Das goldene Dutzend I- Zwölf Interpreten die mich prägten (Dirigenten-Instrumentalsolisten)

  • Auf die Idee zu diesem Thread brachte mich Joseph II, der in Bezug auf ältere Aufnahmen, die ich bevorzuge, meinte, es wären ja Aufnahmen, die in meiner Jugend brandneu gewesen seien - deshalb wäre meine Affinität zu ihnen nur natürlich.


    Ganz so war das nicht, denn ich habe auch in meiner Jugend gleichaltrige Solisten eher skeptisch betrachtet ("Wenn der so jung -oder jünger ist als ich, dann kann er ja gar nicht gut sein") und die "großen Alten" bewundert, ditto Lichtgestalten wie Herbert von Karajan, wobei ich eigentlich gerade zu diesem Dirigenten eher ein zwiespätiges Verhältnis hatte - er war mir zu "modern".


    Aber nun zur Sache:


    Die potentiellen Mitspieler an diesem Thread werden eingeladen maximal 12 Interpreten (KEINE SÄNGER, da folgt ein Spezialthread gleichen Titels - Insider werden vorherahnen, daß dieser eine römische Zwei tragen wird...) zu nominieren, die ihren Klassikgeschmack geformt haben, wobei auch WENIGER Künstler genannt werden dürfen - ODER aber die Antworten gesplittet werden können, also so lange Künstler hinzugefügt, bis die 12 erreicht ist.
    ABER es wird gebeten, wenigstens in einigen Fällen ein paar erläuternde Worte des WIE oder WARUM hinzuzufügen. Man kann auch schreiben ob die Prägung durch bestimmte Interpreten eine weitgehend lebenslängliche war, oder ob es sich hier um ein temporäres Phänomen handelte....


    Viel Spaß mit diesem Sommerthread.


    wünscht Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Als erster Dirigent weckte meine Liebe zur klassischen Musik, speziell zur Musik Beethovens, nachhaltig Herbert von Karajan, dessen damals als Subsription erschienene Gesamtaufnahme der Beethoven-Symphonien ich mir vom Munde abgespart habe, und ich habe es bis heute nicht bereut.
    Zeitgleich lernte ich das 5. KK Beethovens durch Van Cliburn kennen, der meine Liebe zu Beethoven noch verstärkte, desgleichen weckte er durch das 1. Klavierkonzert Tschaikowskys mein Interesse für den, wie ich finde, größten russischen Komponisten.
    Als dritten möchte ich heute Karl Böhm nennen, dessen Referenzaufnahme der Zauberflöte mir wenige Jahre später meine Tante zur Matura schenkte.
    Wieder kurze Zeit später erwarb ich die 32 Klaviersonaten Beethovens in der Interpretation Friedrich Guldas, was meine Beethovensammlung weiter vergrößerte und der Grundstein für eine heute doch recht ansehnliche Sonatensammlung wurde.
    Beide Dirigenten und beide Pianisten gehören heute noch zu wichtigen Bestandteilen meiner Sammlung, und wenn ich die Diskussion hier in Tamino verfolge, kann ich so falsch nicht gelegen habe, auch wenn sich an Herbert von Karajan manche Geister auch bei Tamino reiben.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Schön, daß dich meine Mutmaßung zu diesem Thread inspirierte, lieber Alfred!


    Ich bin vielleicht noch etwas jung (24), um sagen zu können, welche Interpreten mich prägten. Trotzdem will ich mal versuchen, dennoch mitzumachen. Wer weiß, was ich auf diese Frage in zehn oder zwanzig Jahren antworten würde. Daher mal unter Vorbehalt der bisherige Stand.


    Instrumentalsolisten prägten mich bisher überhaupt nicht. So banausenhaft es klingen mag, aber solche Werke interessieren mich bisher nur sehr peripher (mal abgesehen von wenigen Ausnahmen, davon fast nur Klavierkonzerte). Ich meine auch noch nicht über die nötige Hörerfahrung zu verfügen, um einen Weltklasse-Pianisten oder -Geiger von einem durchschnittlichen wirklich unterscheiden zu können. Also sparen wir uns das.


    Bei mir waren es folglich nur Dirigenten. Denke ich chronologisch zurück, so standen ganz am Anfang interessanterweise eher Barock-Spezialisten: Karl Richter und Helmut Koch. Zu Beginn meiner bewußten "Klassik-Zeit" hörte ich fast nur Alte Musik, allerdings schon damals in Nicht-HIP-Aufnahmen (was mir seinerzeit überhaupt nicht bewußt war). Sicherlich hat mich das insofern geprägt, als daß ich nicht von vornherein solche aus heutiger Sicht antiquierten und romantisierten Aufnahmen verwerfe. Die haben durchaus ihre Meriten, und dabei bleibe ich auch. Da kann mich kein "HIPist" bekehren (was nicht heißen soll, daß ich HIP von vornherein ablehne).


    Als sich mein Repertoire allmählich auf die eigentliche Klassik ausdehnte, erfolgte logischerweise auch ein Dirigentenwechsel. Ich glaube, die prägendste Gestalt dieser Phase war Herbert von Karajan. Viele, wenn nicht die meisten Klassik-Freunde dürften in ihren Anfängen viel Karajan gehört haben. Wieso das so ist, soll hier nicht Thema sein, aber er ist für den Laien eben der wohl bekannteste Dirigent (vermutlich auch vor Bernstein und Furtwängler, was keine Wertung sein soll!), und daher greift man zuerst zu Karajan. Verdorben hat er mich nicht, allerdings habe ich mich schrittweise von ihm und seinem Stil "emanzipiert". Manche Werke höre ich auch heute noch gern unter ihm, aber der omnipotente Lieblingsdirigent ist er schon lange nicht mehr. In dieser Phase hörte ich viel Verdi und Puccini, näherte mich also langsam der Oper. Mozart stand noch ziemlich im Schatten.


    Natürlich kannte ich auch damals schon so berühmte Dirigenten wie Karl Böhm oder Sergiu Celibidache. Bei den beiden hatte ich auch (kürzere) Phasen. Böhm finde ich nach wie vor Klasse bei R. Strauss, Celibidache bei Bruckner. Wie man sieht, näherte ich mich immer mehr der Romantik, die dann auch bis heute meine Lieblingsmusikepoche geblieben ist. Durch mein zunehmendes Interesse für Mahler und Bruckner kamen wiederum andere Dirigenten ins Spiel: Leonard Bernstein und Eugen Jochum etwa. Lenny liebe ich noch heute absolut, vielleicht mein Lieblingsdirigent der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sein Mahler ist für mich lange Zeit eben "der" Mahler geblieben. Unübertroffen ist nach wie vor m. E. sein Sibelius oder Nielsen. Jochum prägte sicherlich mein Bruckner-Bild nachhaltig. Schon damals tendierte ich eher zum weihevoll-feierlichen Stil.


