Aufgaben und Methoden der Kritik in unserer Zeit

  • Liebe Forianer.
    Viele Titel für diesen Thread habe ich in Erwägung gezogen - und ich war mit keinem einzigen zufrieden.


    Auch nicht mit dem letztlich gewählten, er ist staubtrocken, umreisst aber immerhin ein wenig worüber ich eigentlich sprechen möchte.


    Worüber möchte ich denn eigentlich sprechen ?


    Über die Frage nach dem Sinn der Kritik in unserer Zeit ?
    Über die Frage an wen sich die Kritik eigentlich richtet - für wen sie gemacht ist ?
    Über die Frage ob einer der Musikkritiken schreibt eigentlich Noten lesen können muß ?
    Über die Frage, was denn eigentlich kritisiert wird, das Werk oder der Interpret, bzw Dirigent ?
    Über die Frage inwieweit Kritik eigentlich neutral sein sollte - oder sein darf ?
    Über die Frage welcher Sprache der Kritiker sich bedienen sollte, des Kritikerlatein oder wissenschaftlicher Fachsprache ?
    und letzlich ob Kritik in unserer Zeit überhaupt noch gebraucht wird.


    Eigentlich sollte ich jetzt anfangen, dann wäre zumindest ein strukturierte Beginn da.
    Aber vielleicht wird es interessanter, wenn IHR damit beginnt ??


    Vorzugsweise mit der letzten Frage, die vielleicht in diesem Zusammenhang die wichtigste überhaupt ist ?


    Viel Spaß
    wünscht Euch
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • 'KRITIK' ist ein hartes Wort - 'Bewertung gefällt mir' etwas besser! An mir prallen fremde Gutachten eigentlich alle ab.


    Bei Tonträgern verlasse ich mich auf Erfahrungswerte und Fingerspitzengefühl. Ich schraube meine Ansprüche nicht sehr hoch, weil ich meistens froh bin, eine Rarität überhaupt zu bekommen. Ich weiß, dass eine Einspielung von vielen Fakten abhängt und naturgemäß 'nicht alles in Butter' sein kann. Bei Standardwerken ziehe ich Youtube zu Rate. Geistlose 'Kostümklamotten' weise ich ebendo zurück wie 'krampfhaft Originelles'. Ich bin genötigt, Zugeständnisse in beide Richtungen zu machen und es enttäuscht mich nicht, wenn die negativen Aspekte manchmal überwiegen. Das Licht gehört zum Tag und die Dunkelheit zur Nacht.


    :angel:
    Engelbert

  • 'KRITIK' ist ein hartes Wort - 'Bewertung gefällt mir' etwas besser! An mir prallen fremde Gutachten eigentlich alle ab.


    Nun ja, "Kritik" kommt ja von "krinein", also unterscheiden, trennen, auseinanderhalten, abgrenzen. So verstanden trifft es schon das Gemeinte. (Man denke auch an die großen Kritiken Kants, "Kritik der praktischen Vernunft" usw.)


    Ich erwarte von einer Kritik, dass sie eine fundierte Stellungnahme zu einem vorgegebenen Gegenstand ist. Im Rahmen dessen, was wir im Tamino-Klassikforum besprechen, könnte dies eine Komposition sein, eine Interpretation, eine Inszenierung oder auch die Politik eines Plattenlabels.


    Kritik bedeutet für mich immer mehr als zu sagen: "gefällt mir" oder "gefällt mir nicht". Erst recht finde ich Bemerkungen wie "das ist schön" oder "das ist nicht schön" wenig hilfreich. Denn hier findet das krinein, das Unterscheiden, das Trennen, das Abgrenzen nicht statt. Es ist auch zur Eröffnung eines Dialoges wenig geeignet. Der Dialog kann eigentlich erst stattfinden, wenn ich benennen kann, was mir gefällt (bzw. nicht) und warum - dazu kann dann ein anderer wiederum begründet Stellung nehmen.


    Zum Beispiel ist die berühmte Aussage von Louis Spohr - bestimmt kein Kleinmeister - zu Beethovens 9. Sinfonie in diesem Sinne keine Kritik: „Ich [...] gestehe frei, daß ich den letzten Arbeiten Beethovens nie habe Geschmack abgewinnen können. Ja, schon die viel bewunderte neunte Symphonie muß ich zu diesen rechnen [...], deren vierter Satz mir [...] monströs und geschmacklos und in seiner Auffassung der Schiller’schen Ode so trivial erscheint, daß ich immer noch nicht begreifen kann, wie ihn ein Genius wie der Beethoven’sche niederschreiben konnte. Ich finde darin einen neuen Beleg zu dem, was ich schon in Wien bemerkte, daß es Beethoven an ästhetischer Bildung und an Schönheitssinn fehle.“


    Spohr belegt nichts, er stellt lediglich Behauptungen und Selbstaussagen auf ("Ich habe nie Geschmack abgewinnen können" - "erscheint mir monströs und geschmacklos" - "trivial"). Warum er so urteilt, sagt er nicht. Er belegt seine Aussagen nicht anhand des Werkes.


    Ich meine, eine Kritik muss sich auch angreifbar machen. Es muss eine Argumentation zumindest implizit dargelegt werden, die grundsätzlich verifizierbar oder falsifizierbar ist. Wenn jemand schreibt, Immerseels Ravel-Einspielungen sind historisch falsch, weil Ravel mit Vibrato spielen ließ, so ist dies grundsätzlich überprüfbar.

