Schrott oder Schnäppchen?

  • Hallo allerseits!


    Bisher war ich instinktiv eigentlich immer geneigt, Extrem-Billig-Klassik-CD-Serien grundsätzlich zu misstrauen. Ich meine hier nicht Label wie Naxos oder Wiederauflage-Serien wie Nipper oder Apex, sondern die Art von CDs, die man bisher in der Regel nicht in "normalen" CD-Abteilungen, ganz zu schweigen von spezialisierten Klassik-Geschäften fand sondern an den Grabbeltischen einer Buchhandlund oder in speziellen Restauflage-Geschäften wie Wohltat zu Preisen, die kaum die Kosten der CD-Rohlinge zu decken scheinen.


    Allerdings habe ich in letzter Zeit festgestellt, dass diese Serien zumindest bei den bekannten Klassik-Versandgeschäften (so z.B. bei JPC oder 2001) auch mehr und mehr vertreten zu sein scheinen.


    Ich selbst hatte vor einiger Zeit der Versuchung nachgegeben und bei 2001 eine Doppel-CD mit Beethoven Sonaten von Wilhelm Kempff, veröffentlicht unter dem Label "The 50s" mitbestellt - was konnte ich bei 3 Euro schon groß verlieren? Mit diesem Kauf bin ich (und ich bin, wie einige hier schon bemerkt haben werden, was Aufnahmequalität angeht wirklich ziemlich kritisch 8) ) sehr glücklich - beste Mono-Qualität und wunderschöne Interpretationen - ich würde die CD jedem, der Kempff als Pianist kennenlernen möchte ohne Bedenken empfehlen. Ich hebe die Vermutung (wenngleich es auf der CD sowie auf der dazugehörigen Webseite an eindeutigen Angaben dazu fehlt) dass es sich bei diesem Aufnahmen (allesamt Studioaufnahmen) um Auszüge aus Kempff's erstem Gesamtzyklus handeln muss, der bei DG veröffentlicht worden ist.


    Weitere Serien, die mir in letzter Zeit wiederholt ins Auge gefallen sind, sind Labels wie Artone, Quadromania und History. Auch hier finden sich z.T. Aufnahmen, die eigentlich eindeutig nur mit bereits bei einem der großen Labels veröffentlichten Aufnahmen identisch sein können. So wird es (wie bereits im Thread zu den Großen Beethoven Pianisten auf Schellack erwähnt) zwischen 1932 und 1938 ja wohl nur einen Aufnahmezyklus aller Beethoven Sonaten mit Arthur Schnabel gegeben haben, den (trotz der historischen Aufnahmequalität) auch heute noch als Referenz angesehenen ersten Gesamtzyklus dieser Sonaten überhaupt, auf CD zuerst veröffentlicht bei EMI:



    Inzwischen gibt es Schnabel-Gesamtzyklen (oder große Teile daraus) nicht nur bei Naxos sondern auch, zu den beschriebenen Extrem-Billig-Preisen z.B. auch bei Centurion


    und bei History



    (um nur zwei zu nennen).


    Mich würde jetzt interessieren, wie das mit diesen "Klonen" rechtlich und technisch funktioniert:


    - Rechtlich gesehen: ich hatte eigentlich gedacht de Urheberschutz an einer bestimmten Aufnahme gelte 70 Jahre (oder bezieht sich das nur auf den Schutz des Autors (Komponisten) - und die wären hier bei diesen Serien in der Regel noch nicht abgelaufen (die Kempff-Aufnahmen stammen z.B. as den 50ern). Haben hier also die großen Labels ihre Rechte zur "Zweitverwertung" weiterverkauft unter der Auflage die genaue Quelle der Aufnahme nicht zu benennen?


