„Lucia di Lammermoor“ an der DOB (Mosuc, Calleja) – 10. und 24. April 2011

  • Donizetti schrieb sein Meisterwerk auf der Grundlage des Romans „Die Braut von Lammermoor“ von Sir Walter Scott. Das Libretto lieferte Salvatore Cammarano, der das Liebesverhältnis von Lucia und Edgardo in den Mittelpunkt des Geschehens rückte. Die Uraufführung der Oper am 26. September 1835 am Teatro San Carlo in Neapel wurde ein großer Erfolg, der nur dadurch getrübt wurde, dass Donizettis Freund Vincenzo Bellini drei Tage vor der Premiere überraschend verstorben ist.


    Das Werk verbreitete sich rasch in Europa: Wien 1837, Madrid 1837, Paris 1837, Lissabon 1838, London 1838, Berlin 1838, Prag 1838, Amsterdam 1839, Stockholm 1840, St. Petersburg 1840 und Kopenhagen 1841.


    Eine von Donizetti überarbeitete französische Version hatte in Paris am 6. August 1839 Premiere.


    Um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert verkam diese Oper, wie viele andere Belcanto-Werke, zu reinen „Kanarienvogel-Interpretationen“.


    Erst Maria Callas nahm in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts dieses Werk wieder wirklich ernst und sorgte mit der Interpretation der Lucia sowie weiterer Partien aus diesem Genre für die Renaissance der Balcanto-Oper. Wichtige Rollenvertreterinnen der Lucia waren nach Callas: Renata Scotto, Joan Sutherland, Anna Moffo, Beverly Sills, Edita Gruberova, Natalie Dessay und Mariella Devia.


    Meine erste Begegnung mit dieser Oper hatte ich in den 70er Jahren durch Rundfunksendungen von Opern. Hier hörte ich zunächst Maria Callas und Joan Sutherland. Schon damals war ich fasziniert von der Oper und der Musik. Damals war es mir noch nicht möglich von den besagten Künstlerinnen Schallplatten zu erwerben. Als Zwischenlösung diente eine tschechische Einspielung unter Ziino mit Guglielmi, Flabó und Cappuccilli. Nach dem Mauerfall konnte ich mir dann all die Aufnahmen zulegen, die mir so wichtig waren.


    Die erste szenische Aufführung erlebte ich Anfang der 90er Jahre an der Deutschen Oper Berlin in der gleichen Inszenierung, die auch heute noch im Repertoire ist. Damals sangen Lucia Aliberti und Alfredo Kraus. Diese Aufführungen waren immer eine Sensation – schwer überbietbar.


    Seit vielen Jahren lenke ich nun schon meine Schritte in diese Inszenierung von Filippo Sanjust, der auch für die Bühnenbilder und die Kostüme verantwortlich zeichnet. Auf fast 120 Aufführungen hat es diese Deutung aus dem Jahre 1980 schon geschafft. Hierbei handelt es sich wirklich um eine sehr konventionelle Umsetzung der Oper, die wirklich etwas fürs Auge ist.


    Das Paar Elena Mosuc und Joseph Calleja sind hier nicht zum ersten Mal in diesen Partien zu sehen. Elena Mosuc gibt eine sehr jugendliche Lucia ab, der es gelingt (im Gegensatz zu Frau Netrebko) die Koloraturen voll auszusingen. Die Spitzentöne gelangen ihr fabelhaft. Nach der Wahnsinnszene war die Begeisterung des Publikums grenzenlos – und dies völlig zu Recht. Joseph Calleja, der jetzt etwas schlanker geworden ist, bot einen erstklassigen Edgardo. Völlig mühelos und grandios bewältigte er diese Partie. Da ich den Vergleich aus den vorherigen Jahren habe, kann ich mitteilen, dass sich seine Stimme noch besser entwickelt hat. Sein Stimmumfang ist voluminöser geworden. Er ist für mich derzeit der beste Edgardo. Nach der Aufführung gab es wahre Bravo-Stürme für beide Protagonisten. Beide Stimmen passen auch sehr gut zusammen. Aber auch Fikile Mvinjelva (Enrico), Gregory Warren (Arturo) und Arutjun Kotchinian (Raimondo) boten gute Leistungen.


    Ein besonderes Lob verdient erneut der Chor der Deutschen Oper Berlin (Einstudierung: William Spaulding). Ausgezeichnet spielte das Orchester der Deutschen Oper Berlin unter dem Dirigenten Guillermo Garcia Calvo.


    Es war insgesamt wieder ein sehr schöner Opernabend. In der nächsten Spielzeit freue ich mich auf Diana Damrau als Lucia und wiederum Joseph Calleja als Edgardo.


    :hello: LT

  • Hallo, Liebestraum!


    Ich gratuliere Dir zu dem Genuß, eine Oper wie die "Lucia" in konventioneller Inszenierung gesehen und gehört zu haben. Diese Möglichkeit hat man heutzutage immer weniger. Die Sängerin Elena Mosuc (Rumänin?) kenne ich nicht, werde sie aber mal im Auge behalten.


