Frauenbilder und Frauenfeindliches in der Oper

  • An sich gab es einen ähnlichen Threadbereits einmal - aber er befasste sichausschließlich mit weiblichen Rollen in Mozart-Opern. Zudem sollte in erster Linie gezeigt werden wie emanzipiert und selbstbewusst diese Figuren bei Mozart bereits waren. Sei es die freche Despina mit ihren freizügigen Ansichten über den Umgang mit Männern oder die mutige Konstanze, welche nicht nur dem Bassa Selim gegenüber durchaus einen eigenen Willen behauptet - nein auch Osmin zeigt sie, wer "der Herr im Haus" ist und droht ihm an, die Augen auszukratzen.


    Neulich regte jemand im Forum an, man möge doch einen Thread starten, der sich mit "frauenfeindlichen " Äusserungen und Verhalten in Opern (aller Zeiten) befasst...


    Voila....


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • ein Weib tut wenig ... plaudert viel


    - auch wenn die Schwatzhaftigkeit der Frauen ein Allgemeinlatz und sprichwörtlich sein mag, so finde ich Schikaneders Worte über eine bloße Weiberschelte hinaus anmaßend und peinlich. Ironischerweise sind sie einem "Sprecher" in den Mund gelegt, also einem Mann, dessen Gewerbe das Gerede ist, und dies so wesentlich, daß er außer reden gar nichts tut. Der Vorwurf fällt dem Werfer auf die Füße.


    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • Also "Peinliches" und "Anmaßendes" kann ich hier nicht entdecken. Er sagt halt was er sich denkt. Oder besser gesagt, er lässt seine Figur sagen, was die Mehrheit der Männer denkt - oder aber als Schutzbehauptung von sich gibt.
    Es wird immer so getan, als wäre dies "Schnee von gestern" - In Wahrheit hat sich hier aber nichts geändert - von Ausnahmen einerseits und "offiziell verordneter political Correctness" andrerseits mal abgesehen.
    An diesem Satz ist nur die Sprachform veraltet, nicht ihr Inhalt.


    Ich habe, bevor ich den Thread gestartet habe, darüber nachgedacht, ob er auch "tragfähig" sein würde, soll heissen, ob es genügend Opern mit frauenfeindlichen Äusserungen gäbe (?)
    Und ich muß gestehen, mir ist nicht allzuviel aufgefallen.


    Aber - immerhin eine der bekanntesten Arien der Opernliteratur ist (versteckt) frauenfeindlich
    "La Donna e mobile"
    Wieder wird - wie schon im ersten von Farinelli gebrachten Beispiel die eigene (männliche) Schwäche auf die Frauen projiziert...
    Der Angriff dient quasi als Rechtfertigung fürs eigene Tun...

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Es macht den großen charme der Cosi fan tutte aus, daß die dort gezeichnete Flatterhaftigkeit der Frauen - auf mich jedenfalls - niemals ins Philiströse, Besserwisserische oder Parteiische abrutscht. Das ist Da Pontes Meisterschaft - Don Alfonso oder gar die düpierten Herren werden nie gegen die Damen ins Recht gesetzt. Sogar das simple Schema, nach dem die Damen, ah guarda sorella, erst die Beharrlichkeit ihrer Passionen verkünden, um genau überkreuz sich selbst Lügen zu strafen, hat zugleich etwas von einem tiefsinnigen psychologischen Vorgang, worin die Bildnisse der Bräutigame und die sinnliche Steigerung der Maskierung ihre Rolle spielen, ebenso wie das ansteckende Spiel mit dem Feuer.


    Als tendenziell frauenfeindlich empfinde ich die konstruierte Figur der Kundry, weil darin etwas Demagogisches über das Weibliche zum Tragen kommt und im Verlauf des Stücks gerichtet und zum Verstummen gebracht wird.


    Frauenfeindlich wirkt auf mich zwar nicht die schillernd gewandete Salomé, wohl aber die Partiturvorschrift kurz vor dem Schlußmonolog:


    Dieser Ton [hohes b im Solo-Kontrabaß, PZ 304], statt auf dem Griffbrett aufgedrückt zu werden, ist zwischen Daumen und Zeigefinger fest zusammenzuklemmen; mit dem Bogen ein ganz kurzer, scharfer Strich, sodass ein Ton erzeugt wird, der dem unterdrückten Stöhnen und Ächzen eines Weibes ähnelt.