    Vor etwa drei, vier Jahren kristallisierte sich immer mehr Wagner als mein Lieblingskomponist heraus. Freilich, von den genannten Dirigenten waren viele auch Wagner-Dirigenten. Karajans und Jochums "Meistersinger", Böhms "Tristan" und Sir Georg Soltis "Ring" natürlich sind hier zu nennen. Solti mochte ich lange Zeit auch besonders. Heute hält sich das in engen Grenzen. Sein "brutales" Dirigat verleidet mir so manche Aufnahme. Die Suche nach dem idealen Wagner-Dirigenten begann, nachdem ich mit Karajans Weichzeichnung und Böhms und Soltis für mein Empfinden tlw. viel zu raschen Tempi nicht so wirklich mein Ideal gefunden hatte.


    So kam ich dann wohl auf Hans Knappertsbusch. Er ist für mich heute "der" Wagner-Dirigent schlechthin. Und lange Zeit blieb er (leider) auf diesen Komponisten beschränkt in meiner Sammlung. Nach und nach entdeckte ich seinen Bruckner, Beethoven, Schumann, Schubert und Haydn für mich, alles in seinem unverkennbaren Stil gehalten. Diese Monumentalität und Größe beeindruckt mich nach wie vor. Dazu sein nahezu einmaliges Gefühl für einen immensen Spannungsaufbau, verbunden mit z. T. sehr langsamen, weihevollen Tempi. Neben Knappertsbusch rückten dann auch Wilhelm Furtwängler und Otto Klemperer stärker in meinen Fokus. Diese drei sind seit geraumer Zeit meine "großen Drei". Bei Knappertsbusch liebe ich das Pathos, bei Furtwängler die Hingabe, bei Klemperer die Strenge.


    Jetzt habe ich elf genannt, einer geht also noch. Da müßten jetzt etliche Namen fallen. Ich will mal Jascha Horenstein herauspicken, den ich bei Mahler teilweise nicht zu toppen empfinde. Keilberth, Kempe, Mitroupolos, Tennstedt, Fricsay und Co. mögen mir vergeben, sie alle müßte man eigentlich auch noch nennen. Aber das "goldene Dutzend" ist erreicht.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich habe etwas gezögert, hier zu antworten. Bei mir ist die Prägung zunächst einmal überhaupt nicht von irgendwelchen Künstlern ausgegangen, sondern durch Hörgewohnheiten im Elternhaus.


    Da war durch den Vater die Klassik und durch die (taube und nur mit Kopfhörer Musik hörende) Mutter die Operette vorgegeben. Und da es am Beginn meiner bewußten Hörerfahrungen nur den Rundfunk und keine Platten oder Tonband gab, war an eine bewußte Prägung durch ausübende Künstler nicht zu denken.


    Es wurde das montägliche "Symphoniekonzert" im NWDR gehört, im Wechsel durch Hans Schmidt-Isserstedt (NDR) und Günter Wand (WDR) geleitet. Sicherlich gab es damals auch Gastdirigenten bei diesen Rundfunk-Übertragungen, aber - und da wäre ich dann doch bei den "prägenden" Dirigenten gelandet - die Namen der beiden schon genannten Chefdirigenten der Rundfunkorchester waren schon wegen der Häufigkeit ihrer Auftritte im Gedächtnis gespeichert, die der Gastdirigenten naturgemäß weniger.


    Übrigens nur nebenbei: Bei den Operetten waren es immer die Namen der Dirigenten, die mir sofort haften blieben: Marszalek (WDR) und Stephan (NDR).


    Konsequenterweise muß ich hier dann Hans Schmidt-Isserstedt und Günter Wand als zunächst prägende Dirigenten-Persönlichkeiten nennen. Und falle damit bestimmt aus dem Rahmen heraus...

    .


    MUSIKWANDERER

  • Durchaus nicht, lieber musikwanderer, was das Radiohören betrifft, so haben sich auch mir gerade diese vier Namen eingeprägt, wobei Günter Wand sich ja später als einer meiner liebsten Dirigenten gezeigt hat, vor allem, weil ich durch ihn auf Bruckner gekommen bin und ihn heute für den Brucknerdirigenten halte. Franz Marszalek und Wilhelm Stephan habe ich natürlich auch sehr oft gehört.
    In meinem vorherigen Posting hatte ich die Künstler genannt, die mein Schallplatten/CD-Sammeln grundgelegt haben und mich in bestimmte Richtungen (Beethoven, Mozart) gelenkt haben.


    Liebe Grüße


    Willi

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Der erste war zweifelsohne Herbert von Karajan. In unserer Stadtbibliothek gab es die komplette Serie "KARAJAN-EDITION - 100 Meisterwerke" auf MusiCassette - mit Bildern von Eliette von Karajan auf dem Cover. Die habe ich verschlungen. Da lernte ich kennen: Bach, Brandenburgische Konzerte und Ouvertüren. Berlioz, Symphonie fantastique. Dvorak, Sinf. Nr. 9. Usw. usw. - Die Faszination hielt auch später an, hat aber andere Schwerpunkte erhalten: Beethoven (1961), Wagner (Meistersinger), Verdi (Don Carlo, Aida, Falstaff), Bruckner (4., späte 7. + 8.), Brahms 1-4, Tschaikowsky 1-6, Mahler 6., R. Strauss (sinf. Dichtungen), Honegger (2. + 3.), Zweite Wiener Schule. Das meiste davon fand innerhalb meiner ersten fünf CD-Sammeljahre den Weg in mein CD-Regal.


    Dann kam Bernstein. Erstens war der so erfrischend unkonventionell und zweitens hatten wir vier der Beethoven-Sinfonien in den letzten Wochen des Oberstufenkurses Musik gehört (GA Wien live, DG). Diese Box wurde dann meine erste Beethoven-Box. Aber auch für seinen Mahler begeisterte ich mich - dieser Zugang zu Mahler hat mich entscheidend geprägt.


