SALOME (Richard Strauss, Deutsche Oper Berlin 1990)

  • SALOME
    Oper in einem Akt von Richard Strauss



    Salome: Catherine MALFITANO :jubel:
    Jochanaan: Simon ESTES
    Herodias: Leonie RYSANEK
    Herodes: Horst HIESTERMANN
    Narraboth: Clemens BIEBER


    Orchester der Deutschen Oper Berlin
    Regie: Peter WEIGL :jubel:
    Bühne: Josef SVOBODA
    Kostüme: Josef JELINEK
    Choreographie: Bernd SCHINDOWSKI


    Dirigent: Guiseppe SINOPOLI


    Live-Aufnahme 1990


    Urteil: eine Sternstunde in nur mäßiger Dokumentation




    Hier liegt eine Inszenierung der „Salome“ vor, wie man sie sich nur wünschen kann!


    Vor einer riesigen Mondscheibe zeigt sich der nächtliche Hinterhof eines ganz in weiß gehaltenen verwinkelten Gebäudekomplexes von Herodes´ Palast. Die Farben Schwarz und Weiß bestimmen die Szenerie und werden später in den Kostümen und Requisiten lediglich noch durch Rot und Silber ergänzt. Die Kostümentwürfe erinnern übrigens stark an die Illustrationen Aubrey Beardsleys zu Wildes „Salome“ und finden auch bei der psychologischen Beschreibung der Charaktere Verwendung; so z.B., wenn Salome (anfangs in schwarze und weiße Gewänder gehüllt) nach ihrem Schleiertanz einen blutroten Mantel umgehängt bekommt.


    Im Hof des Palastes entwickelt sich nun das Drama um die Prinzessin Salome, das von Weigl genau seziert wurde. Ein paar inszenatorische Details seien dafür als Beleg herausgepickt:
    - Die Tatsache, daß Salome kommentarlos über den Selbstmord Narraboths hinweggeht, wird damit erklärt, daß dieser von ihr unbemerkt hinter ihrem Rücken geschieht.
    - Der Auftritt des halbnackten und sehr virilen Jochanaan macht Salomes Begeisterung und Verlangen nach ihm nachvollziehbar.
    - In dem langen Orchesterpart nach Jochanaans Abgang treten einige ebenfalls nur lose bekleidete Soldaten/Höflinge auf, die Salome zu Willen sein würden. Sie wehrt sie jedoch ab und zeigt damit, daß Jochanaan etwas anderes und mehr als bloße körperliche Begierde in ihr geweckt hat. Das Problem ist nur, daß der Prophet sich ihr nicht erklären kann und will, womit das eigentliche Drama um Salome beginnt.
    - Die erregte Diskussion der Juden und der Nazarener wird von Herodes lachend verfolgt und immer weiter angestachelt, bis er realisiert, daß der Messias auch Tote wieder zum Leben erwecken kann. Erschrocken wendet er sich an Herodias und macht damit klar, daß sein verstorbener Bruder (Herodias erster Mann) ja auch wieder auftauchen könnte…


    Diese Beispiele mögen genügen, um zu zeigen, wie Weigl Strauss´ Oper aufschlüsselt. Ihm steht dabei ein Sänger- und Darstellerteam zu Verfügung von dem mancher Regisseur nur träumen kann. Allen voran Cahterine Malfitano, die man für ihre Interpretation der Titelrolle nicht genügend loben kann. Eine derart intensive Gestaltung einer Rolle sieht man nicht alle Tage, wobei natürlich noch dazu kommt, daß sie auch rein optisch der Vorstellung, die man von Salome hat, entspricht. Ihr Tanz der sieben Schleier (geradezu expressionistisch) zieht alle erotischen Register und begeistert damit nicht nur Herodes, während die langen Küsse mit dem Haupt des Jochanaan einen wirklich zwischen Faszination und Abscheu hin- und herpendeln lassen. (Der Rest der Besetzung ist ebenfalls darstellerisch und gesanglich beeindruckend, wird von ihr aber bei weitem überstrahlt.) Am Ende Aufführung, wenn sich die schwarzen Silhuetten der Soldaten, die Salome niederstechen, vor blutrotem Hintergrund abzeichnen, ist man sich als Zuschauer bewusst, eine große und äußerst intensive Produktion gesehen zu haben.


    Mit dieser Aufzeichnung der „Salome“ aus der Deutschen Oper Berlin wurde jedoch die riesige Chance vertan, eine geradezu vorbildliche Inszenierung adäquat zu dokumentieren. Die Kameraführung ist mitunter nicht sonderlich sinnvoll und verliert oft das Geschehen aus den Augen. Manche Totale oder anders gewählte Bildausschnitte wären da sicher hilfreich gewesen. Desweiteren gibt es Tonschwankungen, Unschärfen im Bild und einen völlig absurden Blackout vor Herodes Bitte, daß Salome für ihn tanzen soll. Ich vermute, daß man hier nicht genug Mühe darauf verwenden konnte/wollte, das vorhandene Material für die Präsentation auf DVD aufzuarbeiten. Ein Jammer!


    Fazit: Atmosphärisch, musikalisch und interpretatorisch liegt hier eine Meisterleistung vor, die leider von der technischen Umsetzung torpediert wird.