    - Daraus folgend ergibt sich die für mich als Klassik-Hörer praktisch vielleicht viel wichtigere Frage, welches Material genau hier von den Billig-Labels wiederverwendet worden ist. Sprich: Erhalte ich de facto die DG- / EMI- etc.- Aufnahme mitsamt des von den EMI-Toningenieuren durchgeführten (im Falle Schnabels angeblich sehr guten) Remasterings, wurden also schlichtweg Kopien einer bestehenden CD-Version gezogen, oder erhalten die Zweitverwerter irgendwelche (u.U. minderwertige) Kopien der Masterbänder (?) und müssen dann selbst sehen, was sie damit machten. Bestehen infolgedessen eindeutige Unterschiede in der Qualität des Remasterings dieser historischen Aufnahmen zwischen den verschiedenen Versionen ? Hat in dieser Hinsicht vielleicht schon einmal jemand die Möglichkeit eines Direktvergleichs gehabt - wobei weniger aufwendiges und damit weniger intrusives Remastering ja nicht notwendigerweise schlechter sein muss? Ist Naxos, die, so weit ich weiß, in der Regel ein eigenenes Remastering der ihnen zur Verfügung stehenden Bänder durchführen, in dieser Hinsicht eine Ausnehme?


    Mich persönlich würden Aufnahmen wie der genannte Schnabel-Zyklus (und vielleicht auch noch einige andere in der History-Maestro-Blabla-Serie) interessieren, allerdings gehöre ich zu den Leuten, die sich im Zweifel irgendwann ärgern würden, sich eine "verschlechterte" Version derselben Aufnahme zugelegt zu haben statt gleich in den sauren Apfel zu beißen und die Originalversion zu kaufen, die mir dann aber für eine historische Aufnahme zumindest im Moment noch dann doch zu teuer wäre (da gibt es einfach Dringlicheres auf meiner Wunschliste).


    Mich würde interessieren ob hier jemand etwas genaueres zu Herkunft und Herstellung dieser Wiederverwertungs-Labels weiß, die ein bisschen wie Pilze aus dem Boden zu schießen scheinen.


    Gruß


    katlow

  • Hallo Katlow


    soweit ich weiß, verlieren Tonträger nach 50 Jahren ihre Rechte. D.h., Du kannst eine 50 Jahre alte Schallplatte remastern und darfst sie auf CD Veröffentlichen. So läuft das bei Naxos. Und dort ist die Tonqualität einer Aufnahme, die von einer ungespielten Platte stammt gelegentlich besser als die remasterte Wiederveröffentlichung des Mutterhauses, die auf die alten Magnetbänder zurückgegriffen haben. Die alten original-Bänder haben dann oft schon mehr gelitten als eine alte Schallplatte.


    Bin da aber ansonsten auch kein Experte und neugierig, was hier geschrieben wird, da ich auch gerne den Schnabel-Zyklus von History kaufen würde.


    Markus

  • Hallo


    Da sind ja viele Fragen angesprochen worden.


    Beginnen wir mal mit einer Begriffstrennung


    1) Aufnahmen die von einem Fremdlabel veröffentlicht werden, die eine Lizenz des Originallabels darstellen. (Beispielsweise des öfteren bei Brillant Classics)


    Hier wird vom Schallplattenlabel, das ursprünglich die Aufnahme hergestellt das Bandmaterial zu Verfügung gestellt. Ob neu gemastert wird oder das alte Mastering übernommen wird - ist den Vertragspartnern überlassen - und hängt wahrscheinlich in erster Linie vom Erhaltungszustand der Bänder ab.


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    Hier wird aber hauptsächlich von der Alternative der Fall sein:


    2) Aufnahmen deren Rechte abgelaufen sind.
    Das ist in den diversen Ländern Europas verschieden, generell liegt die Schutzfrist jedoch beit etwa 50 Jahren - die Lobby der Tonträgerindustrie ist jedoch bemüht europaweit eine Schutzfrist v on 75 Jahren durchzusetzen - in den USA ist sie, soweit ich weiiß grade erst auf 95 Jahre angehoben worden.


    Daher dürfen etliche Naxos historical in den USA nicht gewerbsmäßig angeboten werden - weshalb sie die Musikfreunde direkt übers Ausland beziehen.