  • Ich bin mir jetzt nicht mehr ganz sicher ab es 2009 oder 2010 war, als eine großwe Klagewelle durch den amrikansichen Feullitonteil ging, weil sich zahlreiche amerikanische Tageszeichtungen von eben diesen hauptsächlich dafür zuständigen Redakteuren und Mitarbeitern getrennt hat.
    Und ich muß ganz ehrlich sagen, wenn diese Autoren dort das gleiche Niveau an den Tag legten wie es hier allgemein üblich ist, kann ich es durchaus vestehen.
    Da ja heute fast ausschließlich nur noch eine Inszeneirungskritik stattfindet, von Orchesterkonzerten einmal abgesehen, hat sich hier die schreiibenden Zunft eigenhändig überflüssig gemacht.
    Wozu einem hochbezahlten Musikkritiker beschäftigen, wenn dieser statt über die Musik zu schreiben, sich doch nurr seitenweise über die Inszenierung ausläßt.
    In einem anderen Fall, der mir verbal zugetragen worden ist, ich habe den Artikel also nicht selber gelesen, es handelte sich hierbei um " eine kritische Bewertung "eines Arien Abends mit Vittorio Grigolo aus dem Hamburger Abendblatt von 2011, dort soll die Autorin oder Autor jedenfalls was Fachwissen anbelangt, weniger geglänzt haben.

  • Braucht es diesen Thread wirklich?


    Die aufgelisteten Fragen werden doch zum Beispiel in dem Thread, der sich am Ärger über FonoForum 2/2011 entzündet hat, längst diskutiert.


    Und - das finde ich besonders erfreulich - die Frage nach dem Vergleich von Interpretationen (Richtig Wolfram, bei Kritik geht es primär um das Unterscheiden und Auseinanderhalten!) und nach der Neutralität der Kritiker sind doch Thema in etlichen Sänger-Threads (Zum Beispiel im Kaufmann-Thread und im Bergonzi-Thread) oder in den Threads, in denen die beste Aufnahme dieses oder jenen Werkes gesucht wird.
    Soll man denn nun hier auf der Meta-Ebene noch mal von sich geben, was man anderswo schon mehr oder weniger ausfürlich geschrieben hat?


    Unsere Diskurse werden - so fürchte ich - immer unübersichtlicher!

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

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  • Ja - nun ist eine weitere Frage hinzugekommen - ob wir diesen Thread denn nun wirklich brauchen.
    Die Antwort ist einfach: Natürlich NICHT !!
    Genau genommen brauchen wir überhaupt keinen Thread, das würden sogar viele Musikfreunde und Konzertgeher unterstreichen. Aber es macht mir halt einfach Spaß.
    Zum "Vorwurf" man würde sich wiederholen, kann ich nur sagen, daß die Erfahrung gezeigt hat, daß zwei oder drei in etwa zeitgleich gestartete Threads oft einen völlig anderen Verlauf genommen haben, manche sind versickert, manche aufgeblüht.


    Fragen wir uns zu Beginn einmal ob heutzutage die klassische Musikkritik überhaupt eine Funktion hat, und wenn nein - welche ? :P


    In den vergangenen Jahrhunderten, als viele Werke geschrieben wurden, die von den damaligen Zeitgenossen als "ihre" Musik akzeptiert wurde, und man über keine Tonaufzeichnung etc. verfügte, war es hilfreich, wenn es zumindest verbale Berichte über die Struktur der Werke gab.


    Heute ist es jedermann möglich via Klanschnippsel oder ganzen Cds sich einen Eindruck über Werk und Interpretation zu machen. Völlig ohne Kritik,


    Ist die Kritik deswegen "überflüssig" ??
    Ich meine Nein,
    Vielleicht ist der Informationswert nicht mehr von jener Bedeutung, die einst gegeben war, aber irgendwer liest ja offenbar doch all die - oft weit divergierenden Kritiken - und oft mit Genuss.
    Ich persönlich lese sie meist NACH Kauf einer Aufnahme - um dann lesen zu dürfen, welch schlechten Geschmack ich eigentlich habe...
    Hätte ich meine Tonträger nach Kritikerurteilen gekauft, so wäre meine Samlung etwa um ein Drittel kleiner...
    Dennoch interessieren mich Kritiken. Schon allein die Divergenz deutscher und österreichischer Kritiken - von den englischen mal ganz abgesehen - ist bemerkenswert.
    Der nächste Themenkomplex könnte sein, für wen denn Kritiken überhaupt geschrieben werden .
    Aber damit befasse ich mich erst in meinem nächsten Beitrag


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Werte Leser,


    Kritik gehört doch wohl zu unserem Forum. Es scheint auch nur noch in der Klassik und im Jazz eine Kritikkultur zu geben. Sachliche Kritik setzt eine Gesprächsintelligenz vorraus, die heute weitgehend verloren zu gehen scheint. Toleranz wird klein geschrieben, anstatt froh zu sein, das über unsere Musik geschrieben wird und nicht ein anonymer Pleb über Twitter entscheidet was gefällt, fühlen sich Leser, deren Meinung nicht getroffen wird, persönlich angegriffen. Mehr Respekt wäre angebracht, und zwar vor der Meinung des anderen.


