Rudolf Firkušný - Janaceks Schüler

  • Hallo liebe TaminoanerInnen


    Rudolf Firkušný ( 1912 - 1994 )



    Rudolf Firkušný wurde 1912 in der mährischen Stadt Napajedla, in der heutigen Tschechischen Republik geboren. Bereits mit drei Jahren verlor er seinen Vater, die Familie zog nach Brünn um. Als Fünfjähriger war Firkušný bereits Schüler von Leos Janacek, der ihn an Frau Tuckova weiter empfiehlt und für ihn auch eine Leitfigur war. Bei Tuckova studierte er bis 1927 Klavier. Daneben unterrichtete ihn Janacek Komposition. Beim Prager Konservatorium studierte Rudolf Firkušný Komposition und Theorie bei Josef Suk und Rudolf Karel. Bereits mit zehn Jahren spielte er Mozarts Krönungskonzert mit den Prager Philharmonikern, bald folgten Auftritte in Stätten wie Wien, Berlin und Paris. Zum Studienabschluss spielte Firkušný ein eigenes Klavierkonzert. Ein Stipendium erlaubte es ihm Studienaufenthalte bei Cortot sowie in Italien mit Artur Schnabel, der seine Beethoveninterpretationen stark beeinflussten.


    1931 traf er erstmals Bohuslav Martinu, den er bei seinen Kompositionen berät und dieser ihm teilweise seine Werke widmet. Seine Freundschaft hatte auch nach dem Verlassen seiner Heimat 1939 nach dem deutschen Einmarsch in die Tschechoslowakei Bestand. Er reiste nach Paris, via Portugal emigrierte er in die USA. Nach dem zweiten Weltkrieg kehrte er für zwei Jahre nach Prag zurück. Nach dem kommunistischen Umsturz und Machtübernahme übersiedelte er erneut in die USA. Hier wurde er 1948 eingebürgert. 1971 lebte er in Luzern und unterrichtete Viera Janarcekova. Erst 1990 trat er erstmals wieder, nach der Rückkehr der Demokratie, in der Tschechoslowakei, in Prag auf.


    Nachdem er 1994 in Staatsburg bei New York an Krebs verstarb, bewahrte sein Familie seine Asche auf um sie gemeinsam mit derjenigen seiner später verstorbenen Ehefrau Tatiana Nevole in Brünn zu bestatten.


    Rudolf Firkušný gilt als profilierter Janacek-Interpret, dessen Gesamtwerk für Klavier er mehrfach aufgenommen hatte. Wohl kein anderer Pianist ist mit Janaceks Musik so vertraut wie Firkušný . Manchmal setze er sich über den Notentext Janaceks hinweg, doch konnte er sich immer auf die mündlichen Anweisungen des Komponisten und auf eine tiefe Kenntnis der mährischen Volksmusik berufen. Rudolf Firkušnýs Komponistenwahl war beschränkt auf wenige Komponisten wie Janacek, Smetana, Martinu und Dvorak, sowie auf Mozart, Haydn, Brahms und Beethoven. Er verstand sich nicht primär als Pianist sondern als Musiker. So begleitete er gerne Solisten wie Pierre Fournier, Nathan Milstein, Josef Suk oder auch Janos Starker. Firkušný hatte zahlreiche Werke von Samuel Barber, Alberto Ginastera oder natürlich von Bohuslav Martinu uraufgeführt. Für seinen lebenslangen Beitrag für die tschechische Musik erhielt er die Ehrendoktorwürde der Karlsuniversität in Prag.


    Gespannt warten wir auf Eure Höreindrücke der noch erhältlichen Aufnahmen von Rudolf Firkušný. Was haltet ihr von ihm? Wir selber kennen nur wenige seiner Aufnahmen und konnten nie einem Konzert beiwohnen.


