Donizetti schrieb sein Meisterwerk auf der Grundlage des Romans „Die Braut von Lammermoor“ von Sir Walter Scott. Das Libretto lieferte Salvatore Cammarano, der das Liebesverhältnis von Lucia und Edgardo in den Mittelpunkt des Geschehens rückte. Die Uraufführung der Oper am 26. September 1835 am Teatro San Carlo in Neapel wurde ein großer Erfolg, der nur dadurch getrübt wurde, dass Donizettis Freund Vincenzo Bellini drei Tage vor der Premiere überraschend verstorben ist.
Das Werk verbreitete sich rasch in Europa: Wien 1837, Madrid 1837, Paris 1837, Lissabon 1838, London 1838, Berlin 1838, Prag 1838, Amsterdam 1839, Stockholm 1840, St. Petersburg 1840 und Kopenhagen 1841.
Eine von Donizetti überarbeitete französische Version hatte in Paris am 6. August 1839 Premiere.
Um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert verkam diese Oper, wie viele andere Belcanto-Werke, zu reinen „Kanarienvogel-Interpretationen“.
Erst Maria Callas nahm in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts dieses Werk wieder wirklich ernst und sorgte mit der Interpretation der Lucia sowie weiterer Partien aus diesem Genre für die Renaissance der Balcanto-Oper. Wichtige Rollenvertreterinnen der Lucia waren nach Callas: Renata Scotto, Joan Sutherland, Anna Moffo, Beverly Sills, Edita Gruberova, Natalie Dessay und Mariella Devia.
Meine erste Begegnung mit dieser Oper hatte ich in den 70er Jahren durch Rundfunksendungen von Opern. Hier hörte ich zunächst Maria Callas und Joan Sutherland. Schon damals war ich fasziniert von der Oper und der Musik. Damals war es mir noch nicht möglich von den besagten Künstlerinnen Schallplatten zu erwerben. Als Zwischenlösung diente eine tschechische Einspielung unter Ziino mit Guglielmi, Flabó und Cappuccilli. Nach dem Mauerfall konnte ich mir dann all die Aufnahmen zulegen, die mir so wichtig waren.
Die erste szenische Aufführung erlebte ich Anfang der 90er Jahre an der Deutschen Oper Berlin in der gleichen Inszenierung, die auch heute noch im Repertoire ist. Damals sangen Lucia Aliberti und Alfredo Kraus. Diese Aufführungen waren immer eine Sensation – schwer überbietbar.
Seit vielen Jahren lenke ich nun schon meine Schritte in diese Inszenierung von Filippo Sanjust, der auch für die Bühnenbilder und die Kostüme verantwortlich zeichnet. Auf fast 120 Aufführungen hat es diese Deutung aus dem Jahre 1980 schon geschafft. Hierbei handelt es sich wirklich um eine sehr konventionelle Umsetzung der Oper, die wirklich etwas fürs Auge ist.
Das Paar Elena Mosuc und Joseph Calleja sind hier nicht zum ersten Mal in diesen Partien zu sehen. Elena Mosuc gibt eine sehr jugendliche Lucia ab, der es gelingt (im Gegensatz zu Frau Netrebko) die Koloraturen voll auszusingen. Die Spitzentöne gelangen ihr fabelhaft. Nach der Wahnsinnszene war die Begeisterung des Publikums grenzenlos – und dies völlig zu Recht. Joseph Calleja, der jetzt etwas schlanker geworden ist, bot einen erstklassigen Edgardo. Völlig mühelos und grandios bewältigte er diese Partie. Da ich den Vergleich aus den vorherigen Jahren habe, kann ich mitteilen, dass sich seine Stimme noch besser entwickelt hat. Sein Stimmumfang ist voluminöser geworden. Er ist für mich derzeit der beste Edgardo. Nach der Aufführung gab es wahre Bravo-Stürme für beide Protagonisten. Beide Stimmen passen auch sehr gut zusammen. Aber auch Fikile Mvinjelva (Enrico), Gregory Warren (Arturo) und Arutjun Kotchinian (Raimondo) boten gute Leistungen.
Ein besonderes Lob verdient erneut der Chor der Deutschen Oper Berlin (Einstudierung: William Spaulding). Ausgezeichnet spielte das Orchester der Deutschen Oper Berlin unter dem Dirigenten Guillermo Garcia Calvo.
Es war insgesamt wieder ein sehr schöner Opernabend. In der nächsten Spielzeit freue ich mich auf Diana Damrau als Lucia und wiederum Joseph Calleja als Edgardo.
LT