    Viele Grüße Thomas

  • Aufgabe der "Kritik" --oder in dem Sinne, in dem ich sie hier verstehen möchte, besser der "Besprechung"-- ist es ja nicht nur ein Urteil, oder eine Empfehlung zu geben. Sie ist ja zunächst auch einfach Berichterstattung, die mich auf eine (neue oder alte) Einspielung aufmerksam macht. Zudem erhält man im Idealfall wertvolle Zusatzsinformationen zum Werk, zum Komponisten, zu den Interpreten, ect. Wenn der Kritiker (hoffentlich) den nötigen Überblick hat, kann er die Neuaufnahme in Relation zu früheren Aufnahmen setzen. Oft wird man auf kleine Details aufmerksam gemacht, die man selbst nicht ohne weiteres wahrgenommen hätte.
    In diesem Sinne macht es mir Spass Kritiken zu lesen und sind mir daher unverzichtbar.


    Daniel

  • Mehr Respekt wäre angebracht, und zwar vor der Meinung des anderen.

    Da liegt Thomas Sternberg völlig richtig, vor allem was manche Forenseiten betrifft; wie hier manchmal mit Kunstschaffenden umgegangen wird, die zudem schon jahrzehntelang erfolgreich im Rampenlicht stehen oder standen, ist anmaßend, in der Wortwahl sogar abstoßend!


    Was die gedruckten Kritiken in der Zeitung anbelangt ... diese Kritiker sind so unterschiedlich, wie Dirigenten und Sänger/innen auch ...
    Häufig taucht beim Kritiklesen vor meinem geistigen Auge auch ein radschlagender Pfau auf und ich lese zwischen den Zeilen "ach, schaut mal, wie klug ich bin!"
    So ist es für mich oft ein Ärgernis, wenn in der "Kritik" Daten aus dem Musiklexikon abgeschrieben werden (die ich ja auch selbst nachschlagen kann) und dann nur noch in wenigen dürren Sätzen auf das was tatsächlich stattgefunden hat, eingegangen wird.


    Bei der Lektüre einschägiger Bücher über Gesang, wie zum Beispiel: Jürgen Kesting, Jens Malte Fischer oder Manuel Brug, ist es eben so, dass man machmal beifällig nickt und ein paar Seiten weiter dann entrüstet den Kopf schüttelt. Aber es ist tröstlich, dass auch die Möglichkeit besteht, sich sein eigenes Bild zu machen.

  • wie hier manchmal mit Kunstschaffenden umgegangen wird, die zudem schon jahrzehntelang erfolgreich im Rampenlicht stehen oder standen, ist anmaßend, in der Wortwahl sogar abstoßend!

    Lieber Hart,


    könntest Du hier mal konkrete Beispiele aus dem Forum nennen? Mir sind solche schlimmen Entgleisungen bisher nicht aufgefallen oder ich habe sie schlicht überlesen, würde mich jedenfalls sehr interessieren.
    Gruß
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

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  • Also ich möchte schon ein wenig zur "Kritik" im Forum sagen - und mich ein wenig zur Aufgabe der Kritik in unseren Tagen äussern, wobei ich davon ausgehe, daß nicht jeder mit dem von mir Gesagten einverstanden sein wird.


    Fürs erste möchte ich sagen, daß heutige Kritiken - im allgemeinen - nicht hier im Forum - eher lahm sind, es fehlt ihnen der "Biß" - in meiner Jugend - das ist schon ein paar Wochen her :D - Da war das anders - viele Kritiken troffen nur so von Hohn und waren mir feinen Bosheiten gespickt. Etwas, das die Leser zum Lächeln - aber auch zum Hinhören brachte - und einen gewissen Unterhaltungswert besaß.


    Demjenigen, der eine vernichtende Kritik abbekommen hatte schadete es in der Regel nicht - es sei denn daß die Kritik wirklich ins Schwarze getroffen hatte- was in der Regel nur selten der Fall war.
    Im andern Fall lenkte eine böse Kritik jedoch nur Aufmerksamkeit auf eine Aufnahme (Aufführng, etc) und die verkauften Stückzahlen (Besucherzahlen etc) stiegen enorm - Schliesslich wollte man doch mitreden können. Zudem gab es im Idealfall noch Solidarisierung der Fans mit dem von der bösen Kritik verrissenen Idol.
    Gute Kritiken indes, heute in der Überzahl, bewirken viel weniger - allenfalls steigen die Werbeeinnahmen der Zeitschrift in der sie gedruckt wurden..... :stumm:


    Aus meiner Sicht kann man aus einer Kritik nicht auf die Qualität einer Interpretation oder Aufnahme schliessen, allenfalls auf den Geschmack des Kritikers.


    Zu den "pfauenräderschlagenden" Kritikern im Forum:
    Während ein professioneller Kritiker für seine Mühe mittels schnöden Mammons belohnt wird, fehlt dieser Anreiz in Internetforen mit Kulturthemen völlig, was liegt also näher, als eine andere- subtilere Art der Abgeltung zu suchen - und sei sie nur Aufmerksamkeit. Und ich glaub, kaum jemand wird die Schönheit eines Pfauenrades je in Frage stellen.....


    Klappern gehört zum Handwerk - kleine Bosheiten und Sticheleien ebenfalls - Sie sollten nicht überhand nehmen, sind aber ähnlich wie das Salz in der Suppe. Eine versalzene Suppe schmeckt nicht - eine ohne Salz - ebensowenig.


    "Political Correctness" ist eine langweilige Sache - und nichts schadet einem Forum mehr als korrekte Langeweile.



    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hierzu möchte ich eine (vielleicht nicht ganz ernst gemeinte) Ansicht von Georg Kreisler zitieren, die dieser in seinem Lied vom Musikkritiker geäußert hat:



    http://lyrics.wikia.com/Georg_Kreisler:Der_Musikkritiker



    (Anmerkung der Administration -


    Der Text wurde durch einen Link auf eine Internetseite ersetzt, da wir keinerlei Copyright -Ansprüche verletzen wollen.
    LG Alfred


    )

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Eine wichtige Aufgabe der Kritik besteht auch darin, bei der Analyse einer Darbietung neben dem Aufzeigen von Stärken auch auf Schwächen mit nachvollziehbaren Beispielen hinzuweisen. Immer mit dem Ziel, dem Veranstalter Anregungen zur Verbesserung und Qualitätssteigerung zu geben.
    Der Tenor einer Kritiik sollte also anerkennend und aufbauend sein.


    Was durch einen Verriss zertsört werden kann erlebte ich vor vielen Jahren. Ich schrieb über eine Chorveranstaltung. Ein ländlicher Männergesangsverein hatte eine anspruchvolle Schubertkomposition ausgewählt, die von vornherein im Schwierigkeitsgrad zwei Nummern zu groß für diesen Chor war. Die Aufführung war wirklich so, dass man den Mantel des Schweigens darüber hätte decken sollen. Das war nicht möglich, da es ein Wertungssingen war. Zum Teil retteten die Sänger sich in einem mehrstimmigen Satz sogar ins Unisono. Also wirklich katastrophal. Dementsprechend schonungslos war meine Kritik. Mit dem Effekt, dass dieser Chor in eine Krise kam, von der er sich nicht mehr erholte. Wen ich in die Gegend komme, wo dieser Chor beheimatet war, ärgere ich mich noch heute über die zerstörerische Wirkung meiner Worte. Selbstverständlich würde ich immer auf die Defizite hinweisen, aber mit der Milde des Alters in erträglichen Formulierungen. Zudem würde ich nach etwas Anerkennenswertem suchen und wenn es nur die Mühe und der Fleiß war, dieses Werk einzustudieren.


    Wie das erwähnte, traurige Beispiel zeigt, trägt jeder Kritiker eine große Verantwortung. Deshalb sollte er ein wohlwollender, aufbauender Freund der Künste, der Darbietungen und vor allem der Menschen sein, die gerade als Laien überwiegend aus idealistischen Motiven heraus sich der Musik verschrieben haben.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Hallo operus,


    traurige Geschichte. Aber da kannst du wirklich nichts dafür. Vielleicht hat es in dem Chor ja schon vor dieser Darbietung gekriselt. Dann haben sie bewußt ein Stück gewählt, was über ihrem Können lag, um ein Fanal zu setzen, das Fiasko als Schlußstrich. Dafür mußt du dann mit deinem schlechten Gewissen leiden.


    Viele Grüße Thomas

  • Lieber operus,


    Chöre, zumal Männerchöre, sind sozial komplexe Gebilde. Hätte der Chor in der Selbstwahrnehmung gut gesungen, so hätte auch Deine Kritik nichts an dieser Wahrnehmung geändert.


    Krisen in Chören bahnen sich in der Regel über längere Zeit an, eine konkrete Aufführung ist dann eher der Anlass dafür, interne Konflikte anzusprechen. Aber in der Regel ist das nicht der Grund.



    Aus meiner Sicht kann man aus einer Kritik nicht auf die Qualität einer Interpretation oder Aufnahme schliessen, allenfalls auf den Geschmack des Kritikers.


    Ich meine, dass der größere Teil einer Kritik eben nicht den Geschmack des Kritikers entfalten sollte und seine persönliche Bewertung der Aufführung im Lichte dieses Geschmacks. Sondern zunächst sollte beschrieben werden, was objektiv zu hören war und ob die Interpreten ihre (vermutlichen) Absichten erreicht haben.


    Ein professioneller Weinkritiker solle auch dann etwas Kluges über einen Riesling schreiben können, wenn er privat Bordeaux bei weitem vorzieht. Ist der Stil des Weines und seiner Erzeugungsregion gut getroffen? Oder wurde bewusst davon abgewichen? Stimmt das Preis-Leistungsverhältnis? Wie wird sich der Wein vermutlich entwickeln? Das alles kann man sagen, ohne seinen persönlichen Geschmack einfließen zu lassen.


    Bei Musik finde ich es gut, wenn Kritiker ähnlich verfahren.

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  • Lieber Thomas Sternberg, lieber Wolfram,


    mit Euren mitfühlend - entschuldigenden Worten habe Ihr mein Gewissen beruhigt. Danke für die Zuwendung.