    Ziel der Tonträgerindustrie schein zu sein nach und nach auf ein ewig währendes Copyright zu kommen........eine Goldgrube
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    Logischerweise besitzen die "Fremdanbieter" KEINE Bänder von denen sie remastern können, sie sind auf alte Schallplatten angewiesen.


    Das bedeutet, daß sie theoretisch immer die schlechtere Qualität liefern könnten.


    Das ist auch der Fall wenn der Originalanbieter


    a) noch über intakte Bänder verfügt


    (Das dürfte bei Aufnahmen bis etwa 1950 der Fall sein, bzw möglich sein, ältere Bänder haben wahrscheinlich schon zu große Verluste in den höhen und andere Mängel, sodaß der Transfer von einer gut erhaltenen Schllplatte zu bevorzugen ist)


    b)noch über Matrizen verfügt.


    Das sind die Ur-Pressmatizen, die natürlich nie gespielt wurden. Sie unterliegen zwar auch einer gewissen Abnützung, der jedoch in der Regel vernachlässigbar gering ist.


    Von einer Matrize kann man eine absolut UNGESPIELTE Schallplatte pressen. Transfers von einer solchen sind natürlich unproblematischer
    als von einer alten abgespielten Platte, da nutzen tausend Filter nichts.


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    Leider haben manche Label ihre Bänder nicht optimal gelagert, bzw war das Bandmaterial nicht optimal und Originalmatrizen gibts auch keine mehr. In diesen Fällen hat der Hersteller der Originalaufnahme keinen Wettbewersvorteil.


    Welche der Veröffentlichungen dann zu bevorzugen ist, ist Glücks- und Geschmackssache.


    Manche Restauratoren filtern alte Platten bis zum "geht nicht mehr", es gibt nun keine Nebengeräusche mehr, jedoch die Klangfarben sind
    verfärbt stumpf und leblos.


    Ander wieder lassen die Platte weitgehend im Originalzustand (GANZ traut sich heute niemand), mit ausnahme grober Knacker.
    Solche Aufnahmen - man bekommt sie kaum - bieten (ab ca 1935) ein weitgehend unverfärbtes Klangbild mit klaren S - Lauten beim gesang und akzeptablem Diskant beim Klavier - um dem Preis eines Hintergrundrauschens wie bei einem Wasserfall. Geschichten von Transfers, die die musikalischen Höhen belassen, Rauschen jedoch egalisieren erfreuten sich schon in meiner Jugend großer Beliebtheit - sind aber in den Bereich des Märchens zu verweisen.


    Wer die Caruso-Edition von Naxos als optimal bezeichnet, hat noch nie in seinem Leben eine Caruso Schellack über ein Trichtergrammophon gehört !!!!


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    Un nun zum Kern der Frage:


    Leider ist es so, daß die Veröffentlichungen alter Schellackaufnamen stets sehr unterschiedlich ausfallen. Es gibt Firmen die berüchtigt sind für ihre unsachgemässen Ceddar-Filterungen. Aber man kann generell nicht sagen; Label A-macht den Transfer besser als B


    Es ist tatsächlich so, daß manche Naxos Transfers jene des Originalherstllers übertreffen - in anderen Fällen ist es gerade umgekehrt.
    Dazu kommt - es ist geschmackssache. Persönlich nehem ich bei historischen Aufnahmen eher starkes Rauschen im Kauf, als matte Höhen.
    Man kann natürlich vergleichend hören oder Erfahrungen mit Kennern der Schellack-Transfer Szene austauschen.


    Generell wird man also höchstens sage können: Die Beethoven Klaviersonaten mit Schnabel am Label XY sind wahrscheinlich die besten -Aber man kann aus dieser Tatsache nicht auf andere Veröffentlichungen schließen


    Ich versuche hier eine Plattform für jene zu schaffen.


    Mit freundlichen Grüßen aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Da ich soeben meinen Schnabel-Zyklus von Beethoven ausgetauscht habe (EMI raus, Naxos rein) und mich das Thema als Sammler historischer Aufnahmen besonders interessiert, darf ich meine bisherigen Kenntnisse hier zusammenfassen.


