Ich habe vor einiger Zeit angeregt, nach kleinen Perlen in der Oper zu suchen. Nach dem Anhören der wunderschönen Eichhorn-Aufnahme der "Klugen" (mit Lucia Popp, die natürlich viel besser ist als E. Schwarzkopf) kam ich auf die Idee, dass es diese Perlen im Libretto auch gibt. Zwei Beispiele aus der "Klugen"!
1. Der König lässt die kluge Bauerstochter zu sich kommen und gibt ihr drei Rätsel auf, die sie raten muss, um sich und den Vater zu retten. Das dritte Rätsel geht etwa so: es schwimmt ein Mühlenstein auf dem Wasser, drei Männer sind drauf, ein Blinder, ein Lahmer, ein Nackter. Der Blinde sieht einen Hasen, der Lahme fängt ihn, der Nackte steckt ihn in die Tasche. Natürlich kennt die Kluge die Antwort. Aber statt direkt zu antworten, spinnt sie die Welt des Rätsels weiter: "der Taube, der hört es, der Stumme sagt´s weiter"; es ist eine Lüge. Eine echte Librettoperle!
2. Auch der Schluss der Klugen ist so eine Perle! Ich meine jetzt nicht die Geschichte mit der Truhe, die ja wunderbar genug ist. Zu Beginn hatte die Kluge ihrem Vater empfohlen, den gefundenen goldenen Mörser nicht dem König zu bringen, weil der dann auch den nicht gefundenen Stößel haben wolle. So kam es auch. Allerdings ging die Geschichte gut aus, der König bekam und behielt die Kluge.
Zum Schluss aber relativiert der Bauer alles, indem er fragt: "Am Ende hat sie den Stößel doch gefunden..."
3. In Peter Cornelius´wunderbaren Oper "Der Barbier von Bagdad" muss der Prinz vor dem Stelldichein noch rasiert werden. Der Barbier bramabarsiert, nur er rasiert nicht. Da ruft der Prinz seine 12 Diener, die den Barbier hinauswerfen sollen. Er zählt sie alle auf, der letzte Name ist der komischste: Motawackl. Da denkt man an Dackel und denkt sich eine Besetzung in ganz klein oder ganz groß aus. Also eine Librettoperle. Aber diesmal nur eine vermeintliche. Vor Jahren, als die Taliban in Kabul herrschten, sah man einen Film einer afghanischen Journalistin, durch die Burka heimlich gefilmt, z.B. Hinrichtungen von Frauen im Stadion von Kabul. Der Justizminister wurde von anderen westlichen Journalisten darüber befragt und gab sinngemäß zur Antwort: wenn der Westen Geld gäbe, könnte man eine eigene Hinrichtungsstätte bauen.
Sein Name: Wakil Motawakil - unser Motawackel. Er ist inzwischen verurteilt.
Vielleicht finden die Taminos weiter Librettoperlen!