    Herzlichst


    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber Operus,
    Deine fachlich fundierten Beiträge lese ich immer gerne. Besonders mag ich aber, daß Du immer eine große menschliche,warme und gefühlvolle Komponente dabei einfließen läßt. Das macht Dich so unheimlich sympathisch.
    Ich bin der Meinung, Du hast mit Deiner sachlichen Kritik über den Chor keinen Fehler gemacht und mußt Dir da nichts vorwerfen. Deine Aufgabe war zu kritisieren und da ist doch Objektivität oberstes Gebot. Kritik soll eigentlich helfen oder auch Grenzen aufzeigen. Dies hast Du nach bestem Wissen getan. Eine Höflichkeits- oder Gefälligkeitskritik hilft niemandem. Auch dem Kritiker nicht, weil andere Menschen, die wahrscheinlich diese Aufführung ebenfalls als negativ empfunden haben, sich fragen, was hat denn der Kritiker hier gehört! Bestimmt wird es auch einige Chormitglieder geben, die Deinen Beitrag nachvollziehen konnten. Als Schlußfolgerung kann man auch sagen, die Entwicklung, bzw. das Ende des Chores, bestätigt doch Deine objektive Meinung. Du hattest recht!
    Mach Dir mal keine Vorwürfe, Du hast es richtig gemacht und bleib`so wie Du bist.
    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Ich verweise auf die Beiträge [url='http://www.tamino-klassikforum.at/index.php?page=Thread&threadID=3116']hier


    Laienchöre... warum wissen die nie, was sie nicht können?

  • Danke, lieber Chrissy, für deine lieben Worte. Ich bin fast ein wenig gerührt.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber Chrissy,
    Du hast am 29. Januar 2011 eine Frage gestellt, die ich gerne beantworte.
    Hier im Forum gibt es aus meiner Sicht vor allem zwei Threads, in denen man solches nachlesen kann:


    "Ungeliebte Sänger/innen - Voting 2007" und "Geht endlich in Rente! über herunter gekommene Butterfahrt-Barden und Bierzeltdiven"

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  • "Ungeliebte Sänger/innen - Voting 2007"


    Lieber Hart,
    ich danke Dir für Deine Antwort und Deinen Hinweis auf diesen Thread. Ich gebe zu, ich kannte ihn nicht. Das liegt wahrscheinlich daran, daß ich erst seit 1/4 Jahr im Forum bin, zwar einiges schon nachgelesen habe, aber natürlich nicht alles. Nun habe ich dies soeben nachgeholt.
    Das Thema liegt ja nun schon etliche Jahre zurück und ich denke, daß sich die Wortwahl in den Beiträgen positiv im Niveau geändert hat. Zugegeben, manche Meinungung war bestimmt nicht gerade in höflicher Form gehalten. Dies führe ich aber auf die Aufforderung durch den Threadtitel zurück, in dem von " Haß " die Rede war. Dieses Wort erscheint mir sehr unglücklich und unpassend gewählt und fordert geradezu heraus, sich in dieser Art zu äußern.
    Wenn gefragt worden wäre " Wen mögt Ihr gar nicht? ", hätte das wahrscheinlich nicht zu solch einer teilweisen Aggressivität geführt.
    Ich selbst habe gegen solche Meinungsumfragen, egal ob sie in positive oder negative Richtung gehen, nichts dagegen. Da ich logischerweise andere Meinungen mit meiner eigenen vergleiche, ergeben sich interessante Ergebnisse. Z.B. haben sich einige gegen Pavarotti ausgesprochen, den ich für einen der Allergrößten halte. Ich dagegen werde nie verstehen, daß man Carreras in einem Atemzug mit eben Pavarotti und Domingo nennt. Da tun sich für mich im Unterschied Welten auf. Der würde, wenn ich mich am Ranking beteiligt hätte, ganz sicher eine hohe Minuszahl von mir bekommen haben. Nur würde ich mich verbal nicht so abfällig äußern. Aber jeder hat halt seinen Stil. Es kommt eben immer darauf an, wie man etwas rüberbringt. Da hast Du recht.

    "Geht endlich in Rente! über herunter gekommene Butterfahrt-Barden und Bierzeltdiven"


    Diesen Thread habe ich nicht gefunden. Würde mich aber auch interessieren. Gibst Du mir bitte einen Tip, wie ich ihn finde? Wenn ich ihn gelesen habe, gebe ich Dir auch darauf gern eine Antwort, wenn Du das möchtest.
    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Danke! Jolanthe.


    Und an Chrissy:
    Zu Deinem Beispiel Carreras folgendes: Vor etwa 30 Jahren hörte ich José Carreras in der Rolle des Rudolfo in einer Aufführung am Nationaltheater Mannheim; er war prachtvoll!
    Aber um ihn singen zu hören, wäre ich niemals in ein Stadion gegangen; als Zuhörer muss ich eine gegebene Situation auch einschätzen können.