    Meiner Erfahrung nach sind es drei Faktoren, die den Kauf von historischen Aufnahmen (hier Schnabels Beethoven-Zyklus) entscheiden sollten:


    1. Der Toningenieur, der das Remastering durchführt.


    2 .Die grundsätzliche Remastering-Philosophie, nämlich entweder die ursprüngliche Aufnahme so wenig wie möglich oder gar nicht zu bearbeiten, oder aber mit den Methoden moderner Klangbeeinflussung das Rauschen und ähnliche "störende Faktoren" so weit wie möglich zu entfernen, dabei Beeinträchtigungen des Klangbildes in Kauf nehmend.


    3. Entscheidung der Frage, ob man Firmen unterstützt, die sich oft in langen Jahren harter Arbeit einen guten Ruf erworben haben, und viel Arbeit und Mühe in ihre Veröffentlichungen stecken, aber daher meist teurer sind, oder ob man lieber die sehr preiswerten Produkte einschlägiger anderer Hersteller kauft.


    zu 3: Firmen wie zB. Pearl, Biddulph, Preiser, Archiphon, Andante, Testament, Tahra oder Music & Arts, haben sich einen erstklassigen Ruf erworben. Auch wenn sie teurer sind als die Billiglabel, kann man sich doch idR darauf verlassen, für sein Geld einen entsprechenden Gegenwert zu bekommen. Bei den Billiglabeln ist es für einen Außenstehenden sehr schwer herauszufinden, wo das Material herstammt. Gerade Firmen wie Gramofono, Archipel usw. benutzen die unterschiedlichsten Vorlagen, alte Schellackplatten, Vinyl, einfach von anderer CD kopiert, alles ist möglich. Die meisten dieser Firmen wollen nur mit möglichst geringem Aufwand schnell Geld machen. Bei ihnen wird man nur zufällig eine qualitativ gute Aufnahme finden. Irgendwo dazwischen sind dann Firmen wie Brilliant Classics, die nicht zur ersten, aber auch nicht zur zweiten Kategorie zählen.


    Ich persönlich kaufe bevorzugt die Labels der ersten Gruppe. Man findet nämlich durchaus ein reichhaltiges Angebot im Amazon Marketplace, Berkshire Record Outlet ua. Plätze im Netz, dazu Ebay. Naxos ist ohnehin sehr preiswert. Den vollen Listenpreis zahlt man nur selten. Nur wenn es eine bestimmte Aufnahme bei diesen Firmen überhaupt nicht gibt, kaufe ich bei anderen Labeln. Von den großen Sammelboxen mit historischen Aufnahmen lasse ich die Finger, weil die Qualität zu unterschiedlich ist. Rechnet man die grauenhaften und schlechten Aufnahmen weg, sind die Boxen schon nicht mehr so preiswert. Allerdings sind sie ein guter Einstieg, wenn man in dieser Richtung noch gar nichts hat. Bei Brilliant Classics kaufe ich auch gern, zB. jetzt die Gilels oder Richter-Box.


    zu 2: Ich bevorzuge CDs, die möglichst wenig oder nicht bearbeitet worden sind, von Knacksern und ähnlichen Geräuschen mal abgesehen, also die Philosophie von Pearl. Das Rauschen ist manchmal schon störend, aber noch schlimmer ist es, wenn bei der Filterung auch der Klang muffig und topfig wird. Die EMI-Box mit Schnabels Zyklus zB. klingt so, schlechtes Remastering. Jemand schrieb mal im Usenet, das Klavier klänge wie eine Marimba.


    zu 1: Als Tonigeneure, deren Produkte man jederzeit erwerben kann, wären zB. zu nennen Mark Obert-Thorn, Ward Marston, Seth Winner. Weiter sind David Lennick oder der verstorbene Keith Hardwick zu nennen.


    Äußerste Vorsicht ist dagegen anzuraten bei dem russischen Ehepaar Ledin, die solange an den technischen Anlagen zur Klangfilterung spielen, bis vom Klang nichts mehr übrig geblieben ist.