    Herzlichen Gruss


    romeo&julia

  • Gerade gestern hatte ich es als "peinlichen Zustand" bezeichnet, dass Rudolf Firkušný - einer der größten Pianisten des 20. Jahrhunderts - noch keinen eigenen Thread im Tamino-Klavierforum hat
    BBC Legends - die wichtigsten Veröffentlichungen
    und angekündigt: "Wenn nicht jemand von Euch demnächst mal einen Rudolf Firkušný gewidmeten Thread aufmacht, mach' ich das."
    Was hört Ihr gerade jetzt? (Klassik 2011)
    Heute ist der Thread - dank Euch - endlich da! :jubel:


    Vielleicht darf ich zum weiteren Einstieg in das Thema ein paar Firkušný-CDs auflisten, die ich für repräsentativ für sein hauptsächlich der tschechischen Musik gewidmetes Schaffen halte:

  • Ja, lieber Swjatoslaw


    Deine Aufforderung zur Threaderöffnung haben wir gelesen. Wir planten schon lange über Rudolf Firkušný etwas zu schreiben und hatten den Entwurf schon seit geraumer Zeit beisammen, doch nicht zu ende geschrieben. So namen wir nun die Notizzen wieder zur Hand und beendeten kurzer Hand den Text.


    Da hast Du ja einen ganzen Berg von CD's aufgelistet. Doch welche sind nun besonders interessant? Wer weiss da zu berichten.


    Unser Fundus beschränkt sich leider auf nur zwei Platten, die bereits erwähnt wurden:



    mit Schubert, Brahms und Haydn



    mit Mussorgsky, Janacek und Chopin


    Gruss


    romeo&julia

  • Meine Lieblings-CD von Firkušný ist eigenartigerweise eine reine Mozart-CD (also keine tschechische Musik). Er spielte zwei Klavierkonzerte mit dem Sinfonieorchester des SWF Baden-Baden unter der Leitung von Ernest Bour, nämlich KV 271 und KV 491.

    Beim "Jeunehomme"-Konzert KV 271 bin ich der Meinung, dass dies neben Brendels sehr früher Einspielung mit I Solisti di Zagreb unter der Leitung von Antonio Janigro die vielleicht beste Einspielung des Werks überhaupt ist (bevor Proteste kommen: ja, auch Brendels späte Live-Einspielung mit Mackerras ist hervorragend, ebenso natürlich auch Clara Haskil). Und auch KV 491 weiß sehr in der Deutung durch Firkušný zu gefallen, wenngleich m.E. Glenn Gould und Solomon dort die Nase vorn haben. Näheres dazu in diesem Thread:
    Mozart, Wolfgang Amadé: Klavierkonzert c-moll KV 491

  • Guten Abend


    Swjatoslaw, danke für Deinen Tipp zu der Mozarteinspielung.


    Als Liebhaber der „Bilder einer Ausstellung“ von Mussorgsky haben wir uns heute erneut die Live Einspielung von 1957 in Salzburg angehört.



    Er beginnt „Gnomus“ anregend impulsiv, im „Ballett der unausgeschlüpften Küken“ spielt er mit einem feinen Anschlag und endet mit einer eindrücklichen Ausdrucksgewalt. Man spürt, dass er bei den slawischen Komponisten zu Hause ist. Nur kurz vor Schluss bei „Die Hütte auf Hühnerfüssen“ vermissen wir etwas die Kraft. Insgesamt eine impulsive stimulierende Interpretation die gefällt.


    Gruss


    romeo&julia

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  • Ich habe von Firkusny nur die Janacek - CD (sie ist oben bei Swjatoslaw abgebildet), eine Aufnahme von 1972. Sie enthält die beiden Zyklen "Auf verwachsenem Pfade" und "Im Nebel", dazu die "Zdenka-Variationen" und die Klaviersonate 1.X.1905 "Von der Straße". Sie ist die schönste Janacek - Klaviermusik, die ich kenne. Leider wird die ja nicht oft gespielt.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Rudolf Firkusny, der am 11. Februar 1912 geboren wurde, starb am 19. Juli 1994. Zu diesem Anlass habe ich diese Box aus meiner Sammlung ausgesucht:




    Heute ist sein 21. Todestag.