  • Fortsetzung


    Lieber Hart,
    dank Jolanthes freundlichem Hinweis ( danke ), habe ich diesen Thread gefunden und nachgelesen.
    Ich finde ein interessantes Thema, das es wert war, diskutiert zu werden. Die meisten Beiträge kann man nachvollziehen und sind in ihren Urteilen, auch aus meiner Sicht, berechtigt. Leider !!! Um nur einen Beitrag herauszugreifen, Nr. 46 von Musica. Sie hat vollkommen recht. In der vergangenen Woche gab M. Caballe im TV ein Kurzinterview. Sie ist momentan wieder auf " Tournee " und will das bis zu ihrem 80. weiterhin tun. Es ist, höflich ausgedrückt, schlimm und peinlich, was sie damit ihrem Publikum und sich damit auch selbst antut. Sie zerstört ihr eigenes Lebenswerk.
    In meinem obigen Beitrag schrieb ich, daß ich ein leidenschaftlicher Fan von Pavarotti bin und ihn zu den Allergrößten halte. Aber mußte er, der als einer der Größten in die Musikgeschichte einging, sich nach seiner Opernkarriere mit Leuten auf die Bühne stellen ( Pavarotti & Friends ), die sowieso nie singen konnten, nur um innerhalb dieses kläglichen Haufens noch der Beste zu sein ?!?!
    Ich hatte das große Glück Pavarotti in Höchstform in der Wiener Staatsoper zu erleben. Der krasse Gegensatz war wohl 2005 im TV in der Carreras Gala vor Weihnachten. Er sang, glaube ich, das Ave Maria und traf mit zitternder Stimme kaum noch einen Ton richtig. Der Gipfel der Peinlichkeit, danach ein Duett mit Carreras. Von beiden mußte man sagen " Schlimmer geht nimmer ". Ich habe mich am Fernseher richtig geschämt und es tat weh. Das sagt ein wahrhaftiger Pavarotti- Fan. Vielleicht haben einige unserer Mitglieder dies auch gesehen und können es bestätigen.
    Der Beispiele gibt es leider viele, auch Dirigenten. Es hat einem ja körperlich mit weh getan, wenn man ansehen mußte, wie sich Karajan am Schluß auf`s Pult quälte. Den alten Celebidache mußten sie fast tragen, um auf`s Pult zu kommen. Und ob sein Taktstock heben da noch Sinn machte, kann man getrost bezweifeln. Das Orchester hätte auch ohne ihn da vorn genauso gut gespielt.
    Tut mir leid, lieber Hart, bei unserer Diskussion. In diesem Thread kann ich nichts negatives entdecken, bis vielleicht auf wenige, die sich etwas im Ton vergriffen haben.
    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Ich dagegen werde nie verstehen, daß man Carreras in einem Atemzug mit eben Pavarotti und Domingo nennt. Da tun sich für mich im Unterschied Welten auf.


    Hallo Chrissy, ich mag es ja, wie leidenschaftlich und kämpferisch Du für Deine Lieblinge eintrittst. Aber diese Feststellung kann ich denn doch nicht mehr wirklich nachvollziehen.


    Ich habe ja nun die Karrieren von Domingo, Pavarotti und Carreras buchstäblich von Anfang bis zum Ende intensiv verfolgt.


    P a v a r o t t i bin ich 1964 in London erstmals begegnet und zwar als Elvino und 1965 habe ich ihn als Edgardo erlebt.
    Im Laufe der Jahre konnte ich ihn immerhin 39mal live hören.


    D o m i n g o habe ich 1969 in Hamburg als Cavaradossi zum ersten Mal und seither eigentlich fast in jedem Jahr mehrmals - insgesamt 48mal - gehört.


    C a r r e r a s habe ich 1973 in New York gleich kurz hintereinander in verschiedenen Partien an der New York City Opera kennen gelernt und in den folgenden Jahren insgesamt 44 mal gehört - 1985 zum letzten Mal!


    Zudem kenne ich zumindest die meisten der Aufnahmen von allen drei. Es wäre reizvoll, ihre Qualitäten, Stärken und Schwächen direkt zu vergleichen. Aber das möchte ich jetzt erst mal nicht tun. Ich möchte bei Dir lediglich ein bischen für Carreras werben, denn den Abstand, den Du zwischen ihm und den beiden anderen feststellst kann ich nun wirklich nicht erkennen.


    Nach meiner Einschätzung hatte Carreras zunächst einmal von allen dreien das schönste stimmliche Material. Man hört das auch auf seinen Aufnahmen - zumindestens auf denen, die vor 1976 entstanden sind! Aber live hatte die Stimme eine geradezu betörende Verführungskraft, sie war weich und ungemein sinnlich timbriert, verfügte in der hohen Lage über ein helles Leuchten das nie grell oder angestrengt klang und entwickelte in der Mittellage einen sich ganz natürlich verströmenden Wohllaut. Seine Technik war so gut, dass man sie eigentlich überhaupt nicht bemerkte. Selbst Koloraturpassagen (etwa bei Rossini) sang er locker und sicher ohne den natürlichen Wohllaut zu verlieren. Große Intervalle meisterte er mit traumwandlerischer Sicherheit und in lange Phrasen verströmte sich die Stimme scheinbar ganz gelöst und frei. Hinzu kam seine oft an di Stefano erinnernde passionierte Art der Gestaltung, die ihn insbesondere in den Partien romantischer Liebhaber unwiderstehlich machte. Gab es Einwände? Ja, wenn man sich nicht einfach von der sinnlichen Glut und dem klangvollen Strömen dieser Stimme narkotisieren ließ, fiel schon auf, dass dynamische Abstufungen nicht sein Ding waren und dass der Stimme für dramatische Akente die Attacke und der metallische Kern fehlten. Deshalb hätte er einfach nicht so früh dramatische Partien übernehmen dürfen. Damit hatte er seine einmalig schönen stimmlichen Mittel längst lädiert noch ehe ihn die schlimme Krankheit getroffen hat


    Zum Glück aber gibt es reichlich Aufnahmen, die zeigen, dass er durchaus nicht hinter Pavarotti und Domingo eingestuft werden sollte, beiden sogar in verschiedener Hinsicht überlegen war.
    Besonders ans Herz legen darf ich Dir die folgenden seiner Aufnahmen: Rossnis ELISABETTA, Verdis UN GIORNO DI REGNO, I DUE FOSCARI und UN BALLO IN MASCHERA (Aufnahme mit Davis!!), Puccinis LA BOHEME (wieder unter Davis), und Massenets WERTHER (erneut unter Davis).
    In den Gesamtaufnahmen, die er von dramatischeren Partien gemacht hat, gibt es auch wunderbare Momente, weil er mit dem glutvollen Fluß seiner herrlichen Stimme die melodischen Bögen spannen konnte, die die Leidenschaft der dargestellten Helden beglaubigen konnte. Etwa im Gabriele Adorno, Don Carlos, ja sogar im Radames. Allerdings sind diese Aufnahmen andererseits recht problematisch, da Carreras in manchen Passagen arg angestrengt klingt und seine Spitzentöne glanzlos, mitunter sogar unschön klingen. Keinesfalls kann ich raten, seine späteren Aufnahmen des Alvaro, Eleazar, Canio oder Turridu zu hören. Da ist die Stimme leider gründlich ruiniert und den Anforderungen der Partien nicht mehr gewachsen. Da klingt vieles unkontrolliert, mühevoll und martend! Schlimm! - Nur: deswegen sollte man Carreras nicht insgesamt abschreiben. Er war ein Tenor, der schon eine hervorragende Qualität hatte und A u f f ü h r u n g e n gesungen hat, die wahre Sternstunden waren.


    Zum Glück hat er auch A u f n a h m e n hinterlassen hat, die ihn in die Reihe der aller größten einreihen.


    Also, lieber Chrissy: gib ihm mal eine Chance!



    Es grüßt Dich Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

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  • Der Titel des wieder aufgewärmten Threads: " Geht endlich in Rente - Über heruntergekommene Butterfahrt-Barden und abgehalfterte Bierzelt-Diven" ist zwar originell und herausfordernd. Diese Formulierung ist jedoch stark abwertend, am Rand der Beleidigung und für die betroffenen Persönlichkeiten image- und rufschädigend. Es wird über Sängerinnen und Sänger geurteilt, die versuchten, ihr Bestes im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu geben, die alle einmal eine gute Zeit hatten und die in ihrer Künstlerlaufbahn vielen Menschen Freude schenkten. Nichts ist dagegen zu sagen, die Leistung eines Sängers zu analysieren und dann mit Begründung - meinetwegen auch scharf - zu verurteilen.
    Eine pauschale Abwertung meist mit Bezug auf das Lebensalter halte ich nicht für angemessen und dem Respekt entsprechend, dem wir jedem Künstler entgegenbringen sollten. Solche allgemeinen Verunglimpfungen sollten nicht der Stil unseres Tamino-Forums sein und ich emfehle deshalb, diesen Thread zu ignorieren.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber Operus,
    einem lieben Menschen wie Dir zu widersprechen, dem ich großen Respekt und Achtung entgegenbringe, fällt mir wirklich schwer. Ausnahmsweise und ungern tue ich das jetzt hier.
    Du hast selbstverständlich recht, alle diese Künstler haben mit ihrem Können für Bewunderung, Anerkennung und somit für viel Freude beigetragen. Dies steht völlig außer Frage und jeglicher Kritik. Sehr viele haben sich durch ihr Können und ihre einmalige, beeindruckende Leistung ein bleibendes Denkmal gesetzt und dies auch verdient. Warum aber, und das ist der berechtigte Vorwurf, reißen viele von ihnen dieses Denkmal selbst ein? Sie tun damit sich, noch dem früheren Fan damit einen Gefallen. Man empfindet doch dann oftmals nur noch Peinlichkeit und Mitleid. Wenn Du meinen obigen Beitrag liest, dort habe ich geschrieben, daß ich Pavarotti in der Wiener Staatsoper in Höchstform erlebt habe. Das war für mich als ganz, ganz großer und leidenschaftlicher Verehrer von ihm, eine über alle Maßen glückliche Sternstunde, für die ich unendlich dankbar bin und mein Leben lang nie vergessen werde. Hier hat er für mich wirklich ein Denkmal gesetzt. Warum hat er mir und allen anderen Fans dann das mit der Carrera - Gala angetan. Glaub`mir, es war peinlich und tat richtig weh. Als ich das sah, standen mir Tränen in den Augen... Und davon gibt es leider viele Künstler, deren Lebensleistung unbestritten ist, die aber einfach nicht loslassen können, s. jetzt M. Caballe! Ich habe große Achtung und Ehrfurcht vor dem Alter und erliege nicht unbedingt dem Jugendwahn, aber man muß sich eben auch leider damit abfinden, daß verschiedene Dinge nicht mehr so gut und leicht gehen wie noch vor ein paar Jahren. Die schweren Einkaufsbeutel habe ich vor ein paar Jahren noch leicht getragen. Heute schnappe ich da schon manchmal nach Luft.
    Dieses Thema läßt sich auf viele Bereiche erweitern. Ein Michael Schumacher, der vielleicht der beste Rennfahrer aller Zeiten war, hat sich und seinen Fans mit Sicherheit keinen Gefallen getan, nach längerer Pause und älterwerden, erneut in der Formel I zu starten. Sein Ergebnis der letzten Saison wird von vielen nur noch mitleidig belächelt. Sein Denkmal ist demontiert.
    Lieber Operus, Du bist mir hoffentlich nicht böse über meinen Widerspruch. Mir zeigen aber die Beiträge vieler unserer Mitglieder, daß sie das ebenfalls so sehen. Wichtig erscheint mir jedoch, daß man bei aller berechtigter Kritik die Lebensleistung nicht vergißt und daraus resultierend sich verbal im gebotenen Respekt höflich äußert.