    Um auf Schnabel zurückzukommen: Die Schnabel - Reihe von Naxos ist mit der Ausgabe verschiedener Variationen abgeschlossen. Angesichts der Preise sollte man zugreifen. Übrigens gibt es auch von Pearl den Schnabel - Zyklus, aber die 5 Boxen sind so teuer, daß man nicht zu zögern braucht. Wer mal die Technik vergleichen will, kann sich eine Box von Pearl kaufen, die nur die Namenssonaten enthält. AFAIK sind alle anderen (neueren) Aufnahmen entweder von den Pearl - CDs schlicht geklaut oder von schlechteren Schellackplatten überspielt.


    RS

  • Meine Lieben,


    Diesen alten Thread hole ich aus der Versenkung, weil sich das Angebot der Billig-Labels quantitativ rasch erweitert und man oft genug Einspielungen - auch und sogar vor allem außerhalb des Spezialhandels - findet, die mehr als angenehme Überraschungen bieten.
    In den letzten Jahren habe ich etwa wiederholt CDs der Marke Centurion Classics erworben und bin meistens sehr zufrieden damit. Allerdings sollte man wissen, daß da die Dokumentation Stellenwert Null hat, und sich nicht daran stoßen. Ich habe bei den Opern (aber auch bei Instrumentalaufnahmen) nicht den Eindruck, daß die Tonqualität im Vergleich abfällt. Ich war in etlichen Fällen sogar positiv überrascht, weil ich gar nicht so viel erwartet hatte. Im allgemeinen kaufe ich nicht gern die Katze im Sack, d.h. wenn außen nicht genau zu lesen ist, was drinnen ist, dann ziehe ich mich normalerweise zurück. Aber bei diesem Label habe ich mich umgestellt und ee nicht bereut.


    Offenbar werden die Scheiben in sehr großen Auflagen hergestellt, sodaß sie in vielen Ländern angeboten werden und dementsprechend günstig sind. Jedenfalls ist in der Regel das Preis-Leistungs-Verhältnis als hervorragend zu bezeichnen - und offenbar verdienen alle Beteiligten trotzdem genug, sonst würde die Produktion nicht so florieren. Und bei den alten Einspielungen, die sich ja nur an einen begrenzten (aber gar nicht so kleinen) Käuferkreis richten, werden auch keine Künstler benachteiligt, weil die Aufnahmen ja frei sind.


    LG


    Waldi

  • Ich kaufe auch ziemlich viele alte Aufnahmen, speziell Opern. Will man an einige vergriffene oder schwer erhältliche Aufnahmen herankommen, ist man oft auf Billig-Labels angewiesen. Dabei wird man genügsam. Begleitinformationen werden in der Regel nicht gegeben. Mit etwas Glück wird das Aufnahmedatum richtig mitgeteilt. Bei den auf das Mindestmaß zusammengeschmolzenen Besetzungslisten kann man sich einen Spaß draus machen, nach Schreibfehlern zu suchen. Mal werden dann wieder Gesamtaufnahmen, ohne dass dies ausgewiesen würde, gekürzt und verstümmelt, damit sie auch auf zwei CDs passen (bei Cantus Classics sehr beliebt), mal werden Aufnahmen angeboten, die überhaupt nicht existieren (vgl. z.B. hier). Wenn so etwas passiert ist, schmeißt man die CDs halt weg und nimmt sich (mal wieder) vor, das entsprechende Label in Zukunft nach Möglichkeit zu meiden. Die Fehlinvestition von in der Regel fünf bis acht Euro für die Doppel-CD ist eher leicht zu verschmerzen.


    Die Gewissenhaftigkeit, mit der die einschlägigen Billiglabels ihre Veröffentlichungen planen, ist nach meinen Erfahrungen aber doch unterschiedlich. Da viele Aufnahmen nach Ende der 50-jährigen Urheberrechtsfrist von gleich mehreren Anbietern auf den Markt geworfen werden, kann man sich schon überlegen, welchem dieser Labels man seine fünf Euro anvertrauen möchte.


    Dass jetzt ausgerechnet Centurion Classics – wenn auch nur für die Auswahl der angebotenen Aufnahmen – zu besonderen Ehren kommt, überrascht mich. Bei diesem Label ist für mich doch ein Punkt erreicht, bei dem ich an Professionalität und Seriosität der Verantwortlichen zweifle. Ich habe jetzt keine breite Vergleichsbasis, sondern nur eine Aufnahme dieses Labels gekauft, die war aber von der "äußeren Form" her wirklich nicht mehr akzeptabel, selbst wenn man den niedrigen Preis berücksichtigt. Die von Waldi benannten Probleme sind hier eklatant. Es handelte sich um Bizets Carmen in der Aufnahme von Fritz Reiner mit Risë Stevens, Jan Peerce, Robert Merrill und Licia Albanese. Die Centurion-Ausgabe gibt es offensichtlich nicht mehr, sie ist aber hier abgebildet:


    http://www.tamino-klassikforum…?postid=262156#post262156


    Abgesehen davon, dass es den Verantwortlichen nicht gelungen ist, auf dem Cover den Vornamen des Komponisten richtig zu schreiben, hat man hier die Oper von good old "George" auch in alle ihre Einzelteile zerlegt. Bequem hätte die Aufnahme auf zwei CDs gepasst, man hat sich dennoch für drei entschieden, ohne aber auf Aktschlüsse Rücksicht zu nehmen; die CD-Wechsel sind an den unmöglichsten Stellen.


    Und das Booklet? Naja - welches Booklet? Nur einige der Mitwirkenden werden aufgelistet, natürlich in schön willkürlicher Reihenfolge, ohne dass eine Zuordnung zu den einzelnen Rollen erfolgt. Der Hörer darf nun rätseln: Singt dieser Risë Stevens nun den Escamillo oder vielleicht doch die Micaela? Eine etwa fünfminütige Recherche im Internet hätte dem Praktikanten, der das hübsche Cover mit den sorgfältig ausgewählten Librettozitaten gezaubert hat, Aufschluss geben können. Man war aber offensichtlich der Auffassung, das sei nicht so wichtig. Kann der Käufer dann ja selbst nachschauen.


    Damit ist natürlich nichts über die Qualität der Aufnahme selbst gesagt. Auch mag es sein, dass bei Centurion tatsächlich eine Auslese stattfindet, welche Aufnahmen herausgebracht werden, im Gegensatz zum Beispiel zu Cantus, die anscheinend wahllos alles veröffentlichen, was sie in die Finger bekommen. Im Falle der "Carmen" lässt aber die gesamte äußere Aufmachung nicht das geringste Interesse an dem vertriebenen Produkt erkennen. Ich kann allerdings ein derartiges Label, das seine eigenen Veröffentlichungen so offensichtlich nicht ernst nimmt, seinerseits nicht ernst nehmen. Ich habe mir daher vorgenommen, um Centurion Classics künftig nach Möglichkeit einen Bogen zu machen. Anscheinend bin ich da etwas empfindlicher als Waldi, der wahrscheinlich Hülle und Beipackzettel gleich entsorgt und dann die Aufnahme noch "roh" genießen kann.


    Aber es ist ja nicht so, dass es keine Alternativen gäbe. Im Opernbereich würde ich bei den Billiglabels insgesamt Walhall, Andromeda und Myto deutlich vorziehen. Bei diesen Labels kann ich mich an keine derartigen Peinlichkeiten erinnern. Teurer sind deren Ausgaben auch nicht.

