Aufnahme Opernhaus Zürich, 1999
Musikalische Leitung: Nikolaus Harnoncourt
Orchester und Chor des Opernhauses Zürich
Inszenierung: Ruth Berghaus
Bühnenbild: Hartmut Meyer
Kostüme: Marie-Louise Strandt
Licht: Jürgen Hoffmann
Max: Peter Seiffert
Kaspar: Matti Salminen
Agathe: Inga Nielsen
Ännchen: Malin Hartelius
Ottokar: Cheyne Davidson
Kuno: Werner Gröschel
Kilian: Volker Vogel
Ein Eremit: László Polgár
Samiel: Raphael Clamer
Ouvertüre
In der (nicht inszenierten) Ouvertüre sieht man, dass Harnoncourt alte und neue Instrumente mischt: Neben den „normalen“ Kräften des Opernhauses Zürich erkennt man vier Naturhörner und auch Naturtrompeten sowie „alte“ Posaunen mit kleinem Schallbecher. Ob die Pauken auch „alt“ sind, kann ich nicht sagen. Jedenfalls wurden Naturfelle benutzt, aber keine Schlägel mit Holzkopf.
Es wird in gewohnter Harnoncourt-Art rhetorisch-dramatisch gespielt, lebendig, strukturbetont. Bloß keine falsche Naturstimmung …
1. Aufzug
Der Vorhang öffnet sich zur ersten Szene. Eine Bühne ohne Dekoration, hinten und rechts mit raumhohen rechteckigen Platten in gelb gehalten, links in einem Vordergrund schwarz (muss man sehen). Fahles Licht von links, das die rechte Wand erhellt. Das Volk ist schwarz gekleidet und liegt flach auf dem Boden. Nur Kilian, ebenfalls in Schwarz, steht und hat seine Büchse in der Hand und schießt in Richtung Publikum. Das Volk richtet sich auf (graue Hüte bei den Herren) und erhebt sich nach und nach. Sie scheinen zu frieren. Kilian bedroht einige mit der Büchse – offenbar nicht nur zum Spaß. – Es sieht eher nach Hofgang im Gefängnis eines totalitären Staates aus.
Max sitzt mit Brille und einem Buch in der Ecke. Das Volk defiliert an ihm vorbei und neckt ihn. Beim Spottlied mit Chor läuft Max herum und liest in seinem Buch. Nach dem Lied fällt Max den Kilian an, bis Kuno die beiden trennt.
Das gelb-schwarze Bühnenbild scheint beim „Oh, diese Sonne! Furchtbar steigt sie mir empor“ einen schwachen illustrativen Sinn zu erhalten. - Blitze auf der Bühne beim “Wir lassen die Hörner erschallen“. Geradezu grotesk der Bauerntanz danach.
Max singt seine Arie „Durch die Wälder, durch die Auen“ aus einer Vertiefung im Boden. Bei „mich umgarnen finstre Mächte“ marschiert ein finsterer Kerl im Hintergrund von links nach rechts über die Bühne. Als Kaspar hinzutritt, folgt ihm der Finsterling auf dem Fuße, reicht die zwei „Passgläser“ und dient als Sitzbank beim Lied „Hier im ird‘schen Jammertal“. - Bei der zweiten Strophe liegt Max ausgestreckt auf dem Boden, der Finsterling kauert auf allen Vieren über ihm, Kaspar steht breitbeinig über beiden. Bei der dritten Strophe ist der Finsterling immer noch auf allen Vieren und trägt Kaspar und Max.
Max schießt ohne zu zielen, ein Meer schwarzer Federn schwebt herab. – Keine Regieideen bei der Arie des Kaspar („Schweig, schweig, damit dich niemand warnt“).
Bisher eher langweilig.
2. Aufzug
Das Bühnenbild ist fast dasselbe, der schwarze Halbrahmen auf der linken Seite ist verschwunden und einem türkisfarbenem Bühnenzugang halblinks gewichen, der nach Art eines Klappbettes auch hochgeschwenkt werden kann. Die Federn aus dem ersten Aufzug sind in einer diagonal von links vorne nach rechts verlaufenden Linie hinten auf dem Boden angeordnet. Agathe und Ännchen, beide schwarz gekleidet, liegen in einer Versenkung im Bühnenboden. Das Bild des Ahnherren wird ersetzt durch seine Kleidung (natürlich schwarz). Der Nagel ist ein Schlüssel. Das Gelb des Bühnenhintergrundes weicht durch Beleuchtungswechsel nach und nach Bronzetönen. Das Klappbett fährt bei „Grillen sind mir böse Gäste“ nach oben.