    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • Ich habe diese Auffühung an der Deutschen Oper Berlin Anfang April auch gesehen und hatte mir zunächst
    nichts Besonderes erwartet aber war auch ganz begeisert.
    Ein echt gelungener Abend der mit großem Jubel aufgenommen wurde!
    Die "Museum" Inszenierung fürs Auge kam immer noch sehr gut an und
    wurde vom Publikum beim Aufgehen des Vorhangzum 3.Bild mit langem Beifall belohnt.
    Nur fürs Bühnenbild und die Kostüme.
    Wann erlebt man das heutzutage noch???
    Ein total gelungener Opernabend! Einfach KLASSE!
    :jubel:

    mucaxel

  • Vielen Dank für die ausführliche Beschreibung. Ich habe ihn mit großem Interesse gelesen
    Ich habe auch gerade eine sehr schöne Lucia in Duisburg gesehen.

    Viele Grüße,


    Marnie

  • Danke für deinen Bericht, Liebestraum, und auch für den Exkurs in den "Werdegang" der Lucia di Lammermoor.


    Ich frage mich auch, warum in den letzten Jahren die Lucia vorwiegend mit lyrischen Koloratursopranen besetzt wird, da ja früher Sängerinnen von ganz anderem Kaliber die Partie gesungen haben. Du hast ja Callas oder Scotto erwähnt.
    Krassimira Stoyanova hat einmal gesagt sie würde sehr gerne die Lucia singen, aber leider hat ihr kein Opernhaus bis dato die Möglichkeit dazu geboten. Schlicht und einfach deshalb, weil sie kein lyrischer Koloratursopran ist, sondern ein lyrischer Sopran mit Tendenz zu Spinto.


    Calleja gilt derzeit tatsächlich als weltbester Edgardo. Mit dieser Rolle hat er gerade wahre Triumphe an der MET gefeiert und die wohl besten Kritiken seiner Karriere eingefahren. Selten habe ich so ein Loblied auf einen Sänger der Gegenwart gehört und eine Besucherin meinte gar, er wäre der beste Edgardo seit dem sie Luciano Pavarotti im Jahr 1973 in dieser Rolle gesehen hätte.
    Mosuc habe ich leider noch nicht gehört.


    Es ist schön zu lesen, dass es also auch in Deutschland noch gelungene konventionelle Inszenierungen gibt, wenn man bedenkt, dass dort das moderne Regietheater ja gar arge Blüten treiben soll.


    Gregor


  • Ich habe jetzt erst diesen Bericht gelesen. Aus Berliner Opernhäusern wird ja hier leider fast gar nichts gepostet, obwohl gerade an der DOB sich noch einige bemerkenswerte Inszenierungen auf dem Programm befinden. Dazu gehört die hier vorgestellte Lucia di Lammermoor, die ich ebenfalls wärmstens empfehlen kann. Ich konnte sie bereits im November 2010 erleben, in der Rolle der Lucia hier die sehr vorzügliche Jane Archibald :jubel: , daneben gefiel mir noch Yosep Kang als Edgardo sehr gut. Ein Lob den Kostümen von Filippo Sanjust.


    Wer die Nase voll vom so genannten Regietheater hat, ist mit dieser Inszenierung gut beraten. In dieser Saison gibt es die "Lucia" noch am 5. Mai, 8. und 14. Juni. Die hier erwähnte Diana Damrau singt am 8. Juni.


    Mit freundlichsten Grüßen


    :hello:


    timmiju

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Auch ich hatte das Glück, diese wunderbare Inszenierung vor fünf Jahren zu sehen, ebenfalls mit einer hervorragenden Lucia, nämlich Andrea Rost, und Franco Vassallo als Enrico. :jubel:
    Der Edgardo von Felipe Rojas Velozo war nicht so berauschend, daher überlege ich, ob ich am 8.Juni nochmal hinfahre. Damrau und Calleja wären es ja wert..

    "Tatsachen sind die wilden Bestien im intellektuellen Gelände." (Oliver Wendell Holmes, 1809-94)

  • Auch ich hatte das Glück diese wunderbare Inszenierung 1994 zu sehen. Damals sang der blutjunge Roberto Alagna den Edgardo und Lucia Aliberti die Lucia. Es war ein grandioser Abend.
    :hello:
    Jolanthe

  • Ich habe die Produktion im letzten Jahr mit der jungen Albina Shagimuratova erlebt. Die so hochgepriesene junge Sopranistin hat den Besuch voll gelohnt.
    Es gab auch Bühnenbilder. Die sind mir nicht in Erinnerung geblieben.
    Sehr wohl aber ist mir in Erinnerung gebleiebn, dass es keine Inszenierung gab!
    Die Damen und Herren des Chores standen meistens teilnahmslos herum oder sie bewegten sich wie die Landleute in Cavalleria Rusticana. Was bei der Hochzeit so alles passierte, schien sie nicht sonderlich zu erregen! Noch desolter fand ich, dass es offenbar überhaupt keine Personenführung gab! Jeder der Solisten (neben Albina Shagimuratova noch David Lomelli und Quinn Kelsey) war auf sich allein gestellt! Und damit waren alle drei ziemlich verloren! Ein Graus!!!
    Da vergeht einem die Lust auf Oper, so schön auch die Protagonistin singt!


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!