    Harnoncourt hat mir einen Zugang zu Mozart geschaffen. Angefangen hat das mit einem Geschenk - Gulda spielt Klavierkonzerte mit Harnoncourt. Daraufhin habe ich mir die Sinfonien mit Harnoncourt verschafft und auch Zauberflöte und Don Giovanni. Aber auch bei Bach und Beethoven schätzte ich Nikolaus Harnoncourt sehr. Ohne Zweifel prägend.


    Gardiner folgte Harnoncourt. Seinen Bach, Mozart, Beethoven fand ich noch besser als den unter Harnoncourt.


    Einen abgeklärteten Zugang zur Musik - als Gegensatz zu Gardiner und Bernstein - vermittelte mir dann Günter Wand mit seinen Einspielungen der Sinfonien und Beethoven, Brahms und Bruckner, letztere vor allem in Live-Mitschnitten.


    Solti war für mich sehr früh tonangebend in Sachen Wagner - Holländer, Tannhäuser, Lohengrin und den Ring lernte ich unter seinem Dirigat kennen. Übrigens auch Rigoletto. Die Aida mit Leontyne Price schätzte ich sehr. Dito seinen Mahler: 5. 6. 7. 8. Nicht zu vergessen R. Strauss - bei Salome und Elektra waren die Aufnahmen unter Solti (mit Birgit Nilsson) meine Ersten.


    Irgendwann kam dann die Entdeckung des völlig anderen - Sergiu Celibidache. Bruckner wie von einem anderen Stern. Aber auch Débussy und Ravel waren fantastisch. Höre ich immer noch sehr gerne.


    Furtwängler fand ich mit Beethoven (5., 9.), Schubert (8. + 9.), Schumann (4.), Wagner (Ring 1953, Tristan) und Brahms (1.) grandios.


    Klemperer ließ mich Beethoven völlig neu - sehr titanisch - erleben. Aber auch Brahms und Mahler (9.) fand ich mit Klemperer ohnegleichen.


    Manches im Streichquartett-Repertoire lernte ich mit dem Alban-Berg-Quartett kennen: Mozart, Beethoven, Bartok. Aber auch das Schubert-Quintett mit Heinrich Schiff am 2. Cello.


    Maurizio Pollini war eines meiner Klavier-Idole. Vor allem wegen der Chopin-Etüden, aber auch wegen der späten Beethoven-Sonaten und einiger Werke des 20. Jhds. (Stravinsky - 3 Sätze aus Petrouschka, Prokofieff 7., Webern, Boulez)


    Svjatoslav Richter kannte ich eigentlch nur mit zwei Werken - die aber waren unglaublich gut: Brahms KK 2 mit Leinsdorf und die Appassionata.


    So, das waren schon 12, so dass Horowitz, das Auryn-Quartett (Schubert 15), Martha Argerich (Chopin Préludes), das Trio Fontenay (Schubert, Brahms) u. v. a. m. unter den Tisch fallen müssen.

  • 1) Helmut Walcha - als Jugendlicher habe ich ihn als ersten Klassik-Interpreten bewußt gehört, eine Musik, die so unerhört anders war als die der Beatles und Rolling Stones und trotzdem so ergreifend


    2) Neville Marriner und the Orchestra of St. Martins in the Fields - wenn ich dann als etwas älterer Jugendlicher vor dem Radio gehockt bin, um ein noch nicht bekanntes Stück mitzuschneiden, waren dieser Dirigent und dieses Orchester immer Garanten dafür, daß es mir wohl gefallen würde.


    3) Glenn Gould - seine ungeheure Technik, sein Gebrumm, seine etwas "seltsamen" Ansichten (dokumentiert von Bruno Montsaignon ??), fand ich so attraktiv, daß er mein erster Klassik-Popstar wurde


    4) Dubravka Tomsic - da ich mir als Student teure CDs nicht leisten wollte, habe ich häufig preiswerte Ausgaben des Musikverlages Pilz gekauft - und Dubravka Tomsic als hervorragende, technisch über alle Zweifel erhabene Interpretin, hat mir fast immer besonders gut gefallen


    5) Alexis Weissenberg - ursprünglich hat er nur eine einzige für mich relevante Platte eingespielt: Bach-Transkriptionen verschiedener Komponisten. Aber diese Platte was soooooooooo gut, daß darauf enthaltene Stücke sofort die Positionen 1-3 in meinem damaligen Musik-Universum besetzten


    6) Ann Sophie von Otter (auch wenn Sänger resp. Sängerinnen nicht zugelassen sind, sie war halt wichtig für mich) - bis zu ihr war mir klassischer Sologesang eher suspekt, zumal weiblicher: tendentiell kreischende, unnatürliche Stimmen, in jedem Idiom unverständliche Aussprachen - die Otter als Mezzo war so völlig anders, nicht kreischend, sondern tatsächlich singend, wunderbare Stimme, gute Stücke...


    7) Pepe Romero - der Gitarrengott schlechthin: wenn andere (auch so gute Leute wie Julian Bream oder John Williams) spür- und hörbar arbeiten mußten, um bestimmte Referenzstücke (Tarrega, Recuerdos - Bach, BWV 1004, insbesondere die Chaconne) auf die Kette zu kriegen, nahm Romero diese Hürden in scheinbar müheloser Eleganz - der meines Erachtens beste Gitarrist seiner Zeit


    8 ) Miklos Spanyi - wieder eine von den preiswerten Pilz-CDs: die BWV 538 (dorische Toccata und Fuge d-moll) ist auch heute noch meine absolute Referenz für Orgel, technisch und tontechnisch unerreicht - auf dem CD-Cover fälschlich einem Otto Winter zugeschrieben


    9) Andrei Gavrilov - der erste Pianist, der eine Einspielung vorlegte, die besser war, als die vergleichbare Einspielung von Gould, und dann auch noch in dessen Parade-Disziplin: Goldberg-Variationen


    10) The Sixteen - mit den Chandos Anthems von Händel, eingespielt von The Sixteen Choir and Orchestra, Harry Christopher, begann für mich das Interesse an Chormusik, ein Interesse, das sich bis heute nicht abgekühlt hat


    11) I Musici - zum Ende der Studentenzeit war meine wichtigste Entdeckung in der klassischen Musik das op. 5 von Tommaso Albinoni, gespielt von einer Truppe namens "I Musici", von der ich danach weder etwas gehört noch gesehen habe - ist aber auch heute noch mein Maß aller Dinge für Orchestermusik


    12) Jacques Loussier - seit ich Barock-Musik toll finde (und mehr oder weniger gleichzeitig habe ich auch Jazz lieben gelernt), liebe ich auch Loussier.