    Freud läßt grüßen, wie hier das Verklemmte und unterdrückte Weibliche herauswollen. Der überdeutlichen Illustration der ohnehin zum Zerreißen gespannten Atmosphäre wird damit ein merkwürdiges Element einverleibt, das man getrost pornographisch nennen mag. Eine akustische Übertreibung nach Art des Stummfilms, deren sexualisierter Weiblichkeitsentwurf mir eindeutig zu weit geht. Gegen den Strich eben, haarscharf daneben.


    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • - auch wenn die Schwatzhaftigkeit der Frauen ein Allgemeinlatz und sprichwörtlich sein mag, so finde ich Schikaneders Worte über eine bloße Weiberschelte hinaus anmaßend und peinlich. ...


    Seltsame Ansicht. Hier geht es doch nicht um Schikaneders Meinung über das weibliche Geschlecht. Der "Sprecher" wird von Tamino mit dessen Hass auf den Unmenschen und Tyrannen Sarastro konfrontiert. In der Defensive und eigentlich auch nicht ermächtigt, sich auf eine klärende Diskussion einzulassen, wiegelt er ab und spielt die Sache herunter - ist ja alles nicht wahr. Und um das zu untermauern, macht er das, was in Diskussionen oft gemacht wird, er diskreditiert die ursprüngliche Berichterstatterin. Kein schöner Zug des "Sprechers", aber das hat nur mit ihm und nichts mit der Zauberflöte zu tun.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Wie Mozart war Schikaneder ja auch Freimaurer. Wie in einem anderen Tread auch erwähnt wurde, sollen frauenfeindliche Tendenzen, wenn man das aus heutiger Sicht so sagen darf oder sogar muss, den Feimaurern nicht fremdgewesen sein, womit ich nicht sagen will, dass die ganze (männliche Schweiz) nur aus Freimaurern bestanden hat, aber es ist halt, auch heute noch, so ein Kreuz mit der Gleichberechtigung.
    Gleichzeitig darf natürlich ins Feld geführt werden, dass, speziell in der Zauberflöte, das Ansehen der Frauen durch die Erhebung von Pamina in die Führungsebene des Tempels erheblich aufgewertet wurde. Wiederum wurde es aber gleich darauf wieder in den Orkus geschickt, weil die eigentliche starke Frau dieser Oper, die Königin der Nacht, von Anfang an keine Chance hatte. Man hätte das Problem (auch von Seiten des Librettisten) vielleicht anders lösen können, indem man dieser starken Königin der Nacht auch Einsicht verliehen hätte, wie sie offenbar Tamino praktisch von jetzt auf gleich erfuhr.


    Liebe Grüße


    Willi :D

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Während man die "böse" Königin der Nacht gerne ins "rechte Licht" (welch Paradoxon) stellt, gewissermaßen als 'Herrin der Dunkelheit darstellt sind die echten Frauenfeindlichkeiten nicht mal jene, die der Pharisäer Sarastro (ist er das überhaupt?) von sich gibt, sondern die Schilderung der drei Damen, die einen schutzlosen Jüngling im Wald finden, ihn retten - und was weiß ich was jede einzelne ihm angetan hätte - wäre jede für sich allein gewesen........
    Dies wird subtil hinterhältig angedeutet - nicht aber plakativ ausgesprochen. Manch einer mag finden, dies wäre denn doch sehr dezent und unterschwllig, kaum erahnbar - aber man muß sich vor Augen halten in welcher Zeit dieser Text geschrieben wurde...
    Die Frau als aktiv verlangendes Wesen - und das lange vor Sigmund Freud .
    Ähnliches wäre in der Tat auch über Salome zu sagen - Eine perverse Minderjährige, die nicht davor zurückschreckt den nicht wiederliebenden Geliebten köpfen zu lassen um ihn küssen zu können. Die österreichische Zensur verbot Hofoperndirektor Gustav Mahler diese Oper auf die Bühne zu bringen....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !