SUPPÉ, Franz von - Zehn Mädchen und kein Mann

  • SUPPÉ, Franz
    Zehn Mädchen und kein Mann


    Operette in einem Akt, UA: Wien 1862, Text: Franz von Suppé



    Personen:
    Herr von Schönhahn, Gutsbesitzer – Bariton
    Seine Töchter - Soprane
    Danubia, die Österreicherin,
    Hidalga, die Kastilianerin
    Britta, die Engländerin,
    Maschinka, die Bayerin,
    Pommaria, die Portugiesin
    Almina, die Tirolerin
    Limonia, die Italienerin
    Giletta, die Mexikanerin
    Marianka, die Böhmin
    Preziosa, die Arragoneserin
    Sidonia, Wirtschafterin bei Herrn von Schönhahn – Sopran
    Agamemnon Paris, ein Tierarzt – Tenor
    Bediente, Passanten, Gäste


    Die kuriose Handlung spielt um die Mitte des vorigen Jahrhunderts bei einem Herrn von Schönhahn. Die Wirtschafterin Sidonia putzt die vielen Schuhe Schönhahns und seiner zehn Töchter und zieht dabei auf ihre Art einen Vergleich zwischen seinem Leben und dem ihren:


    Ich bin zwar nur arm, und mein Herr, der ist reich,
    doch ist unser Los hier auf Erden fast gleich.


    Fast! Ununterbrochen ruft es aus allen Zimmern. Die Ärmste mit ihren fünf Talern sechs Groschen monatlich weiß nicht, wo ihr der Kopf steht, zumal heute. Sie muss an einen jungen Mann denken, den sie schon oft und auch an diesem Morgen sah.
    Schönhahn erscheint und reißt sie aus ihren Gedanken. Er schwingt freudestrahlend einen Zettel mit dem Inhalt: “Hier sind zehn schuldenfreie Raritäten unter höchst annehmbaren Zahlungsbedingungen zu verkaufen. Näheres im Hause.“ Sidonia kennt den Zettel, den sie von Schönhahn als „Bräutigamsfalle“ gedacht, gestern ans Gartentor heften musste. Sie hört nun von dem Erfolg: ein junger Mann habe ihn gelesen, sei hereingebeten worden und warte im Garten, um die zehn „Raritäten“ zu besichtigen.
    Diese, die zehn Mädchen ohne Mann, werden von Sidonia alarmiert, während der geplagte Vater die Schwierigkeit beseufzt, so viele Mädchen unter die Haube zu bringen: „Wenn ein Mädchen nicht gleich ein paar himmelhohe Häuser oder einen unerschöpflichen Geldsack mit zur Welt bringt, so bleibt sie sitzen!“ Schönhahn hat auf seine Weise vorgesorgt und den zehn Töchtern, um sie begehrenswert zu machen, eine ebenso militärische wie musikalische Erziehung angedeihen lassen. Da marschieren sie auch schon unter Vorantritt der trommelnden Sidonia in Reih und Glied herein. Schönhahn teilt den beglückenden Mädchen mit, dass ein Mann da sei, noch dazu von so einfältigem Aussehen, dass er bestimmt eine nehmen werde. Alle eilen sie umzukleiden und der junge Mann tritt ein. Seinen Worten ist zu entnehmen, dass sein angebliches Interesse an den Raritäten nur ein Mittel ist, mit dem Mädchen, das er schon mehrmals und auch heute sah, bekannt zu werden. Als ihm allerdings Schönhahn unverblümt eröffnet, er habe die Älteste zu heiraten, will er wieder fort. Schönhahn hält ihm eine Flinte vor – um eine Tochter zu verheiraten, ist einem Vater jedes Mittel rech – und zwingt ihn zu bleiben. Sidonia erkennt jetzt in dem Besuch ihren morgendlichen Verehrer, aber der kann sich weder ihr noch dem verheiratungswütigen Schönhahn offenbaren, da das Essen beginnt.
    Schönhahn erzählt, dass er drei Frauen hatte, die erste, Tschechia, war aus Leitomischl – ein reizendes Weib, aber ein zu heftiger politscher Charakter. Die zweite, Saxonia, war mir die liebste – denn nach einer halbjährigen ehe ging sie zu ihren Eltern nach Bautzen zurück. Diese beiden wie auch Litizia, die dritte, beschenkten ihn, der viel auf Reisen war, in den verschiedensten Ländern mit Töchtern, die er in der Art ihres jeweiligen Geburtslandes erzog. Er führt das dem Fassungslosen sogleich vor. Jede muss sich in irgendeiner Form produzieren. Der Gast kann sich der Vor- und Verführungen nur erwehren, indem er erklärt, das Haus auf jeden Fall als Verlobter verlassen zu wollen. Nach seiner Herkunft befragt, zieht er ein Bild seiner verstorbenen Mutter heraus und zeigt es herum. Schönhahn trifft fast der Schlag, es ist ein Bild von Saxonia, seiner zweiten Frau. Der andere gibt zu, dass er tatsächlich Schönhahn heiße, fasst sich ein Herz und erklärt, Sidonia heiraten zu wollen. Gerührt und erschütter zugleich umarmt ihn Herr von Schönhahn. Neben den zehn Töchtern besitzt er nun noch eine elfte, eine Schwiegertochter .-

  • Hallo, musica!