  • Auch ich will meine 12 prägenden Künstler - aus dem Bauch heraus - vorstellen.


    Da war zunächst einmal Ferenc Fricsay. Er war gegen Ende seiner Tage DER Hausdirigent der Deutschen Grammophon Gesellschaft, Es gab fast nichts was er damals nicht eingespielt hatte. Seine Jupiter-Sinfonie von Mozart hat mehr Strahlkraft als jene von Karl Böhm.


    Damit sind wir bei meinem Hausgott unter den Dirigenten in Bezug auf Wiener Klassik angelangt. Karl Böhms Mozart war schlechthin Referenz - und ist es für viele noch heute. Ich war auch von seinem Wiener Beethoven-Sinfonien-Zyklus begeistert, den ich jenem von Karajan vorzog,Karajans Lesart erschien mir "zu sportlich" - ich bezeichnete Karajans Beethoven Zyklus in meiner Jugend als "Beethoven in Turnschuhen"
    Schon in meiner Jugend war ich vergrämt, daß der greise Böhm seine letzten Lebensjahre verplemperte den damals von mir ungeliebten Richard Strauß auf Platte zu bannen, statt alle Klavierkonzerte von Mozart aufzunehmen etc etc....


    Eugen Jochum - für mich immer der "deutsche Karl Böhm" Auch er dirigierte "einen Mozart der Mitte", war ein hervorragender Haydn-Dirigent und generell ein Dirigent der "Wiener Klassik". Seine "Bruckner-Aufnahmen " kannte ich vorerst nicht - das war damals nicht mein Interessengebiet. Seine "Carmina Burana" hingegen wird mir immer unvergesslich bleiben....


    Mozarts Krönungskonzert - hier war Geza Anda prägend. Es hat lange gebraucht bis ich andere Aufnahmen akzeptiert habe, woran vielleicht auch der damalige Klang der Camerata academica Salzburg einen gewissen Anteil gehabt haben mag.


    Wilhelm Kempff, Claudio Arrau und Wilhelm Backhaus - das waren meine weiteren Hausgötter in Sachen Klavierspiel - Brendel kam erst viel später in mein Leben....


    Dann waren da noch die alten CBS Beethoven-Einspielungen von einigen Sinfonien unter Bruno Walter - Sie rauschent zwar vernhmlich wie alle amerikanischen Aufnahmen dieser Zeit - aber der warme Orchesterklang schien mir natürlicher zu sein, als jener der DGG.


    Drei Interpreten darf ich noch nomineren. Diese werde ich zu einem späteren Zeitpunkt nachtragen.....


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Um zwölf Interpreten ( vornehmlich kommen Dirigenten infrage) herauszufinden, die es wert sind, hier genannt zu werden, müsste ich sehr lange überlegen.
    Ich fange einfach mal an und zwar beginne ich mit denjenigen, denen ich herausragende Live-Erlebnisse ab meiner Jugendzeit verdanke.


    Da wäre zuerst einmal zu nennen, der Grandseigneur seiner Zunft, Kurt Sanderling. Er hat maßgeblich mein Verständnis von klassischer Musik, wenn man sie denn so nennen will, geprägt. Ich habe viele seiner Abonnementskonzerte am damaligen Berliner-Sinfonie-Orchester erlebt, vor allem seine Tschaikowsky-Interpretationen haben mich begeistert, Schostakowitsch, den er ebenfalls meisterhaft interpretierte, habe ich erst viel später verstanden. Sanderling (er wird in Kürze 99 Jahre alt!) war ein Dirigent der alten Schule, aufrecht in der Haltung, deutlich und ökonomisch in der Zeichengebung, mit der er die Musiker herausforderte und sie gleichsam stimulierte.


    Danach ebenfalls live erlebt, im nachhinein will ich sagen leider zu wenig, war Otmar Suitner, seinerzeit Chef der Berliner Staatskapelle. Auch er eine für heutige Maßstäbe noble Erscheinung, die mich besonders bei Brahms beeindruckte.


    Später, auch durch Konzerterlebnisse geprägt, habe ich Günter Wand schätzen gelernt. Unter Musikern etwas gefürchtet, weil er sehr sensibel und pedantisch gewesen sein soll, so waren aber insbesondere seine Bruckner-Darbietungen, die ich auch verschiedentlich auf CD und DVD habe, beispiellos.


    Natürlich darf in dieser Aufzählung Herbert von Karajan nicht fehlen, er ist nun wirklich ein Denkmal, auch weil er sich nicht mit Mittelmaß zufrieden gab. Auch wenn über diese oder jene Aufnahme kontrovers diskutiert wird, unterstreicht das nur seine Bedeutung für die Musikwelt, die er wohl immer behalten wird. Karajan habe ich in den letzten Lebensjahren einige Male erlebt, als er schon körperlich sehr gebrochen war und jeder im Publikum gespannt verfolgte, wie er mühevoll mit Hilfe das Dirigentenpodium erreichte.


    Weiter geht es mit Riccardo Chailly, dessen Mahler- und Bruckner-Interpretationen für mich unvergesslich sind. Ich war einige Jahre am damaligen Radio-Symphonie-Orchester Berlin tätig und schätze mich glücklich, dass ich Chailly oft im Konzert erleben durfte. Sein Nachfolger, Vladimir Ashkenazy hat dagegen bei weitem nicht das Flair seines Vorgängers.


    Nun kommt, Reihenfolge ist keine Rangfolge, aber aufgrund des sehr sparsamen Repertoires eben erst an dieser Stelle Carlos Kleiber. Kleiber hat ein Charisma, das unerreichbar ist, er ist eine Ausnahmeerscheinung. Wenn man ihn auf DVD am Dirigentenpult sieht, glaubt man einem Übermenschen zu begegnen. Und so phänomenal empfinde ich seine Operneinspielungen, z.B. den Freischütz oder die Traviata, aber auch die Leichtigkeit, die er bei den beiden Neujahrskonzerten zum Ausdruck bringt, ist einzigartig. Dazu die 2. und 4. Brahms-Sinfonie, die einfach Referenzeinspielungen sind. Unvergessen für mich das Benefizkonzert in der Berliner Philharmonie am 9. März 1989 mit der Freischütz-Ouvertüre, Mozarts Linzer Sinfonie und Brahms 2.


