viel zu unbeteiligt. Das soll kein Freibrief für ausufernde Gesten sein, aber im ersten Teil nur dazustehen und den kleinen Finger zu bewegen, ist mir einfach zu wenig (und ich bin da eigentlich sehr tolerant).


    Mein persönlicher Neujahrskonzertfavorit ist sowieso alljährlich das Mariinsky - Theater aus St. Petersburg mit Valery Gergiev.



    Würde mich über eure Reaktionen auf meine Meinungen freuen, :) .


    Einstweilen nur das Beste für euch alle im neuen Jahr von mir,


    Florian


    :jubel:

    Gustav Mahler: "Das Wichtigste in der Musik steht nicht in den Noten."

  • Hallo Florian,


    was den Pausenfilm betrifft, da muss ich dir Recht geben, den fand ich auch sehr informativ. Er zeigte neben anderen Melodien als den im Neujahrskonzert gehörten auch die private Seite der Musiker, die sich auch über fremde Umgebungen freuen können, wenn sie denn so gemächlich angesteuert werden wie auf einem Kreuzfahrtschiff, und er zeigte ganz allgemein schöne Bilder.


    Was das Konzert betrifft, auch ich war ein großer Anhänger von Willy Boskowsky, nicht allein wegen der (Vor)namensgleichheit, aber er ist nun mal nicht mehr da, und im Gefolge haben eine ganze Reihe von Dirigenten sich nicht allzu viele Gedanken über das Programm des Neujahrskonzertes gemacht. Es wäre mal ganz interessant festzustellen, wieviele Prozente Programmübereinstimmung es von Jahr zu Jahr gegeben hat.


    Wie gesagt, mich haben diese teilweise minimalen Gesten Welser-Mösts nicht gestört, im Gegenteil, ich war fasziniert, wie genau er damit die Musik choreographierte. Es wir ja ohnehin manchmal darüber gelästert, dass die Leute da oben auf dem Dirigentenpult machen können, was sie wollen, die Musiker schauen ohnehin nicht hin und spielen ihren Stiefel runter.
    Ich denke aber, dass die Wiener mit Welser Möst schon das eine oder andere Konzert gemacht haben und seine Art kennen. Ich finde, das konnte man hier auch sehen. Für mich war seine Art sehr angenehm und seine Leistung weit über dem Durchschnitt.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Ich denke aber, dass die Wiener mit Welser Möst schon das eine oder andere Konzert gemacht haben und seine Art kennen.


    Äh, ja, das könnte man so sagen. Er ist nämlich GMD der Wiener Staatsoper...


    :hello:

    Ciao


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  • Ich weiß, lieber Theophilus, und er ist ja auch nicht, wie es im Süden so schön heißt, "auf der Brennsuppen dahergeschwommen".
    Ich kenne ihn, seit ich vor vielen Jahren diese ausgezeichnete Aufnahme in meine Sammlung bekam:



    Liebe Grüße


    Willi :D

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • ..., und im Gefolge haben eine ganze Reihe von Dirigenten sich nicht allzu viele Gedanken über das Programm des Neujahrskonzertes gemacht.


    Das ist ganz sicher nicht richtig. In Berichten vor dem Konzert kommt immer wieder zur Sprache, dass die Festlegung des Programmes einen wichtigen Punkt in der Vorbereitung darstellt. Es werden Wünsche des Dirigenten und des Orchesters berücksichtigt, sowie aktuelle Gegebenheiten beachtet (z.B. heuer das Liszt-Jahr).


    Dass man sich hier ganz sicher seine Gedanken macht, zeigt ja auch die immense Wichtigkeit des medialen Produkts "Neujahrskonzert". Die nachträgliche Vermarktung in Form von drei Arten Tonträger stellt eine der Haupteinnahmequellen der Philharmoniker dar (eine Quelle spricht von bis zu 25% der Jahreseinnahmen; das schwankt aber vermutlich relativ stark von Jahr zu Jahr). Da wird mit Sicherheit nichts dem Zufall überlassen.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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