    Diese Operette kenne ich überhaupt nicht. Wie ist die Musik? Nach dem Komponisten zu urteilen müßte diese wunderschön sein. Aber warum nicht bekannt? Die Handlung ist ja vielleicht etwas ungewöhnlich. Sie erinnert mich an meine "Sturm- und Drangzeit". Da lernte ich in Kärnten eine Familie in einem "Dreimäderlhaus" kennen. Ich konnte mich für keine der Maderln entscheiden.



    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • Lieber Wolfgang,


    diese als komische Operette von Suppé hat eigentlich nur einen Akt mit 12 Bildern. Die Musik ist für Suppé anders als man erwartet, es sind keine bekannten Melodien drin:


    Ich und mein Herr - 's ist wirklich wahr
    Seht dort das feine Herrchen
    Wird die Trommel im Takt gerührt
    Ich bin zwar nur arm
    Der Frühling ist kommen, o herliche Zeit
    Lieber Herr, sein Sie Willkommen


    Die Betrachtung dieses Einakters läßt einen Vergleich mit den Operetten Offenbachs zu. In diesen wurden gesellschaftlich oder menschlich bedeutsame, die Allgemeinheit unmittelbar betreffende Themen im Gewand einer parodistischen Handlung gezeigt. Suppé dagegen ging es hauptsächlich um den drolligen Vorgang, der mit den gesellschaftlichen Zuständen nur in losem Zusammenhang steht.


    Man vermisst die schönen Lieder und Duette wie in den klassischen Operetten.
    Eine ungewöhnliche Operette mit viel Klamauk. :jubel:

  • Übedr ein Label namens ORF-Shop kann man eine Gesamtaufnahme des Werkes erwerben, recht alt (ca. 1950), aber sehr nett anzuhören. Dazu gehört eine Gesamtaufnahme von Léhars Eva.
    Schöne Grüße
    Wega

  • Bei den "Zehn Mädchen" handelt es sich um ein Frühwerk der Wiener Operette, es war erst Suppés dritte. Seinerzeit war sie sehr erfolgreich, ging über viele deutsche Bühnen und wurde auch im Ausland nachgespielt und entsprechend übersetz, so z. B. in Warschau auf polnisch, in Prag auf tschechisch, in Mailand auf italienisch, in London auf englisch und in St. Petersburg auf russisch. Stilistisch ist das kleine Werk bereits einheitlicher wie seine beiden Vorgänger und trotz einiger gelungener Ensembles nicht so italienisch-opernhaft, eher volkstümlich bis burlesk.


    Ich teile die Auffassung von musica, dass es in dieser Operette keine wirklichen Ohrwürmer gibt, dafür aber jede Menge lustiger Einfälle. Köstlich ein Duett der beiden Männer, bei dem Schönhahn Paris auf den Zahn fühlen will und der ihm herrlich ausweichende Antworten gibt. Meisterlich grotesk die Tischszene, bei welcher die Mädchen ihren Hunger auf Essbares aber auch auf einen Mann zum Ausdruck bringen und bei der ihnen Paris als angeblicher Bewerber vorgestellt wird; dabei wird auch ein Jagdlied (Anspielung auf den „Orpheus“?) und ein Trinklied gesungen. Den besonderen Reiz erlangt die Operette durch die sogenannte Produktionsszene, bei welchem sich die Mädchen vor Paris mit einem Lied, einem Tanz oder einer Rezitation produzieren müssen. Dies gab dem Komponisten Gelegenheit, sich in den verschiedensten Sujets zu tummeln, sei es in einer urkomischen Tirolienne, einer italienischen Ariette, einem britischen Lied, einem Tanz, der wie schon in Suppé erster Operette vom Walzer ausgehend in einem Cancan mündet und zum Abschluss in der „Holz und Stroh-Polka“, bei welcher die Mädchen auf der Bühne mit Instrumenten aus Holz und Stroh musizieren und ihr Vater den Bass zupft. Bei dieser Operette wird nichts, aber auch gar nichts, ernst genommen.


    :) Uwe