    Wer kommt nun? Dann gehört in diese Aufzählung auch hinein Sergiu Celibidache, den ich zweimal erleben konnte. Ich bin ganz gar kein Celi-Fan, dennoch sind seine Interpretationen schon beeindruckend. Seine Musik hat irgendetwas Absolutes, sie lädt ein zum Verweilen, auch weil gerade die langsamen Tempi eine unbedingt saubere Spielweise jedes Instrumentes erfordern und das leichte Vibrato in den Streichern zur Schwerelosigkeit tendiert. Bei Bruckner überzeugt mich das schon sehr, bei Beethoven vermisse ich dagegen doch ein wenig dessen Sturm-und Drang-Charakter. Und Celibidaches Einschätzung von Mahler ist für mich indiskutabel. Er bleibt dennoch eine ganz und gar singuläre Persönlichkeit, die eben unverwechselbar ist.


    Jetzt höre ich einfach auf. Es gibt so viele bedeutsame Namen, aber dass sie mich geprägt haben, ist wirklich nicht einfach zu beantworten. Ich kann mir ja mit dem Rest noch Zeit lassen.


    Viele Grüße aus der deutschen Hauptstadt


    :hello:


    Manfred

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Der nächste prägende Dirigent war - Herbert von Karajan.


    "Kein Wunder" - werden manche sagen -"deshalb ist er ja auch ein Karajan Fan - und Verteidiger seines Stils"



    DAS stimmt indessen NICHT !
    Mein "Verhältnis" zu Karajan ist ein sehr eigenartiges - und beinahe hätte ich bestritten, daß er eine prägende Wirkung auf mich hatte. In den ersten Jahren meiner Sammeltätigkeit (1965 startete ich als 15 jähriger) gabe es von diesem Dirigenten keine einzige in meiner Sammlung. Das hatte vielerlei Gründe. Einer davon war, daß mir seine Platten damals einfach zu teuer waren. Ich wollte neue Werke kennenlernen - und da gab es jegliche Menge preiswerteres, und dennoch gutes. Zum anderen hatte ich eine Abneigung gegen seine Überpräsenz - Das war bitte damals als er auf dem Gipfel seines Ruhmes war - und nicht 20 Jahre nach seinem Tod - wo er sich nicht mehr wehren kann!!!
    DENNOCH hat er mich geprägt - nur hatte ich es bis soeben mehr oder weniger vergessen. Ich arbeitete damals als 15 Jähriger als Lehrling für die österreichische Buchgemeinschaft Donauland (sie gehörte damals Gott seis gedankt noch nicht dem Bertelsmann Konzern) Diese hatte einen Vertrag mit der deutschen Grammophongesellschaft - und den ganzen Tag durfte ich dort Schllplatten hören - weitgehend nach meiner Wahl. Das Programm setzte sich durchwegs aus Aufnahmen von Karajan, Böhm, Fricsay, Leitner zusammen, ob es Tschaikowsky, Beethoven oder sonstwas war.
    Vorzugsweise war es aber Karajan der damals die Cover des Gelblabels zierte - in schwarz-weiß - die gelbe Kartusche der DGG riesengroß als Kontrast vorhanden....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred


    (zwei Künstler folgen demnächst nach)


    Den Namen Solti habe ich erst Jahre später gehört, Bernstein war damals nicht bei DGG - ich kannte ihn dem Namen nach.


    So muß ich sagen, daß ich durch Karajan dennoch - wenn auch nicht beabsichtigt - geprägt wurde.....

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Zuallererst muß ich Karajan nennen, denn als ich 1959/60 nach Wien übersiedelte, war er fraglos DIE prägende Erscheinung für mich.


    Ein weiterer Dirigent, der mir sehr am Herzen lag, war Krips, dessen Mozart-Dirigat dem des "Sachwalters" Böhm zumindest gleichwertig, wenn nicht überlegen war.


    Dann wohl Bernstein, der mich anfangs irritierte, später aber begeistern konnte.


    Böhm war zu dieser Zeit nicht an der Staatsoper, als er aber dann kam, erlebte ich viele wunderbare Abende mit ihm. Man darf nicht verschweigen, dass man bei ihm im vornherein nie wußte, was auf einen zukam - eine Sternstunde oder ein sogenannter "fader" Abend. Deshalb sage ich immer, den fulminantesten "Tristan" meines Lebens hat er dirigiert - aber auch einen meiner enttäuschendsten.


    Kremer war und ist wohl einer meiner aufregendsten Violonisten, desgleichen Vengerov, dessen stupende Technik und Fingerfertigkeit Staunen machte.


    Das Alban Berg Quartett, dessen Wiener Konzertzyklus ich einige Jahre lang erleben durfte, prägte meine Liebe zur Kammermusik ebenso wie das Amadeus- oder Borodin-Quartett sowie das wunderbare Jess-Trio-Wien oder das großartige Brahms-Trio Wien, das bedauerlicherweise sehr selten hier zu erleben ist.


    Von den prägenden Solisten nenne ich pars pro toto Rostropowitsch, Maisky, Mandozzi, Rachlin, Mörk, Harrell ... (Meine Liebe zu den Streichern und hier vor allem zu den Cellisten darf hier wohl angemerkt sein.)

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Eine hervorragende Idee für einen Thread, wie ich finde. Sie zeigt mir wieder einmal, dass Alfred in seiner Eigenschaft als Chef eines Klassikforums tatsächlich richtig gut ist.
    Prägend bedeutet für mich als Musiker, dass ich von ihrer Musizierweise für meine Arbeit etwas gelernt, oder viel besser gesagt, aufgesaugt, verinnerlicht habe.
    Ich gehe jetzt nicht im Sinne einer Wertung vor, sondern etwas chronologisch, soweit das möglich ist.


    Wilhelm Furtwängler
    Meine erste Begegnung mit Musik war klassische Musik von Ludwig van Beethoven. Es gab in unserem Haushalt keine anderen Stile, und wenn so etwas im Radio kam, dann wurde sofort abgedreht.
    Als Kind hat mich besonders Furtwänglers Interpretation der 6. von Beethoven beeindruckt. Wenn die Töne des Dankens nach dem Gewitter angestimmt werden, dann hat mich das tief ergriffen - Gefühle, die selbst heute noch wieder hochkommen können. Aber auch andere Werke wie z.B. die Egmont-Ouvertüre haben in mir in seiner Interpretation tiefe Spuren hinterlassen ( es gab in unserem Haushalt nicht 10 verschiedene Interpretationen, sondern eben viel von Furtwängler).


