FALLA, Manuel de: DER DREISPITZ

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    Manuel de Falla (1876-1946)


    Der Dreispitz
    El sombrero de tres picos



    Ballett in einem Akt


    Vokaleinlagen in spanisch
    Libretto von Gregorio Martinez Sierra
    nach Pedro de Alcarcón


    Uraufführung am 22. Juli 1919 im Alhambre Theatre, London, unter dem Dirigenten Ernest Ansermet
    Choreographie: Léonide Massine
    Kostüme und Dekor: Pablo Picasso
    Leitung: Serge Diahlilew, Ballets russes
    Ausführende: Tamara Karsawina - Léonide Massine – Stanislas Idizkowsky
    Zeitdauer: etwa 40 Minuten


    Personen:
    Der Corregidor -
    Der Müller -
    Die Müllerin -
    Ordnungshüter -
    Dorfbewohner -Das Geschehen spielt in Andalusien, etwa 18. Jahrhundert




    HANDLUNG


    Weitaus reizender als die pittoreske Mühle in einem Tal in der Nähe von Granada ist die kleine Müllerin selbst. In Liebe und Eintracht lebt sie mit ihrem Gatten, ohne das Böse zu ahnen, welches das Schicksal für sie bereithalten könnte. Der Ballettbesucher ist vorgewarnt, denn im Prolog bei geschlossenem Vorhang hat eine dunkle Frauenstimme im Anschluss an die Trompetenfanfare verkündet, dass der Teufel immer dann auftaucht, wenn man ihn gar nicht erwartet.


    Die Fiesta des Heiligen Johannes rückt näher und traditionsgemäß will der Müller dem Bischof ein paar Setzlinge seines Weinberges zum Geschenk machen. Zärtlich verabschiedet er sich von seiner Frau und reitet auf seinem Esel davon.


    Der Corregidor, der in diesem herrlichen Landstrich die Staatsgewalt verkörpert, hat längst ein Auge auf die kesse Molinera geworfen und nutzt den günstigen Augenblick, der Mühle einen Besuch abzustatten. Er will kontrollieren, ob die Gewerbevorschriften eingehalten werden, was sich am besten durchführen lässt, wenn der Patron nicht zu Hause ist.


    Die Müllerin ist erfreut über den hohen Besuch, bietet sich doch Gelegenheit, Wünsche vorzutragen, ohne erst das Amt aufsuchen zu müssen. Den Statthalter des Königs in dieser verlorenen Gegend plagt heißes Begehren, welches er bisher verborgen halten konnte. Mit den Vorstellungen der Müllerin sind die Erwartungen, die der Gockel an sie richtet, nicht in Einklang zu bringen. Im Moment beschließt die Begehrte allerdings unter Einhaltung gewisser Grenzen, Aufgeschlossenheit zu heucheln, denn mit der Obrigkeit darf man es sich nicht verscherzen.


    Autorität durchzusetzen fällt dem Corregidor nicht schwer und er lässt in aller Heimlichkeit den Müller wegen eines nichtigen Vorwandes einsperren. Nun hat der Caballero freie Bahn und erscheint in Person nach Einbruch der Dunkelheit erneut in der Mühle, doch der Willkommensgruß fällt reichlich kühl aus. Die göttliche Ordnung gebietet die Einhaltung der ehelichen Treue, welches der erwartungsvolle Magistrat nicht wahr haben möchte. Auf dem Steg, der zur Mühle führt, kommt es in reduzierter Form zu einem Kampf zwischen Staat und Kirche, bei welchem der erhitzte Liebhaber ins Wasser plumpst. Mit Bestürzung sieht die Täterin, was sie angerichtet hat, holt den zweiten Esel aus dem Stall und flüchtet in die Dunkelheit.


    Der Müller konnte aus der Haft entweichen, findet die Mühle unverschlossen und sieht im Eingangsbereich auf dem Fußboden verstreut, einen Stock, einen Hut mit drei Ecken und weitere angefeuchtete Kleidungsstücke einer unbekannten Amtsperson herumliegen. Seine Eitelkeit gebietet ihm, die textilen Prachtstücke anzulegen, um zu sehen, welchen Eindruck er damit bei seiner Frau machen kann. Flugs eilt er in die Schlafkammer und entdeckt einen wildfremden Mann in seinem eigenen Nachthemd im Ehebett.