Agathe trägt übrigens einen weißen Kragen und erhält früh ein weißes Stirnband von Ännchen. In der Arietta „Kommt ein schlanker Bursch gegangen“ spielt Ännchen mit einem Gewehr und bedroht Agathe, eine weiße Rose des Eremiten im Gewehrlauf macht die Sache auch nicht harmloser. - Viele Gesten bleiben schlichtweg unverständlich. Warum legt sich Agathe am Ende der Arietta ausgestreckt vor Ännchen hin? - Das Klappbett wird wieder heruntergefahren.
Zur Szene und Arie „Wie naht mir der Schlummer/Leise, leise“ ist Frau Berghaus auch nicht viel eingefallen. Sie wird aus dem „Klappbett“ heraus gesungen.
Max wird bei seinem Auftritt von Agathe und Ännchen aus der Vertiefung im Boden gezogen. Die vielen Gesten beim „Schreckensschlucht“-Terzett erschließen sich auch nicht ohne weiteres: Mal wieder eine Rose im Gewehrlauf, Max mit einer Wolldecke, …
Die Wolfsschlucht ist ebenfalls schwarz und grüngelb. Eine quer über die Bühne verlaufene Ebene in halber Höhe hat einen Knick von vorne nach hinten – das soll wohl die Schlucht darstellen. Auf der rechten Seite der Ebene ein Zugang.
Kaspar hantiert zu Beginn mit Büchse und Federn, blickt sich ab und zu ängstlich um. – Kaspar holt eine Leiche aus der Vertiefung und scheint diese zu erstechen. – Samiel erscheint auf der Ebene, legt sich hin. Gestalten erscheinen, eine nach der anderen, beginnend an dem den Zuschauern zugeneigten Ende der „Schlucht“, krabbeln auf der Eben herum. Was soll das?
Max erscheint. Die Gestalten raunen und zappeln nach jeder gegossenen Kugel. Ich erspare mir den Rest … mehr passiert eigentlich auch nicht.
3. Aufzug
Die Bühne ist im bekannten Grün-Gelb gehalten. Schwarze Streifen garnieren das Ganze. Eine schwarz gekleidete Figur auf der Bühne – Samiel? Nein, der kommt gleich hinterher, einen seltsamen Schreittanz aufführend. Oder sind es nur schwarze Kleider auf einem Gestell? – Weitere schwarze Gestalten – die beiden Jäger. Sie legen sich gleich mal hin und legen ihre Hüte auf ihre Bäuche.
Eine schwarze Wand kommt von links ins Bild und wird gleich grün angestrahlt. Die beiden Jäger verschwinden dahinter. Die Wand wird mit einem grünen rechtwinkligen Dreieck verlängert, der rechte Winkel bei der ersten schwarzen Wand. Zwischen Wand und Dreieck ist noch eine schwarze Fläche, darin singt Agathe – ganz in gelb gekleidet mit schwarzen Schuhen – sitzend ihre Kavatine „Und ob die Wolke sie verhülle“.
Ännchen schreit ihre Worte zu Agathe, als ob sie diese wecken wolle. Immer noch in Schwarz gekleidet mit weißem Hut und weißen Handschuhen, aber gelbem Unterrock, der zwei Zentimeter hervorlugt. – Wiederum schwer zu entschlüsselnde Bewegungen bei der Arie „Trübe Augen“. Irgendwann wird’s albern – was soll man nach Bedeutung suchen, wo vielleicht gar keine ist? – Der Spalt zwischen Wand und Dreieck hat sich geschlossen. Agathe würfelt und scheint unschlüssig-besorgt über das Ergebnis. Am Ende der Arie trägt Ännchen die weißen Rosen des Eremiten.
Die Brautjungfern kommen in derselben Kleidung wie Ännchen und marschieren auf der Stelle zum Refrain ihres Liedchens.
Der Jägerchor wird mit aufs Publikum angelegter Flinte gesungen. Bedrohlich.
Bei der Aufgabenstellung zum Probeschuss steht Agathe rechts auf halber Höhe. Max zielt zunächst zur links zu denkenden Taube, auf Agathes Worte („Schieß nicht! Ich bin die Taube!“) zielt er auf Agathe und schießt.
Bei der Ansprache des Eremiten sitzen alle wie in einer Kirche bei einer Bußpredigt da und hören zu – ausgenommen Samiel, der herumläuft. Bei „Drum finde nie der Probeschuss mehr statt“ erheben sich Agathe und Ännchen. Der Eremit drückt Agathe wieder auf ihren Platz, Ännchen, hebt ein Gewehr empor. Nach der Ansprache des Eremiten erheben sich alle wieder. Schlusschor zunächst geradlinig aufgereiht, dann bunt verteilt, die Jäger putzen ihre Waffen dabei.