    Sein Stil sprach meine Gefühlswelt an und erschien mir irgendwie "dichterisch" und "weise"...ob ich damals solche Worte zur Verfügung hatte, weiss ich nicht mehr, aber ich kann mich an die Eindrücke erinnern, die ich heute ohne den Gebrauch von Fremd- oder Fachworten so umschreiben kann.


    Dietrich Fischer-Dieskau
    Als Kind und Jugendlicher hörte ich ihn unglaublich gerne, weil ich nie das Gefühl hatte, dass da jemand einen Text in Form eines Lieds oder einer Kantatenarie irgendwie singend vorträgt, sondern dass er derjenige selbst sei, der diese Gedanken von sich gibt. Hier erinnere ich mich gerne an die "Nähe des Geliebten", oder seine Interpretation der Basspartie aus BWV21 "Ich hatte viel Bekümmernis" unter Karl Richters Leitung.
    Später dann, als Erwachsener habe ich seinen Stil in vielen Aspekten analysiert, z.B. Vokal- und Konsonatenfärbung, Dynamik....ach, es sind so viele Dinge. Für mich ist er - wie Furtwängler- ein Musiker mit genialischen Ansätzen, der seinen unbedingten Ausdruckswillen mit einer intellektuellen Durchdringung des Stoffes verbindet und damit noch verstärkt.


    Nikolaus Harnoncourt
    ist angesichts meiner Barock- und Bachvorliebe wohl der prägendste klassische Musiker überhaupt gewesen, und ist es noch heute.
    Eine Begegnung mit einer Zusammenstellung von Orchestervorspielen aus Bachs-Kantaten schlug bei mir - der ich vorher immer treuer Zuhörer der Interpretationen Karl Richters war- wie ein Blitz ein. Mir gefiel der für mich damals so andersartige Klang der alten Instrumente ausserordentlich. Noch besser fand ich aber seine spezielle Spielweise auf diesen Instrumenten. Mit der Zeit verstand ich rein musikalisch - mit steigender Begeisterung- warum die Leute vom Concentus musicus Wien z.B. das Vorspiel zu "Wir danken Dir Gott" , oder auch die ganze Matthäus-Passion von Bach so ungewohnt anders spielten.
    In späteren Jahren kam dann die Beschäftigung mit alten musiktheoretischen Quellen, sowie mit seinen Büchern über die Klangrede und den Dialog in der Musik hinzu.
    Mit grosser Spannung und Begeisterung habe ich damals noch auf LP mit Notenausgabe jede neu herausgekommene Folge des Kantatenwerks von Bach aus der Reihe "Das Alte Werk" verschlungen.
    Noch etwas später habe ich dann seine Erweiterung des Repertoires auf Mozart und andere spätere Komponisten miterlebt. In vielen Fällen (gerade Mozart) konnte er mir einen neuen Zugang zu einer Musik öffnen, die ich als Jugendlicher nicht mochte. Nur bei Verdi ist es ihm nicht gelungen, mich auch noch dafür zu begeistern....
    Auch in die andere Richtung mochte ich seinen auf Aufnahmen dokumentierten Taten folgen und für mich Neuland entdecken und einnehmen. Hier muss ich vor allem seine Arbeit mit dem Komponisten Monteverdi erwähnen.
    Harnoncourt ist für mich - wie Furtwängler und Fischer-Dieskau- ein genialisch, subjektiver Musiker, der seinen unbedingten Ausdruckswillen mit einer intellektuellen Durchdringung des Stoffes verbindet und damit noch verstärkt.
    Wie er denkt, kann man am besten verstehen, wenn man sich anhört, wie er in Aufnahmen (spätestens ab Mitte 70er-Jahre) seine Continuo-Bässe vom Cello aus leitend spielte. Er hat da einen sehr speziellen Stil und Tonfall, den ich immer sehr mochte.


    Gustav Leonhardt
    hatte auf mich fast den gleichen Einfluss wie Harnoncourt.
    Er hat mir überhaupt den Klang des Cembalos auf eine neue und sinnliche Art und Weise nahegebracht. Ich habe zwar früher schon mit viel Freude die Cembalokonzerte Bachs mit diesen nach Eierschneidern klingenden Ungetümen gehört, aber erst seine - für manche Konzerte m.E. immer noch unübertroffende- Gesamtaufnahme konnte in mir das Verständnis und die Liebe für die Schönheit eines singenden Cembaloklangs, des sprechenden und ausdrucksstarken Spiels und auch der alten Streichinstrumente (Leonhardt Consort) erwecken.
    Ein Kennzeichen für Leonhardts Stil ist u.a. rhythmische und artikulatorische Klarheit, ein gutes Timinggefühl und ein uneitler, nur dem Werk verpflichteter Ansatz, der allerdings nicht dazu führt, dass man nicht doch schon nach zwei Takten erkennen kann, dass es sich um eine Leonhardt-Interpretation handelt.


    Da ich nun leider aus Zeitgründen abbrechen muss, werde ich die Nennung der nächsten Namen in den nächsten Tage fortsetzen.
    Es werden einige Instrumentalisten und Dirigenten folgen, vielleicht noch ein Sänger.


    :hello:


    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Gerade bemerke ich, dass ich die Einschränkung "Dirigenten/Instrumentalisten" übersah und einen Sänger nannte - sorry, kann den Beitrag jetzt nicht mehr ändern.


    Frans Brüggen
    konnte mich durch seine Aufnahmen mit Blockflötenwerken des Barocks sehr begeistern, sowohl in verschiedenen Ensembles (z.B.oft mit Leonhardt und Bylsma) als auch bei Werken für Solo-Blockflöte. Live und auch auf Aufnahmen bemerkte ich auch, dass er auch die Flauto traverso sehr ausdrucksvoll und virtuos spielen konnte.
    Ausdruckswille und eine "gefährliche" Offenheit für Spontanität sind Kennzeichen seines Musizierens gewesen. Viele seiner Einspielungen haben mir die Aspekte der historischen Aufführungspraxis auf eine sehr engagiert musikalische Art und Weise nahegebracht.
    Ich bewundere auch seine Karriere als Dirigent, wobei ich hinzufügen muss, dass hier der Einfluss des Dirigenten Brüggen auf mich nicht so prägend ist, wie der des Instrumentalisten. Es kann auch daran liegen, dass ich viele Aufnahmen auch nicht kenne.


    Herbert von Karajan
    Seinem Einfluss konnte man sich damals nicht entziehen, und ich wollte das auch gar nicht.
    Spätestens als ich im Alter von 12 Jahren seine Gesamtaufnahme der Beethoven-Symphonien (70-er Jahre) geschenkt bekam, begann eine intensive Beschäftigung mit seiner Art des Musizierens. Mir gefiel sein Sinn für lange, sich dramatisch aufbauende Spannungen, und der volle Klang des Orchesters. Auch seinen Brahms mochte ich sehr, insbesondere eine Aufnahme der 1. aus den 60er-Jahren.
    Etwas später habe ich mich dann von seinen Interpretationen als "zu glatt und eingeebnet" mit der Konsequenz eines jungen Menschen abgewandt. Noch später entdeckte ich ihn wieder und gewann die Einsicht, dass seine Herangehensweise bei manchen Werken phantastisch aufging, während es andere Aufnahmen oder Konzerte geben konnte, bei denen das nicht der Fall war.
    Einiges von Beethoven (z.B. die 9.), sowie Aufnahmen von Grieg, Sibelius, Debussy und vor allem auch Wagner haben für mich bis heute einen unerreichten Referenzstatus.


    Alfred Brendel
    Er war es, der mir Schuberts Klavierwerk nahebringen konnte. Meine erste Brendel-Aufnahme war eine Philips-CD mit den Impromptus dieses Komponisten.
    Da ich selbst sehr viel Klavier spielte und spiele muss ich sagen, dass pianistisch gesehen seine Interpretationen einen besonders grossen Einfluss auf mich haben.
    Auch sein Liszt gefiel mir so gut, dass ich meine Vorurteile gegenüber diesem Komponisten sofort über Bord warf, als ich ihn zum ersten Mal von Brendel gespielt hörte.


    Ton Koopman
    lernte ich zunächst als Organist durch seine tatsächliche wild-toccatenhafte Interpretation der berühmten Toccata d-moll von Bach kennen und schätzen.
    Auch als Dirigenten der Bachschen Vokalwerke schätze ich ihn manchmal sehr, manchmal mit Einschränkungen.
    Sein freier Umgang mit den Ornamenten und sein vor Ideen übersprudelnder Stil des Continuospiels hat mich oft inspiriert, manchmal vielleicht sogar auch genervt. Aber insgesamt hat er auf mich definitiv einen grossen Einfluss.


    Philippe Herreweghe und Masaaki Suzuki
    nenne ich beide gemeinsam, weil sie mich durch ihre Bach-Interpretationen auf eine ähnliche Weise beeinflussten.
    Ich schätze ihren Sinn für das vokale Denken auch beim Spielen auf Instrumenten, ihre Chorarbeit (Collegium vocale Gent und Bach Collegium Japan haben ein unglaublich hohes Niveau erreicht), ihre perfektionistische, klangschöne und ausbalancierte Herangehensweise und vieles mehr.


    Auch Karl Böhms Aufnahmen kenne ich schon von Kindheitstagen an.
    Ihn habe ich erst in den letzten Jahren wieder neu für mich entdeckt, vor allem als phantastischen Interpreten der Werke von Schubert aber auch von Mozart.
    Präzision, Lebendigkeit, ein festes Timing, eine überzeugende Tempowahl, klassisches Ebenmass und die Fähigkeit, das Lyrische in der Musik unaufgesetzt aus sich selbst herausströmen zu lassen, sind Aspekte seines Musizierens, die ich vorbildhaft finde und die mich selbst auch beeinflussen.


    Starken Einfluss hatte auch Friedrich Gulda auf mich in pianistischer Hinsicht.
    Eigentlich müsste ich hier ein "leider" hinzufügen, weil meine frühere Begeisterung für seinen manchmal "rockigen" Anschlag bei mir in jungen Jahren eine jahrelange Phase des zu sehr "Herumknallens" auf dem Klavier auslöste.
    Es bedurfte anderer Vorbilder und einer sehr guten Klavierpädagogin, mich von diesen Dingen zu lösen.
    Trotzdem schätze ich viele seiner Aufnahmen und viele Dinge, die ich aus seinem klaren und männlichen Stil lernte, immer noch ausserordentlich, wenngleich ich heute mehr den romantisch weichen Klavierton a la Paul Lewis bevorzuge.
    Seine Mozart-Aufnahmen zusammen mit Harnoncourt geniessen aus meiner Sicht zu Recht einen legendären Ruf.
    Zudem hat er mir den Jazz und vor allem die Musik Chick Coreas schmackhaft machen können, wofür ich ihm auch sehr dankbar bin.


    Es gibt natürlich noch viele andere prägende Einflüsse, doch mit den hier genannten Namen meine ich schon, die für mich wichtigsten genannt zu haben.


    :hello:
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Es fällt beim Durchlesen der Beiträge gelich auf, dass keiner dabei ist, den Herbert von Karajan nicht in irgend einer Form geprägt hätte.
    :thumbup: So auch bei mir !


    Er hat mich sogar nachgeprägt, denn wenn ich in verschiedenen Fällen Aufnahmen anderer Dirigenten hatte, dann kamen diese Werke nur gut und ohne die letzte Begeisterung an.
    Nachdem ich dann Karajan gehört hatte, war ich hin und weg - so bei Schubert Sinfonien Nr.8 und 9 und bei allen Bruckner-Sinfonien ! Spät habe ich Brahms mit Karajan kennengelernt - bin auch davon voll überzeugt !
    Nur Karajan´s Reperoire ist da eingeschränkt - das 20.Jhd wird bei ihm nur mäßig angedeckt; in diesem bereich sind es dann doch andere Dirigenten.


    Mein nächster Favorit war Georg Solti. Die erste Platte war damals eine für heutiger Verhältnisse unbedeutende Decca-Aufnahme, die ich aber jahrelang gerne gehört hatte - Tschaikowsky 5 mit einem franz.Orchester. Später hat mich Solti´s Dirigierstil so fastziniert, dass ich im Prinzip mit Solti alle sinfonischen Werke die er eingespielt hat (aber nur die, die mich auch interessieren) angeschafft habe. Es gibt keine CD mit der ich nicht zufrieden wäre !