    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Gestern abend die wunderbaren "Auf verwachsenem Pfade gehört". Natürlich mit Rudolf Firkusny, eine andere Aufnahme besitze ich wohl auch gar nicht.


  • Lieber Lutz,


    die Aufnahmen besitze ich auch! Ich habe aber auch keinen Vergleich - bis auf einen Satz aus der Sonate mit Lazar Berman (siehe meine Besprechung kürzlich im Berman-Thread)! Aber Rudolf Firkusny war schon ein hervorragender Pianist und als Janacek-Schüler ist er wirklich authentisch. :hello:


    Schöne Grüße
    Holger

  • Guten Morgen, Lutz und Holger,


    zum Vergleich hätte ich L.O. Andsnes anzubieten, welchen ich damit allerdings schon einige Jahre nicht mehr gehört habe.
    MlG
    D.

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  • zum Vergleich hätte ich L.O. Andsnes anzubieten, welchen ich damit allerdings schon einige Jahre nicht mehr gehört habe.

    Lieber Damiro,


    die Aufnahmen habe ich nicht (Andsnes, kann ich mir vorstellen, ist bestimmt gut!), aber diese hier vom Solo-Klavierwerk zumindest mit der Sonate 1905:



    Schöne Pfingsten
    Holger

  • Seit einiger Zeit gibt es eine EDITION HÄNSSLER- Box, 10 CDs zu 15 EUR, wo die Mitschnitte sowohl live als auch aus dem Studio sind, ab 1949 bis 1962, aus Köln, New York, Edinburgh und Salzburg. Die Box kaufte ich wegen der JANACEK Klaviersonate, die auf CD 1 und auf CD 10 ist, letztere in der (Fremd- ?)Bearbeitung als Septett, ausserdem wegen der Klavierzyklen IM NEBEL und AUF VERWACHSENEM PFAD von JANACEK (wir wissen, dass Janacek ein spätberufener (Komponist) und Firkusnys Lehrer war).


    Anfangs war ich über den merkwürdigen, schwer akzeptablen Klavierklang enttäuscht und wollte das Ganze zurückschicken. Es ist kein historischer Klang, sondern das Resultat irgendeiner "Verbesserung", vermutlich des Re- Masterings (durch Torben Widdermann). Ausserdem merkt man, dass die Aufnahme- Equipments für die Masterbänder sehr verschieden waren, somit die Klavierübertragung auch mal etwas besser sein konnte. Ausserdem gewöhnt sich das Ohr in gewissen Grenzen an ein Klangbild....ja, ja...


    Hinzu kommt noch:


    - dass ich R. Firkusny aus dem damaligen Süddeutschen Rundfunk der frühen 60er Jahre kennengelernt hatte

    - dass R. Firkusny, der ab 1940 in Amerika war, auch international als sehr guter Pianist galt

    - dass er Brahms KK 1 mit den NYPhilharmonikern unter Hans Rosbaud gespielt hatte (CD 2)

    - die wunderbare Franck`sche Violinsonate in A-Dur mit Erica MORINI (aus Wien) performierte, zur Jahrhundertmitte eine der drei weltbesten Geigerinnen neben G. NEVEU und I. HAENDEL.

    - er einen teilweise optimistischen SCHUMANN, der sozusagen weit ausschreitend durch den deutschen Frühling wandert, darbietet in Gestalt der Fantasie op. 17 (bei mir in harter Konkurrenz zu M. POLLINI und V. HOROWITZ !)


    Zuletzt noch (nein, das hat er nicht ganz so gut gemacht, weil etwas klebrig und ohne Grazie in die Tasten gedrückt !) die Klavierfantasien KV 385 und 475 von W. A. M., die ich selbst gespielt habe.


    Somit wird ein so zweifelhafter Kauf durchaus zum echten Schnäppchen