Parallel zu jenem Thread
Die vergessenen Italiener des Barock
möchte ich heute einen starten, der sich mit interessanten italienischen Komponisten der Vorklassik, galanten Epoche, aber auch der Klassik befasst. An sich würde ich gerne für jeden der hier zu nennenden Komponistn einen eigenen Thread widmen, allein zumeist reicht das vorhandene biographische - vor allem aber auf Tonträger eingespielte - Material einerseits - und das Interesse andrerseits - zumeist nicht aus.
Wenn es uns gelingt die Aufmerksamkeit auf einige dieser Komponisten zu lenken, dann ist meines Erachtens schon viel erreicht. Es geht hier nicht darum unbekannte Namen aus der Mottenkiste zu holen, mit dem Ergebnis, daß sich niemand dafür interessiert.
Dieses Schicksal widerfährt zahlreichen Aufnahmen "unbekannter Komponisten", welche mit bester Absicht veröffentlicht - aber unzureichend vorgestellt werden. Die Klassikzeitschriften jammern immer über die geringe Anzahl an Neuaufnahmen - es gäbe kaum Stoff. Das entspricht aber nicht der Realität. Ein unbekannter Komponist muß - ähnlich wie ein junger Interpret - erst "aufgebaut" werden. Da muß alles passen. - vorzugsweise die zu erwartende Akzeptanz beim Publikum - aber auch das Angebot und die Promotion. Vivaldi - und in geringerem Maße auch Bocerini - sind hier gute Beispiele - würde ich sie heute als "unbekannte" Komponisten hier vorstellen - ich würde ausgelacht - vor ca 40 Jahren war dies aber durchaus so....
Sollte es sich herausstellen, daß der eine oder andere Komponist für einen eigenen Thread geeignet ist, so kann man den noch immer nachreichen.
Mein erster Kandidat in diesem Kreis ist Antonio Lolli (Bergamo 1725 - Palermo 1802)
Eigenartigerweise lernte ich ihn erst durch diese Cd kennen:
(Ich empfehle mal in den Track 10 der Samples hineinzuhören - Einfach auf das Cover klicken und dann Tarack 10 wählen)
Ich war schlechthin begeistert. An wen erinnerte mich diese Musik ?
Ich habe lange gebraucht, bis mir klar war, daß es Boccherini war, seine Cellokonzerte.
Aber auch als Vorläufer Paganinis mag er gelten.....
Natürlich gibt es da gravierende Unterschiede, aber der weiche , liebliche und dennoch brillante Ton, die eingängige Melodik (beinahe jeder Satz ist ein Ohrwurm)
Lolli war Violinvirtuose und Komponist und bereiste im Rahmen seiner Gastspiele weite Teile Europas, unter anderem war er 1763 in Wien. 1771 traf er die Familie Mozart in Italien, was durch einen Brief von Leopold Mozart belegt ist. Er war bekannt mit Jommelli und Dittersdorf.
1774 war er in St. Petersburg, wo er zum Kammervirtuosen von Zarin Katharina II ernannt wurde, welche ihm, ebenso wie Fürst Potemkin (Lolli widmete ihm mehrere Werke) sehr gewogen war.
Er bekam daher stets großzügig Urlaub, wenn er Gastpiele ins Ausland plante, etwa nach Warschau , Paris, Amsterdem, London, Hamburg und Berlin.
Musikkritiker seiner Zeit lobten seine Virtuosität, sagten seinen Werken jedoch Mangel an Tiefgang nach. Den wird der vermtlich auch gar nicht angestrebt haben. MGG schreibt als Anmerkung hiezu, daß viele Kritikpunkter der zeitgenössichen Kritik heute überzogen scheinen - er komponiert, den Gepflogenheiten der Zeit entsprechend...
In Paris war er uneingeschränkter Meister des Podiums, der erst von Viotti übertroffen wurde...
Sein Euvre ist- wie bei vielen Virtuosen üblich - nicht allzu groß
Immerhin gibt es seit 2007 eine Gesamtaufnahme aller Violinkonzerte auf 3 CDs vom italienischen Label Dynamics, sowie seit 2010 eine weitere CD mit Violinsonaten
Ich hoffe Euer Interesse auf Lolli geweckt zu haben...
mit freundlichen Grüßen aus Wien
Alfred