    Durch CD-Käufe hat sich dann Leonard Bernstein immer mehr in meiner Sammlung ausgedehnt. Soweit, das er heute neben den beiden vorgenannten zu meinen Lieblingsdirigenten wurde. Auch für Bernstein gilt - von dem habe ich zumindest alles auf CBS (SONY) ! Auch eine Menge von den späten DG-Aufnahmen, aber weniger die, bei denen er mir zu sehr in seinen ausbadenden Klangvorstellungen schwebte und der damit der Biss von damals auf der Strecke geblieben ist. (Bestes Beispiel ist die Megaaufnahme der Brahms 1 aus New York und dann dagegen der DG-Langeweiler aus Wien.)
    :angel: Bernstein´s Interpretationen haben die eigenschaft den Hörer auf Ewig zu prägen !
    Da alle drei Dirigenten haben natürlich viele klassische Werke gemeinsam im Programm. Aber alle drei haben doch ein unterschiedliches Gesamtrepertoire, sodass sich das sehr gut in der CD-Sammlung ergänzt.



    Da ich schon immer eine große Nähe zu den russischen Orchesterwerken apürte, waren natürlich die Dirigenten Kondraschin, Roshdestwensky und Swetlanow für mich von Anfang an prägend. Wenn dieses russische Repertoire in Frage kommt, dann nur von den Dreien. Die westlichen Dirigenten waren oftmals nur ein müder Abklatsch davon ! Zu Mrawinsky habe ich west sehr spät gefunden, weil durch die CD-Technik bis heute der Klang entsprechend brauchbar verbessert werden konnte. Damals auf Eurodisc-LP´´s waren die Platten ein grauss und wurden von mir gemieden - heute auf CD - ein MUSS !


    Emil Gilels ist von den Pianisten wohl der für mich prägenste. Einige Beethoven-Sonaten habe ich nie besser gehört. Später die Beethoven-KK in den beiden GA mit Masur und Szell - auch für mich das beste. Die Tschaikowsky-KK mit Maazel - kann es besser gehen ?



    Vladimir Ashkenazy war mir zunächst prägend als Pianist bekannt geworden, da ich schon immer gerne Decca-Medien kaufte. Rachmaninoff, Prokofieff und Bartok (mit Solti) und die Beethoven-Sonaten, das waren "die" prägenden Platten. Das er auch als Dirigent in Frage kommt, wollte ich damals nicht so recht glauben. :thumbup: Doch später auf CD bin ich von diesem Vorurteil vollends befreit worden. Von Sibelius, Richard Strauss, Ravel, Prokofieff, Schostakowitsch, u.v.a., Mussorgsky (als Dirigent und Pianist) sind herausragende Aufnahmen vorhanden, von denen ich keine mehr missen möchte.



    ((OT: Bearbeitet, weil ich dem Beitrag weitere Gedanken zugefügt habe und beim Schreiben vermeiden wollte, das das bisher Geschriebene plötzlich futsch ist. :D Ein falsche Taste und alles ist weg !))

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Wenn ich mich an meine Klassik-Anfänge erinnere, muß ich wieder die schon im Beitrag 4 erwähnten Rundfunkübertragungen des damaligen NWDR nennen, weil es um das Jahr 1950 bei uns noch keinen Plattenspieler oder ein Tonbandgerät gab. Konzerte zu besuchen war mir als Erstklässler noch nicht möglich.


    Und im solistischen Bereich sind es zunächst zwei Geiger, die damals ganz oben auf der Künstler-Skala standen: Wolfgang Schneiderhan und Yehudi Menuhin. Letzterer beeindruckte meinen Vater (und dadurch mich auch) insofern, als daß er meinte (sinngemäß wiedergegeben), er hätte sich nie vorstellen können, daß so wenige Jahre nach dem Massenmord an Juden ein jüdischer Künstler in Deutschland auftreten würde.


    Damals hörte ich erstmals die Violinkonzerte von Mozart, das Beethoven- und Brahms-Konzert durch diese Geiger. Und es war Schneiderhan, durch den ich Mendelssohns e-Moll-Violinkonzert kennenlernte. Was wiederum, sagt mir die Erinnerung, bei meinem Vater Kopfschütteln auslöste und die Frage stellen ließ, warum man diese Musik tausend Jahre lang nicht spielen durfte.


    Im pianistischen Bereich sind es vor allen anderen zwei Namen, die prägend für mich waren: die beiden Wilhelms, Kempf und Backhaus. Ich weiß nicht mehr, wer von den beiden Großen in Köln oder Hamburg mit Beethovens viertem Klavierkonzert auftrat, aber es war ein großes Erlebnis - vielleicht wegen des stürmischen Beifalls mit lauten Bravo-Rufen am Ende den Konzerts. Das war für den „Pimpf“ beeindruckend, weil der immer dachte, es müsse da getragen und distinguiert zugehen. Von da an war das „Vierte“ mein Lieblingskonzert unter den Beethoven-Werken.


    Späterhin war es Clara Haskil, die mich mit Mozarts Klavierkonzerten beeindruckte. Aber da hatte mir der „Weihnachtsmann“ schon einen Plattenspieler-Koffer gebracht...

    .


    MUSIKWANDERER

  • Zwi Künstler sind mir noch geblieben - ich habe lange nachgedacht, wer mich in meiner Jugend geprägt hatte.
    Und es war wider Erwarten doch Leonard Bernstein, der ein weiterer Meilenstein in der Geschichte meines Zugangs zur klassischen Musik war. Ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich Bernstein war - oder das Werk bzw. der Komponist, was mich so beeindruckt hatte, aber es war eine LP mit Werken von Gershwin - Rhapsody in blue" und "Ein Amerikaner in Paris"
    Kaum eine andere Aufnahme brachte das Saxophonsolo so lebensnah wie eben diese, keine andere klang so warm und so natürlich....


    Den letzten Künstler hebe ich mir noch ein wenig auf.....


    mit freundlichen Grüßen
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Bei den beiden Instrumentalisten, die sich mir bei der Fragestellung spontan aufdrängen, handelt es sich um den Klarinettisten Karl Leister sowie den Violinisten David Oistrach.


    Karl Leister war für mich der erstgehörte Solist des Klarinettenkonzert Mozarts, und er sollte bis heute das Maß in diesem großen Musikwerk bleiben. Dieser klare, feine Klarinettenton prägte meine Klangvorstellungen in der Klarinettenmusik ganz besonders.


    David Oistrach war stets mein Lieblingsgeier. Sein kraftvoller und dennoch zarter Ton lehrten mich, wie sehr "die wahre" Leidenschaft von Innen heraus kommen kann, was natürlich in ebenso starkem Maße bei Leister gilt.


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)