    Zum massiven Gewaltausbruch kommt es erst gar nicht, denn die Ordnungshüter hatten das Entweichen des Müllers aus dem Kerker sofort bemerkt, erscheinen in der Mühle und nehmen die Person fest, die sie im Bett des Müllers vorfinden. Ihren ersten Schrecken hatte die flüchtige Müllerin schnell überwunden und die Dorfbewohner mobil gemacht.


    Nun nehmen die Dinge ihren geordneten Lauf. Die korrupte Obrigkeit wird gescholten. Zu Recht verdient die eheliche Treue der tugendhaften Molinera über die Maßen gelobt zu werden, dass die Fidelio-Leonore fast neidisch werden könnte. Der Müller freut sich seines ungetrübten Eheglücks. Mit einem pompösen Finale klingt das Ballett aus.



    Anmerkung:


    Die Urfassung hatte als Tanzpantomime ihre Erstaufführung in Madrid bereits im Jahre 1917 unter dem Titel „ El Corregidor y la Molinera“


    Die Musik von Manuel Maria de Falla y Matheu - so lautet der vollständige Name des Komponisten – ist außerordentlich spektakulär. Die Folklore ist dick aufgetragen, so dass der Sturmangriff auf das Gemüt nicht ausbleiben kann. Das war damals so, ist heute so und wird immer so bleiben.


    Der Verfasser der Novelle gleichen Namens nach dem Volksstück „El Corregidor y la Molinera“ hatte es untersagt, aus seiner Prosa ein Opernlibretto zu formulieren. Der Österreicher Hugo Wolff hat sich an die Weisung nicht gehalten. Seiner Oper war kein dauerhafter Erfolg beschieden.


    © 2011 TAMINO - Engelbert

  • Lieber Engelbert,


    für mich ist Deine wie immer kompetente Beschreibung von "Der Dreispitz" von Manuel de Falla ganz aktuell. Das Heilbronner Sinfonie Orchester bringt am 13. Februar 2011 eine "Spanische Nacht" in dem u. a. aus dem "Dreispitz" der "Tanz der Müllerin" und "Die Trauben" erklingen werden. Im Mittelpunkt des Konzertabends steht ein Gitarrenfestival mit dem weltberühmten "Amadeus Duo" Dale Kavanagh, Thomas Krichhoff und weiteren Gitarristen. Zu erwarten ist ein Spanien-Festival.
    Falls Tamino-Freunde das Konzert besuchen möchten, lade ich diese gerne zum Konzertbesuch ein. Einfach anrufen und kostenlose Ehrenkarten werden an derf Abendkasse bereitgelegt.
    Herzlichst
    OPerus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber Operus,


    vielen Dank für Deinen wertvollen Hinweis an die Forianer, dass in Heilbronn Ausschnitte aus dem beschriebenen Ballett konzertant gegeben werden.


    Wer am Neckar wohnt, wird die Gelegenheit bestimmt wahrnehmen und hingehen.


    Die DVD mit den Entwürfen von Picasso haben inzwischen historischen Stellenwert und zeigen den Künstler von einer völlig unvermuteten Seite.


    Freundlichen Gruß
    :angel:
    Engelbert

  • Eine meiner Meinung nach unverzichtbare Zusammenstellung der wichtigsten Werke de Fallas findet sich auf dieser Kompilation.




    So liegt auch eine Einspielung des zauberhaften Ballettes "El sombrero de tres picos" vor, dirigiert von Eduardo Toldrà. Dieser katalanische Violinvirtuose, Dirigent und Komponist war ein wichtiger Zeitzeuge, der in Anwesenheit de Fallas dessen Oper "La Vida Breve" bei der Uraufführung dirigierte und somit in direktem Kontakt mit de Falla stand.
    Diese Einspielung von "El sombrero de tres picos" bzw. des Dreispitz ist daher auch besonders authentisch und mustergültig, sie erfasst auch das, was man im spanischen als "duende" bezeichnet, eine mitreißende, unerklärliche, sogartige Faszination und Begeisterung, die über das normale, rationale Maß hinausgeht. (Duende kann auch Spuk, Gespenst bedeuten; alle Konnotationen dieses farbenreichen Begriffes aufzudröseln, wäre ein äußerst umfangreiches Unterfangen). Gleichwohl ist dieser Terminus wichtig für das Verständnis der spanischen Musik, v.a. des Flamenco, der eine wichtige Wurzel für de Fallas Schaffen war.
    Eine weitere, herausragende Einspielung, die zum Glück nicht ganz so schwer aufzutreiben ist wie die vorige CD - Box, ist diese Einspielung des bedeutenden Dirigenten Ernest Ansermet, der auch mit de Falla befreundet war: