Manuel Brug: Die neuen Sängerstimmen

  • Ich habe neulich bei Amazon das Buch von Manuel Brug entdeckt, was mich sehr neugierig gemacht hat, auch aufgrund der vernichtenden Kritik von Kurt Malisch, die ich von amzon mal hier rein kopiere.



    Zitat

    Verpasste Chance Manuel Brugs «Neue Sängerstimmen» Für eine aktualisierte Fortschreibung der verdienstvollen, aber inzwischen über zehn Jahre alten Sängerbücher von Jürgen Kesting und Jens Malte Fischer sind Opernfans und Stimmenkenner gewiss dankbar. Doch wenn das auf solch bedenklichem inhaltlichem und sprachlichem Niveau geschieht wie in Manuel Brugs «Die neuen Sängerstimmen», dann ist damit eine wertvolle Chance vertan. Schon oberflächlich besehen verärgert das Buch wegen seiner nach Dutzenden zu zählenden Druck- und Schreibfehler. Auch der zwischen Flapsigkeit und Formulierungsschwäche schwankende Stil steigert «nicht wirklich» die Seriosität der Auseinandersetzung mit dem Thema. Hinzu kommen terminologische Unsicherheiten und Widersprüchlichkeiten (was ist ein «kontrolliertes Timbre», was sind «Abnutzungserscheinungen, vor allem was die Intonation angeht»?). Noch bedenklicher sind falsche Daten und Fakten, die die Glaubwürdigkeit eines solchen Buches erheblich in Frage stellen: Hans Hotter ist weder Jahrgang 1900, noch hat er als 21-Jähriger in Hamburg den Wotan gesungen; die Wiedereröffnung der Wiener Staatsoper war nicht 1956; Beethovens Liederzyklus heisst nicht «An die Geliebte»; eine Berthe kommt in Meyerbeers «Robert le diable» nicht vor; nicht Wieland Wagner hat sich 2001 mit Waltraud Meier entzweit usw. Auch Auswahl und Reihenfolge der behandelten Sänger wirken reichlich beliebig und subjektiv. Gewiss, ein rückblickender Einstieg mit für die Vergangenheit typischen Sängerkarrieren (Mödl und Silja) ist denkbar, doch dann müssten die grundsätzlichen Unterschiede zwischen einst (Ensemblestabilität, nationale Gesangsschule mit Landessprache, Repertoirevielfalt) und jetzt (internationaler Gastierbetrieb, Originalsprache, Stagionebetrieb) und deren Auswirkungen auf Stimmen und Karrieren viel klarer herausgearbeitet werden. Wenig ergiebig ist die Koppelung der Paare Alagna-Gheorghiu und Seiffert-Schnitzer, weil daraus kaum Erkenntnisse über das jeweilige Künstlerprofil zu gewinnen sind. Weiter ist zu fragen: Was haben «Die drei Tenöre» unter den «neuen Sängerstimmen» zu suchen? Eher peinlich berührt es, Bocelli und Quasthoff – zwischen denen künstlerisch Welten liegen – unter dem Gesichtspunkt ihrer körperlichen Behinderung zusammen zu behandeln. Warum fehlen zahlreiche – vor allem britische – hochkarätige Sängerinnen und Sänger, während andere, künstlerisch schwächere, aber vorkommen? Leider beschränkt sich der Autor auf rein additive Aneinanderreihungen seiner Kurzporträts und versucht nur hie und da, ansatzweise zu strukturieren oder gar zu analysieren. Dem von ihm erhobenen Anspruch, «nicht nur aktuell zu sein, sondern auch in die Tiefe zu gehen», wird er nicht gerecht. Kurt Malisch

    In der zweiten Ausgabe von 2004 scheinen einige Fehler korrigiert worden zu sein. Was mich viel mehr an diesem Buch stört, ist seine sehr flapsige, beinahe unhöfliche Art mit Sängerstimmen umzugehen, die ihm nicht gefallen.


    So finde ich allein diese Kapitelüberschrift geschmacklos: "Behinderung oder Frakshow: Der weite Weg von Andrea Bocelli zu Thomas Quasthoff". Sehr oft terile ich seine Ansichten über einen Sänger, zum Beispiel seine Kritik an Bocelli. Doch Brug forciert diese bis zum Äußersten.
    Dazu kommen Äußerungen die ich einfach nicht nachvollziehen kann:
    Über Ferrucio Furlanetto schreibt er: "Glatt und auf den schönen Ton abgestellt, liefert er seine Potraits ab; von einer wahren Künstlernatur kann hier nicht die Rede sein." (Seite 184) Da möchte ich mal wissen, was seiner Meinung nach eine Künstlernatur ist?
    Immer wieder stören solche Aussage ein Nachschlagewerk, das man gerne mal zur Hand nehmen kann um zu schmöckern, aber es ist sicherlich keine erste Wahl.


    Kennt jemand das von euch?

  • Nein, lieber Wotan, ich habe durch Deinen Beitrag das erste Mal etwas von diesem Buch gehört. Ich bedanke mich für Deinen Beitrag. Trotz der schlechten Kritik habe ich es mir sofort zum Sonderpreis für 6,99 Euro bei Amazon bestellt, denn nach meiner Lebenserfahrung ist kaum ein Buch so schlecht, dass man daraus nichts lernen kann.
    Aber Dank der beiden Kritiken werde ich es ganz vorsichtig lesen, denn wenn da - wie beschrieben - solche "Bolzen" drin sind, ist das schon ein starkes Stück!

  • Ja, Wotan, ich kenne das Buch schon lange. Irgendwie bin ich zwanghaft und deshalb habe ich es mir damals gleich gekauft als es herauskam - obwohl ich eigentlich duch Brugs Kritiken in Tageszeitungen hätte wissen müssen, dass der Mann weder ein guter Konnaisseur der Gesangskunst noch ein guter Schreiber ist. Natürlich habe ich immer wieder in dem Buch gelesen aber meist habe ich mich dabei sehr geärgert.
    Manuel Brug plaudert höchst subjektiv über diesen und jenen Sänger, der ihm im Opernhaus oder auf Aufnahmen begegnet ist, ohne klare Profile der Persönlichkeiten oder genaue Beschreibungen der Stimmen zu geben. Seine Beobachtungen, Einschätzungen und Urteile belegt er meist überhaupt nicht und ich habe den Eindruck, er wüsste auch gar nicht wie. Ihm fehlen fundierte Kenntnisse über Gesangstechnik und Interpretationsgeschichte. Mich erinnern seine Texte an Ausführungen von Musikbegeisterten, denen ich wieder und wieder beim nächtlichen Anstehen nach Karten begegenet bin und die fröhlich unbeschwert ihre Meinung über diesen oder jenen Sänger gesagt haben. Man kann sie mögen oder nicht - wirklich viel lernen wird man von ihnen eher nicht.


    Da sind Steane, Celletti, Kesting oder Fischer eine andere Liga. Nur die haben in ihren Bänden nichts über die in den letzten Spielzeiten erst ins Rampenlicht getretenen Sänger geschrieben.

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!


  • Da sind Steane, Celletti, Kesting oder Fischer eine andere Liga. Nur die haben in ihren Bänden nichts über die in den letzten Spielzeiten erst ins Rampenlicht getretenen Sänger geschrieben.


    Genau deshalb habe ich mir dieses Buch vor acht Jahren auch gekauft, es natürlich auch gelesen und mich häufig geärgert. Das Buch von Fischer spielt da wirklich in einer anderen Liga wie Du so schön schreibst. Kesting war mir bisher einfach zu teuer.


    :hello:


    Jolanthe

  • Kesting war mir bisher einfach zu teuer.


    Einfach die nächste Stadtbibliothek mit einem Leserwunsch darauf ansetzen. Die Bände würden die meiste Zeit dir zur Verfügung stehen, da sich nur wenige ernsthafte Mitinteressenten finden werden...


    ;)

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Banner Trailer Gelbe Rose

  • Einfach die nächste Stadtbibliothek mit einem Leserwunsch darauf ansetzen. Die Bände würden die meiste Zeit dir zur Verfügung stehen, da sich nur wenige ernsthafte Mitinteressenten finden werden...


    ;)


    Außerdem gibt es inzwischen eine deutlich preiswertere Taschenbuchausgabe




    Zurück zu Manuel Brug:


    Es kommt m.E. auch sehr darauf an, was sich der Leser von dem Buch verspricht.
    Ich selbst habe es mir relativ kurz nach seinem Erscheinen 2004 gekauft und gelesen zu einem Zeitpunkt, wo ich privat noch keinen Internetzugang hatte UND wo es Foren wie Tamino noch nicht gab. Für mich lag der Wert des Buchs vor allem darin, mal eine Sammlung der wichtigsten Namen auch neuerer Generation zu bekommen, auf die ich bei gedruckten Theaterkritiken, neuen CDs und Rundfunkaufnahmen achten konnte (und nebenbei bekam ich fürs Fachsimpeln im Bekanntenkreis wieder den mir damals verloren gegangenen Anschluss). Beurteilungen einer Sängerstimme sind für mich dagegen immer subjektiv: ich lese sie mit Interesse, überprüfe sie anhand eigener Höreindrücke soweit möglich - aber es zwingt mich keiner dazu, dem Rezensenten zuzustimmen.


    Den Anspruch eines Nachschlagewerks hat das Buch von Brug sicher selbst nicht, ich denke aber, dass Du zum jetzigen reduzierten Preis auch keinen Fehler machst, wenn Du es erwirbst.


    LG, Elisabeth



    PS: Zum Band über die Opernregisseure haben wir auch einen thread: Kennt jemand Manuel Brug: Opernregisseure heute?

  • Liebe Elisabeth, lieber Theophilus,


    danke für Eure Tipps. Ich werde dann mal in den nächsten Tagen unsere Stadtbücherei aufsuchen.


    :hello:


    Jolanthe

  • Hallo Jolanthe!

    Kesting war mir bisher einfach zu teuer.


    Das kann ich verstehen, aber es ist jeden Euro wert. Du wirst wenige Bücher haben, die Du so viel zur Hand nimmst wie dieses! Und andere Taminos haben Dir ja schon Tipps gegeben: Stadtbibliothek oder Taschenbuchausgabe.





    Beurteilungen einer Sängerstimme sind für mich dagegen immer subjektiv: ich lese sie mit Interesse, überprüfe sie anhand eigener Höreindrücke soweit möglich - aber es zwingt mich keiner dazu, dem Rezensenten zuzustimmen.


    Ja, Elisabeth, Beurteilungen von Stimmen sind subjektiv. Aber für die Beurteilung der Gesangstechnik gibt es schon Kriterien. Wie ein Ton angesetzt und beherrscht wird, wie die Stimme geführt, wie musikalische Linien phrasiert und geformt werden, wie atikuliert und koloriert wird...-das alles sind Fragen, die nicht einfach Geschmackssache sind. Und wenn man bei Kesting liest, wie genau er immer wieder einzelne Aufnahmen von Sängern analysiert, dann lernt man doch eine Menge und kann sein eigenes Urteil viel besser fundieren!


    Beste Grüße



    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Seien wir doch einmal ganz ehrlich, wer sich wie ich schon seit einigen Jahren über die teilweise etwas zweifelhaften Kommentare von Herrn Brug in der Welt erfreuen darf.
    So grenzt es dann doch schon an ein Wunder, wenn das Buch dann so ganz anders ausfallen sollte.