  • Lieber Zauberton,


    Deswegen meinte ich ja auch, daß die Dokumentation Stellenwert Null hat. Die nötigen Angaben besorge ich mir jeweils aus anderen Quellen, also stört mich ihr Fehlen nicht sehr (auch wenn ich bei Myto etc. Derartiges zu schätzen weiß) und die Centurion-Preise liegen sowohl in Wien wie in Ungarn meist noch unter den von Dir genannten Beträgen. Also so einem geschenkten Gaul schaut man nicht unbedingt ins Maul. Die genannte "Carmen" ( :jubel: ) kann man jetzt in einer Sechserbox zusammen mit anderen französischen Stücken (d'Indy z.B.) erwerben - in der Reihe "Masters", die von Wetam-Wesgram und Flex Media Entertainment vertrieben wird, die auch für die Centurion Classics sorgen.


    Derzeit in Wien z.B. Restexemplare der Moralt-"Walküre" und des "Moralt-"Parsifal" um 4,99 bzw. 3,99. Einzel-CDs gab es in Ungarn bis vor kurzem um 299 Forint, jetzt kosten sie 333, also umgerechnet unter 1,50. Das sind ziemlich unschlagbare Preise. Die Centurion-Leute sind zweifellos mitunter extrem schlampig bei der Beschriftung, aber ebenso zweifellos sitzen da in punkto Musik Sachverständige. Und immerhin ist der Vertrieb nicht anonym, sondern mit Adressenhinweis versehen - was bei manchen Pressungen anderer Firmen wohl aus guten Gründen entfällt.


    Walhall mag und kaufe ich auch gern. Hier gibt es manchmal einen kurzen Begleittext, manchmal aber auch nur die nötigsten Besetzungsangaben. Für Nischenjäger sind diese Kleinfirmen sehr angenehm.


    LG


    Waldi

  • Lieber Waldi,


    wir sind uns auch einig, dass die Carmen-Aufnahme von Reiner selbst eine lohnende Anschaffung ist. Aber gerade weil die Einspielung gut ist, tut Centurion Classics sich mit einer derart dilettantischen Ausgabe keinen Gefallen. Die Verpackung deutet hier eindeutig darauf hin, dass es sich um Schrott handelt. Du hast sicher oft genug Klausuren korrigiert und weißt, dass man sich davor hüten muss, von einer abstoßenden äußeren Form nicht auf den Inhalt zu schließen. Als eine derartige Warnung verstehe ich auch Deinen Beitrag von heute Nachmittag.


    Ich muss aber zugeben, dass ich gerade bei einer Aufnahme, die ich gerne höre und dementsprechend oft in die Hand nehme, keine derartige Ausgabe im Regal stehen haben möchte. Ich werde daher bei Gelegenheit eine Ersatzbeschaffung vornehmen und dann das Centurion-Exemplar aussortieren.


    Für (Nord-)Deutschland kann ich nicht erkennen, dass Centurion außergewöhnlich billig wäre, zumindest nicht im Vergleich zu Walhall, Myto etc., so dass das Preisargument für mich wegfällt. Weiter südlich kann das natürlich anders sein. In Ungarn werde ich übrigens auch bald für längere Zeit sein und kann mich dann dort über das CD-Angebot und eventuelle Schnäppchen (natürlich nur abseits von Centurion :P) informieren.


    :hello:

  • Lieber Zauberton,


    Stehe für Tips gerne zur Verfügung.


    Vom Design her sind die Centurions übrigens oft gar nicht übel und verraten durchaus ästhetisches Empfinden, wenn auch nicht immer. Myto nimmt sich dagegen ziemlich bescheiden aus. Walhall und Andromeda haben dafür ihre charakteristischen Signalfarben und das vereinheitlichte Erscheinungsbild. Die Centurions zeigen ihre Logo teilweise nur in Miniaturgröße, die Produzenten kennen Dich offenbar und scheuen Deinen strengen Blick. ;)


    LG


    Waldi

  • Lieber Katlow


    Ich kann Deine Bedenken in Punkto Qualität von Billiglabels sehr gut nachvollziehen - doch gibt es wie Du selber ein gutes Beispiel nanntest "Ausnahmen". Als Medienunternehmer, welcher tagtäglich mit Klassik- und Jazzaufnahmen von diversen Labels sowie Direktzusendungen von nicht-GEMA/SUISA registrierten Künstlern bemustert wird teile ich Dir gerne meine Erfahrungen zu diesem Thema mit:


    Was ich von diversen IFPI Mitgliedern weiss, benutzen die Mehrheit dieser Billiglabels keine Masterbänder. Das Urheberrechtsgesetz nach Art. 39 (zumindest im Schweizerischen) erlaubt Dir Aufnahmen welche älter als 50 Jahre sind "rücksichtslos" wiederzuverwenden. So kannst Du beispielsweise direkt von Schellackplatten aufnehmen und veröffentlichen "man höre und staune: sogar die Mitglieder der IFPI verkaufen diese Billigware". Ich hatte solche Aufnahmen von einem Major-Label erhalten welche ursprünglich von einem mir unbekannten Indie-Label undigitalisiert mit Quietsch und Kratzgeräuschen über die Theke kamen - es handelte sich um eine Fred Astaire Serie mit gelben Cover.


    Aber auch die Budget-Aufnahmen (historische Monoaufnahmen von Memories, Membran und Cantus) fallen durch schlechte Qualität auf. Bei manchen Cantusaufnahmen z.B. von Franz Lehár oder Johann Strauss vor 1937 erwartet man zuviel von der Technik - diese sind offenbar schlecht remasterbar. Doch Memories "Beatrice di Tenda" von 1964 mit Leyla Gencer verärgert den Klassikfreund mit deutlich hörbaren Hustgeräuschen im Publikum beim finalen Ende. Deshalb spiele ich diese Aufnahme nur sehr selten...


    Für Schnäppchenjäger empfehle ich "Discplus" - betrieben von Musicora einem Schweizer IFPI-Mitglied welches mehrere hundert Indie Labels vertritt und sich auf Klassikaufnahmen spezialisiert. Hier ist besonders der "Ausverkauf" mit bis zu 70% Reduktion interessant. Ich kaufe jeden Monat unzählige Operngesamtaufnahmen von Bongiovanni, Gala und Dynamic ein. Es gibt immer noch Foné und Agorá Aufnahmen (inzwischen nur noch eine Handvoll) welche in Amazon und Ebay Höchstpreise erzielen. Das Label hatte bis 2007 die Rechte für Nuova Era welche jetzt Universal Music im Sortiment führt. Diese Aufnahmen könnt ihr mit 70% Rabatt ergattern!


    Liebe Grüsse aus der Schweiz
    Carlo

    Our cultural heritage belongs to all of us, that's why we must preserve it
    Unser Kulturgut gehört uns allen, deshalb müssen wir es bewahren
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  • Hallo und guten tag aus berlin. ich habe hier bei saturn eine aufnahme von brahms-sinfonien Nr.3. und 2. unter € 4,-- erstanden, gespielt von den berliner philharmonikern unter knappertsbusch und den wienern unter karaja. ein aufnahmedatum ist nicht genannt. firmenlabel ist daydream classics.
    ich schätze,dass die aufnahmen spätenstens um 1950, wahrscheinlich früher entstanden sein dürten, Kann mir jemand das Aufnahmedatum sagen?
    ich hatte mir die cd vor allem wegen knappertsbusch gekauft.nicht, dass ich ein unbedingter anhänger von ihm bin, sondern um vergleiche zu anderen einspielungen ziehen zu können (karajan, böhm,wand).
    eufa aus berlin

    friedrichsfelde

  • Zitat

    Original von Fahrenberg
    Hallo und guten tag aus berlin. ich habe hier bei saturn eine aufnahme von brahms-sinfonien Nr.3. und 2. unter € 4,-- erstanden, gespielt von den berliner philharmonikern unter knappertsbusch und den wienern unter karaja. ein aufnahmedatum ist nicht genannt. firmenlabel ist daydream classics.
    ich schätze,dass die aufnahmen spätenstens um 1950, wahrscheinlich früher entstanden sein dürten, Kann mir jemand das Aufnahmedatum sagen?


    Karanein (leider)


    :hello:

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)