    Ein Wort gleich an Caruso. Danke für die gute Lehrstunde. Ein sehr guter Beitrag, der mich zum Nachdenken anregt und wo ich mir, dank Deiner zahlreichen Hinweise, das eine oder andere bestimmt mal bewußt anhören werde. So muß Diskussion sein, freundlich, nett und lehrreich. Vielen Dank.
    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Lieber Chrissy,
    Du formulierst so positiv und gewinnend, dass wahrscheinlich jeder sofort emotional geöffnet ist und Dir fast jeglichen Widerspruch verzeihen würde. Bitte nehme mich ruhig auch einmal ungeniert auf die Hörner. Ich halte dagegen wenn es sein muss. Du wirst gegenteilige Meinungen immer in der Form angemessen ausdrücken, ganz einfach weil Du ein höflicher, andere achtender Diskussionsteilnehmer bist. Im übrigen empfinde ich weitgehende Übereinstimmungen in unseren Standpunkten. Natürlich ist es traurig, wenn ein Künstler sein eigenes Denkmal demontiert. Das Schwerste ist wahrscheinlich die Selbsterkenntnis, dass jetzt der Zenit überschritten ist und es nur noch abwärts geht. Dies trifft besonders auf ausübende Künstler zu, die ihr Selbstwertgefühl zum großen Teil aus den Erfolgen und dem Applaus beziehen. Oft hat das stressige Leben eines international tätigen Stars die Gründung einer Familie und ein normales Familienleben nicht zugelassen. Dann ist auf einmal alles weg, was bisher Lebensinhalt und Lebenselexir war und es ist kaum mehr etwas anderes da als gähnende Leere. Wie unendlich schwer ist das und wahrscheinlich jeder von uns würde versuchen, die Wahrheit zu verdrängen und das Ende so weit wie nur möglich hinauszuschieben. Zumal dies auch ein schleichender Prozess ist. Die Zahl der guten Abende wird weniger, die schlechten werden häufiger. Ich will hier das zu späte Aufhören nicht entschuldigen, sondern nur Verständnis wecken, warum das Erkennen und noch viel mehr das Anerkennen: Jetzt ist Schluss! so unendlich schwieirig ist. Manche Sänger überwinden diese Lebenskrise, die der Abschied von den Brettern, die die Welt bedeuten nun einmal ist, recht gut. Zum Beispiel dadurch, dass sie unterrichten. Andere haben eine solche Persönlichkeitswirkung erreicht, dass sie nur noch präsent sein müssen und das Publikum ist hingerissen. Ich erlebte Pavarotti nochmals in einer sehr späten Phase, da war von Singen kaum mehr die Rede, aber das Charisma der Persönlichkeit war ungebrochen und die Fans rasten, Fischer-Dieskau rezitiert heute nur noch, trotzdem ein Erlebnis. Montserrat Caballé kokettiert offen auf der Bühne so charmant mit ihren sängerischen Defiziten, dass ihr das Publikum aus der Hand frisst. Also keine Entschuldigungen oder gar Mitleid für versäumte rechtzeitige Selbsterkenntnis und die richtigen Schlussfolgerungen und Handlungen. Ich plädiere nur für Verständnis und das Abwägen von guten und von schlechten Tagen. Ich meine die Waage wird dann in den meisten Fällen sehr zugunsten des Sängers und seiner Verdienste ausschlagen. Egal welchen Standpunkt man vertritt, ein Thread mit dem Titel: "Geht in die Rente-Über heruntergekommene Butterfahrt-Barden und abgehalfterte Bierzelt-Diven" ist respektlos, ja sogar unverschämt. Hier hört meine Toleranz auf und ich belibe bei meiner ablehnenden Haltung.
    Chrissy gestatte mir zum Schluss bitte noch eine persönliche Frage: Bist Du Mitglied der jüngeren Fraktion der Taminos oder gehörst Du zu den reiferen Jahrgängen? Einmal schreibst Du vom Respekt vor dem Alter, auf der anderen Seite ermüden Dich Armen Einkaufstüten. Was nun? Bitte stille meine Neugier.
    Herzlichst
    Operus :hello: :hello: :hello:

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Er war ein Tenor, der schon eine hervorragende Qualität hatte und A u f f ü h r u n g e n gesungen hat, die wahre Sternstunden waren.


    Gut, dass dies ein Ofthörer so schreibt. Nun kann ich also doch annehmen, dass ich im Nationaltheater seinerzeit richtig hingehört habe ...

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